Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt,

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Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vorneweg: Vielen Dank an diejenigen in der Bundesregierung, die den Haushaltsentwurf – bereits den zweiten in diesem Jahr – vorgelegt haben. Vorwegnehmen möchte ich auch einen Dank an diejenigen, die im Deutschen Bundestag diesen Haushaltsentwurf beraten und beschließen und nach dem Struckschen Gesetz – das weiß ich – möglicherweise da und dort auch ein klein wenig verändern werden.

Wir stehen in dieser Legislaturperiode vor großen Herausforderungen, über die wir schon gesprochen haben und die Sie kennen. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen habe ich auch in meinem Ressort Akzente zu setzen, die sich in einer Umorganisation meines Hauses abbilden. Darüber habe ich nach einer gewissen Zeit der Betrachtung entschieden.

Wir werden in unserem Haus nach wie vor Schwerpunkte im ländlichen Raum, in der Lebensmittelsicherheit und in der Vermarktung setzen. Wir werden insbesondere die Bereiche Wald und Forstwirtschaft stärker mit hinzunehmen; diese Bereiche rangierten in meiner Wahrnehmung auch bei den Haushaltsberichterstattungen, lieber Kollege Caesar, nicht ganz hinten. Ich bedanke mich auch für die Hinweise dazu, was wir tun sollten, Kollege Freese.

Ich habe umorganisiert, um die Initiativen für den ländlichen Raum, zu denen ich noch komme, koordinieren zu können.

Ich habe umorganisiert, damit wir die Fragen und Probleme im Veterinärwesen schneller klären beziehungsweise lösen können. Ich darf mich bei dieser Gelegenheit für die Unterstützung des Bundestages hinsichtlich des Stellenplans im letzten Jahr bedanken. Ich kann melden: Wir sind bei der Umsetzung überwiegend sehr weit vorangekommen. Von den sechs Veterinärstellen sind schon drei oder vier vollständig besetzt, und wir sind dabei, die anderen zu besetzen. So kann der eine oder andere Flaschenhals in diesem Bereich überwunden werden. Das gilt auch für die nachgeordneten Behörden.

Ich habe umorganisiert, damit wir dem wirtschaftlichen Gewicht der Ernährungsindustrie in unserem Hause stärker Rechnung tragen können. Ich habe eine Stabsstelle „Export“ gegründet, die die Koordination und die Aufgabenverteilung besser wahrnimmt. Die Arbeit dieser Stabsstelle ist leider im Augenblick von der Arbeit einer anderen Stabsstelle betroffen, nämlich der Stabsstelle „Export Russische Föderation“.

Die aktuellen Ereignisse bewegen mein Haus und die Branchen in unserem Bereich ebenso wie viele Menschen im Land. Mit großer Sorge sehen viele die Entwicklungen der Konflikte mit Russland. Mir hat gerade jemand, der aus den baltischen Staaten zurückgekommen ist, über Gespräche mit seinen Wirtschaftskollegen dort berichtet. Er ist selbst aus dem Wirtschaftsbereich. Er war erstaunt, dass zur Frage der Sanktionen nicht ein Wort gefallen ist, sondern vor allem die Sorge darüber geäußert wurde, wohin die politische Entwicklung die eigentlich fest geglaubte Stabilität 25 Jahre nach dem Fall der Mauer bringen wird.

Ich glaube, das ist nicht nur nachvollziehbar, sondern für uns auch ein Hinweis darauf, dass es hierbei nicht nur um schiere Umsatzzahlen geht. Ich sage das auch zu einem Zeitpunkt, zu dem die Sanktionen in der dritten Stufe von der Europäischen Union verhängt worden sind mit der klaren Ansage, dass man noch einmal darüber reden wird und muss, wenn der Zwölf-Punkte-Plan der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und Russland – ich bin sehr vorsichtig – realisiert worden ist.

Ich habe auch die Hoffnung, dass wir mit erheblichen Beiträgen von allen Seiten doch über diese schwierige Situation hinwegkommen. Wir haben ausgezeichnete Produkte, die auch in Russland geschätzt werden, die aber jetzt nicht mehr in den Supermärkten dort zu finden sind. Die ersten Betroffenen sind die russischen Verbraucher, die höhere Preise für Lebensmittel bezahlen müssen.

Ich will über die Frage des Verstoßes gegen WTO-Regeln im Detail gar nicht sprechen, aber das rundet das Bild von den Schwierigkeiten, die wir haben, ab.

 Ich bin dafür, dass wir den Kontakt mit Russland aufrechterhalten. Auf Arbeitsebene wird das auch stattfinden. Ich hoffe, dass ich die Reise, die ich in Kürze in die Ukraine und in das kleine Land Moldawien beziehungsweise Moldau mache, mit Kontakten in die Russische Föderation verbinden kann. Das wird allerdings nur dann der Fall sein, wenn die zugrundeliegenden politischen Fragen zufriedenstellend gelöst sind.

Ich habe über Europa gesprochen. Wie Sie wissen, haben wir in der Europäischen Union auch Unterstützungen für Sektoren im Markt mitbeschlossen. Ich muss heute zuallererst Dacian Ciolos danken, der nicht mehr antritt. Die rumänische Regierung hat jetzt eine Kollegin in die Kommission entsandt. Ich habe ihm in verbindlicher Form gedankt. Bei aller Unterschiedlichkeit der Positionen: Er ist jemand, mit dem man die Idee des Greening verbindet, das wir jetzt als Grundlage für die Post-2020-Periode in der Gemeinsamen Agrarpolitik sehen.

Ich will aber gleichzeitig den nominierten neuen Kommissar Phil Hogan begrüßen, den irischen Ministerkollegen, der für Umwelt zuständig war. Es ist gut, wenn man die Leute schon kennt. Ich kann nur sagen: Er ist jemand, mit dem man gut zusammenarbeiten kann.

Wen ich nicht kenne, das ist der neue Umwelt- und Fischereikommissar, Herr Vella, mit dem wir auch sehr viel zu tun haben werden, die tschechische Kollegin, Frau Jourová, die für den Verbraucherschutz zuständig ist, und der litauische Kollege Andriukaitis, der für Lebensmittelsicherheit verantwortlich ist. Sie sehen: Damit werde ich die einmalige Chance haben, in Brüssel mit vier EU-Kommissaren verhandeln zu dürfen. Das zeigt die Bandbreite.

Hinzu kommt die wichtige Aufgabe der digitalen Zukunft der Europäischen Union, die Günther Oettinger wahrnimmt und die in mancher öffentlichen Kommentierung völlig unterbewertet wird. Insofern muss ich ihn eigentlich als fünften EU-Kommissar nennen, mit dem ich es zu tun haben werde. Denn auch im ländlichen Bereich werden wir uns nicht an der Digitalisierung vorbeidrücken können. Nein, wir müssen sie gestalten, und dabei erhoffe ich einiges.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin seit einem halben Jahr im Amt. Es ist der zweite Etat seitdem. Dafür sind 5,3 Milliarden Euro veranschlagt. Er ist ein Dokument der Stabilität. Innerhalb dieses Budgetrahmens werde ich neue und notwendige Schwerpunkte setzen. Ich werde Schwerpunkte auf eine nachhaltige Landwirtschaft setzen, die das Wohl des Tiers stärker berücksichtigt, ohne an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Ich werde Schwerpunkte auf lebendige ländliche Räume und auf eine gesunde Ernährung insbesondere unserer Kinder setzen, damit die Weichen dafür frühzeitig richtig gestellt werden.

Landwirte müssen als Unternehmer erfolgreich am Markt wirtschaften können. Zugleich ist festzustellen, dass der Markt sich verändert. An die Nutztierhaltung werden nicht nur von Verbraucherseite hohe Ansprüche gestellt. Hohe Tierschutzstandards sind ein Qualitätsmerkmal deutscher landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Doch wir wollen und müssen noch besser werden. Es gibt Initiativen, die ich außerordentlich begrüße, insbesondere die, die der Bauernverband zusammen mit dem Handel auf den Weg bringt. Ich wünsche ihnen viel Erfolg.

Ich will im Sinne der Koalitionsvereinbarung neue Wege zur Stärkung des Tierwohls beschreiten. Es ist für mich eine Frage der Haltung, und zwar nicht nur in den Ställen, sondern auch in den Köpfen. Der Haushalt 2015 soll uns Möglichkeiten dafür geben. Ich habe 33 Millionen Euro für Investitionen in mehr Tierschutz vorgesehen. Sie liegen mir sehr am Herzen. Ich werde in Kürze die Konzeption, die wir gemeinsam entwickelt haben, vorstellen. Sie geht zuallererst an das Parlament, weil das Parlament der natürliche Bündnispartner und Unterstützer ist, auch wenn ich nicht die Gesetzgebung in den Vordergrund stelle, sondern das Zusammenwirken aller im Sinne der Zivilgesellschaft.

Lebendige Räume beziehungsweise Leben und Arbeiten auf dem Land sind weitere Schwerpunkte meiner Arbeit. Dafür werde ich bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, GAK – wir wollen sie in Gemeinschaftsaufgabe „Nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum“ umbenennen –, 600 Millionen Euro für den Umbau vorsehen, zusätzlich zehn Millionen Euro für ein Bundesprogramm. Ich möchte bei dieser Gelegenheit festhalten, dass wir diese Initiative gemeinsam mit den Ländern durchführen. Ich will diese Initiative aber nicht so verstanden wissen, dass ich die Gemeinschaftsaufgabe in irgendeiner Weise infrage stelle. Nein, ich will sie verbessern und ergänzen, wie es in der Koalitionsvereinbarung steht.

Gesunde Ernährung für Kinder: „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ ist ganz wichtig. Ich weiß, dass es schon früher Diskussionen über adipöse Kinder und entsprechende Initiativen gegeben hat. Leider ist nun jedes sechste Kind übergewichtig beziehungsweise adipös. Deswegen sage ich: Die diesbezüglichen Anstrengungen müssen fortgesetzt und intensiviert werden. Wir werden deswegen mit verschiedenen Modellen – bis hin zu neuen Initiativen des Nudging, die ich erst jetzt beginne zu verstehen, also des Anstoßens zu sinnvollem Verhalten – unterstützend tätig werden.

Es gibt eine Reihe von Themen im Haushalt, die noch zu nennen sind. Nicht zuletzt sind beim Berichterstattergespräch einige Diskussionspunkte angemeldet. Ich darf mich für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

Der Haushalt 2015 weist eine leichte Tendenz nach oben auf und rahmt sich in die schwarze Null ein. Aber mit diesem Haushalt werden wir mehr als nur die schwarze Null erreichen; wir werden ziemlich viel erreichen.