sicherheitspolitische fragen eines kuenftigen geeinten deutschland - erklaerung des bundesministers des auswaertigen und des bundesministers der verteidigung

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sicherheitspolitische fragen eines kuenftigen geeinten deutschland - erklaerung des bundesministers des auswaertigen und des bundesministers der verteidigung

  • Bulletin 28-90
  • 21. Februar 1990

der bundesminister des auswaertigen, hans-dietrich
genscher, und der bundesminister der verteidigung,
gerhard stoltenberg, erklaerten am 19. februar 1990:

bundeskanzler dr. helmut kohl hat in seiner
regierungserklaerung vom 15. februar 1990 zu allen aspekten der
vereinigung der beiden deutschen staaten stellung genommen.
zu den damit verbundenen sicherheitspolitischen fragen
hat er sich insbesondere wie folgt geaeussert:

mit dem generalsekretaer war ich mir einig, dass nicht nur
wahlkampf und wahlen in geordneten bahnen verlaufen
muessen, sondern auch darin, dass der prozess der
einigung in einen stabilen europaeischen rahmen eingebettet
bleiben muss. nur auf diesen beiden gleisen kann das ziel
der deutschen einheit sicher erreicht werden.
mit den worten konrad adenauers

die deutsche frage kann nur unter einem europaeischen
dach geloest werden.

habe ich verdeutlicht, dass die bundesrepublik
deutschland von anfang an auf nationalistische alleingaenge
oder deutsche sonderwege verzichtet hat.
wir haben vielmehr von anfang an darauf gesetzt, die
trennung des eigenen landes zusammen mit der teilung
europas insgesamt zu ueberwinden.
ich habe deshalb in meinen zehn punkten davon
gesprochen, dass die architektur des kuenftigen deutschlands
in die architektur des kuenftigen europas einzupassen ist.
wir muessen neue, uebergreifende sicherheitsstrukturen
aufbauen.

das heisst fuer uns deutsche:

- wir achten die berechtigten sicherheitsinteressen aller
europaeischen laender, gerade auch der sowjetunion

- und wir respektieren die sicherheitsbeduerfnisse und
die gefuehle aller europaeer, selbstverstaendlich und vor
allem auch unserer nachbarn.

unter diesen leitmotiven haben generalsekretaer
gorbatschow und ich - sowie bundesminister genscher
und aussenminister schewardnadse - die wohl
schwierigste frage angesprochen: die zukunft der buendnisse.
ich habe meine ueberzeugung ausgedrueckt, dass auch bei
vernuenftiger wuerdigung der sicherheitsinteressen der
sowjetunion ein kuenftiges geeintes deutschland

- nicht neutralisiert oder demilitarisiert werden darf - dies
ist, kurz gesagt, "altes denken" -,

- sondern dass wir im westlichen buendnis eingebunden
bleiben sollen und wollen.

die geschichte dieses jahrhunderts zeigt: nichts ist der
stabilitaet europas abtraeglicher als ein zwischen zwei
welten, zwischen west und ost schwankendes deutschland.
und umgekehrt gilt: deutschland im festen buendnis mit
freiheitlichen demokratien und in zunehmender politischer
und wirtschaftlicher integration in der europaeischen
gemeinschaft ist der unerlaessliche stabilitaetsfaktor, den
europa gerade auch in seiner mitte braucht.
ich habe zu diesem thema klargestellt,

- dass unser buendnis sich entsprechend seiner
zielsetzung verstaerkt auf seine politische rolle konzentrieren
muss und
- dass keine einheiten und einrichtungen des westlichen
buendnisses auf das heutige gebiet der ddr
vorgeschoben werden.

ich weiss mich in dieser zielrichtung mit dem praesidenten
der vereinigten staaten einig.

generalsekretaer gorbatschow und ich waren uns auch
einig, dass jeder anschein vermieden werden muss, dass
deutsche, aber auch die sowjets, fuer andere europaeer
sprechen - und schon gar nicht hinter deren ruecken oder
ueber deren koepfe hinweg. es kann deshalb nur darum
gehen, im gespraech mit allen beteiligten tragfaehige
loesungen zu finden.
zu den berechtigten interessen, die wir deutschen achten
wollen, gehoeren selbstverstaendlich auch die besonderen
rechte und verpflichtungen der sowjetunion, der usa,
grossbritanniens und frankreichs fuer berlin und
deutschland als ganzes (vgl. bulletin nr. 26 vom 16. februar
1990, s. 202 f.).
die bundesminister genscher und stoltenberg bekraeftigen
diese in der regierungserklaerung des bundeskanzlers
enthaltenen aussagen.
der satz, dass keine einheiten und einrichtungen des
westlichen buendnisses auf das heutige gebiet der ddr
vorgeschoben werden, bezieht sich auf die der nato
assignierten und nichtassignierten streitkraefte der
bundeswehr.
der sicherheitspolitische status des gebietes der heutigen
ddr in allen seinen aspekten ist mit der freigewaehlten
regierung der ddr sowie mit den vier fuer deutschland
als ganzes verantwortlichen maechten zu klaeren.


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