Rede des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil,

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Bulletin

  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Schutz von Gesundheit, der Schutz des Lebens hat absolute Priorität in dieser Krise – das ist in verschiedenen Reden deutlich geworden. Denn diese Herausforderung, Herr Kollege, ist nicht nur eine nationale Katastrophe; sie ist eine Menschheitsherausforderung.

Weil Gesundheit und Schutz von Leib und Leben absolute Priorität haben, müssen wir versuchen, der Bevölkerung, wo immer es geht, andere existenzielle Ängste zu nehmen. Das betrifft die Angst um das kleine Unternehmen; das betrifft die Angst um den Arbeitsplatz; das betrifft die Angst um die soziale Sicherheit. Diese Bundesregierung und diese Demokratie – das zeigt sich ja heute – werden alles tun, um jeden Arbeitsplatz, um jede Existenz kämpfen, um die soziale Sicherheit in diesem Land zu gewährleisten.

Die wirtschaftlichen Folgen der gesundheitspolitischen Maßnahmen und auch die weltwirtschaftlichen Auswirkungen sind dramatisch. Ich kann Ihnen heute als Arbeitsminister nicht zusagen, dass wir wirklich jeden Arbeitsplatz sichern können. Aber ich kann Ihnen deutlich sagen: Wir werden um jeden Arbeitsplatz in Deutschland kämpfen.

Wir haben dazu Instrumente und Mittel, die der Deutsche Bundestag heute im Rahmen der Wirtschaftshilfen bereitgestellt hat. Aber das betrifft auch die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die wir uns schon mal in einer Krise verschafft haben, um Arbeitsplätze zu sichern. Ich rede von den veränderten Regeln zur Kurzarbeit, die wir als Parlament und als Regierung jetzt sofort zur Verfügung haben. Das sichert Beschäftigung; das sichert auch Liquidität in den Unternehmen. Das ist eine wichtige Botschaft an dieser Stelle.

Das Zweite, was wir heute beschließen, ist, dass wir die Zuverdienst-Möglichkeiten für Menschen, die in Kurzarbeit sind, vergrößern, damit Lohnlücken abgefedert werden. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Es gibt jetzt viele Menschen, die in einer Wäscherei arbeiten. Die Wäscherei hat keine Aufträge, weil das Hotel, das sie sonst versorgt, geschlossen hat. Aber es werden gleichzeitig viele Menschen in einer Wäscherei beispielsweise in einem Krankenhaus gebraucht. Wir machen es möglich, dass diejenigen, die jetzt in Kurzarbeit gehen, ohne Lohneinbußen auch in diesem Bereich tätig sein können. Das Kurzarbeitergeld wird dafür nicht gestrichen.

Wir sorgen – drittens – dafür, dass es einen erleichterten Zugang für alle gibt, die jetzt auf ergänzende Grundsicherung angewiesen sind, ob Selbstständige oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer existenziell sozial gefährdet ist, der wird ab sofort, befristet für diesen Zeitraum, tatsächlich ohne Vermögensprüfung, ohne die Überprüfung von Wohnraum in den Genuss von Grundsicherung kommen können. Der Begriff "Genuss" ist vielleicht falsch. Ich will es anders sagen: Das wirkt jetzt wie ein Kombilohn, damit die Menschen nicht unter eine existenzielle Wasserlinie geraten. Ich bin dankbar, dass wir das heute beschließen. Wir helfen Familien durch Veränderungen beim Kinderzuschlag, die meine Kollegin Franziska Giffey in dieses Gesetz eingebracht hat, gerade für Geringverdiener. Wir sorgen dafür, dass auch die Zeit der Schul- und Kitaschließungen nicht zu unverhältnismäßigen Lohnkürzungen führt, durch Maßnahmen, die wir mit den Ländern besprochen haben.

Nicht zuletzt: Wir sichern die soziale Infrastruktur, die sozialen Dienste, die wir zur Bewältigung dieser Krise brauchen und auch einsetzen werden, indem wir einen Schutzschirm spannen: Dieser sorgt dafür, dass zum Beispiel diejenigen, die in der Weiterbildung, in der beruflichen Rehabilitation, in der Schuldnerberatung, beim Familienschutz, in der Kinder- und Jugendarbeit, in der ganzen großartigen sozialen Infrastruktur, die wir haben, arbeiten, von Trägern von Wohlfahrtsverbänden zur Bewältigung dieser großen Herausforderungen mit eingesetzt werden können.

Unser Land ist ein starkes Land. Es gibt ja den Satz, dass sich in der Krise der Charakter zeigt. Ich finde, dass die absolute Mehrheit, die meisten Menschen in diesem Land unglaublich Charakter zeigen. Ich meine die Menschen, die sich an die Regeln halten, die ihre Mitmenschen schützen, denen wir dankbar sind, dass sie die Einschränkungen des sozialen Lebens in Kauf nehmen. Ich meine diejenigen, die hart arbeiten. Es ist viel über diejenigen in der Pflege und der Gesundheit gesprochen worden, das stimmt; ich meine aber auch die in den Behörden, die jetzt ackern, die Leben schützen, die soziale Sicherheit gewährleisten. Ich nehme jetzt mal zwei Gruppen – bitte sehen Sie mir das nach – ausdrücklich nach vorne. Ich sage das jetzt mal – das ist ungewöhnlich in diesem Parlament –: Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem Ministerium, die jetzt Nachtschichten gemacht haben, aber vor allen Dingen auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Bundesagentur für Arbeit, bei anderen Behörden des Bundes und der Länder, die jetzt soziale Sicherheit gewährleisten. Das ist eine kritische Infrastruktur; vergessen wir das nicht.

In der Krise zeigt sich auch der Charakter unserer Demokratie. Ich bin allen Fraktionen dieses Hauses sehr dankbar, dass wir diese Maßnahmen in kürzerer Zeit beraten und beschlossen haben. Wir zeigen, dass diese Demokratie nicht wehrlos ist, dass wir die Mittel haben, dass wir die Möglichkeiten haben, unsere Bevölkerung zu beschützen und Deutschland gut durch diese Krise zu bringen: im Gesundheitswesen durch die Ertüchtigung von Medizin und Intensivmedizin, durch die Krankenhausfinanzierung und im Bereich des Infektionsschutzes. Auch mit dem Sozialschutzpaket zeigt diese Demokratie: Die Demokratie ist manchmal langsamer als andere, aber die Demokratie ist nicht zu spät. Sie ist handlungsfähig. Dafür bin ich allen Fraktionen in diesem Haus sehr dankbar. Gott schütze Sie! Herzlichen Dank.