besuch des bundeskanzlers in den vereinigten staaten von amerika vom 12. bis 16. november 1988

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bundeskanzler dr. helmut kohl stattete den vereinigten
staaten von amerika vom 12. bis 16. november 1988
einen besuch ab. (vgl. ansprache zu ehren von simon
wiesenthal in new york, bulletin nr. 155 vom
16. november 1988).

erklaerung vor der presse in washington

bundeskanzler dr. helmut kohl gab zum abschluss
seines besuchs auf einer internationalen pressekonferenz
in washington am 15. november 1988 folgende einleitende
erklaerung ab:

meine damen und herren!

mein heutiger besuch in washington hatte zwei
schwerpunkte:

- ich habe praesident reagan fuer alles gedankt, was er in
den vergangenen acht jahren fuer uns in der bundesrepublik
deutschland und insbesondere auch fuer berlin getan
hat. ich dankte ihm fuer die persoenliche freundschaft,
die wir in diesen jahren pflegen konnten.

- ich habe den gewaehlten praesidenten george bush, den
neuen vizepraesidenten und auch den kuenftigen
aussenminister gesprochen. ich habe george bush noch einmal
zu seinem eindrucksvollen wahlsieg gratuliert. wir haben
ein erstes gutes gespraech ueber die zukuenftigen
gemeinsamen aufgaben gehabt.

die freundschaft und die enge zusammenarbeit mit den
vereinigten staaten von amerika sind fuer uns in der
bundesrepublik von existentieller bedeutung. diese
wertegemeinschaft steht nicht zur diskussion.
diese gemeinschaft gruendet auf der gemeinsamen
ueberzeugung von demokratie und menschenrechten. aus
diesem geist heraus wollen wir auch in zukunft - auch in
der jetzt beginnenden amtsperiode von praesident bush - in
enger abstimmung und in einem vertrauensvollen dialog
den weg gemeinsam gehen.
dies gilt fuer alle bereiche der gemeinsamen politik, fuer
alle herausforderungen im transatlantischen buendnis:
ich darf das in wenigen punkten noch einmal deutlich
machen:
wir muessen erstens auch in zukunft gemeinsam unsere
freiheit und sicherheit gewaehrleisten. dazu sind
selbstverstaendlich auch in zukunft die amerikanischen
streitkraefte mit ihren konventionellen und nuklearen waffen
in europa unerlaesslich.
wir muessen zweitens gemeinsam darum besorgt sein,
dass die lasten fair verteilt werden. darueber wird jetzt im
buendnis erneut und intensiv gesprochen. wir werden alles
tun, um hier ein freundschaftliches uebereinkommen zu
finden.
drittens wollen wir die gemeinsame sicherheit auch
dadurch erhoehen, dass wir energische fortschritte im
bereich von abruestung und ruestungskontrolle erzielen.

das erreichen des inf-vertrags war ein wichtiger
hoehepunkt. es gilt jetzt, auf diesem weg voranzugehen.
das vor uns liegende nahziel ist der abschluss des
wiener ksze-folgetreffens, das ein verhandlungsmandat
ueber konventionelle stabilitaet in ganz europa
einschliesst.
ich habe mit dem praesidenten und dem gewaehlten
praesidenten in diesem sinne besprochen, das wir uns auf
dieses ziel jetzt ganz konzentrieren.
ich war mir mit vizepraesident bush darin einig, dass es
wichtig ist, dass er die start-verhandlungen zuegig
fortsetzt und dass wir das gemeinsame ziel - das weltweite
verbot chemischer waffen - bald erreichen wollen.
wie sie wissen, arbeitet das buendnis gegenwaertig an
einem gesamtkonzept der sicherheit, abruestung und
ruestungskontrolle. ich habe mit george bush verabredet,
dass wir beide in dieser wichtigen beratungsphase in engem
kontakt bleiben, und ich gehe davon aus, dass wir im
kommenden fruehjahr, respektive fruehsommer, etwa
aus anlass des 40. geburtstags der nato beim treffen
in london, das gesamtkonzept diskutieren und
verabschieden koennen, und zwar im sinne der prinzipien
des harmel-berichtes:

- auf der einen seite gesicherte verteidigungsfaehigkeit
und

- auf der anderen seite die faehigkeit zum dialog und zur
zusammenarbeit mit den warschauer-pakt-staaten.

ich glaube, dass die politik, die generalsekretaer
gorbatschow mit dem stichwort "umgestaltung" eingeleitet
hat, hier nuetzlich ist. darueber gibt es zwischen uns und
den amerikanischen freunden keine
meinungsverschiedenheiten.
praesident reagan hat ja in eindrucksvoller weise die
amerikanische fuehrungsrolle in diesem dialog wahrgenommen.
ich begruesse es, dass generalsekretaer gorbatschow im
dezember hier sein wird. denn das gibt die chance, dass die
verhandlungen weitergehen - ohne unterbrechung durch
die einfuehrung der neuen administration.
unsere amerikanischen freunde waren dementsprechend
auch sehr an den berichten interessiert, die wir ueber
unseren besuch in moskau mitbrachten.
wir duerfen - und das ist das vierte, was ich sagen will -
ein wichtiges ziel des buendnisses nicht vergessen: die
innere geschlossenheit des buendnisses zu wahren. und das
setzt automatisch voraus, dass wir uns auch in den
wirtschaftlichen fragen verstaendigen.
wir haben heute noch einmal an die prinzipien erinnert, die
wir in toronto auf dem wirtschaftsgipfel festgeschrieben
hatten: ich nenne:

- bekenntnis zum freien welthandel auf der grundlage
stabiler waehrungsrelationen, und das heisst auch: einen
festen dollar!

- entschiedene absage an jede form von protektionismus.
- eine dynamische fortentwicklung des europaeischen
binnenmarktes bis 1992, also einen offenen markt ohne
form von protektionismus.

ich habe den amerikanischen freunden noch einmal
gesagt: mit uns, mit der bundesrepublik deutschland, ist
eine mentalitaet "festung europa" nicht machbar oder
denkbar.

sie wissen, dies war mein letzter offizieller besuch bei
praesident reagan. viele von ihnen waren ja vorhin vor dem
weissen haus dabei, es war, glaube ich, fuer uns beide eine
wichtige stunde. und ich bin dem praesidenten dankbar -
und will das hier vor dem forum der weltoeffentlichkeit noch
einmal wiederholen - fuer die freundschaft und sympathie,
die er uns und auch mir persoenlich in diesen jahren
erwiesen hat.