Rede des Bundesministers des Auswärtigen, Joschka Fischer,

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Hoheit,

ich möchte Sie ganz besonders begrüßen. Wir freuen uns sehr, dass Sie uns heute die Ehre erweisen, bei der Eröffnung der Botschafterkonferenz unser Gast zu sein. Die Idee, seine Hoheit den Aga Khan einzuladen, ist auf der Afghanistankonferenz hier in Berlin geboren. Der Grund dafür ist nicht nur der wichtige Beitrag, den das Aga Khan Delevopment Network (AKDN) unter anderem in Afghanistan leistet, sondern dass seine Hoheit sich ganz persönlich engagiert, um zu einem Ausgleich zwischen den Kulturen, zwischen den Religionen und zu einem friedlichen Zusammenleben in der Welt zu kommen.

Und genau dieses Thema ist eines der Kernelemente, das wir auf dieser Botschafterkonferenz diskutieren wollen und, wie gerade wieder die schrecklichen Ereignisse der letzten Tage zeigen, diskutieren müssen.

Doch bevor ich darauf eingehe, lassen Sie mich einige grundsätzliche Bemerkungen machen und kurz skizzieren, wo die deutsche Außenpolitik heute steht. Ich blicke jetzt demnächst auf sechs Amtsjahre zurück, kann also ganz persönlich nachvollziehen, wie sehr die Welt sich verändert hat. Als die neue Bundesregierung 1998 ihr Amt angetreten hat, sah die Welt noch anders aus. Dies betrifft natürlich auch die Aufstellung des Auswärtigen Dienstes der Bundesrepublik Deutschland. Seine nötigen Veränderungen werden wir intensiv zu diskutieren haben.

Die Anforderungen an die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland nehmen dramatisch zu – und ich begreife die Außenpolitik hier als Sicherheitspolitik, als Entwicklungspolitik und so weiter, eben als Ganzes. Es sind nicht nur Anforderungen, sondern es entspricht auch unserem Interesse, die Entwicklungen mitzugestalten. Wenn die Welt, die immer komplexer wird und in der sich die Konflikte bedauerlicherweise immer weiter zuspitzen und bedrohlicher werden – wenn diese Welt friedlicher werden soll, dann werden wir unseren Anteil als einer der größten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu leisten haben. Dies liegt in unserem gemeinsamen, im deutschen und europäischen Interesse. Für diese Aufgaben brauchen wir die Unterstützung des Parlaments, dafür möchte ich werben.

Auch wenn es in den vielen praktischen Diskussionen unterzugehen droht: Gerade in Europa haben wir entscheidende Veränderungen erlebt. Worüber jahrelang gesprochen wurde, wovon geträumt wurde: Zum 1. Mai dieses Jahres ist die Erweiterung der Europäischen Union Wirklichkeit geworden. Ich möchte hier doch nochmals zurückblicken auf dieses historische Datum. Bei allen Schwierigkeiten, die vor uns liegen – und wer könnte es besser wissen, als gerade wir Deutsche, die nach fünf Jahrzehnten der Teilung die Herausforderungen, aber auch die Chancen des Zusammenwachsens kennen –, sehen wir in der Erweiterung eine große Chance für Europa. Diese Chance wollen wir nutzen. Es ist gelungen, im Verfassungskonvent und im zweiten Anlauf dann auch auf Ebene der Mitgliedsstaaten in der Regierungskonferenz eine Einigung auf die Verfassung zu erreichen. Jetzt wird es darum gehen, den Ratifizierungsprozess zügig und erfolgreich durchführen.

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Europäer zu Beginn des 21. Jahrhunderts begreifen, dass wir zusammenwachsen müssen. Wenn Europa geteilt bliebe, so würden wir dafür einen hohen Preis zu zahlen haben. Deswegen werden wir diese Chance nutzen müssen, auch und gerade im eigenen Interesse.

Für uns ist hier besonders wichtig, dass sich eine neue Dimension eröffnet, nämlich der gemeinsame Auswärtige Dienst Europas. Die Erweiterung ist keineswegs abgeschlossen. Bulgarien, Rumänien und Kroatien sind bereits in Verhandlungen oder werden Verhandlungen beginnen. Lassen Sie mich nur kurz am Rande erwähnen, welche Bedeutung der europäische Integrationsprozess hat. Bei verschiedenen Besuchen in Bosnien konnte man immer feststellen, dass es hier eine Blockade gab, dass der Konflikt eingefroren war. Jetzt, wo die kroatische Beitrittsperspektive, wo die Verhandlungseröffnung konkret wird, erleben wir plötzlich auch eine Veränderung in den Köpfen in Bosnien, und zwar bei allen beteiligten Gruppen. Die Attraktivität der Europäischen Union erweist sich hier ein weiteres Mal.

Dies gilt ganz gewiss auch für eine Entscheidung, die ich, ich bekenne das offen, mittlerweile als historisch bezeichnen würde, nämlich – vorausgesetzt die Kommission wird einen positiven Bericht vorlegen – die Entscheidung, ob es zu einer Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei kommen wird. Natürlich weiß ich auch, welche Kontroversen diese Frage auslöst.

Aber lassen Sie mich hier – gerade angesichts auch der jüngsten Ereignisse – nochmals unterstreichen: Die Europäische Union begann auf historischer Grundlage. Die Überwindung der Schlachtfelder, die Überwindung der deutsch-französischen Erbfeindschaft, die Idee, dass sich nicht wiederholen soll, was zum Selbstzerstörungsprozess Europas in zwei Weltkriegen im 20. Jahrhundert geführt hat, vollzog sich sehr pragmatisch. Die historische Begründung wurde durch einen sehr pragmatischen, nämlich an der Wirtschaft, an der Integration der wirtschaftlichen Interessen orientierten Prozess vollzogen. Es war ein großer Erfolg.

Jetzt aber kommt zur historischen Dimension und zum pragmatischen Weg ein Drittes hinzu: die strategische Dimension. Spätestens seit dem 11. September ist klar geworden, dass die Europäische Union nicht oder nur unzureichend ausgerüstet ist, um die konkreten regionalen wie globalen Herausforderungen zu bewältigen und für Frieden zu sorgen. Die strategische Dimension ist von sehr großer Bedeutung.

Ich sage nicht, dass die Argumente, die gegen einen Beitritt der Türkei vorgebracht werden, irrational sind. Manches ist irrational, aber ich nehme die Argumente, die vor allen Dingen auch von überzeugten Europäern gebracht werden, ernst: Schaffen wir das? Wird die EU nicht zu groß? Ist die Türkei noch Europa? Kann Europa das noch verkraften, ohne dass der Integrationsprozess als Ganzes gestört wird oder gar zum Stillstand kommt?

Auf der anderen Seite ist die Realität völlig klar. Wir sehen uns einer strategischen Herausforderung gegenüber. Der Türkei wurden seit vier Jahrzehnten Versprechungen gemacht, und zwar nicht erst zu Zeiten dieser Regierung. Es begann in den 60er Jahren und wurde immer wiederholt. Diese Versprechungen wird man nicht kappen können, ohne dass man dafür einen hohen Preis wird bezahlen müssen – gerade unter den neuen Bedingungen seit dem 11. September.

Die Türkei sucht die Modernisierung durch die enge Anbindung an Europa. Im Grunde genommen ist das seit der Revolution von Kemal Atatürk angelegt. Wenn man der Türkei Sonderbeziehungen, aber keinen festen Beitritt anbietet, dann wird das als ein Nein empfunden. Dafür wird man einen hohen Preis zu bezahlen haben. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Die Entscheidung, die Verhandlungen aufzunehmen, bedeutet keineswegs den Beitritt oder einen Beitrittsautomatismus. Angesichts der Größe der Aufgabe wird man hier vor allen Dingen auf die Implementierung Wert legen müssen. Dass heißt, wir sprechen von einem langen Prozess. Wenn eine europafähige Türkei eines Tages Realität geworden ist, dann wird sich die Entscheidung, ob Beitritt oder nicht, meines Erachtens wesentlich einfacher gestalten. Übrigens – das möchte ich hinzufügen – gilt das für beide Seiten.

Die Türkei aber heute zurückzustoßen, gerade angesichts der neuen Herausforderungen – das würde einen Preis fordern, den zu entrichten ich für falsch hielte. Deswegen bin ich aus fester Überzeugung dafür, dass wir diese Entscheidung, vorausgesetzt, die Kommission liefert einen positiven Bericht ab, auch positiv treffen. Dies ist die Haltung der Bundesregierung.

Wir sehen uns mit der Herausforderung konfrontiert, die finanziellen Voraussetzungen für die erweiterte Europäische Union und ihre neuen Aufgaben zu schaffen. Hier werden wir letztendlich einen Kompromiss erreichen müssen. Einen Kompromiss, der allerdings nicht nur von den Nettozahlern erbracht werden kann. Lassen Sie mich das auch in aller Offenheit hier so sagen. Ein Kompromiss, der nicht zu Überforderungen führen darf und der gleichzeitig die Handlungsfähigkeit der Europäischen  Union erhalten muss. Wir sind der Meinung, dass wir hier mit der Einprozentposition all dieses werden gewährleisten können.

Wenn sich alle bewegen, wenn alle bereit sind, sich zu bewegen, dann wird es auch erreichbar sein. Aber was nicht sein kann, ist, dass wir unter neuen Bedingungen dann Entwicklungen bekommen, nach der einige der alten Mitgliedsstaaten in diese Solidarität nur teilweise eingebunden sind und nicht mehr entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit. Ich denke, es besteht eine große Chance, einen Kompromiss zu erreichen. Allerdings auf der klaren Grundlage, dass es zu keiner Überforderung kommen darf und kommen kann.

Wir werden eine neue Kommission unter Kommissionspräsident Barroso haben. Diese Kommission wird wesentlich politischer sein, denn ihre Zusammensetzung ist eine politischere. Das war gewünscht. Der Kommissionspräsident spielt eine entscheidendere Rolle als in der Vergangenheit. Ein Schwerpunktthema der Union wird die Steigerung ihrer ökonomischen Effizienz sein. Zugleich aber erlangen außenpolitische Fragen besondere Bedeutung, hier vor allen Dingen auch unsere Beziehungen zum Mittelmeerraum, zu unserer Nachbarregion in Afrika, zum Nahen Osten, zum Kaukasus. All diese Herausforderungen werden die europäische Dimension auch der deutschen auswärtigen Politik wesentlich verstärken.

Wir stehen auf den Grundlagen der Tradition der deutschen Außenpolitik. Wir sind eingebunden in die Europäische Union, in die OSZE, in die Nato. Lassen Sie mich hier, weil ich vorher die historische Dimension angesprochen habe, ganz besonders unsere Partnerschaft mit Frankreich erwähnen. Sie ist unverzichtbar als Antriebskraft für die Gestaltung eines einigen, handlungsfähigen Europas und sie wird auch unter den neuen Bedingungen – wir haben das in vielen Punkten erlebt – unverzichtbar bleiben.

Allerdings ist die Union größer geworden. Das wird sich auch auf die Integrationskraft der deutsch-französischen Zusammenarbeit auswirken. Sie darf nicht ausschließlich sein. Sie muss immer offen sein. Sie muss als Motor wirken, ohne gleichzeitig Widerstände zu vergrößern. Ich denke, gerade im Bereich der Verfassung ist dieses gut gelungen. Wir haben die Schwierigkeiten dort gesehen, aber gleichzeitig auch die Bedeutung dieser Zusammenarbeit. Nochmals: Diese Zusammenarbeit darf niemals exklusiv sein.

Gestatten Sie mir, einen Blick auf die Weltlage zu werfen, und lassen Sie mich dazu einige Vorbemerkungen machen.

Ich war in letzter Zeit in Asien, im Nahen Osten. Die Kontakte dort haben mich in meiner Analyse bestärkt, nämlich, dass wir in der Tat in einer Situation sind, die die Frage aufwirft, inwieweit die Institutionen, inwieweit die Strukturen des internationalen Systems zu den Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, tatsächlich noch passen. Das ist keine akademische, keine politikwissenschaftliche Frage, sondern wenn die Energien, die gerade jetzt freigesetzt werden, die Energien in der Globalisierung, die Energien in Regionalkonflikten, die Energien aufstrebender Mächte, nicht mehr durch Institutionen aufgefangen und in konstruktives Handeln umgesetzt werden, wenn die Strukturen diese Energien nicht mehr effizient und konstruktiv aufnehmen können, dann bekommen wir ein zunehmendes Dysfunktionalitätsproblem – ein Problem, das durch Verstärkung von Krisen oder aber in der Explosion von Konflikten zum Ausdruck kommen kann.

Was ich mit Sorge sehe – und lassen Sie mich diese Sorge hier offen ansprechen – ist, dass sich zunehmend Konflikte aus der Option konstruktiver Lösungen in so genannte Lose-Lose-Situationen hineinentwickeln. Das liegt nicht nur daran, inwieweit politisch Verantwortliche das Richtige oder das Falsche entschieden haben, sondern es ist auch Ausdruck genau dieser Dysfunktionalität.

Selbstverständlich sind die Vereinigten Staaten für uns der wichtigste Partner außerhalb Europas unser enger Freund und Alliierter. Eine Weltordnung ohne die Vereinigten Staaten wird es nicht geben können. Denn sie sind die einzige Macht, die zu globaler Machtprojektion in der Lage ist.

Ich meine aber, wenn wir alle unsere Interessen, selbst die Interessen der einzigen globalen Macht bedenken und die Erfahrungen zusammenziehen, die wir gerade im Nahen und Mittleren Osten gemacht haben – sei es im Nahostkonflikt, seien es die Herausforderungen durch den Terrorismus, sei es im Irak, sei es die Gefahr der Nuklearisierung und eines Nuklearwettlaufes in dieser Region –, dann werden wir feststellen, dass eine Welt mit sechs Milliarden Menschen in 192 Staaten letztendlich nur multilateral organisiert werden kann, dass es eines effektiven Multilateralismus bedarf. Meines Erachtens steht dieses nicht im Widerspruch zu den Interessen der stärksten Macht.

Ich meine, das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Deswegen ist die Reform der Vereinten Nationen von solch entscheidender Bedeutung. Für uns steht nicht ausschließlich im Vordergrund, ob Deutschland, wenn es zu einer Reform des Sicherheitsrates kommt, einen ständigen Sitz haben soll oder nicht. Es geht vielmehr um die Reform des VN-Systems als solche. Das ist für uns die entscheidende Herausforderung.

Aber wenn diese Reform des Sicherheitsrates sinnvoll gestaltet wird und die objektiven Kriterien, die bisher angelegt wurden, gelten, dann wird Deutschland dabei sein, wenn es zu einer Erweiterung kommt. Wenn andere meinen, dass sie ebenfalls diesen Anspruch erheben sollten, sollten sie das tun. Wenn wir uns bewerben, richtet sich das gegen niemanden. Wir werden niemanden blockieren. Wenn die Weltgemeinschaft der Meinung ist, dass angesichts der Kriterien, die zugrunde gelegt wurden, andere vorzuziehen sind, dann werden wir dieses so akzeptieren. Wir erwarten aber auch umgekehrt, dass man unter Partnern versucht, eine vernünftige Vorgehensweise zugrunde zu legen.

Die Reform des Sicherheitsrates ist auch und vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt wichtig, dass solche Zäsuren wie die Dekolonisation und das Ende des Kalten Krieges endlich in der Entscheidungsstruktur durch eine breitere Grundlage zum Tragen kommen müssen. Warum halten wir das für so entscheidend? Wir konnten es gerade in den letzten Krisen sehen. Die entscheidende Macht der VN ist keine militärische. Es geht um Legitimation. In einer Staatenwelt, die sich zunehmend demokratisiert hat – und nach 1989 hat es dramatische Fortschritte bei der Demokratisierung gegeben –, ist von entscheidender Bedeutung, dass Macht auf Zustimmung beruht. Wir konnten in jüngster Zeit gerade erleben, welche Bedeutung der Konsens in der internationalen Staatengemeinschaft hat.

Genau dafür brauchen wir eine effiziente Struktur, einen effizienten Multilateralismus der VN – nicht nur im Sicherheitsrat, nicht nur in der Generalversammlung, auch in den Unterorganisationen. Dies ist eine der ganz großen Herausforderungen, wenn wir die Krisen des begonnenen Jahrhunderts positiv bewältigen wollen, eine der großen Herausforderungen, die wir in diesem Zusammenhang nun wirklich lösen müssen.

Sollte es dabei nur zu Teilschritten oder zu keiner Lösung kommen, sollten die nationalen Egoismen hier eine wirkliche Reform verhindern, dann werden auch wir dafür einen Preis zu bezahlen haben. Wir halten die Vereinten Nationen als Dachorganisation einer sich globalisierenden Menschheit, einer sich globalisierenden Ökonomie für alternativlos. Unseres Erachtens haben sie ihre Zukunft noch vor sich und nicht hinter sich. Sie werden im 21. Jahrhundert wesentlich wichtiger sein, als sie dies im Zeitalter des Kalten Krieges der Fall gewesen sind.

Das führt uns direkt und unmittelbar näher an unser Thema heran. Wir werden ja demnächst den Jahrestag des 11.09. begehen. Der Angriff auf unseren wichtigsten Partner, die bedeutendste Macht der Gegenwart, auf die Vereinigten Staaten von Amerika, bestimmt natürlich das transatlantische Verhältnis.

Afghanistan, der Golf, der Nahostkonflikt, der Kaukasus – all diese Fragen bestimmen heute das transatlantische Verhältnis. Deswegen wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass wir nach den amerikanischen Wahlen – egal unter welcher Regierung – mit dem begonnenen Dialog über die Zukunft des Westens und des transatlantischen Bündnisses fortfahren. Es wird von entscheidender Bedeutung sein, ob es hier gelingt, einen strategischen Konsens über dem Atlantik herzustellen. Wenn wir dies schaffen, dann ist mir um die Zukunft weitaus weniger bange. Allerdings glaube ich, dass auch hier beide Seiten ein Interesse haben müssen, dass wir diesen strategischen Konsens herstellen.

Wie sehen wir die Welt? Wie sehen wir die Herausforderungen? Wo liegen die Unterschiede, die Widersprüche? Wie lassen sie sich überbrücken? Ich glaube, die Zukunft des transatlantischen Verhältnisses wird sich in der Region, die man als "Wider Middle East" oder "Broader Middle East" bezeichnet, wird sich im Kampf gegen den Terrorismus, wird sich in der Frage, wie den Ursachen begegnet werden kann, welche Antworten konstruktiver Art man darauf findet, tatsächlich entscheiden. Die Antwort der Bundesregierung ist hier eindeutig. Wir haben jedes Interesse an einem lebendigen Transatlantismus und deswegen werden wir intensiv an der Herstellung eines solchen strategischen Konsenses in Europa und mit unseren Partnern in Washington arbeiten.

Die Situation im Nahen und Mittleren Osten ist, um ein diplomatisches Wort zu benutzen, hoch komplex. Ich sehe mit Sorge, dass die Konflikte dort alles andere als gelöst sind, sondern sich im Gegenteil eher noch zuspitzen. Der Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt, auf den israelisch-arabischen Konflikt stimmt alles andere als hoffnungsfroh.

Wir hoffen, dass die Lage im Irak stabilisiert werden kann, und zwar auf der Grundlage der Weltsicherheitsratsresolution 1546 und der Vereinbarung, die Brahimi getroffen hat. Wir sind bereit, das Unsere dazu beizutragen, um die Zukunft des Iraks auf demokratischer Grundlage mitzugestalten. Wir leisten dazu einen erheblichen Beitrag. Wichtig ist dabei, dass wir den Irak in die Lage versetzen, Sicherheit herzustellen. Deswegen haben wir mit der Polizeiausbildung in den Vereinigten Arabischen Emiraten begonnen und sind bereit, auch Soldaten außerhalb des Iraks auszubilden. Von erheblicher Bedeutung ist die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des  Iraks, der Fähigkeit, den Wiederaufbau zu finanzieren. Die Diskussion um den Schuldenerlass wird sehr zielorientiert geführt und hoffentlich bald zu den richtigen Entscheidungen kommen.

Wir engagieren uns für die Vereinten Nationen. Die Vereinten Nationen sind in diesem Prozess ein wichtiger Garant. Dabei dürfen wir allerdings nie den furchtbaren Terroranschlag vergessen, der die Organisation in Bagdad getroffen hat. Wir werden die Vereinten Nationen und auch den Wahlprozess unterstützen und haben dafür unverzüglich fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Demnächst werden wir den irakischen Staatspräsidenten hier zu Besuch haben. Das wird uns die Gelegenheit geben, intensiv über den Stand unserer Beziehungen und darüber zu sprechen, welche Beiträge wir noch leisten können.

Ich denke, der Wiederaufbauprozess im Irak ist alternativlos. Wenn dieser Prozess scheitert, besteht die Gefahr eines Bürgerkrieges mit allen regionalen Risiken. Insofern sehen wir uns in unserem Engagement für den von Lakdhar Brahimi eingeleiteten Prozess in der Tat bestätigt.

Doch lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch ein anderes Thema ansprechen, das mich zunehmend umtreibt: die Entwicklung des Nuklearprogramms im  Iran. Der Iran verfügt, wenn die Verantwortlichen die richtigen Entscheidungen treffen, über ein Potenzial, das sich überaus positiv entwickeln kann. Das Land hat eine starke Zivilgesellschaft, eine starke Dynamik und die Voraussetzungen für eine wirkliche Demokratie.

Wir hören aber, dass sich gerade in jüngster Zeit die Menschenrechtslage wieder verschlechtert. Wir hören auch, dass die unversöhnliche Haltung gegenüber Israel im Nahostkonflikt wieder zugenommen hat. Beides erfüllt uns mit großer Sorge. Aber mit sehr großer Sorge erfüllen uns die nuklearen Ambitionen Irans. Hier möchte ich nochmals an die Verantwortlichen in Teheran appellieren, jetzt keiner Fehlkalkulation zu unterliegen, weil es angebliche Schwächen der Vereinigten Staaten und des Westens im Irak gebe.

Die Vorstellung der Nuklearisierung und der gleichzeitigen Arbeit an dem Trägersystem wird - wenn sie erfolgreich in die Tat umgesetzt wird - darauf hinauslaufen, dass wir einen nuklearen Rüstungswettlauf im Nahen Osten bekommen. Das wird Europa nicht unberührt lassen. Wir haben Sonderbeziehungen zu Israel aufgrund der Verantwortung für unsere Geschichte. Allein dies wäre Grund genug für uns, besorgt zu sein. Aber hinzu kommt, dass es angesichts der Herausforderungen durch Terrorismus, durch regionale Rivalitäten der beteiligten Staaten, durch den nicht gelösten Nahostkonflikt nachgerade ein Albtraum wäre, wenn es im Nahen Osten zu einem nuklearen Rüstungswettlauf käme. Und die entscheidende Frage wird dabei sein, ob der Brennstoff-Kreislauf geschlossen wird. An diesem Punkt haben wir in den Verhandlungen der drei Außenminister in Teheran keinerlei Zweifel gelassen. Die internationale Gemeinschaft wird die Schließung des Brennstoffkreislaufs nicht akzeptieren. Das war der "Make-It or Break-It–Point" in den Verhandlungen – und das ist bis heute so geblieben.

Deswegen noch mal mein Appell, hier keiner Fehlkalkulation zu unterliegen. Das Recht eines jeden Staates, sein ziviles Nuklearprogramm zu entwickeln, etwa Leichtwasserreaktoren zur Produktion von Strom einzusetzen – ich habe da meine persönlichen Zweifel, aber es kommt hier nicht darauf an, wie sinnvoll die zivile Nutzung der Atomkraft ist –, dieses Recht ist unbestritten. Das haben wir auch in Teheran in der Vereinbarung klargemacht. Aber eine Schließung des Brennstoffkreislaufes - das heißt hier vor allen Dingen die Fähigkeit, hoch angereichertes Uran zu produzieren - würde meines Erachtens eine dramatische Verschärfung der Situation mit sich bringen. Wir Europäer haben unseren iranischen Partnern immer geraten, uns als Schutzschild im wohlverstandenen eigenen Interesse zu begreifen. Aber wir sehen mit Sorge, dass die Vereinbarung von Teheran hinterfragt wird, dass die Vereinbarung von Brüssel nicht umgesetzt wird in dem entscheidenden Punkt. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, nochmals an die Führung in Teheran zu appellieren, hier keiner Fehlkalkulation zu unterliegen, sondern, gründend auf einer realistischen Kalkulation der Interessen dieses großen Landes, an der Vernunft der Vereinbarung festzuhalten, die mit den drei europäischen Außenministern getroffen wurde, und sie vollinhaltlich umzusetzen.

Ich habe den Nahostkonflikt bereits erwähnt. Ich kann nicht verhehlen, dass ich alles andere als optimistisch von meiner Reise aus der Region zurückgekommen bin. Selbstverständlich spielen die amerikanischen Wahlen eine große Rolle, aber es sind nicht nur die amerikanischen Wahlen. Wir sehen mit Sorge, wie dieser Konflikt zunehmend in eine verhärtete Konfrontation führt. Dabei wissen wir doch, dass Terror und Gewalt aufhören müssen, dass sie nur weiteres unsägliches Leid entstehen lassen. Was wir brauchen, ist eine politische Lösung. Anders als in anderen tragischen Konflikten, wie etwa jetzt in Tschetschenien, wissen wir im Nahostkonflikt mit Ausnahme weniger kleinerer Details, die den Endstatusverhandlungen überlassen bleiben, wie diese politische Lösung am Ende aussehen wird: Letztendlich wird an einer funktionierenden Zweistaatenlösung kein Weg vorbei führen – im Interesse der beiden Staaten. Wie schwer dieses allerdings in den jeweiligen Innenpolitiken umzusetzen ist, das konnten wir gerade in den letzten Wochen und Monaten leider mit verfolgen.

Ich denke, der Disengagement-Plan von Ministerpräsident Sharon – und so sehen es auch die Regierung in Ägypten, so sehen es die Europäer – bietet eine große Chance zu einem Schritt in die Richtung der Lösung dieses Konfliktes – wenn es nicht bei "Gaza first" und "Gaza only" bleibt. Wenn die West-Bank eingeschlossen ist und auf palästinensischer Seite Ernst gemacht wird mit der Sicherheit und mit einer effizienten Verwaltungsstruktur, dann bietet der Gazarückzug eine große Chance. Deswegen ist die Europäische Union wie die Bundesrepublik Deutschland hier bereit, sich mit Nachdruck zu engagieren, gemeinsam mit unseren Partnern in der Region.

Mit dem Sudan ist eine weitere Krise in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit geraten. Hier zeichnete sich eine humanitäre Tragödie mit einem genozidalen Potenzial ab. Diese Krise ist mitnichten vorüber. Wir erwarten von der Regierung in Khartum – und wir tun dies keineswegs in der Absicht, hier Veränderungen von außen herbeizuführen, dass sie ihrer Aufgabe gerecht wird. Jede Regierung – nicht nur die in Khartum - hat die Verantwortung für Frieden, für Stabilität im Innern und für die Sicherheit ihrer Menschen. Die Regierung in Khartum hat gemeinsam mit Kofi Annan ein "Joint Communiqué" unterschrieben. Das wollen wir umgesetzt sehen. Es ist auch die Grundlage der Sicherheitsratsresolution 1556, die bedauerlicherweise nicht voll umgesetzt worden ist. Deswegen dürfen wir jetzt nicht nachlassen. Die internationale Gemeinschaft muss weiterhin Druck auf die Beteiligten ausüben – auch auf die Rebellen –, mit dem Ziel, dass der bewaffnete Konflikt eingestellt wird. Wir erwarten, dass die sudanesische Regierung Sicherheit gewährt. Das Vergewaltigen, das Vertreiben muss ein Ende haben. Hier ist die Regierung in der Verantwortung. Sie hat zugesagt, die Dschandschawid-Milizen zu entwaffnen; sie hat zugesagt, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. Das alles steht im "Joint Communiqué" und in der Sicherheitsratsresolution. Wir erwarten, dass dieses entsprechend umgesetzt wird.

Sehr positiv beurteilen wir das Verhalten der Afrikanischen Union. Lassen Sie mich das hier nochmals unterstreichen: Ich finde das eine sehr hoffnungsvolle Entwicklung. Ich begrüße, dass in Afrika ein Bewusstsein entsteht, für eine gemeinsame Verantwortung für die Lösung der schweren regionalen Konflikte und für die gemeinsame Verantwortung der Afrikanischen Union als Regionalorganisation für die Abwehr humanitärer Katastrophen oder gar kommender Genozide. Ich sehe darin einen beeindruckenden Schritt nach vorne für Afrika, das in der westlichen Öffentlichkeit oft nur als Kontinent der hoffnungslosen Konflikte und Krisen, der humanitären Zuwendung, aber nicht der politischen Perspektive gesehen wird.

Deswegen begrüßen wir auch, dass wir auf Initiative der niederländischen Präsidentschaft am Wochenende das erste Außenministertreffen der Europäischen Union mit der westafrikanischen Regionalorganisation ECOWAS hatten. Das geht meines Erachtens in die richtige Richtung, und wir Europäer sind uns einig darin, dass wir daran arbeiten wollen, hier eine neue Beziehungsgrundlage zu schaffen – auch und gerade auf der Ebene der "peace-keeping-missions", aber natürlich auch auf der politischen Ebene. Das wachsende Verständnis für kooperative Verantwortung und Sicherheit in Afrika ist eine ausgesprochen positive Entwicklung, die ich hier nochmals mit allem Nachdruck unterstreichen möchte.

Unser Engagement in Afghanistan bleibt aufrecht erhalten. Gerade die jüngsten Ereignisse machen klar, dass es alternativlos ist. Deswegen geht mein Appell auch an die deutsche innenpolitische Debatte: Wir werden in Afghanistan engagiert bleiben müssen. Die Rufe nach neuen Plänen oder Gesamtkonzepten gehen meines Erachtens völlig an der Realität vorbei. Die Afghanistankonferenzen, die ja hier in Deutschland stattfanden, haben dieses Gesamtkonzept gesetzt. Wenn ich vorausblicke, frage ich mich immer, ob wir das schaffen. Blicke ich zurück, bin ich erstaunt, was möglich war. Seit der ersten Petersbergkonferenz bin ich mit dabei. Ich weiß um die Schwierigkeiten und ganz besonders um die gegenwärtigen Herausforderungen: die Entwaffnungen, die Reintegration und – das wird meines Erachtens die nähere Zukunft nach den Wahlen sehr stark bestimmen müssen – das Zurückdrängen der Rauschgiftökonomie in diesem Land, die so fatale Konsequenzen hat, nicht nur für uns in Europa und für die Nachbarstaaten, sondern für Afghanistan selbst.

Aber wer hätte gedacht, dass der Petersbergkonsens hält, dass er zum ersten Mal zu einem demokratisch legitimierten Prozess auf afghanischer Grundlage führt, dass wir die Verfassungs-Loya Jirga bei allen Schwierigkeiten erfolgreich abgeschlossen haben und dass wir jetzt vor den ersten wirklichen Wahlen stehen. Frauen, die sich registrieren wollten, wurden von den Taliban ermordet und die afghanischen Frauen sind dennoch weiter zur Registrierung gegangen. Wer um die Schwierigkeiten weiß, der kann auch ermessen, welchen Erfolg es bedeutet, dass neun Millionen Afghaninnen und Afghanen sich haben registrieren lassen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir unseren Verpflichtungen auch und gerade im Sicherheitsbereich gerecht werden. Ich denke, dass unsere Soldaten hier einen besonderen Dank verdienen, aber auch die Diplomaten. Es wird oft unterschätzt, was die Diplomaten vor Ort leisten und welche Risiken sie eingehen. Von ihrem großen Engagement, auch von dem der Entwicklungshelfer konnte ich mich in Kundus selbst überzeugen. Es ist wichtig, dass wir jetzt vor den Wahlen auch die Präsenz in der Fläche ausdehnen. Deswegen halte ich es auch für überaus sinnvoll, dass das PRT in Faisabad seine Arbeit wird aufnehmen können.

Auch auf dem Balkan stehen wir vor schwierigen Entscheidungen. Der Beitrittsprozess von Kroatien wird positive Wirkungen haben, die in den Köpfen jetzt schon feststellbar sind. Ich hoffe, dass sie auch in Serbien und Montenegro spürbar werden. Je schneller Serbien sich den euroatlantischen Strukturen annähert, desto besser. In Mazedonien ist die Stabilisierung gelungen. Aber wir müssen das Augenmerk auf dieses Land halten, um seinen Weg Richtung Nato und Europäische Union zu begleiten.

Aber der entscheidende Punkt ist das Kosovo, und auch da kann ich nur nochmals betonen: Hier gibt es keine einfachen Entscheidungen. Weder die Rückkehr zu den alten Verhältnissen, noch die Unabhängigkeit sind Antworten auf die offene Statusfrage. Die Standards werden gebracht werden müssen, egal welcher Lösung der Statusfrage man letztendlich zuneigt. Denn wenn die Standards für ein modernes Staatswesen nicht erreicht werden, wird jeder Status in die Instabilität führen. Auch hier sind Durchhaltevermögen, langer Atem und Kreativität nötig. Wir werden weiter unseren Verpflichtungen auf dem Balkan im Rahmen von Nato und Europäischer Union gerecht werden, weil wir keine positive Alternative sehen, ohne dass die internationale Staatengemeinschaft und mehr und mehr Europa hierbei in der Verantwortung bleibt.

Lassen Sie mich zum Schluss nochmals die Bedeutung des transatlantischen strategischen Konsenses unterstreichen. Die begonnene Debatte im G8-Rahmen zu "Broader Middle East" bietet eine Chance. Sie bietet eine Chance, wenn sie echte Partnerschaft zum Ziel hat. Sie bietet eine Chance, wenn wir begreifen, dass die Zukunft der Sicherheit Europas in dieser Region entschieden wird, dass unsere gemeinsame Zukunft, die Zukunft des Transatlantismus in dieser Region entschieden wird. Sie bietet eine Chance, wenn wir die Partner in dieser Region ernst nehmen und wenn wir mit ihnen partnerschaftlich zusammenarbeiten.

Bei meinem jüngsten Besuch in den arabischen Ländern, aber auch in Israel habe ich immer wieder die entscheidende Frage unterstrichen: Wird das Mittelmeer im 21. Jahrhundert ein Meer der Konfrontation oder ein Meer der Kooperation sein, das uns verbindet? Wenn es ein Meer der Kooperation wird, wenn es uns gelingt, das ökonomische, aber auch das kulturelle, das zivilisatorische Potenzial dieser alten Kulturen und Zivilisationen in Europa und im Nahen Osten zu nutzen, dann habe ich um die Zukunftsfähigkeit dieser Regionen keine Sorge. Dann wird die junge Generation in der arabischen Welt – der König von Jordanien hat in einer beeindruckenden Rede einmal unterstrichen, dass die Hälfte der Bevölkerung in der Region unter 18 Jahren ist – eine hervorragende Perspektive haben.

Europa hat hier als direkter Nachbar sehr viel zu bieten, nicht nur wirtschaftlich, auch in Bildung und Ausbildung und in der Sicherheitszusammenarbeit. Ich bin vielmehr überzeugt, dass unsere Zusammenarbeit auch eine große kulturelle Dimension hat. Allerdings möchte ich nochmals unterstreichen, dass wir dazu einen strategischen Konsens mit unserem wichtigsten Partner außerhalb Europas – den USA – brauchen. Die Diskussion darüber hat erst begonnen.

Wir brauchen den strategischen Konsens mit unseren Partnern in der Region. Auch diese Diskussion hat, wenn überhaupt, erst begonnen. Hier gibt es viele durch die Vergangenheit bestimmte Ängste und Sorgen, die manchmal zu Ablehnung führen. Ich halte diese Ablehnung für nicht weitsichtig. Ich denke, dass auch und gerade die arabische Welt jedes Interesse daran hat, dass wir den Herausforderungen durch den Terrorismus erfolgreich begegnen. Wer den "Arab Human Development Report" liest, weiß, welche Herausforderungen vor der arabischen Welt liegen:

  • die Modernisierung der Wirtschaft,
  • der interregionale Handel,
  • die Entwicklung von Wissenschaft und Technologie,
  • die Ausbildung der jungen Generation, auch und gerade der Mädchen und jungen Frauen.

Wer nicht in der Lage ist, dieser jungen Gesellschaft positive Antworten auf diese Herausforderungen zu geben, muss wissen, wie diese jungen Menschen reagieren werden, wenn sie keine Zukunft sehen. Lakdhar Brahimi hat mir das am Beispiel der Tragödie seines Heimatlandes Algerien einmal persönlich erzählt. Deswegen brauchen wir als Europäer hier den strategischen Konsens mit unserem amerikanischen Partner, aber wir brauchen ihn auch mit dieser Nachbarregion, die für unsere Sicherheit von entscheidender Bedeutung ist.

Deswegen, Hoheit, haben wir Sie heute eingeladen. Deswegen haben wir die Zukunft des Nahen und Mittleren Ostens zum Schwerpunktthema dieser Botschafterkonferenz gemacht. Ich wünsche uns viele Diskussionen, die sich nicht auf Sicherheit und Wirtschaft beschränken, sondern die vor allen Dingen auch die kulturelle, zivilisatorische und religiöse Dimension einbeziehen. Ich wünsche mir, dass wir einen umfassenden Dialog beginnen. Dialog heißt für mich auch, gerade die kritischen Punkte herauszuarbeiten und dann zu versuchen, den Dissens zu verstehen und Ideen zu entwickeln, wie man diesen Dissens überwinden kann.

Ich möchte mich nochmals bei unseren Gästen für das große Interesse bedanken. Ich hoffe jetzt, Hoheit, auf einen interessanten Vortrag von Ihnen und auf eine gute Diskussion.