Rede der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig,

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Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Es gibt ja eine gute Regel in diesem Haus, wonach kein Gesetz dieses Haus so verlässt, wie es hier hineingekommen ist – auch nicht das Haushaltsgesetz. Das freut mich aus Sicht des Bundesfamilienministeriums natürlich besonders; denn in den Haushaltsberatungen wurden zusätzlich zu den Mitteln, die ich schon in den regierungsinternen Beratungen verhandelt habe, weitere Mittel bewilligt. Das ist ein sehr gutes Signal. Im Zuge der parlamentarischen Haushaltsberatungen haben wir für das Bundesfamilienministerium eine Aufstockung auf 9,5 Milliarden Euro erreicht. Das sind über zwei Milliarden Euro mehr als zu Beginn der Legislaturperiode und zeigt eines: Uns sind die Familien im Land wichtig. Das ist ein gutes Signal für die Familien in unserem Land.

Die Mehrmittel kommen unter anderem dadurch zustande, dass in Deutschland nach 15 Jahren endlich wieder mehr Kinder geboren wurden. Das ist eine gute Nachricht. Auch eine in den letzten Wochen veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land sagt: Unser Land ist familienfreundlicher geworden. – Das ist gut und freut uns.

Darauf wollen wir uns aber nicht ausruhen; wir wollen noch mehr für die Familien tun. Wir wollen insbesondere, dass die Familien mehr Zeit füreinander haben, dass sie eine gute Infrastruktur für ihre Kinder vorfinden – zum Beispiel Ganztagskitas – und dass sie natürlich auch mehr Geld bekommen.

Diese drei Dinge gehören zu einer guten Familienpolitik, und dafür sorgen wir auch.

Erstens. Wir geben mehr Geld aus, damit die Familien mehr Zeit füreinander haben. Dafür sorgen wir insbesondere mit dem Elterngeld. Auch das neue Elterngeld Plus wird viel besser angenommen, als wir es gedacht haben. Deswegen stocken wir die Mittel dafür auf.

Zweitens. Wir geben mehr Mittel denn je für die Infrastruktur aus. Während wir als Bund in 2013 noch 1,5 Milliarden Euro für die Kindertagesbetreuung ausgegeben haben, sind es in 2017  2,5 Milliarden Euro für den Bau von Kitas und für die Verbesserung der Qualität in den Kindertagesstätten und in der Kindertagespflege.

Wie Sie alle wissen, haben wir uns mit den Ländern auf eine Qualitätsoffensive verständigt. Alle Länder bis auf das Land Hessen sind dabei. Deshalb freut es mich auch, dass wir mit diesem Haushalt einen ersten richtigen Schritt in diese Richtung gehen. Wir geben nämlich erstmalig auch für die Finanzierung von Plätzen für über Dreijährige Geld aus. Außerdem geben wir Geld für die Verbesserung der Sprachförderung in den Kitas aus; denn Sprache ist der Schlüssel für Bildung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das fängt schon bei den Kleinsten an. Ich freue mich deshalb, dass wir die Anzahl der sogenannten Sprach-Kitas verdoppeln können. 3.500 weitere Kitas werden zukünftig zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher für die Sprachförderung bekommen.

Drittens. Natürlich sollen die Familien auch finanziell gut unterstützt werden. Das Kindergeld ist hier die beliebteste Leistung. Es gibt aber Familien, bei denen die Eltern jeden Tag arbeiten gehen, aber ein so kleines Einkommen haben, dass sie selbst mit dem Lohn und dem Kindergeld nicht klarkommen und zum Amt müssen, um Sozialleistungen zu beantragen. Gerade diesen Eltern müssen wir besser helfen.

Deshalb freue ich mich, dass wir schon in diesem Jahr den Kinderzuschlag um 20 Euro aufgestockt haben und in 2017 noch einmal nachlegen werden. Diese Familien werden zukünftig mit dem erhöhten Kindergeld und dem erhöhten Kinderzuschlag 360 Euro im Jahr mehr haben. Das ist ganz wichtig; denn das ist ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut. Kinder, deren Eltern arbeiten gehen, dürfen nicht erleben, dass die Eltern und Kinder trotz Arbeit arm bleiben.

In einer aktuellen Diskussion geht es um die Verbesserung des Unterhaltsvorschusses. Ich weiß, dass sich alle Fraktionen für dieses Thema einsetzen, und ich freue mich sehr, dass sich Bund und Länder im Rahmen der doch sehr komplizierten Bund-Länder-Finanzbeziehungen darauf verständigt haben, dass wir den Unterhaltsvorschuss verbessern wollen.

Sie alle kennen die Situation. Eine alleinerziehende Mutter hat mir vor kurzem ihre Situation beschrieben: Erst hat sich mein Partner aus dem Staub gemacht – er hat noch nicht einmal für das Kind gezahlt –, und jetzt, da mein Kind 13 Jahre alt wird, macht sich der Staat aus dem Staub, weil der Staat eben nur bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres und maximal sechs Jahre lang für den Unterhalt einspringt. – Jeder von uns, der Kinder hat, weiß: Gerade zu dieser Jahreszeit braucht man eine neue Winterjacke und ein Paar neue Winterschuhe. Dadurch sind ganz schnell 100 bis 200 Euro weg, und damit hat man das Geld noch nicht einmal sozusagen verprasst. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir diesen Unterhaltsvorschuss ausbauen und auch nicht mehr begrenzen.

Und ja, wir müssen uns dazu noch mit den Ländern über die Finanzen verständigen. Der Finanzminister und ich sind uns mit dem Kanzleramt einig, dass der Vorschlag des Finanzministers gut ist, das, was der Bund zukünftig bei Sozialleistun-gen einspart – weil wir damit alleinerziehende Mütter und Väter aus dem Sozialleistungsbezug herausholen –, an die Länder weiterzugeben. Wir wollen auch Verbesserungen beim Eintreiben des Unterhaltsvorschusses. An der Stelle stehe ich an der Seite des Finanzministers, dass dieses Angebot im Rahmen der Gesamtfinanzbeziehungen, wo der Bund ja zukünftig rund zehn Milliarden Euro pro Jahr geben soll, gut ist. Deshalb wollen wir an der Stelle weiterverhandeln.

Ich verstehe auch die Kommunen, die sagen: Wir brauchen Zeit für die Umsetzung. – Das ist richtig. Deshalb wollen wir mit den Kommunen auch über eine gewisse Übergangszeit für die Bearbeitung sprechen. Die Leistung kann auch rückwirkend gewährt werden. Niemand erwartet, dass alle sofort am 2. Januar den Bescheid und das Geld bekommen. Was wir aber nicht machen sollten, ist, das Inkrafttreten infrage zu stellen; denn dann würde den Alleinerziehenden die Leistung verloren gehen. Keine Alleinerziehende, kein Alleinerziehender darf die Leistung verlieren. Darum geht es bei einer Lösung.

Deshalb werbe ich sehr dafür, dass wir jetzt mit Kommunen und Ländern sprechen, damit wir hier gemeinsam eine gute Lösung für die Alleinerziehenden hinbekommen, die viel leisten, jeden Tag für ihre Kinder da sind – oft allein –, aber finanzielle Probleme haben. Sie haben unsere Unterstützung besonders verdient.

Es wäre ja möglich, Frau Dörner, das Unterhaltsvorschussgesetz nächste Woche noch zu beschließen. Ich bin sicher, dass, nachdem Bundestag und Bundesrat mehrfach bewiesen haben, dass milliardenschwere Bankenrettungspakete hier ganz schnell durchgehen, die Beratung dieses Gesetzentwurfes für die Alleinerziehenden genauso zügig durchgeführt werden kann. Dies wäre eine große Unterstützung. Ich bin mir ganz sicher, dass die Koalitionsfraktionen diese Sache auf den Weg bringen; denn wir sind uns ja auch in der Bundesregierung einig.

Der Finanzminister und ich haben die Formulierungshilfe gemeinsam ins Kabinett eingebracht, und sie ist dort beschlossen worden. Aber an der Stelle – ich weiß, dass die Grünen die Idee auch unterstützen – wäre es natürlich super, wenn ich mich nicht nur auf die Koalitionsfraktionen verlassen könnte, sondern wenn Sie – und auch die Linken – dort, wo Sie in den Ländern Regierungs-verantwortung tragen, darum bitten würden, den Prozess der Verhandlungen zu beschleunigen. Dann würden wir ein großes Stück vorankommen. Bisher gibt es von keinem einzigen Land ein Go. Das ist das Problem.

Letzter Punkt, den ich gern ansprechen möchte: Sie wissen, dass unser Haus auch ein Gesellschaftsministerium ist, das insbesondere das Ehrenamt und die zivilgesellschaftlichen Kräfte unterstützt, die unser Land zusammenhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, wir alle erleben eine Verrohung in unserer Gesellschaft. Wir alle erleben, dass mittlerweile Hass und Hetze das Netz und die Straße bestimmen. Wir müssen daher gemeinsam dafür sorgen, dass die große Mehrheit, die diesen Hass und diese Hetze nicht will, die sich deshalb vielleicht auch zurückzieht, stark gemacht wird. Denn wer Hass und Hetze im Wort betreibt, schürt letztendlich auch Gewalttaten, und dagegen müssen wir uns gemeinsam stellen. Wir müssen die vielen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die in diesen Bereichen arbeiten, in unseren Vereinen, in den Verbänden, besser unterstützen. Dieses Zeichen haben Sie mit dem Etat gesetzt, den wir heute hier beraten und dann auch verabschieden.

Wir werden die Mehrgenerationenhäuser besser unterstützen. Die Mittel werden nicht nur verstetigt, sondern es können auch 100 neue Mehrgenerationenhäuser entstehen. Dort wird Zusammenhalt gelebt, und dies müssen wir stärken.

Wir haben gemeinsam dafür gesorgt, dass es für das Programm „Demokratie leben!“ jetzt zu einer Verdoppelung der Mittel gekommen ist, und dass wir gerade auch für die Jugendarbeit die notwendige Mittelaufstockung erreicht haben. Das ist ein wichtiges Signal an die jungen Menschen in unserem Land.

Wer daran glaubt, dass es trotz aller Kritik an der Demokratie und in der Demokratie besser ist, friedlich, freiheitlich und solidarisch zusammenzuleben, wer daran glaubt und sich in unserem Land in Vereinen, in Verbänden, in Mehrgenerationenhäusern, in Nachbarschaftshilfen engagiert, der hat uns an seiner Seite, der wird von uns unterstützt – nicht nur mit Worten, sondern auch ganz konkret materiell. Das ist ein ganz wichtiges Signal, das wir heute hier gemeinsam senden. Wir wollen mit den Menschen, die an unser Land glauben und sich dafür einsetzen, dieses Land gegen Hass, Hetze und Gewalt weiter stark machen.

Sie sehen also: Wir haben hier einen Haushalt, mit dem es möglich ist, auch im nächsten Jahr Familien zu stärken und für den Zusammenhalt in unserem Land zu sorgen.

Deshalb noch einmal herzlichen Dank für die guten Beratungen. Ich freue mich auf die Umsetzung im nächsten Jahr.