Rede des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil,

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Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich hatte in dieser Woche die Gelegenheit, mich beim G20-Gipfel der Arbeits- und Sozialminister in Italien mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen. Wir müssen feststellen, dass diese Corona-Pandemie besonders die Menschen überall auf der Welt hart getroffen hat, die es vorher auch schon nicht leicht hatten. Die Rede ist von Kindern und Jugendlichen, die Rede ist von vielen Frauen und auch von vielen armen Menschen, die es vorher schon schwer hatten.

Aber wir müssen auch feststellen, dass wir in Deutschland in dieser Krise zwei Mittel gefunden haben, mit denen wir Armut bekämpfen können. Das ist erstens ordentliche, bezahlte und sichere Arbeit. Und es ist zweitens ein starker Sozialstaat, ein leistungsfähiger Sozialstaat. Dafür haben wir in dieser Legislaturperiode erfolgreich gekämpft: für gute Arbeit, für sozialen Schutz und für gesellschaftlichen Zusammenhalt – in der Krise und im Wandel.

Wir haben verhindert, dass trotz manch individueller Härten aus der Coronakrise eine soziale Katastrophe für unser Land geworden ist. Es ist uns gelungen, den Arbeitsmarkt stabil zu halten. Arbeit – noch mal: gut bezahlt und sicher – ist der beste Schutz vor Armut: vor der Armut im Erwerbsleben, vor Altersarmut, vor Familienarmut. Arbeit ist auch der beste Schutz vor Kinderarmut, wenn Eltern gut bezahlt sind und gut arbeiten können. Ja, das Kurzarbeitergeld und die Sozialschutzpakete haben sehr, sehr viel Geld gekostet; aber Massenarbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit wären für unser Land viel, viel teurer gewesen. Deshalb war das der richtige Weg.

Der Armuts- und Reichtumsbericht ist eine Gelegenheit, darüber zu reden, dass wir in dieser Legislaturperiode angetreten sind, um den Wert und auch die Würde der Arbeit zu stärken. Und wir haben geliefert: Mit dem „Sozialen Arbeitsmarkt“, mit dem wir über 50.000 Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeit gebracht haben; mit einem gestiegenen Mindestlohn, den wir in Richtung zwölf Euro weiterentwickeln werden; mit besseren Arbeitsbedingungen für die Menschen, die unser Land am Laufen halten – zum Beispiel mit dem Pflegemindestlohn, jetzt auch mit dem Tariflohn in der Pflege –; mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz, mit dem wir gegen Ausbeutung der Fleischindustrie vorgegangen sind; mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz.

Unser Ziel ist es, dass wir Politik für diejenigen machen, die sich jeden Tag in diesem Land reinhängen, ohne reich zu werden, die aber das Land am Laufen halten. Darauf haben viele Menschen lange gewartet. Durch die Einführung der Grundrente und durch die Stabilisierung des Rentenniveaus haben wir viel erreicht für Rentnerinnen und Rentner, die stolz auf ihre Lebensleistung sein können.

Es geht nicht nur darum, dass wir diese Erfolge in Zukunft sichern, sondern auch darum, dass wir Lehren aus dieser Krise ziehen. Die große Aufgabe der nächsten Jahre wird es sein, aus technischem Fortschritt auch sozialen Fortschritt zu machen. Es geht darum, breite Brücken zu bauen, damit die Beschäftigten von heute die Chance haben, die Arbeit von morgen zu machen: durch Weiterbildung, durch Qualifizierung. Deutschland muss eine Weiterbildungsrepublik werden.

Es geht auch darum, dass wir Lücken im Sozialstaat, die wir in dieser Krise schmerzlich erlebt haben, schließen, zum Beispiel in Bezug auf die Absicherung von Soloselbstständigen und auf Kinder in benachteiligten Lebenslagen. Ich denke etwa an Kinder, die unter Homeschooling gelitten haben, weil sie nicht genug unterstützt wurden. Das sind wir den Menschen in diesem Land schuldig. Mein Ziel ist, dass mehr Menschen die Chance zum sozialen Aufstieg in diesem Land haben und sich als Teil der Mitte der Gesellschaft begreifen, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft. Der Armuts- und Reichtumsbericht zeigt Licht und Schatten in unserem Land. Er ist Anlass, weiterzuarbeiten auf dem Weg für gerechte Arbeit. Wir werden die sozialen Sicherungssysteme in den nächsten Jahren auch im demografischen Wandel stabil halten können, wenn wir es schaffen, dass möglichst viele Menschen – Frauen und Männer – die Chance haben, zu anständigen Löhnen zu arbeiten – das ist übrigens auch gut für die Stabilität der Sozialkassen und auch der Rente –, wenn wir es schaffen, in diesem Land dafür zu sorgen, dass wir den Wandel gestalten, dass wir Chancen und Schutz in Zeiten eines rasanten Wandels hinkriegen – mit einem starken Sozialstaat, den niemand kaputtreden sollte.

Unser Sozialstaat, der Sozialstaat in Deutschland, ist nicht perfekt, aber er ist eine der besten Errungenschaften in unserer Geschichte. Auf den Sozialstaat kann unser Land stolz sein, und ihn werden und müssen wir stärken. Es geht darum, unser Land, so vielfältig es ist, in Zeiten des Wandels auch in Zukunft zusammenzuhalten. Dafür haben wir gearbeitet, und dafür werden wir weiter arbeiten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.