Rede der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig,

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Bulletin

  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Von diesem Bundeshaushalt 2016 geht ein starkes Signal für die Familien in unserem Land aus. Welches? Die Familien können sich weiter darauf verlassen, dass sie, egal wie groß die nationalen und internationalen Herausforderungen unseres Landes sind, weiter so gut unterstützt werden wie bisher und ab 2016 mit weiterer Unterstützung rechnen können. Die Familien im Land sind uns wichtig, und wir werden sie weiter gut und verlässlich unterstützen.

Dank der intensiven Beratung und Ihrer Unterstützung in den Haushaltsberatungen können wir mehr tun, als wir ursprünglich geplant hatten. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich. Wichtig ist auch, dass wir nicht unterscheiden zwischen den Familien, die hier schon lange leben – Männer und Frauen mit ihren Kindern und ihren pflegebedürftigen Angehörigen, auch Alleinerziehende –, und den Familien, die zu uns kommen. Mir ist es in der Debatte dieser Tage ganz wichtig, dazu beizutragen, dass sich die Befürchtung, dass wir die einheimische Bevölkerung vergessen, weil wir uns nur noch um Flüchtlinge kümmern – einige versuchen, diese Angst zu schüren –, nicht weiter verfestigt. Das Gegenteil ist der Fall: Wir kümmern uns um alle Familien und um alle Kinder, um die Kinder, die hier geboren sind, aber auch um die Kinder, die bei uns Schutz und Zuflucht suchen. Das gehört zusammen; sie sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Wir unterstützen unsere Familien mit dem Familienpaket, das wir in diesem Jahr auf den Weg gebracht haben und das in 2016 stärker wirken wird. Wir haben nicht nur den Kinderfreibetrag und das Kindergeld erhöht, sondern werden ab 2016 den Kinderzuschlag erhöhen, insbesondere für die Familien, die ganz besonders unsere Unterstützung brauchen, diejenigen, die jeden Tag arbeiten gehen, aber eben von geringen Einkommen leben müssen und auch gut über die Runden kommen wollen. Diese Familien unterstützen wir mit Kindergeld und Kinderzuschlag; dieser wird, wie gesagt, im nächsten Jahr erhöht. Das ist eine wichtige Botschaft an alle in unserem Land, die sich anstrengen, und ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut.

Insbesondere die Alleinerziehenden werden zukünftig steuerlich besser gefördert. Auch das sieht der Bundeshaushalt 2016 vor. Damit senden wir das Signal an die vielen Frauen, aber auch Männer, die alleine ihren Alltag stemmen, für ihre Kinder da sind, arbeiten gehen und Steuern zahlen, dass wir sie nicht im Stich lassen und zukünftig steuerlich besser fördern als bisher – endlich nach zehn Jahren. Auch das ist ein wichtiges Signal dieses Haushalts.

Wir werden die Familien im Land, insbesondere die Kinder, auch unterstützen, indem wir die Kinderbetreuung weiter ausbauen. Wir erhöhen die Bundesmittel. Wir haben uns auch entschieden, die aus dem Betreuungsgeld freiwerdenden Mittel ab 2016 zur Verbesserung der Kinderbetreuung einzusetzen. Das hilft allen Kindern im Land, den Kindern, die hier geboren sind, und den Kindern, die zu uns fliehen. Ich möchte nicht, dass Familien in Konkurrenz um Kitaplätze geraten, Familien, die schon da sind, und Familien, die zu uns kommen. Wir brauchen Kitaplätze für alle Kinder.

Viele Kinder, die zu uns kommen, wollen und werden schnell die deutsche Sprache lernen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Kinder der Schlüssel zur Integration sind, dass sich Kinder damit leichter tun. Deshalb ist es wichtig, dass es in den Kitas eine gute Sprachförderung gibt. Wir werden weiterhin die Bundesprogramme für Sprachförderung in den Kitas unterstützen; diese helfen allen Kindern. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Bildungschancen von Kindern.

Ich finde auch sehr gut, dass es uns in den Beratungen gelungen ist, ein starkes Signal an die vielen ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer in unserem Land zu senden. 23 Millionen Frauen und Männer in unserem Land, viele junge Leute, engagieren sich – und zwar nicht erst, seitdem viele Flüchtlinge zu uns kommen; das war schon lange vorher so – in vielen Bereichen: vom Sportverein, vom Fußballtraining für die Kids bis hin zur Hospizarbeit. Ohne dieses Engagement wäre unser Land viel ärmer und längst nicht so solidarisch. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir das Ehrenamt zukünftig besser unterstützen, auch vor dem Hintergrund der großen Herausforderung der Integration der Flüchtlinge. Deshalb werden wir den Bundesfreiwilligendienst um 10.000 Stellen aufstocken. Wir haben versprochen, damit zum 1. Januar 2016 zu beginnen. Die gute Nachricht ist: Wir beginnen damit schon zum 1. Dezember 2015. Es wird 10.000 zusätzliche Stellen geben für Einheimische, die sich für Flüchtlinge engagieren wollen, aber auch für Flüchtlinge selbst. Flüchtlinge, die zu uns kommen, sind nicht in erster Linie eine Belastung; sie können etwas, sie bringen etwas mit, sie wollen sich einbringen. Auch ihr Engagement sollten wir nutzen. Herzlichen Dank für die große Aufstockung der Stellen beim Bundesfreiwilligendienst.

Wir werden auch das ehrenamtliche Engagement mit zusätzlichen zehn Millionen Euro unterstützen. Wir planen hier, wie schon in den Haushaltsberatungen berichtet, ein Patenschaftsprogramm. Wir wollen die Familien, die Patenschaften für Flüchtlingsfamilien übernehmen wollen, mit diesem Programm unterstützen. Wir werden außerdem die großen Wohlfahrtsverbände unterstützen. In den Wohlfahrtsverbänden, Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband, aber auch in den muslimischen und den jüdischen Verbänden wird tagtäglich viel gute Arbeit von Hauptamtlern und Ehrenamtlern geleistet. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir mit diesem Haushalt die Förderung der Wohlfahrtsverbände aufstocken.

Ein ganz wichtiger Punkt: Wir werden mit den zusätzlichen Mitteln, die Sie über die Haushaltsberatungen bereitgestellt haben, dafür sorgen – wir werden den Wohlfahrtsverbänden genau dafür Gelder geben –, dass es zukünftig Schutzkonzepte für Kinder und Frauen in den Flüchtlingsunterkünften gibt. Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder und Frauen, die zu uns kommen und selbst vor Gewalt geflohen sind, hier keine Gewalt erleben. Wir brauchen bessere Schutzmaßnahmen in Flüchtlingsunterkünften. Jeder Mensch – jede Frau, jedes Kind und auch jeder Mann –, der hier lebt oder zu uns kommt, muss vor Gewalt geschützt werden. Das ist ein Grundprinzip unseres Landes, und da müssen wir besser werden.

Herr Leutert hat es völlig zu Recht angesprochen: In unserem Land gibt es nicht nur die helle Seite – die vielen Ehrenamtler und die vielen Menschen, die sich in der Verwaltung, in ihrem Hauptjob, kümmern –, sondern auch die dunkle Seite. Damit meine ich diejenigen, die Hass, Gewalt und Vorurteile schüren. Wir haben es zu tun mit zunehmendem Rechtsextremismus, aber auch mit zunehmendem Antisemitismus, zunehmendem Salafismus und auch mit linker Gewalt. Das zeigt, dass es unsere Aufgabe ist, unsere Gesellschaft zusammenzuhalten und dafür zu sorgen, dass diejenigen, die jeden Tag Hass, Gewalt und Vorurteile gegen andere schüren, nicht stärker werden; denn sie bedrohen unsere Gesellschaft. Die Gesellschaft wird nicht durch die Menschen, die zu uns kommen, bedroht. Unser Land wird durch diejenigen bedroht, die gegen unsere Demokratie und gegen Weltoffenheit sind. Das ist unser Problem. Deshalb ist unser Programm „Demokratie leben!“ nicht in erster Linie ein Programm gegen etwas, lieber Herr Leutert, sondern ein Programm für etwas: für Demokratie und Vielfalt. Diesem Anspruch kann man nicht an nur einer Stelle nachkommen, auch nicht in einem Landkreis allein. Das muss vielmehr in allen Bereichen der Gesellschaft geschehen. Sie haben völlig recht: Wenn wir mit nur 60.000 Euro in einem Landkreis für Sicherheit sorgen wollten, dann wäre das wenig. Aber Sie wissen auch: Wir machen wesentlich mehr.

Wenn sich die Menschen in unserem Land heute fragen: „Kann ich mich eigentlich sicher fühlen?“, dann will ich ganz persönlich sagen: Ja. – Ich war gestern mit meinem Sohn auf dem Weihnachtsmarkt und habe mich genauso gut gefühlt wie jedes Jahr, weil die Bratwurst genauso gut war wie jedes Jahr. Ich finde, wir dürfen unser freiheitliches Leben jetzt nicht infrage stellen. Aber natürlich müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die Sicherheit verstärken. Die Sicherheit wird nicht allein durch Bundes-polizei und Verfassungsschutz gewährleistet, sondern auch durch Prävention. Wir müssen dafür sorgen, dass sich junge Leute nicht von Rechtsextremen ansprechen lassen, dass sie sich nicht von Salafisten ansprechen lassen und sich nicht dem IS anschließen.

Wir pflegen einerseits lokale Partnerschaften vor Ort und fördern andererseits insbesondere bundesweit agierende Träger, die Schulprojekte durchführen, aufklären und die Jugend in ihrer gesamten Vielfalt zusammenbringen. Außerdem fördern wir Aussteigerprojekte und mobile Beratung. Das umfasst viel mehr als nur lokale Demokratiepartnerschaften. Deshalb ist es richtig, dass wir die Mittel für dieses Programm jetzt um zehn Millionen Euro aufstocken. Wir tun das, um diejenigen starkzumachen, die vor Ort jeden Tag ihr Gesicht dafür hinhalten, dass unsere Demokratie gestärkt wird, und die sich dagegenstellen, wenn manche anfangen, Hass und Gewalt gegen andere zu schüren. Das ist die Idee des Programmes „Demokratie leben!“. Deshalb ist es richtig, dass wir da zehn Millionen Euro obendrauf legen.

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete: Der Haushalt 2016 bietet gute Möglichkeiten, die moderne Politik für die Familien im Land fortzusetzen. Wir haben die Möglichkeit, die Zivilgesellschaft und das Ehrenamt viel stärker zu unterstützen als bisher, damit unser Land bleibt, was viele so attraktiv finden, ein familienfreundliches, solidarisches und weltoffenes Land.