Rede des Bundesministers des Auswärtigen, Heiko Maas,

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Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute und morgen in diesem Haus die Bundestagsmandate für fünf Auslandseinsätze der Bundeswehr. Unsere Soldatinnen und Soldaten, die – das wissen Sie alle – oft unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen im Einsatz sind, erwarten vor allen Dingen von uns – und das zu Recht – Handlungssicherheit und einen klaren Auftrag. Das gilt nicht nur für die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Einsätze, sondern das gilt erst recht auch für das außenpolitische Gesamtkonzept, ohne das diese Einsätze nicht zum Ziel führen können. Unser Engagement für Frieden und Stabilität, und zwar weltweit, müssen wir auch durch einen Beitrag im Kampf gegen den internationalen Terrorismus unterlegen.

Die internationale Anti-IS-Koalition hat in der Vergangenheit bereits wichtige Erfolge erzielt. Die IS-Terrorherrschaft über 3,2 Millionen Syrer und 4,5 Millionen Iraker wurde im letzten Jahr gebrochen. Rakka wurde befreit. 3,5 Millionen irakische Binnenflüchtlinge konnten in ihre Städte und Dörfer zurückkehren. Der IS übt im Irak keine Herrschaft mehr aus. Die Anzahl der Kämpfer ist wesentlich gesunken, und die Finanzquellen konnten größtenteils ausgetrocknet werden. Dennoch sollten wir uns nichts vormachen: Besiegt ist der IS noch lange nicht. In Syrien ist er weiterhin – vor allen Dingen im Osten des Landes – präsent, wo deshalb auch der militärische Fokus aller Mitglieder der Anti-IS-Koalition liegen muss.

Aber auch im Irak gibt es immer noch zahlreiche IS-Kämpfer. Das bedeutet, unsere Erfolge sind fragil. Wenn wir sie sichern wollen, dann müssen wir unser Engagement fortsetzen. Darum geht es heute.

Wir müssen und werden gleichwohl unser Engagement im Kampf gegen den IS anpassen. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Personalobergrenze des Ihnen vorliegenden Mandats deutlich abzusenken: von 1.200 auf 800 Soldatinnen und Soldaten. Der seegehende Schutz für den französischen Flugzeugträger wird nicht mehr nötig sein. Hingegen wollen wir die Aufklärungsflüge, die Luftbetankung und die Awacs-Flüge der Nato fortsetzen, um die erzielten Fortschritte abzusichern und ein Wiedererstarken des IS dauerhaft zu verhindern. Ein vorzeitiges Ende unseres militärischen Beitrages – ja, es ist ein militärischer Beitrag – zur Anti-IS-Koalition, ein Nachlassen im Kampf gegen den IS wäre gerade jetzt das völlig falsche Signal. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zu diesem Mandat.

Mit der Reduzierung des militärischen Engagements im Kampf gegen den IS rücken jetzt die langfristige Perspektive und vor allen Dingen die Ursachenbekämpfung, von der so oft die Rede ist, in den Vordergrund. Wie kann dem IS-Terror auf Dauer der Nährboden entzogen werden?

Nach den Jahrzehnten des Gegeneinanders kommt es jetzt vor allem darauf an, dass alle Bevölkerungsgruppen im Irak ihren Platz haben und in den Genuss von wirtschaftlicher und politischer Teilhabe kommen. Bagdad und Erbil haben den Gesprächsfaden auf höchster politischer Ebene wieder aufgenommen, was gut ist. Dass sich alle Beteiligten zu einem Dialog auf Grundlage der irakischen Verfassung bekennen, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, der in der Vergangenheit lange nicht möglich gewesen ist.

Wir zeigen genauso Verantwortung mit unserem zivilen Engagement. Das müssen wir umso stärker machen, je erfolgreicher der militärische Kampf gegen den IS verläuft. Die Bundesregierung hat seit 2014 zivile Hilfe in Höhe von über einer Milliarde Euro für den Irak geleistet. Bei der internationalen Wiederaufbaukonferenz vergangenen Monat in Kuwait hat Deutschland weitere 350 Millionen Euro zugesagt.

Lassen Sie mich am Ende noch einige Worte zu Syrien sagen. Es besteht kein Zweifel: Wir erleben zurzeit die schlimmsten Kämpfe seit Beginn des siebenjährigen Konfliktes. Die jüngste Offensive auf Ost-Ghuta offenbart einmal mehr die ganze Brutalität des syrischen Regimes. Täglich sterben Menschen. Hilfstransporte, auf die lange gewartet wird und die bitternötig sind, kommen nicht an; sie werden nicht durchgelassen.

Wir fordern daher das syrische Regime und seine Verbündeten auf, Beschlüsse der Weltgemeinschaft endlich umzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Waffen schweigen und die dringend benötigte humanitäre Versorgung endlich geleistet werden kann.

Für eine friedliche Zukunft in Syrien bleibt entscheidend, dass die dem Konflikt zugrunde liegenden Ursachen angegangen werden. Das bedeutet, dass im Genfer Prozess endlich Fortschritte gelingen müssen. Und es muss klar gesagt werden: Bei all diesen Fragen steht vor allen Dingen Russland in der Verantwortung.

Stabilität und Entwicklung sind ohne Sicherheit nicht möglich, und zwar nirgendwo. Deshalb ist unser militärischer Beitrag als Teil unseres umfassenden Ansatzes im Kampf gegen den IS und zur Stabilisierung des Iraks weiterhin notwendig. Deshalb bitte ich Sie um die Zustimmung zu diesem Mandat.