zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vor dem Deutschen Bundestag am 10. Dezember 2021 in Berlin:
- Bulletin 148-1
- 10. Dezember 2021
Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die neue Bundesregierung ist kaum zwei Tage im Amt, und das erste Gesetz ihrer Amtszeit kommt bereits heute im Deutschen Bundestag zum Abschluss. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Diese Bundesregierung hat sich viel vorgenommen. Aber das oberste Ziel – das oberste Ziel! – ist für uns der Schutz der Bevölkerung in dieser Gesundheitskrise. Wir werden daher alles tun, um diese Krise so schnell wie möglich zu beenden, und wir werden dafür auch eng mit den konstruktiv gewählten Teilen der Opposition zusammenarbeiten. Wir haben auch viele Vorschläge der Opposition aufgegriffen, für die ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte. Diese Pandemie ist eine Aufgabe für uns alle. Das ist keine Gelegenheit für Parteipolitik.
Worauf kommt es jetzt an? Die Herausforderung liegt darin, die aggressive Delta-Welle endlich nachhaltig zu brechen und die drohende Omikron-Welle noch zu verhindern. Langfristig wird es darauf ankommen, die Bevölkerung vor weiteren Wellen zu schützen; das ist das, was wir hier anstreben. Wir schärfen daher heute das Infektionsschutzgesetz nach. Wir geben den Ländern alle notwendigen Instrumente an die Hand, um das Infektionsgeschehen zu kontrollieren. Dazu zählen beispielsweise Möglichkeiten, Veranstaltungen, auch Sportveranstaltungen vor größerem Publikum zu untersagen, Bars, Klubs, Diskotheken, ja sogar, wo nötig, Restaurants zu schließen. Wir geben ihnen das Instrument, das notwendig ist, um die Delta-Welle lokal, aber auch bundesweit zu brechen und die Omikron-Welle so gut, wie wir es können, zu verhindern. Dabei schließen wir ausdrücklich auch Verbote von Kongressen und Messen nicht aus. Diese zusätzlichen Optionen werden helfen, dass die Bundesländer vor Ort mit unterschiedlicher Inzidenz mit jeweils unterschiedlichen Maßnahmen das Infektionsgeschehen lokal wirkungsvoll bekämpfen.
Alle Maßnahmen, die die Länder auf der Grundlage der alten Gesetzgebung bis zum 25. November 2021 in Kraft gesetzt haben, können bis zum 19. März des nächsten Jahres in Kraft bleiben. Damit schaffen wir dort, wo das geschehen ist, besondere Sicherheit. Das haben wir auch, aber nicht nur auf der Grundlage von Oppositionsargumenten aufgegriffen. Ich glaube, dass in einer solchen Situation die Verbesserung eines Gesetzes auf der Grundlage eines guten Vorschlags nicht ehrenrührig ist; das ist es, was wir machen werden. Das wird auch immer wieder – bei angepasster Infektionslage – richtig sein. Wir müssen hier vorgehen wie Mediziner: Hat sich der medizinische Befund verändert, dann müssen die therapeutischen Maßnahmen entsprechend angepasst werden.
Ich will einmal sagen, worauf es nicht ankommt: Es kommt nicht darauf an, dass wir hier einen Überbietungswettbewerb von immer schärferen Maßnahmen veranstalten, die wir dann weder einsetzen noch kontrollieren. Wichtig ist, dass wir die Maßnahmen, die wir haben, auch einsetzen und kontrollieren; darauf wird es zum Schluss ankommen.
Wenn wir die Maßnahmen, die wir beschlossen haben und die wir heute zusätzlich beschließen, konsequent einsetzen, dann wird es uns gelingen, die Delta-Welle auch in Bezug auf das Weihnachtsfest deutlich zurückzudrängen. Das ist ein Ziel, das wir jetzt erreichen müssen. Wir müssen es schaffen, so erfolgreich zu sein, dass zumindest das Weihnachtsfest und die Reisen zu den Menschen, die wir lieben, nicht nur stattfinden können, sondern sicher stattfinden können. Dafür werden wir kämpfen.
Man muss ehrlicherweise an die Adresse der Ungeimpften sagen – das, was ich jetzt sage, wird nicht jedem gefallen, aber es ist leider so –: Bei der Inzidenz, die wir derzeit haben, ist die einzige Alternative zur Schließung von Restaurants und kulturellen Einrichtungen oft die, dass Ungeimpfte dort nicht hineinkommen. An diesem Punkt sind wir jetzt; das müssen wir uns ehrlich eingestehen. Das macht niemand gerne, aber wir haben keine Alternative. Wenn wir das nicht tun, dann werden wir über kurz oder lang diese Einrichtungen schließen müssen. Das wollen wir nicht, und das können wir verhindern.
Parallel zur Kontaktbegrenzung zwischen Ungeimpften und Geimpften und der konsequenten Reduktion der Kontakte von Ungeimpften allgemein müssen wir aber auch ein hohes Impftempo aufnehmen. Wir müssen konsequent die Erst-, Zweit- und Boosterimpfungen beschleunigen. Vorgesehen ist, dass wir das Tempo noch in der Zeit bis zu den Weihnachtsferien beschleunigen. Wir haben vorgestern 1,1 Millionen Impfungen vornehmen können; das ist ein Rekordwert. Es werden derzeit in keinem anderen europäischen Land die Boosterimpfungen und auch die Erstimpfungen so schnell vorgenommen wie in Deutschland. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei allen hieran Arbeitenden, bei den Ärztinnen und Ärzten, bei denjenigen, die die Impfzentren aufbauen, und bei denen, die das alles organisieren, ganz herzlich bedanken. Das ist Arbeit, die uns am Schluss erfolgreich über diese Welle trägt.
Schließlich: Wir haben versprochen, bis zum Jahresende 30 Millionen Impfungen vorzunehmen. Das wird nicht am Impfstoff scheitern. Ich bleibe optimistisch, dass uns das gelingt. Das Impftempo ist mittlerweile so hoch, dass selbst an den Wochenenden mehrere Hunderttausend Impfungen stattfinden – an den Wochenenden! Daher bleibe ich optimistisch, dass wir das schaffen. Ich werde alles dafür tun, dass wir auch den Impfstoff bekommen, den wir im nächsten Jahr benötigen; denn mit diesen 30 Millionen Impfungen kommen wir noch nicht über die Welle hinweg. Wir werden alles tun, um genug Impfstoff anbieten zu können.
Wir können diese Pandemie mittelfristig nicht bekämpfen, ohne dass wir die Impfquoten, die wir erreicht haben, erhöhen. Daher führen wir eine einrichtungsbezogene Impfpflicht ein. Eine solche Impfpflicht ist notwendig; denn am Ende des zweiten Jahres der Pandemie ist es in keiner Weise akzeptabel, dass in Einrichtungen, wo Menschen leben, die sich unserem Schutz anvertraut haben, noch unnötigerweise Menschen sterben, weil Ungeimpfte dort gearbeitet haben. Das können wir nicht hinnehmen, und das werden wir mit diesem Gesetz ausschließen.
Ich komme zum Abschluss. Der Geist, in dem diese Bundesregierung die Pandemie bekämpfen will, ist der Geist, dass wir alle zusammenarbeiten müssen, dass wir konstruktiv miteinander umgehen, dass wir die Bevölkerung schützen wollen und dabei mit denjenigen zusammenarbeiten, die diese Leistung erbracht haben. Ich möchte mich auch hier – weil das viel zu selten passiert ist – noch einmal beim Bundesgesundheitsministerium ganz herzlich bedanken. Als ich das Haus betreten habe, ist mir ein Nussknacker geschenkt und gesagt worden, damit müsse ich die harten Nüsse knacken. Den Nussknacker werde ich nicht benutzen; denn der Nussknacker ist das Haus selbst. Das sind die Menschen, die ihre Arbeit seit zwei Jahren, zum Teil ohne viel Anerkennung, mit Überstunden und mit höchstem Sachverstand leisten. Daher möchte ich auch in diesem Haus ausdrücklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums danken und verbleibe in diesem Sinne.
Man soll ja nicht sagen: Wir schaffen das. – Das soll man nicht sagen. Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll: Ich glaube nicht nur, sondern ich weiß, dass wir das schaffen werden. Aber wir müssen zusammenarbeiten. Wir müssen an uns glauben, und wir müssen einander vertrauen.
Vielen Dank.