Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt,

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Bulletin

  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es kam eben etwas Unruhe auf. Vielen Dank, Kollege Freese, für die Erwähnung des Bereichs der Ernährung, der uns sehr wichtig ist, allerdings nicht im Sinne von: für Fast Food, sondern gegen Fast Food. Kinderernährung ist genau das Thema, bei dem wir ansetzen müssen.

Ich möchte mich sehr bedanken: beim Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages und bei den Hauptberichterstattern, bei Cajus Caesar, Ulrich Freese, Herrn Kindler – Frau Hajduk, bitte übermitteln Sie ihm die besten Grüße – und Frau Bluhm; Herr Claus ist schon nicht mehr da. Sie haben intensiv gearbeitet. Zu später Nachtstunde, in der Bereinigungssitzung, gab es dann ein gutes Ende für den Einzelplan zehn; denn – und das habe ich sehr dankbar zur Kenntnis genommen – um vier Uhr in der Nacht haben sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages – alle hellwach – den Vorschlägen angeschlossen. Dafür kann ich nur großen Dank aussprechen.

Ich bin ohnehin der Meinung, dass in der zweiten und dritten Lesung das Parlament und nicht die Bundesregierung im Mittelpunkt steht. Letztere ist in diesem Augenblick dankbar, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages die Zuwächse des Etats, die erst im Raum standen und dann schon fast vom Tisch waren, am Ende genehmigt hat. Es geht um immerhin 108 Millionen Euro, die in früher Morgenstunde zusätzlich beschlossen wurden.

Wir können mit dem Geld die richtigen Akzente in diesem Haushalt setzen: für einen verlässlichen gesundheitlichen Verbraucherschutz, für eine ausgewogene Ernährung, für eine zukunftsfähige Land- und Forstwirtschaft. Als weitere Branche nenne ich nur den Gartenbau. Cajus Caesar hat die 65 Millionen Euro genannt, die bereits im zweiten Haushalt der letzten 18 Monate ein Thema waren.

Ich danke für die Unterstützung für vitale und attraktive ländliche Regionen. Der Haushalt setzt damit ein deutliches Zeichen, dass Ernährung und Landwirtschaft wichtige Lebensthemen sind, in die es sich zu investieren lohnt.

Der Haushalt stellt für den Bereich der Ernährung fast 90 Millionen Euro bereit. Das ist ein richtiger Schwerpunkt; denn wir wissen: Für die Menschen ist das Thema Ernährung das wichtigste Verbraucherschutzthema überhaupt. Diese Mittel werde ich ganz wesentlich dafür einsetzen, gesunde und ausgewogene Ernährung verstärkt zu unterstützen.

Ich tue dies auch an anderer Stelle im Verbraucherschutz, etwa durch die Unterstützung von lebensmittelklarheit.de, die bisher für einige Jahre gesichert war. Ich habe die Mittel für dieses Portal verstetigt, das zu einer wichtigen Anlaufstelle für Verbraucherinnen und Verbraucher geworden ist, die sich über die Kennzeichnung von Lebensmitteln informieren wollen oder sich beschweren wollen, wenn sie sich durch ein konkretes Produkt getäuscht fühlen. Das kann ich mit den Mitteln, die Sie mir zur Verfügung stellen.

Ich darf einen weiteren Punkt nennen. Liebe Gitta Connemann, das gestrige von dir und Kollegen initiierte Fachgespräch in der CDU/CSU-Fraktion und andere Gespräche haben unterstrichen, dass beispielsweise Diabetes nicht nur eine Frage der Gesundheitspolitik ist, sondern auch eine Frage der Prävention. Ich bin sehr dankbar, dass es uns, gemeinsam mit Kollegen Hermann Gröhe, gelungen ist, im Präventionsgesetz zu verankern, dass wir mit unserer Kampagne IN FORM und anderen Initiativen ganz deutliche Grundlagen für eine bessere Ernährungsprävention schaffen wollen.

Das muss vor allem in den Schulen stattfinden. Ein gesunder Lebensstil lässt sich nicht einfach verordnen. Wir müssen die Ernährungskompetenz der Kinder und Jugendlichen stärken. Deswegen gehört das auf den Stundenplan. Das heißt allerdings, dass wir darüber mit den Ländern reden müssen. Ich habe die Kultusministerkonferenz um ein Gespräch über den Vorschlag der Einführung eines Schulfaches Ernährungsbildung gebeten. Nun wollen wir einmal sehen, wie sich das entwickelt. Ich jedenfalls bin bereit, dafür zu sorgen, dass der Bund einen Beitrag hierzu leistet.

Ich bündle die „Qualitätsoffensive Schulverpflegung“ und die damit verbundenen Aktivitäten meines Hauses mit einer Informationskampagne für Eltern: von der Unterstützung beim Angebot hochwertiger Schulverpflegung bis zur Bereitstellung eines Startersets Ernährungswissen für die Kinder. Ich werde die Aktivitäten in einem Nationalen Qualitätszentrum für gesunde Ernährung in Kita und Schule hier in Berlin zusammenführen. Es wird die zentrale Anlaufstelle werden – bei strenger Beachtung der Länderkompetenzen, aber in Unterstützung der von allen Ländern mitgetragenen Initiative, die insbesondere die Schulverpflegung und die Schulvernetzungsstellen in diesem Bereich zum Gegenstand hat.

Das Engagement in Sachen Ernährungssicherung im globalen Kontext ist aber auch in anderer Hinsicht zu betrachten – einige Kolleginnen und Kollegen haben ja auf den Grund für die Unterbrechung der Sitzung und auf die Tatsache, dass wir diesen Einzelplan nun erst sehr spät beraten, hingewiesen –: Es geht um die Frage, wie wir nach den schrecklichen Terrorangriffen in Paris den Aktivitäten des IS beziehungsweise dem Terror, den er in Syrien und im Irak ausübt – quasi als ein Staat, jedenfalls auf einem Territorium –, begegnen können.

Lassen Sie mich zur katastrophalen Lage in Syrien noch einen anderen Aspekt ansprechen. Die Ursachen für das heutige Leid der Menschen dort sind vielfältig. Die Ernährungssituation gehört dazu. In Syrien sind in den Jahren 2006 bis 2010  60 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe einer außerordentlichen Dürre zum Opfer gefallen. Die Folgen waren Hunger und Landflucht. Nun müssen wir daran arbeiten, dass die Ernährungssicherung in diesem Land wieder besser wird. Sie hat aufgrund der Kriegswirren natürlich noch mehr gelitten. Deswegen werde ich auch hier Akzente setzen. Es ist zu beklagen, dass die Weltgemeinschaft bisher nicht in der Lage ist, genügend Mittel zu generieren, um den Menschen in den Flüchtlingslagern und in den Lagern um Syrien herum nicht nur das Überleben zu ermöglichen, sondern ihnen auch eine Perspektive zu geben.

Ernährungssicherung ist ein entscheidender, ja, nachhaltiger Beitrag zu gesellschaftlicher und politischer Stabilität. Deswegen müssen wir das Menschenrecht auf Nahrung weltweit umsetzen. In ausgewählten Projekten, etwa mit der FAO, findet bereits eine Förderung statt, übrigens auch in Syrien. Auch Saatgut wird in kleinen Gebinden nach Syrien geschickt, damit die kleinen Landwirte es nutzen können. Auch das ist ein Versuch, die Ernährungssicherung weiter zu unterstützen.

In unserem Haushalt werden gut 74 Millionen Euro für die FAO und entsprechende Maßnahmen bereitgestellt. Damit ist Deutschland drittgrößter Beitragszahler, was internationale Maßnahmen angeht. Vielen Dank dafür, dass Sie mir die Möglichkeit geben, hier einen Akzent zu setzen.

Internationale Verantwortung will ich auch in der Forstpolitik übernehmen. Eine wichtige Rolle spielt dabei unsere nachhaltige und gleichzeitig ökonomisch erfolgreiche Waldbewirtschaftung. Immerhin können die Förster ja von sich sagen, dass sie die Erfinder des Begriffs „Nachhaltigkeit“ sind. Carl von Carlowitz gilt als Begründer des Prinzips der Nachhaltigkeit – das liegt mittlerweile 302 Jahre zurück, wenn ich richtig rechne –, und war noch dazu ein Sachse. Die nachhaltige Waldbewirtschaftung hat sich bewährt. Wir müssen Deutschland zu einem Musterland in Sachen Wald machen. Die Kompetenzen und Kapazitäten meines Hauses im Forstbereich will ich deswegen stärken. Ich bin dankbar, dass mir der Haushalt die Möglichkeit gibt, hierfür Planstellen zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der letzten Haushaltsdebatte habe ich von dem EU-Maßnahmenpaket berichtet, das uns helfen wird, unsere Landwirte in der aktuell schwierigen Situation zu unterstützen. Seit letztem Freitag ist die Eilverordnung in Kraft. 70 Millionen Euro EU-Mittel werden unbürokratisch und wirkungsvoll zur Verfügung gestellt. Ich bin sehr froh, dass wir diese bereitgestellten Hilfen national durch eine signifikante Unterstützung flankieren können. Als Ergebnis der parlamentarischen Haushaltsberatungen werden die Bundesmittel zur LUV um 80 Millionen aufgestockt. Das ist eine zusätzliche Beitragsentlastung, die von einigen Hundert Euro bis zu 2.000 Euro reichen wird. Das lässt sich sehen, besonders wenn ich die Ursprungsentlastung in Höhe von 100 Millionen Euro hinzurechne.

Wir verschaffen den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Luft. Dadurch können sie ihre Produktion verstärkt an den Märkten ausrichten. Damit sind nicht alle Fragen beantwortet. Ja, es gibt Bereiche, bei denen wir das Ziel verfolgen, die Produktion für den Binnenmarkt zu erhöhen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir gegenwärtig bei Öko- und Biomilch keine Preiseinbrüche erleben. Das heißt, dass die Nachfrage entsprechend hoch ist, dass also Nachfrage und Angebot im Gleichgewicht sind. Daran müssen wir in anderen Bereichen noch arbeiten.

Lieber Kollege Ostendorff, nachdem wir gewisse zarte Anzeichen dafür haben, dass sich der Milchmarkt etwas bessert – leider gilt das nicht für den Bereich Schweinefleisch –, will ich darauf hinweisen, dass uns diejenigen, die uns empfehlen, den Export zu stoppen, die Frage beantworten müssten, wie denn die hergestellten Produkte in unserem Lande abgesetzt werden sollen. Alles hat seine Berechtigung. Der Export allein – auch das ist klar – wird nicht selig machen.

Wir brauchen bei den Betrieben einen vernünftigen Mix aus Größe und Qualität, und wir brauchen Bauern, die die Erwartungen der Verbraucher im Blick haben. Ich glaube, dass wir angesichts der prognostizierten steigenden Nachfrage, gerade auch bei Milchprodukten, zuversichtlich in die Zukunft blicken können. Ich will darauf hinweisen, dass die aktuelle Zahl von sieben Milliarden Menschen auf der Welt in wenigen Jahren auf neun Milliarden anwachsen wird. Auch diese Menschen wollen ernährt werden.

Mein letzter Punkt betrifft die ländlichen Räume. Ich bedanke mich sehr, dass die Mittel für die GAK aufgestockt wurden. Wir werden auch das GAK-Gesetz ändern. Ich werde das in Kürze einbringen. Ich bitte darum, dass wir bei der Beratung berücksichtigen – wir sollten aber nicht von der Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes abrücken –, dass ländliche Entwicklung mehr ist. Wir müssen die demografischen Probleme, die wir im ländlichen Raum haben, sehen. Ich habe den ländlichen Raum in diesem Jahr sehr intensiv besucht und zu diesem Thema viele Dialogreihen durchgeführt. Wir werden die angesprochenen Probleme nur durch Attraktivität im ländlichen Raum lösen können. Ich freue mich auf die Diskussion über die Änderung dieses Gesetzes.

5,5 Milliarden Euro für den Einzelplan zehn, das ist ein Wort. Es gibt einen deutlichen Anstieg. Ich bin dem Deutschen Bundestag dankbar, dass er mich so gut mit Mitteln ausgestattet hat. Ich werde sie auch im Sinne des Gesagten gut einsetzen.