- Bulletin 146-89
- 19. Dezember 1989
Kommuniqué der Ministertagung des Nordatlantikrates vom 15. Dezember 1989 in Brüssel
In den vergangenen zwei Tagen kamen wir zu einer intensiven Erörterung des sich beschleunigenden politischen Wandels in Mittel- und Osteuropa zusammen, der Zeugnis der grundlegenden Neugestaltung des Europas der Nachkriegszeit ist.
Wir sthen an der Schwelle eines neuen Zeitalters, in dem die demokratischen Werte, die das Herzstück unseres Bündnisses bilden und Teil des europäischen Erbes sind, auf dem ganzen Kontinent zunehmend Geltung erlangen. Unsere Aufgabe ist es, diese willkommene Bewegung hin zu größerer Freiheit, im Rahmen von Frieden und erhöhter Stabilität zu fördern und zu festigen. Wir erörterten, wie wir neue Chancen ergreifen können, um unsere Vision eines künftigen ungeteilten Europas Wirklichkeit werden zu lassen.
Eine Epoche historischen Wandels
Seit dem Treffen unserer Staats- und Regierungschefs im Mai hat es in den meisten osteuropäischen Staaten zunehmend dramatische Fortschritte zu mehr Demokratie und Freiheit gegeben. Durch die lang ersehnte Öffnung der Grenzen hat sich die Freizügigkeit von Menschen und Ideen zwischen West und Ost beschleunigt. Die Notwendigkeit von Reformen hin zu mehr marktwirtschaftlich ausgerichteten Volkswirtschaften und persönlicher Entscheidungsfreiheit wird zunehmend anerkannt. 2.
Diese Veränderungen bezeugen den unbeugsamen Willen der Menschen in jedem dieser Staaten. Sie bestätigen unsere seit langem gehegte Überzeugung, daß sich das allen Menschen gemeinsame Streben nach Grundrechten und -freiheiten letztlich in ganz Europa durchsetzen wird. 3.
Der positive Wandel bei den Verbündeten der Sowjetunion in Europa erhielt Auftrieb und beispiellosen Handlungsspielraum durch die Reformen, welche die Sowjetunion in den Bereichen der Gesellschaft, der Politik und der Wirtschaft sowie bei der Neuausrichtung ihrer Außenpolitik unternommen hat, die in einer Reihe grundlegender Fragen mit der Vergangenheit bricht. So wie die Sowjetunion weiterhin eine derartige Politik in konsequente und glaubwürdige Taten umsetzt, werden sich die Chancen wachsender, für beide Seiten vorteilhafter Zusammenarbeit zwischen den Ländern in West und Ost beträchtlich vermehren. 4.
Bei der Ausdehnung von konstruktivem Dialog und kooperativem Handeln auf breitere Bereiche hat es beachtliche Fortschritte gegeben. Kontakte und Austausch, auch im militärischen Bereich, haben sich vervielfacht. Fortschritt und Hoffnung kennzeichnen die laufenden Rüstungskontroliverhandlungen. Unsere Staaten haben kürzlich den hochrangigen Dialog mit der Sowjetunion und anderen östlichen Staaten verstärkt. So haben wir die Treffen der Präsidenten Bush und Mitterrand, des Bundeskanzlers Kohl sowie der Premierminister Thatcher, Andreotti und Mulroney mit dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow besonders begrüßt und die veröffentlichten bilateralen Erklärungen zur Kenntnis genommen. 5.
Wir sind uns bewußt, daß sich die derzeit im Osten vollziehenden Prozesse des Wandels noch in einem frühen Stadium befinden und die erreichten Fortschritte der Konsolidierung bedürfen. Viele Probleme sind noch zu lösen. Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsform durch freie Wahlen müssen als Institution noch fest verankerl werden. Grundrechte werden vielfach noch vorenthalten, und die Entwicklung zu echter Demokratie verläuft unterschiedlich. Darüber hinaus können wir die militärischen Realitäten nicht außer acht lassen, denen sich unser Bündnis auch weiterhin gegenübersieht und die den Kern der Sicherheitsprobleme in Europa bilden. Größere Auffassungsunterschiede mit der Sowjetunion bestehen über verschiedene Regionalkonflikte fort und berühren die Chancen
für allgemeinen Fortschritt in den West-Ost-Beziehungen. Überwindung der Trennung Europas 6.
Seit Gründung unseres Bündnisses haben wir diese weitreichenden Veränderungen gefordert. Wir streben seit langem eine gerechte und dauerhafte Friedensordnung in Europa an, die auf der vollen Achtung der Menschenrechte und der politischen Grundfreiheiten für alle Menschen sowie auf der Sicherheit aller Staaten vor Bedrohung durch Aggression oder Einschüchterung beruht.
Aufbauend auf unserem, im Harmelbericht formulierten Doppel-Ansatz für die West-Ost-Beziehungen, hat die NATO-Gipfelerklärung vom vergangenen Mai unsere fortgesetzte Unterstützung für die Entwicklung dieser Freiheiten bekräftigt. Auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs des Bündnisses am 4. Dezember in Brüssel kamen wir überein, diesen gemeinsamen Ansatz verstärkt zu verwirklichen.
Es ist unser Wunsch, daß die Reformen in Mittel- und Osteuropa auf friedlichem und demokratischem Wege zum Erfolg führen. Wir sind entschlossen, sie zu erleichtern und zu fördern, ohne einseitige Vorteile erlangen zu wollen. Wir werden alle Prinzipien der Schlußakte von Helsinki gewissenhaft einhalten und erwarten dasselbe von allen anderen Signatarstaaten. Wir haben keinerlei Absicht, die legitimen Sicherheitsinteressen irgendeines Staates zu beeinträchtigen. 8.
Wir sind uns bewußt, daß jedes Land in Europa seine eigene Individualität hat und daß diese Vielfalt geachtet und ihr Gelegenheit zur Entfaltung gegeben werden muß. Es ist Angelegenheit eines jeden Landes in Osteuropa, seine eigenen Probleme durch innere Reformen zu lösen. Wir meinen aber, daß auch wir eine konstruktive Rolle spielen können im Rahmen unserer Allianz wie auch in unseren jeweiligen bilateralen Beziehungen und in regionalen Kooperationsbemühungen. 9.
Wir sind Zeuge schnellen Fortschritts in Richtung auf Demokratie und Freiheit in der DDR und im Ostsektor von Berlin. Die Wiederherstellung der Freizügigkeit war ein besonders bewegendes Ereignis. Die Mauer, die Berlin fast drei Jahrzehnte getrennt hat, ist durchlässig geworden. Es bestehen neue Möglichkeiten, die Trennung Europas und damit Deutschlands und insbesondere auch Berlins zu überwinden. Diese neue Lage öffnet den Weg zu einer immer engeren Zusammenarbeit zwischen beiden deutschen Staaten.
Wir streben die Festigung des Zustands des Friedens in Europa an, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Dieser Prozeß muß sich auf friedliche und demokratische Weise, unter Wahrung der einschlägigen Abkommen und Verträge sowie sämtlicher in der Schlußakte von Helsinki niedergelegten Prinzipien im Kontext des Dialogs und der West-Ost-Zusammenarbeit vollziehen. Er muß auch in die Perspektive der europäischen Integration eingebettet sein. De fortbestehende Bedeutung des Bündnisses 10.
Diese Ereignisse fordern von uns, unsere eigenen Verantwortlichkeiten als Verbündete zu erkennen. Das Atlantische Bündnis bildet die wesentliche Grundlage für die Sicherheit unserer Länder. Durch die Erhaltung des Friedens während der letzten vier Jahrzehnte, hat das Bündnis unseren Ländern Wohlergehen in Freiheit ermöglicht und erlaubt, daß die demokratischen Werte andere Gesellschaften inspirieren.
Inmitten von Wandel und Ungewißheit bleibt das Bündnis ein verläßlicher Garant des Friedens und wird eine unverzichtbare Grundlage für Stabilität, Sicherheit und Zusammenarbeit für das Europa der Zukunft bilden. 11.
Hierzu bleibt Solidarität unter den Demokratien Nordamerikas und Westeuropas im Rahmen des Bündnisses weiterhin wesentlich. Unser Bündnis gründet auf dem Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit aller Mitgliedstaaten und sein Ziel ist Kriegsverhinderung. Für die vorhersehbare Zukunft gibt es keine Alternative zur Kriegsverhinderungsstrategie des Bündnisses durch Abschreckung, die auf nuklearen und konventionellen Streitkräften beruht. Wir werden die Lebensfähigkeit und Glaubwürdigkeit dieser Streitkräfte gewährleisten und sie zugleich auf dem niedrigstmöglichen Stand halten, der mit unseren Sicherheitserfordernissen in Einklang steht. Die Präsenz nordamerikanischer konventioneller und nuklearer Streitkräfte in Europa bleibt von vitaler Bedeutung. 12.
Wir werden weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Verfolgung von zeitgerechten und planvollen Fortschritten bei Rüstungskontrolle und Abrüstung spielen. Wir stehen zur vollen und zügigen Verwirklichung der Ziele des im Mai 1989 beschlossenen Gesamtkonzepts für Rüstungskontrolle und Abrüstung. 13.
zugleich muß das Bündnis seiner politischen Funktion noch stärker gerecht werden. Unsere führenden Politiker erinnerten auf dem Gipfeltreffen vom Mai 1989 an die Ursprünge des Nordatlantik-Vertrags als eines auf gemeinsamen Grundwerten errichteten politischen Bündnisses und bekräftigten, daß das Bündnis nun eine noch aktivere Politik zur Überwindung der Trennung Europas verfolgen muß. Dabei muß es sich neuen Herausforderungen stellen. Unsere Aufgabe ist es daher, die Möglichkeiten unseres Bündnisses bei der Förderung des politischen Wandels in Stabilität aktiv und schöpferisch zu nutzen. Unser politischer Ansatz zur Unterstützung positiven Wandels muß vielgestaltig und dynamisch sein mit dem Ziel, politischen Pluralismus, freien Informationsfluß und kooperatives Handeln bei der Bewältigung gemeinsamer Probleme zu ermutigen. Die Zukunft Europas 14.
Unser Bündnis wird einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung eines nicht länger geteilten Europas leisten. Diese anspruchsvollste unserer gemeinsamen Aufgaben übersteigt die Ressourcen von Westeuropa oder Nordamerika für sich allein. Aus diesem Grunde ist das Atlantische Bündnis in der Zusammenführung aller unserer Demokratien zu gemeinsamer Anstrengung im Dienste unserer Sicherheit und unserer politischen Ziele einzigartig. Es bietet einen
Rahmen für breite Zusammenarbeit zwischen uns als Partnern. 15.
In die Zukunft blickend, erkennen wir die Umrisse der politischen Architektur eines ganzen und freien Europas, bei dessen Entstehung und Gestaltung wir eine wesentliche Rolle zu übernehmen entschlossen sind. Wir werden weiter daran arbeiten, die westlichen politischen und wirtschaftlichen Strukturen zu stärken. Der Prozeß europäischer Integration wird ein Kernstück dieser Zukunft sein. Seine Institutionen spielen bereits eine bedeutende Rolle bei der Ermutigung der Reformkräfte in Mittel- und Osteuropa. Dieser Integrationsprozeß muß Orientierung und Anreiz für diese Kräfte bleiben. Dies stellt eine natürliche Entwicklung dar, die einhergeht mit der fortbestehenden engen Partnerschaft zwischen den nordamerikanischen und den europäischen Mitgliedern des Bündnisses, dessen Zusammenhalt nach wie vor ein entscheidender stabilisierender Faktor ist. Wir würdigen die Rolle der EFTA in diesem sich abzeichnenden Rahmen. Wir erkennen auch die wachsende Rolle des Europarats in der größeren europäischen Perspektive an. 16.
In diesem Zusammenhang kommt der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in all ihren Bereichen eine wachsende und zentrale Rolle zu. Sie bietet auch künftig vereinbarte Prinzipien zur Förderung des Friedens, größerer Zusammenarbeit und demokratischer Werte wie auch die Mittel, diesen Prinzipien praktischen Wert und Wirkung zu vetleihen. li.
Die Verwirklichung unseres Ansatzes 17.
Mit Blick auf die Verwirklichung des Ansatzes, den die Staats- und Regierungschefs des Bündnisses sowohl bei ihren Treffen am 29i30. Mai und am 4. Dezember in Brüssel festgelegt haben, haben wir ein Vorgehen auf folgender Linie verabredet, das Teil eines fortlaufenden Prozesses ist: 18.
Wir wollen den KSZE-Prozeß voll ausschöpfen. Mit Blick auf die in den nächsten zwei Jahren anstehenden KSZE-Treffen sind wir entschlossen, diese Treffen als ein Mittel zur Förderung des Friedens und größerer Zusammenarbeit sowie zur Stärkung demokratischer Einrichtungen voll zu nutzen. Der KSZE-Prozeß wird in all seinen Bereichen volle Wirkung nur entfalten, wenn er ausnahmslos von allen Unterzeichnerstaaten nach Buchstaben und Geist verwirklicht wird. Wir drängen daher erneut auf volle Beachtung der Grundfreiheiten und -rechte im Rahmen der Schlußakte von Helsinki und nachfolgender Verpflichtungen. Wir wollen auf dem KSZE-Prozeß aufbauen. Er hat bereits zu ermutigenden Ergebnissen in den Bereichen der Vertrauensbildung als einem wichtigen Element der Sicherheit, der Menschenrechte, der Wirtschaft, der Wissenschaft und Technologie und des Umweltschutzes geführt. Wir werden neue Möglichkeiten in all diesen Bereichen verfolgen.
Insbesondere werden wir auf der bevorstehenden Kopenhagener Konferenz über die menschliche Dimension nach Wegen suchen, um in die KSZE-Verpflichtungen das ausdrückliche Recht auf freie und demokratische Wahlen einzuschließen. Wir werden uns bemühen, die wirtschaftlichen Aspekte der KSZE zu beleben und auf jene praktischen Fragen zu konzentrieren, die mit dem Übergang zu marktorientierten Volkswirtschaften zusammenhängen. In diesem Zusammenhang könnte die Bonner Konferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit ein wichtiger Schritt nach vom sein.
Die Bündnispartner werden sich demnächst mit Nutzen und möglichen Zielvorstellungen eines KSZE-Treffens auf politischer Ebene noch vor der Helsinki-Folgekonferenz 1992 befassen. Ein erfolgreiches Treffen würde sorgfältige Vorbereitung und Klarheit über den beabsichtigten Zweck und das Ziel einer solchen Konferenz erfordern. 19.
Es wird tiefgreifender Wirtschaftsreform in Mittel- und Osteuropa bedürfen, um die Grundlagen für verbesserte Wirtschaftsbeziehungen zwischen West und Ost zu stärken und zu erweitern. Im Einklang mit unseren allgemeinen Sicherheitsinteressen beabsichtigen wir, den Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit den östlichen Staaten differenziert zu fördern entsprechend dem Fortschritt ihrer wirtschaftlichen und politischen Reformen und als ein Mittel zur weiteren Stärkung dieses positiven Wandels. Derartige Beziehungen - gegründet auf wirtschaftlich vernünftige Bedingungen, gegenseitige Interessen und Reziprozität - werden der wachsenden Einbindung dieser Staaten in die internationale Wirtschaftsordnung den Weg ebnen, was wir unterstützen.
Eine wichtige Aufgabe der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen West und Ost wird die Suche nach Möglichkeiten sein, um westliche Erfahrung und Wissen an östliche Staaten durch Einrichtung von Kooperations- und Ausbildungsprogrammen sowie Austausch in technischen und Managementbereichen weitergeben zu können. In diesem Sinne unterstützen wir den Prozeß, bestehende Export-Kontrollen durch einen koordinierten Ansatz zu rationalisieren, der größere Hilfestellung für Reformen im Osten sowie für westliche Investitionen in jenen Ländern unter Wahrung unserer Sicherheitsinteressen erlaubt.
Wir unterstützen nachdrücklich die von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft koordinierten Bemühungen der 24 Staaten zur Gewährung von Wirtschaftshilfe an Polen und Ungarn und werden den dringenden Bedürfnissen dieser Länder entgegenkommen. Wir begrüßen die Erklärung der Minister der Gruppe 24 vom 13. Dezember, in der wir zusammen mit unseren Partnern unsere Verpflichtung zur Hilfestellung bei der Umgestaltung der polnischen und ungarischen Volkswirtschaften erneuerten, sowie unsere Bereitschaft zum Ausdruck brachten, anderen Ländern in Mittel- und Osteuropa, insbesondere der Deutschen Demokratischen Republik, der CSSR, Bulgarien sowie Jugoslawien dann entgegenzukommen, wenn sie die notwendigen politischen und wirtschaftlichen Reformen initiieren. 20.
Jüngste Ereignisse haben dem Bündnis neue Möglichkeiten eröffnet, die Rüstungskontrollziele zu erreichen, die das Bündnis auf dem Gipfeltreffen vom Mai in seinem Gesamtkonzept für Rüstungskontrolle und Abrüstung niedergelegt hat. Es hebt die Rolle der Rüstungskontrolle als eines wichtigen und integralen Bestandteils unserer Sicherheitspolitik hervor, die in unser umfassendes politisches Programm eingebettet ist. Wir begrüßen kürzlich stattgefundene Treffen auf hoher Ebene, die dazu beigetragen haben, eine Reihe von Rüstungskontrollverhandlungen zu beschleunigen.
Dies gilt insbesondere für die beiden gesonderten Verhandlungen, die im Rahmen des KSZE-Prozesses stattfinden. So untermauert der bereits erreichte Fortschritt bei den Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) in Wien unsere Zuversicht, daß ein Abkommen 1990 unterzeichnet werden kann. Dieses würde einen wichtigen Schritt in Richtung auf ein stabiles militärisches Gleichgewicht in Europa auf einem niedrigeren Rüstungsniveau bedeuten.
Wir werden unsere Anstrengungen in der hochrangigen Arbeitsgruppe (HLTF) des Bündnisses intensivieren, um dieses Abkommen zu erreichen und werden unsere Delegationen in Wien entsprechend anweisen. Sein Inkrafttreten und die rasche Durchführung der vereinbarten Reduzierungen und Begrenzungen danach wird von Maßnahmen für wirksame Verifikation begleitet und unterstützt werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Verifikation in nationaler Verantwortung liegt, werden wir prüfen, wie die Bündnispartner sich am besten auf ihren Beitrag zu dieser Aufgabe einstellen.
Der Abschluß des KSE-Abkornmens wir uns einen höchst bedeutsamen Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel voranbringen, Sicherheit für alle auf einem stark reduzierten Streitkräfteniveau zu schaffen. Aufbauend auf diesem entscheidenden Abkommen und darüber hinausblickend werden wir unter uns Partnern weitere Schritte in der Rüstungskontrolle erörtern, wie wir dies in unserem Gesamtkonzept für Rüstungskontrolle und Abrüstung bekräftigt haben. Gleichzeitig werden wir auch auf die Erzielung von Ergebnissen in den VSBM-Verhandlungen hinarbeiten, da es wichtig ist, Offenheit und Berechenbarkeit in militärischen Angelegenheiten zu ermutigen und damit das gegenseitige Vertrauen zu stärken. Wir anerkennen die Bedeutung eines erweiterten Dialogs in militärischen Fragen und begrüßen das Seminar über Militärdoktrinen, das im Januar 1990 im Rahmen der VSBM-Verhandlungen in Wien stattfinden wird. Unser Ziel, Vertrauen und Sicherheit zu schaffen, wird durch ein Abkommen über ein Regime des „Offenen Himmels" gefördert werden. Dies soll dazu dienen, gegenseitige Offenheit seitens der Teilnehmerstaaten zu fördern und die Beobachtung militärischer Aktivitäten und Einrichtungen auf ihren Territorien zu erlauben. Heute haben wir uns auf eine gemeinsame Position für die Ottawa-Konferenz im Februar 1990 verständigt. Grundzüge unseres Ansatzes sind in einem Anhang zu diesem Kommuniquö dargelegt. Wir begrüßen die Absicht der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, den START-Prozeß zu beschleunigen und alle Substanzfragen zu lösen sowie, wenn möglich, auf dem amerikanisch-sowjetischen Gipfel im Juni 1990 einen Vertrag zu schließen.
Nachdem die Pariser Konferenz über chemische Waffen einen Anstoß bewirkt hat, hat es neue ermutigende Entwicklungen gegeben, wie zum Beispiel die Konferenz von Canberra. Wir erachten diese Ereignisse und die kürzlich von Präsident Bush gemachten Vorschläge, die auf die beschleunigte Vernichtung chemischer Waffen abzielen, als wichtige Beiträge zum frühestmöglichen Erfolg der Genfer Verhandlungen über ein umfassendes, wirksam verifizierbares, weltweites Verbot chemischer Waffen. 21.
Wir werden uns bemühen, den freien Informationsfluß zwischen den Ländern in West und Ost durch Verbreitung größeren Wissens über unsere demokratischen Gesellschaften und Einrichtungen sowie durch Austausch im Bildungswesen und den Austausch von Angehörigen der Legislative mit den neu belebten gesetzgebenden Körperschaften in den östlichen Reformstaaten zu verstärken. In diesem Sinne und im Einklang mit der Gipfelerklärung von Mai 1989 haben wir das NATO-Stipendienprogramm „Demokratische Einrichtungen" geschaffen, dessen Zweck es ist, das Studium unserer demokratischen Strukturen durch Teilnehmer aus Ost und West zu fördern. 22.
Wir sind uns bewußt, daß Sicherheit für unsere Mitbürger mehr ist als nur Verhütung von Krieg und in einer breiteren Perspektive gesehen werden muß. Unsere Konsultationen im Bündnis werden uns erlauben, miteinander sowie mit anderen Staaten in zahlreichen Foren zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Antworten auf neue Bedrohungen zu finden.
Als Teil unserer internationalen Bemühungen auf verschiedenen Ebenen verfolgen wir, auch mit östlichen Staaten, kooperative Vorhaben in solchen gemeinsamen Interessenbereichen wie der Nicht-Verbreitung destabilisierender Militärtechnologien, dem Kampf gegen Umweltschäden, Terrorismus und Drogenhandel und der friedlichen Lösung regionaler Konflikte. Wir sehen uns zum Beispiel durch die Ergebnisse der KSZE-Konferenz von Sofia über Umweltfragen ermutigt, die einen nützlichen Schritt auf dem Wege zu jener umfassenden und fortdauernden Aufmerksamkeit bedeutet, die alle Staaten diesem äußerst ernsten, besorgniserregenden Problem widmen müssen. 23.
Die derzeitigen Entwicklungen in den internationalen Beziehungen werden eine Intensivierung unseres Konsultationsprozesses und, wo angemessen, politische Abstimmung erfordern. Dazu bedarf es der bestmöglichen Nutzung der Konsultationsverfahren der Allianz. Sie bildet das einzige Forum für ständige Erörterungen unter den atlantischen Partnern auf der Grundlage eines integrierten Ansatzes in den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Elementen der Sicherheit.
Im Einklang mit dem auf dem Gipfeltreffen vom Mai 1989 gefaßten Beschluß haben wir vom Ständigen Rat Empfehlungen in diesem Sinne erhalten. Wir sind daher entschlossen, unseren Konsu!tationsprozeß weiter zu vertiefen. 24.
Die Ministertagung des Nordatlantikrats findet 1990 im Juni in Großbritannien statt.