offizieller besuch des bundeskanzlers in indonesien und australien vom 30. september bis 5. oktober 1988

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bundeskanzler dr. helmut kohl stattete der republik
indonesien vom 30. september bis 3. oktober 1988 und
australien vom 3. bis 5. oktober 1988 einen offiziellen
besuch ab.

wegen des ploetzlichen todes des bayerischen
ministerpraesidenten franz josef strauss wurde das programm
des bundeskanzlers in australien gekuerzt und die offiziellen
besuche in neuseeland und singapur (vgl. bulletin
nr. 118 vom 24. september 1988, s. 1087) abgesagt, um
an den trauerfeierlichkeiten in muenchen teilnehmen zu
koennen.

erklaerung vor der presse in canberra

bundeskanzler dr. helmut kohl gab bei einer
pressekonferenz in canberra am 4. oktober 1988 nachstehende
einleitende erklaerung ab:

meine damen und herren!

australien ist das zweite zielland meiner reise, die mich
urspruenglich in vier laender suedostasiens und den
suedpazifik fuehren sollte.
wegen des ploetzlichen todes meines kollegen, des
bayerischen ministerpraesidenten franz josef strauss, an
dessen beisetzung ich teilnehmen will, muss ich die reise
leider vorzeitig abbrechen.
ich habe daher meine offiziellen besuche in neuseeland
und singapur bis auf weiteres absagen muessen. aus dem
gleichen grunde werde ich auch hier in australien das
besuchsprogramm im lande selbst kuerzen muessen. so wird
mein besuch im staate neusuedwales mit der hauptstadt
sidney, der fuer den kommenden donnerstag vorgesehen
war, nicht stattfinden koennen.
ich werde dann nach abschluss meiner offiziellen gespraeche
mit der australischen regierung in canberra noch den fuer
mittwoch, den 5. oktober - also morgen -, geplanten
besuch in der hauptstadt von suedaustralien, adelaide,
durchfuehren. dort ist unter anderem auch ein empfang fuer
die deutschen und deutschaustralier vorgesehen, die aus
diesem grunde zum teil aus einer sehr grossen entfernung
anreisen. sie verstehen wohl alle, dass ich gerade auch
diese begegnung nicht absagen will.
ich werde dann morgen abend nach dem empfang die
rueckreise nach deutschland antreten. ich habe den
premierminister von neusuedwales, den ministerpraesidenten
von neuseeland und den ministerpraesidenten von singapur
sehr herzlich um ihr verstaendnis fuer diese verlegung des
termins gebeten.
nun eine kurze bemerkung zu meinen heutigen gespraechen:
das wichtigste am heutigen besuch war sicherlich das
mehrstuendige gespraech mit dem australischen
ministerpraesidenten. dem vier-augen-gespraech schloss sich
dann ein gespraech der regierungsdelegationen an, und im
letzten teil des gespraeches wurde die runde dann um
die mich begleitenden repraesentanten der deutschen
wirtschaft erweitert.
um die mittagszeit traf ich mit generalgouverneur stephen
und anderen persoenlichkeiten zu einem mittagessen und
einem gespraech zusammen. heute abend habe ich
nochmals die gelegenheit, im rahmen des essens eingehend
mit dem ministerpraesidenten zu sprechen.
wie sie wissen, war dies der erste besuch eines deutschen
bundeskanzlers hier in australien. deswegen war es
wichtig, dass wir die atmosphaere des gespraeches von
vornherein sehr offen gestaltet haben.
ich habe ministerpraesident hawke erklaert, dass ich diesen
besuch als eine demonstration unseres willens zu einer
wesentlichen intensivierung der beziehungen zwischen
australien und uns in der bundesrepublik deutschland
betrachte.
er ist in einer ausgesprochen freundschaftlichen weise
auf diese haltung eingegangen. ich bin sicher, dass die
australische regierung ebenso wie wir an einem weiteren
ausbau der bereits vielfaeltigen freundschaftlichen
beziehungen interessiert ist.
es war eine guenstige gelegenheit, aus anlass des 200jaehrigen
jubilaeums der besiedlung australiens zu diesem
besuch hierherzukommen und so die moeglichkeit einer
intensiveren gespraechsbasis zu eroeffnen.
der ministerpraesident hat meine einladung, in die
bundesrepublik zu kommen, angenommen. ich hoffe, ihn bald
bei uns zu sehen.
bei der eroerterung der politischen beziehungen konnten wir
ein hohes mass an uebereinstimmung in der bewertung der
weltpolitischen und regionalen probleme feststellen. dies
ist fuer mich angesichts der tatsache, dass wir gemeinsame
demokratische ueberzeugungen und wertvorstellungen
pflegen, nicht ueberraschend.
der ministerpraesident und ich haben beschlossen, kuenftig
unseren politischen dialog zu vertiefen, und zwar sowohl
durch vermehrte kontakte der regierungschefs als auch der
aussenminister sowie durch konsultationen auf hoher
beamtenebene.
wir sind beide der ueberzeugung, dass es trotz der grossen
geographischen distanz unserer laender ausserordentlich
wichtig ist, von den erfahrungen und kenntnissen des
jeweiligen partners nutzen zu ziehen. in diesem sinne sprachen
wir ueber den stand der west-ost-beziehungen, ueber die
deutsch-sowjetischen beziehungen, auch in bezug auf
meinen bevorstehenden besuch in moskau, und natuerlich ueber
die entwicklung innerhalb der europaeischen gemeinschaft
mit der schaffung des grossen marktes am ende des jahres
1992.
ministerpraesident hawke erlaeuterte mir seinerseits die
haltung seines landes zu den entwicklungen in ost- und
suedostasien und im suedpazifik. ich habe in diesem
zusammenhang deutlich gemacht, wie hoch wir als bundesrepublik
deutschland die stabilisierende rolle australiens im
suedpazifik schaetzen.
im hinblick auf unsere wirtschaftsbeziehungen waren wir
uns einig, dass es in unserem gemeinsamen interesse
liegt, handelsaustausch und wirtschaftskooperation zu
erweitern.
ich habe darauf hingewiesen, dass vermehrte importe
deutscher ausruestungsgueter und technologien fuer das von
der australischen regierung gefoerderte neue aufbauprogramm
der australischen industrie von grossem nutzen sein kann.
sie koennten durch vermehrte ausfuhr australischer
halbfertig- und fertigwaren ausgeglichen werden, die den
spezifischen beduerfnissen des deutschen - sicherlich auch
des europaeischen - marktes angepasst werden muessten.
ministerpraesident hawke hat mir das interesse seines
landes an erheblich vermehrten direktinvestitionen deutscher
unternehmen erlaeutert. diese investitionen sind in der tat
steigerungsfaehig, und es liegt in unserem beiderseitigen
interesse, dass dies geschieht.
ich denke, dass insoweit der reise der delegation des
bundesverbands der deutschen industrie unter leitung
von praesident necker und der teilnahme dieser gruppe an
der deutsch-australischen wirtschaftstagung in sydney
ende dieses monats eine wichtige informationsaufgabe
zufaellt.
wir sprachen dann auch sehr freimuetig ueber australische
bedenken gegenueber der vollendung des europaeischen
binnenmarktes 1992.
australien sieht hier als vorwiegender rohstoffexporteur die
gefahr weiterer handelsschranken mit der folge der
verdraengung traditioneller handelspartner vom europaeischen
markt.
ich habe dem ministerpraesidenten versichert und will dies
hier gerne noch einmal wiederholen, dass wir als
bundesregierung auch in zukunft ganz entschieden - auch nach
diesem datum 1992 - fuer eine offene handelspolitik der
europaeischen gemeinschaft eintreten werden.
meine damen und herren, gerade wir deutschen haben hier
in 40 jahren ganz wichtige erfahrungen gemacht. im
sommer dieses jahres haben wir den 40. geburtstag der
waehrungsreform und der d-mark begangen. der wiederaufbau
und auch der aufstieg der bundesrepublik deutschland zu
einer der grossen industrienationen der welt waere nach
meiner festen ueberzeugung nicht moeglich gewesen, wenn
wir eine politik des protektionismus betrieben haetten.
angesichts des sich voraussichtlich verschaerfenden
nordsued-gegensatzes in den naechsten jahrzehnten - die
gespraeche in der letzten woche bei der jahrestagung des
iwf und der weltbank in berlin haben deutliche zeichen
gesetzt - ist es um so wichtiger, dass gerade die
industrienationen in ihrer besonderen verantwortung den
offenen welthandel pflegen.
ich habe ministerpraesident hawke dargelegt, dass ich zutiefst
davon ueberzeugt bin, dass der erhebliche wachstumsschub,
der eine neue qualitaet der wirtschaftlichen entwicklung,
auch in europa, bedeutet, mit einem markt mit 320 millionen
menschen auch fuer australien von bedeutsamkeit sein wird.
ministerpraesident hawke hat mir sein interesse am weiteren
ausbau unserer wissenschaftlich-technischen zusammenarbeit
dargelegt. ich teile dieses interesse. ich glaube, dass
gerade der austausch von wissenschaftlern zwischen
unseren forschungsstaetten und universitaeten gute
ergebnisse erzielt hat und noch bessere erzielen kann.
wir haben beide auch die entwicklung der bilateralen
kulturbeziehungen positiv bewertet. fuer uns als deutsche
ist dabei besonders die foerderung der deutschen sprache
wichtig.
wir glauben, dass wir gerade im bereich des
kulturaustausches ein grosses potential an vermittlung zu
den vielen australiern deutscher abstammung haben, die ihre
bindungen an die alte heimat weiterhin pflegen.
es war fuer mich eine besondere freude und genugtuung,
dass ministerpraesident hawke fuer die deutschaustralier
besonders lobende und anerkennende wort gefunden hat,
dass er ihr koennen und ihren fleiss und vor allem ihr
grosses engagement fuer ihre neue heimat hervorhob.