gipfeltreffen des europarats - tagung der staats- und regierungschefs der mitgliedstaaten des europarats vom 7. bis 9. oktober 1993 in wien

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wiener erklaerung
vom 9. oktober 1993

wir, die staats- und regierungschefs der mitgliedstaaten
des europarats, die wir zum ersten mal in der geschichte
unserer organisation auf diesem gipfeltreffen in
wien zusammengekommen sind, geben folgende feierliche
erklaerung ab:

das ende der teilung europas bietet die historische
chance, frieden und stabilitaet auf dem kontinent
zu konsolidieren. alle unsere laender bekennen sich
zu der pluralistischen parlamentarischen demokratie,
der unteilbarkeit und universalen gueltigkeit der
menschenrechte, der rechtsstaatlichkeit und einem
gemeinsamen kulturellen erbe, das durch seine vielfalt
bereichert wird. europa kann so zu einem grossen
gebiet demokratischer sicherheit werden.
dieses europa ist eine quelle sehr grosser hoffnung,
die auf keinen fall durch gebietsansprueche, das
wiederaufflammen aggressiver nationalistischer bestrebungen,
die verfestigung von einflusssphaeren, intoleranz
oder totalitaere ideologien zerstoert werden darf.
wir verurteilen alle derartigen verfehlungen. sie
stuerzen die voelker des ehemaligen jugoslawien in
hass und krieg und bedrohen andere regionen. wir
rufen die fuehrenden vertreter dieser voelker auf,
ihre konflikte beizulegen. wir laden diese voelker
ein, gemeinsam mit uns das neue europa aufzubauen
und zu konsolidieren.
wir verleihen unserer erkenntnis ausdruck, dass der
schutz nationaler minderheiten ein wesentliches
element der stabilitaet und demokratischen sicherheit
auf unserem kontinent ist.
der europarat ist die herausragende politische institution
europas, welche die neuen, von der kommunistischen
unterdrueckungsherrschaft befreiten demokratien europas
auf der grundlage der gleichberechtigung und dauerhafter
strukturen aufnehmen kann. aus diesem grund ist
der beitritt dieser laender zum europarat ein zentraler
faktor des europaeischen aufbauwerks, das sich auf
die werte unserer organisation gruendet.
voraussetzung fuer einen solchen beitritt ist, dass
das antragstellerland seine institutionen und sein
rechtssystem mit den grundlegenden prinzipien der
demokratie, der rechtsstaatlichkeit und der achtung
der menschenrechte in einklang gebracht hat. die
volksvertreter muessen in freien und fairen wahlen
auf der grundlage des allgemeinen wahlrechts gewaehlt
worden sein. die gewaehrleistung der meinungsfreiheit
und insbesondere der freiheit der medien, der schutz
nationaler minderheiten sowie die einhaltung der
prinzipien des voelkerrechts muessen unserer auffassung
nach entscheidende kriterien fuer die bewertung jedes
antrags auf mitgliedschaft bleiben. die verpflichtung,
innerhalb kurzer zeit die europaeische menschenrechtskonvention
zu unterzeichnen und die ueberwachungsmechanismen
der konvention in ihrer gesamtheit zu akzeptieren,
ist ebenfalls von grundlegender bedeutung. wir sind
entschlossen, die volle einhaltung der verpflichtungen,
die von allen mitgliedstaaten im europarat akzeptiert
wurden, zu gewaehrleisten.
wir bekraeftigen unseren willen, die integration
neuer mitgliedstaaten zu foerdern und die notwendigen
reformen der organisation unter beruecksichtigung
der vorschlaege der parlamentarischen versammlung
und der belange lokaler und regionaler stellen durchzufuehren,
die fuer die demokratische willensaeusserung der voelker
entscheidend sind.
wir bestaetigen, dass wir gegenueber allen mittel-
und osteuropaeischen laendern, die sich fuer die demokratie
entschieden haben, die politik der offenheit und
zusammenarbeit fortsetzen. die vom europarat konzipierten
programme zur unterstuetzung des demokratischen uebergangs
sollten entsprechend den beduerfnissen unserer neuen
partner weiterentwickelt und fortlaufend angepasst
werden.
wir wollen den europarat in vollem umfang dazu befaehigen,
auf diese weise zur demokratischen sicherheit beizutragen
und auch die herausforderungen, denen sich die gesellschaft
im 21. jahrhundert gegenuebersieht, zu bewaeltigen,
wobei auf rechtlichem gebiet die werte, die unsere
europaeische identitaet bestimmen, zum ausdruck gebracht
werden sollen, und eine verbesserung der lebensqualitaet
zu foerdern.

die erreichung dieser ziele setzt eine engere abstimmung
der taetigkeiten des europarats mit denen anderer
organisationen voraus, die sich am aufbau eines
demokratischen und sicheren europas beteiligen,
so wird der notwendigkeit der gegenseitigen ergaenzung
und einer besseren nutzung der ressourcen rechnung
getragen.
in diesem zusammenhang begruessen wir die zunaechst
auf der grundlage der vereinbarung von 1987 begruendete
zusammenarbeit mit der europaeischen gemeinschaft,
insbesondere die entwicklung gemeinsamer projekte,
vor allem zugunsten der mittel- und osteuropaeischen
staaten. wir sind der auffassung, dass eine solche
partnerschaft in immer vielfaeltigeren taetigkeitsbereichen
die spezifischen unbegrenzten beziehungen
zwischen den beiden institutionen zum ausdruck
bringt.
zur foerderung der demokratischen sicherheit setzen
wir uns auch fuer eine intensivierung der funktionalen
zusammenarbeit zwischen dem europarat und der ksze
auf dem gebiet der menschenrechte ein. mit letzterer
koennten zweckmaessigerweise vereinbarungen geschlossen
werden, darunter auch mit ihrem buero fuer demokratische
institutionen und menschenrechte und dem hohen kommissar
fuer nationale minderheiten.
wir sind entschlossen, das von unserem ministerkomitee
und der parlamentarischen versammlung gebildete
politische forum uneingeschraenkt zu nutzen, um im
einklang mit den zustaendigkeiten und der zielsetzung
der organisation die staerkung der demokratischen
sicherheit in europa zu foerdern. der politische
dialog innerhalb unserer organisation wird einen
wertvollen beitrag zur stabilitaet auf unserem kontinent
leisten. wir werden dabei um so erfolgreicher sein,
je mehr es gelingt, einen solchen dialog mit allen
europaeischen staaten aufzunehmen, die ihren wunsch
nach einhaltung der prinzipien des europarats bekundet
haben.
in der ueberzeugung, dass der aufbau geeigneter rechtlicher
strukturen und die schulung von verwaltungspersonal
wesentliche voraussetzungen fuer den erfolg des wirtschaftlichen
und politischen uebergangs in mittel- und osteuropa
sind, messen wir der entwicklung und abstimmung
von hilfsprogrammen zu diesem zweck im zusammenwirken
mit der europaeischen gemeinschaft groesste bedeutung
bei.
die schaffung eines toleranten und bluehenden europas
haengt nicht nur von der zusammenarbeit der staaten
ab. sie erfordert auch eine grenzueberschreitende
zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen stellen
unbeschadet der verfassung und der territorialen
unversehrtheit jedes staates. wir fordern die organisation
nachdruecklich auf, ihre arbeit in diesem bereich
fortzusetzen und die zusammenarbeit auch auf nichtbenachbarte
regionen zu erstrecken.
wir bringen unsere ueberzeugung zum ausdruck, dass
die kulturelle zusammenarbeit, bei der der europarat
als wichtiges instrument fungiert - durch bildung,
die medien, kulturelle massnahmen, schutz und foerderung
des kulturellen erbes und die einbeziehung junger
menschen - fuer die schaffung eines von zusammenhalt,
aber auch durch vielfalt gepraegten europas von entscheidender
bedeutung ist. unsere regierungen verpflichten sich,
die prioritaeten und leitlinien des europarats bei
ihrer bilateralen und multilateralen zusammenarbeit
zu beruecksichtigen.
mit dem ziel, zum zusammenhalt unserer gesellschaften
beizutragen, betonen wir, wie wichtig die verpflichtungen
sind, die im rahmen der sozialcharta des europarats
und der europaeischen ordnung der sozialen sicherheit
eingegangen wurden, um den mitgliedstaaten ein ausreichendes
system sozialer sicherheit zur verfuegung zu stellen.
wir erkennen an, welchen wert die zusammenarbeit
im rahmen des europarats fuer den schutz der natuerlichen
umwelt und die verbesserung der vom menschen gestalteten
umwelt hat.
wir werden unsere bemuehungen um eine erleichterung
der gesellschaftlichen integration rechtmaessig ansaessiger
zuwanderer und um eine bessere bewaeltigung und ueberwachung
von wanderbewegungen bei gleichzeitiger wahrung
der reisefreiheit in europa fortsetzen. wir ermuntern
daher die "wiener gruppe", ihre arbeit fortzufuehren,
um somit gemeinsam mit anderen zustaendigen gruppen
zu einem umfassenden konzept zur bewaeltigung der
durch die wanderbewegungen entstehenden herausforderungen
beizutragen.
gestaerkt durch unsere freundschaftlichen bande mit
nichteuropaeischen staaten, welche dieselben werte
teilen, wollen wir mit ihnen unsere gemeinsamen
bemuehungen um foerderung von frieden und demokratie
weiterentwickeln.
wir bekraeftigen ferner, dass die vertiefung der zusammenarbeit,
durch die der neuen lage in europa rechnung getragen werden
soll, uns in keiner weise von unseren verantwortlichkeiten
im hinblick auf die nord-/sued-wechselbeziehungen
und -solidaritaet ablenken soll.
im lichte des somit umrissenen politischen kontextes
beschliessen wir, die staats- und regierungschefs
der mitgliedstaaten des europarats,

- die wirksamkeit der europaeischen menschenrechtskonvention
durch die schaffung eines gerichtshofs zu verbessern,
der sicherstellt, dass die nach der konvention eingegangenen
verpflichtungen eingehalten werden (siehe beschluss
in anhang i),

- politische und rechtliche verpflichtungen einzugehen,
die den schutz nationaler minderheiten betreffen, und
das ministerkomitee anzuweisen, geeignete voelkerrechtliche
uebereinkuenfte auszuarbeiten (siehe beschluss
in anhang ii),

- eine politik zur bekaempfung von rassismus, fremdenfeindlichkeit,
antisemitismus und intoleranz zu verfolgen und
zu diesem zweck eine erklaerung und einen aktionsplan
anzunehmen (siehe beschluss in anhang iii),

- dem grundsatz zuzustimmen, dass ein beratungsorgan
geschaffen werden soll, das die lokalen und regionalen
stellen europas konkret vertritt,

- den europarat aufzufordern zu untersuchen, welche
instrumente bereitstehen, um die entwicklung europaeischer
kulturprogramme in einer partnerschaft zu foerdern,
die sowohl oeffentliche stellen als auch die gemeinschaft
als ganzes miteinschliesst,

- das ministerkomitee zu beauftragen, die satzung
der organisation unter beruecksichtigung der vorschlaege
der parlamentarischen versammlung so anzupassen,
wie es fuer ein effizientes arbeiten erforderlich
ist.

anhang i

reform des kontrollmechanismus
der europaeischen menschenrechtskonvention

wir, die staats- und regierungschefs der mitgliedstaaten
des europarats, sind im hinblick auf die reform des
kontrollmechanismus der europaeischen menschenrechtskonvention
wie folgt uebereingekommen:

mit der europaeischen konvention zum schutze der
menschenrechte und grundfreiheiten, die vor 40 jahren
in kraft trat, schuf der europarat ein internationales
system zum schutz der menschenrechte, das einzigartig
ist. es zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass
die vertragsstaaten die verpflichtung eingehen,
die in der konvention verankerten menschenrechte
wirksam zu schuetzen und eine diesbezuegliche internationale
ueberwachung zu akzeptieren. die verantwortung dafuer
wurde bisher von der europaeischen kommission fuer
menschenrechte und vom europaeischen gerichtshof
fuer menschenrechte wahrgenommen.
seit dem inkrafttreten der konvention im jahre l953
hat sich die zahl der vertragsstaaten fast verdreifacht,
und der konvention werden weitere laender beitreten,
nachdem sie mitglieder des europarats geworden sind.
wir vertreten die auffassung, dass es dringend notwendig
geworden ist, den derzeitigen kontrollmechanismus
an diese entwicklung anzupassen, um auch kuenftig
fuer einen wirksamen internationalen schutz
der menschenrechte sorgen zu koennen. diese reform
dient dem zweck, die wirksamkeit der schutzmechanismen zu
verbessern, die verfahren abzukuerzen und das derzeitige
hohe niveau des schutzes der menschenrechte
aufrecht zu erhalten.
zu diesem zweck haben wir beschlossen, einen europaeischen
gerichtshof fuer menschenrechte als bestandteil der
konvention zu schaffen, der an die stelle der bisherigen
kontrollorgane treten wird.
wir erteilen dem ministerkomitee des europarats
das mandat, den entwurf eines aenderungsprotokolls
zur europaeischen konvention zum schutze der menschenrechte
und grundfreiheiten, bei dem bereits spuerbare fortschritte
erzielt wurden, mit dem ziel fertigzustellen, einen
wortlaut zu verabschieden und ihn auf der ministertagung
im mai 1994 zur unterzeichnung aufzulegen. wir werden
dann dafuer sorge tragen, dass dieses protokoll zum
fruehestmoeglichen zeitpunkt zur ratifikation vorgelegt
wird.

anhang ii

nationale minderheiten

wir, die staats- und regierungschefs der mitgliedstaaten
des europarats, sind in bezug auf den schutz der
nationalen minderheiten wie folgt uebereingekommen:
die nationalen minderheiten, die sich durch die
geschichtlichen umwaelzungen in europa etabliert
haben, muessen geschuetzt und geachtet werden, damit
sie so zu stabilitaet und frieden beitragen koennen.
in jenem europa, das wir errichten wollen, muessen
wir die herausforderung annehmen, den schutz der
rechte der angehoerigen nationaler minderheiten innerhalb
einer rechtsstaatlichen ordnung
unter achtung der territorialen unversehrtheit
sowie der nationalen souveraenitaet der staaten zu
gewaehrleisten. unter diesen bedingungen werden die
nationalen minderheiten einen wertvollen beitrag
zum leben unserer gesellschaften leisten.
es muss ein klima der toleranz und des dialogs geschaffen
werden, damit alle am politischen leben teilhaben
koennen. hierzu muessen die regionalen und lokalen
stellen einen erheblichen beitrag leisten.
die staaten muessen in ihrem handeln die einhaltung
der grundsaetze gewaehrleisten, auf denen unsere gemeinsame
europaeische tradition beruht: gleichheit vor dem
gesetz, nichtdiskriminierung, chancengleichheit,
vereinigungs- und versammlungsfreiheit sowie aktive
beteiligung am oeffentlichen leben.
die staaten sollten bedingungen schaffen, die es
den angehoerigen nationaler minderheiten ermoeglichen,
ihre kultur weiterzuentwickeln und dabei ihre religion,
ihre traditionen und ihre braeuche zu bewahren. diese
menschen sollen ihre sprache sowohl privat als auch
in der oeffentlichkeit benutzen duerfen und sollten
dies unter bestimmten bedingungen in ihren beziehungen
zu behoerden auch tun duerfen.
wir unterstreichen, welche bedeutung bilaterale
zwischenstaatliche abkommen zur sicherstellung des
schutzes der betreffenden nationalen minderheiten
fuer stabilitaet und frieden in europa haben.
wir bekraeftigen unsere entschlossenheit, die im
kopenhagener dokument und in anderen dokumenten
der ksze enthaltenen verpflichtungen zum schutz
nationaler minderheiten in vollem umfang zu erfuellen.
wir sind der auffassung, dass sich der europarat
bemuehen muss, diese politischen verpflichtungen moeglichst
umfassend in rechtsverbindliche uebereinkuenfte umzusetzen.
angesichts seiner grundlegenden bestimmung ist der
europarat in besonderem masse dazu berufen, zur loesung
der probleme nationaler minderheiten beizutragen.
in diesem zusammenhang beabsichtigen wir, die enge
zusammenarbeit zwischen dem europarat und dem hohen
kommissar der ksze fuer nationale minderheiten fortzusetzen.
wir beschliessen daher, das ministerkomitee zu beauftragen,

- vertrauensbildende massnahmen auszuarbeiten, mit
denen toleranz und verstaendnis zwischen den voelkern
gefoerdert werden koennen,

- jede gewuenschte hilfestellung bei der aushandlung
und durchfuehrung von vertraegen ueber fragen betreffend
nationale minderheiten sowie von abkommen ueber
grenzueberschreitende zusammenarbeit zu leisten,

- moeglichst bald ein rahmenuebereinkommen abzufassen,
in dem die grundsaetze naeher dargelegt werden, zu
deren einhaltung sich die vertragsstaaten verpflichten,
um den schutz nationaler minderheiten sicherzustellen.
dieses uebereinkommen wuerde auch fuer nichtmitgliedstaaten
zur unterzeichnung aufgelegt,

- mit dem entwurf eines protokolls zu beginnen,
das die europaeische menschenrechtskonvention im
kulturellen bereich durch bestimmungen ergaenzt,
die insbesondere fuer angehoerige nationaler minderheiten
individuelle rechte garantieren.

anhang iii

erklaerung und aktionsplan zur bekaempfung
von rassismus, fremdenfeindlichkeit,
antisemitismus und intoleranz

wir, die staats- und regierungschefs der mitgliedstaaten
des europarats -
ueberzeugt, dass die vielfalt der traditionen und
kulturen seit jahrhunderten zu den schaetzen europas
gehoert und dass der grundsatz der toleranz die garantie
fuer den erhalt einer offenen gesellschaft in europa
darstellt, welche die kulturelle vielfalt respektiert,
der wir uns verbunden fuehlen,
ueberzeugt, dass die schaffung einer demokratischen
und pluralistischen gesellschaft, welche anerkennt,
dass alle menschen die gleiche wuerde besitzen, weiterhin
eines der hauptziele des europaeischen aufbauwerks ist,
beunruhigt ueber das gegenwaertige wiederaufleben
von rassismus, fremdenfeindlichkeit und antisemitismus,
ueber die entwicklung einer atmosphaere der intoleranz,
ueber zunehmende gewaltakte insbesondere gegen zuwanderer
und menschen auslaendischer herkunft sowie ueber die
damit einhergehende entwuerdigende behandlung und
diskriminierung,
gleichermassen beunruhigt auch ueber das entstehen
von aggressivem nationalismus und ethnozentrismus
als neuen ausdrucksformen der fremdenfeindlichkeit,
besorgt ueber die verschlechterung der wirtschaftlichen
lage, die den zusammenhalt der europaeischen gesellschaften
dadurch gefaehrdet, dass sie formen der ausgrenzung
erzeugt, die geeignet sind, soziale spannungen und
erscheinungsformen der fremdenfeindlichkeit zu foerdern,
ueberzeugt, dass diese erscheinungsformen der intoleranz
die demokratischen gesellschaften und ihre grundwerte
bedrohen und die fundamente des europaeischen aufbauwerks
untergraben,
in bestaetigung der erklaerung des ministerkomitees
vom 14.mai 1981, in der bereits alle formen der
intoleranz und die durch sie hervorgerufenen gewaltakte
eindringlich verurteilt wurden,
in bekraeftigung der werte der solidaritaet, die alle
mitglieder der gesellschaft anspornen muessen, um
marginalisierung und ausschluss aus der gesellschaft
zu verringern,
ferner ueberzeugt, dass die zukunft europas von einzelpersonen
und von gruppen nicht nur toleranz verlangt, sondern
auch den willen zu gemeinsamem handeln unter buendelung
ihrer unterschiedlichen beitraege -

- verurteilen aufs schaerfste rassismus in allen
seinen formen, fremdenfeindlichkeit, antisemitismus und
intoleranz sowie jede form von religioeser diskriminierung,

- ermuntern die mitgliedstaaten dazu, die bereits
zur beseitigung dieser erscheinungen unternommenen
anstrengungen fortzusetzen, sich fuer die staerkung
der nationalen gesetze und internationalen uebereinkuenfte
einzusetzen und auf nationaler und europaeischer
ebene geeignete massnahmen zu ergreifen,

- verpflichten uns, alle ideologien, politischen
konzeptionen und praktiken, die eine aufstachelung
zum rassenhass, zu gewalt und diskriminierung darstellen,
sowie jede handlung oder aeusserung zu bekaempfen,
die geeignet ist, aengste und spannungen zwischen
gruppen mit unterschiedlichem
rassischen, ethnischen, nationalen, religioesen oder
sozialen hintergrund zu verstaerken,

- richten einen nachdruecklichen appell an die europaeischen
voelker, gruppen und buerger sowie insbesondere an
die jungen menschen, sich entschieden fuer die bekaempfung
jeder form von intoleranz einzusetzen und sich am
aufbau einer europaeischen gesellschaft zu beteiligen,
die sich auf gemeinsame, von demokratie, toleranz
und solidaritaet gepraegte werte gruendet.

zu diesem zweck weisen wir das ministerkomitee an,
so schnell wie moeglich den folgenden aktionsplan
weiterzuentwickeln und umzusetzen sowie die erforderlichen
finanzmittel zu mobilisieren.

aktionsplan
1.
einleitung einer breitangelegten europaeischen jugendkampagne
zur mobilisierung der oeffentlichkeit fuer eine tolerante
gesellschaft, die auf der grundlage beruht, dass
alle ihre mitglieder die gleiche wuerde besitzen,
und gegen die erscheinungsformen des rassismus,
der fremdenfeindlichkeit, des antisemitismus und
der intoleranz.
diese vom europarat in zusammenarbeit mit den europaeischen
jugendorganisationen koordinierte kampagne wird
durch die bildung nationaler ausschuesse eine nationale
und eine lokale dimension haben.
sie wird insbesondere auf die anregung von pilotprojekten
abzielen, die alle gesellschaftlichen gruppen einschliessen.
2.
aufforderung an die mitgliedstaaten, die garantien
gegen jede form von diskriminierung aufgrund der
rasse, der nationalen oder ethnischen herkunft oder
der religion zu verstaerken und zu diesem zweck
- unverzueglich ihre gesetze und sonstigen vorschriften
mit dem ziel zu pruefen, bestimmungen abzuschaffen,
die geeignet sind, diskriminierungen aus einem der
genannten gruende hervorzurufen oder vorurteile aufrechtzuerhalten,
- die wirksame umsetzung der gesetze zur bekaempfung
von rassismus und diskriminierung sicherzustellen,
- vorbeugende massnahmen zur bekaempfung von rassismus,
fremdenfeindlichkeit, antisemitismus und intoleranz
zu verstaerken und umzusetzen, wobei der bewusstseinsbildung
und vertrauensbildenden massnahmen besondere aufmerksamkeit
beizumessen ist.
3.
schaffung eines ausschusses von regierungssachverstaendigen
mit folgendem mandat:
- die gesetze, politik und anderen massnahmen der
mitgliedstaaten zur bekaempfung von rassismus, fremdenfeindlichkeit,
antisemitismus und intoleranz sowie deren wirksamkeit
zu ueberpruefen,
- weitere massnahmen auf lokaler, nationaler und
europaeischer ebene vorzuschlagen,
- allgemeine politische empfehlungen an die mitgliedstaaten
zu formulieren,
- voelkerrechtliche uebereinkuenfte, die in diesem
bereich anwendbar sind, mit dem ziel zu untersuchen,
sie gegebenenfalls zu staerken.

der sachverstaendigenausschuss wird dem ministerkomitee
regelmaessig bericht erstatten, das stellungnahmen
der einschlaegigen lenkungsausschuesse einholt.
weitere modalitaeten hinsichtlich der arbeitsweise dieses
neuen mechanismus sollen vom ministerkomitee beschlossen
werden.
4.
foerderung des gegenseitigen verstaendnisses und des
vertrauens zwischen den menschen durch die kooperations-
und hilfsprogramme des europarats. die arbeit in
diesem bereich wuerde sich vor allem auf folgendes
konzentrieren:
- erforschung der tieferen ursachen von intoleranz
und pruefung
von gegenmassnahmen, namentlich mittels eines seminars
und durch unterstuetzung von forschungsprogrammen,
- foerderung der erziehung in den bereichen menschenrechte
und achtung der kulturellen vielfalt,
- staerkung von programmen, die darauf abzielen,
vorurteile im geschichtsunterricht dadurch abzubauen,
dass die positiven wechselwirkungen zwischen verschiedenen
laendern, religionen und ideen in der historischen
entwicklung europas betont werden,
- foerderung grenzueberschreitender zusammenarbeit
zwischen lokalen stellen, um das vertrauen zu staerken,
- intensivierung der gemeinsamen aktivitaeten in
den bereichen beziehungen zwischen gemeinschaften
und chancengleichheit,
- entwicklung einer politik zur bekaempfung von gesellschaftlicher
ausgrenzung und extremer armut.
5.
appell an die vertreter der medien, in sachlicher
und verantwortlicher weise ueber handlungen, denen
rassismus und intoleranz zugrunde liegen, zu berichten
und kommentare abzugeben sowie an der entwicklung
berufsethischer regeln, welche diese notwendigkeit
widerspiegeln, weiterzuarbeiten.
bei der durchfuehrung dieses planes wird der europarat
die arbeit der unesco auf dem gebiet der toleranz,
insbesondere die vorbereitungen zum "jahr der toleranz"
1995 angemessen beruecksichtigen.
ein erster bericht ueber die umsetzung des aktionsplans
wird dem ministerkomitee auf seiner 94. tagung im
mai 1994 vorgelegt werden.

fuer das koenigreich belgien
jean-luc dehaene
premierminister
fuer die republik bulgarien
jeliu jelev
praesident
fuer das koenigreich daenemark
poul nyrup rasmussen
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fuer die bundesrepublik deutschland
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fuer die republik estland
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praesident
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praesident
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virginia tsouderos
staatsministerin fuer auswaertige
angelegenheiten
fuer irland
albert reynolds t.d.
premierminister
fuer die republik island
david oddsson
ministerpraesident
fuer die italienische republik
carlo azeglio ciampi
ministerpraesident
fuer das fuerstentum liechtenstein
markus buechel
regierungschef
fuer die republik litauen
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praesident
fuer das grossherzogtum luxemburg
jacques santer
premierminister
fuer malta
edward fenech-adami
ministerpraesident
fuer das koenigreich der niederlande
ruud lubbers
ministerpraesident
fuer das koenigreich norwegen
gro harlem brundtland
ministerpraesidentin
fuer die republik oesterreich
franz vranitzky
bundeskanzler
fuer die republik polen
hanna suchocka
vorsitzende des ministerrats
fuer die portugiesische republik
anibal cavaco silva
premierminister
fuer rumaenien
ion iliescu
praesident
fuer die republik san marino
gian luigi berti
paride andreoli
capitani reggenti
fuer das koenigreich schweden
carl bildt
ministerpraesident
fuer die schweizerische eidgenossenschaft
adolf ogi
bundespraesident
fuer die slowakische republik
vladimir meciar
ministerpraesident
fuer die republik slowenien
janez drnovsek
praesident des exekutivrats
fuer das koenigreich spanien
felipe gonzalez
ministerpraesident
fuer die tschechische republik
vaclav havel
praesident
fuer die republik tuerkei
tansu ciller
ministerpraesidentin
fuer die republik ungarn
geza jeszensky
aussenminister
fuer das vereinigte koenigreich
grossbritannien und nordirland
lord mackay of clashfern
lord chancellor
fuer die republik zypern
glafcos clerides
praesident
catherine lalumiere
generalsekretaerin des europarats