Fragen und Antworten
Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ist für Staaten weltweit eine Herausforderung. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind besonders von der Krise betroffen. Was tun die EU-Institutionen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, die Menschen medizinisch zu versorgen und die wirtschaftlichen Folgen zu begrenzen?
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Seit Beginn der Pandemie stehen die Staats- und Regierungschefs der EU in engem Austausch miteinander. Regelmäßig stimmen sie sich in Videokonferenzen darüber ab, wie die Pandemie gemeinsam eingedämmt werden kann.
Besonders wichtig ist, die wirtschaftlichen Folgen für die EU-Mitgliedstaaten zu begrenzen. Die Staats- und Regierungschefs haben auf dem Europäischen Rat am 10. Dezember 2020 den Weg frei gemacht für die letzten Schritte, um einen Aufbaufonds "Next Generation" zu verabschieden. Er hat einen Umfang von 750 Milliarden Euro. Die dringend benötigten Gelder zur wirtschaftlichen und sozialen Erholung der EU sollen so schnell wie möglich ausgezahlt werden.
Weitere Informationen:
Einigung auf Mehrjährigen Finanzrahmen und Aufbaufonds
Informationen des Europäischen Rates zur Bekämpfung der Corona-Pandemie
Europäischer Rat: Europäische Solidarität in Aktion
Wichtig: Die Europäische Kommission hat im Bereich Gesundheit nur beschränkte Kompetenzen. Grundsätzlich ist jedes Land für die Organisation und Finanzierung seines Gesundheitswesens selbst zuständig.
Vorrangige Aufgabe der EU-Kommission ist es, die Mitgliedstaaten bei der Krisenbewältigung zu unterstützen und Empfehlungen für ein gemeinsames Vorgehen auszusprechen. Sie trägt zu einer Koordinierung des mitgliedstaatlichen Handelns in der Krise wesentlich bei. Das ist etwa der Fall im Bereich öffentliche Gesundheit, Verkehr, Grenzschutz, Binnenmarkt und Handel. So soll ein abgestimmtes Verhalten erreicht und das Virus möglichst effektiv bekämpft werden.
Weitere Informationen:
Informationen der EU-Kommission zur Bekämpfung der Corona-Pandemie
Aktuelle Informationen der Ständigen Vertretung der EU-Kommission in Berlin
Begrenzung der Verbreitung des Virus:
- Um freies und sicheres Reisen in Zeiten von Corona zu erleichtern, führt die Europäische Kommission das digitale COVID-Zertifikat ein. Damit können EU-Bürgerinnen und -Bürger nachweisen , dass sie gegen COVID-19 geimpft wurden, ein negatives Testergebnis erhalten haben oder von COVID-19 genesen sind. Die Länder können es bereits jetzt ausstellen und verwenden. Ab dem 1. Juli 2021 ist es dann EU-weit verfügbar.
- Seit dem 15. Juni 2020 ist die Internetplattform "Re-Open EU" der Europäischen Kommission in Betrieb. Die Plattform bietet allen EU-Reisenden aktuelle Informationen über Grenzregelungen, Verkehrsmittel, Reisebeschränkungen, Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit (z.B. Abstandsregeln und Maskenpflicht) sowie weitere praktische Tipps in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Seit Oktober gibt es auch eine Karte der gesamten EU mit einheitlichen Farbcodes – grün, orange, rot -, die auf der Grundlage gemeinsamer Kriterien erstellt wird. Die Informationen von "Re-Open EU" sind nun auch als App verfügbar.
- Mobilität in Europa wird sicherer: Die Europäische Kommission hat Mitte Oktober ein EU-weites System für Interoperabilität von Kontaktnachverfolgungs- und Warn-Apps in Betrieb genommen. Die deutsche Corona-Warn-App zeigt nun auch Risikobegegnungen mit Nutzern fast aller anderen europäischen Corona-Warn-Apps an.
- Die Europäische Kommission hat am 31. Mai 2021 vorgeschlagen, die Empfehlung des Rates zur Koordinierung der Beschränkungen der Freizügigkeit in der EU zu aktualisieren. Die Empfehlung sieht abgestimmte Kriterien für geimpfte, genesene und getestete Personen vor, vor allem auch für die Inhaber des digitalen COVID-Zertifikats der EU.
Visumspolitik:
Die Mitgliedstaaten können Antragstellern die Erteilung eines Kurzvisums und Visuminhabern die Einreise in den Schengen-Raum aus Gründen einer Gefährdung der öffentlichen Gesundheit verweigern. Diese Maßnahme zählt zu den Einreisevoraussetzung nach dem Schengener Grenzkodex und ist eine Bedingung für die Erteilung eines Kurzvisums.
Weitere Informationen:
Informationen für Reisende und Pendler
Europäische Kommission: Reisehinweise und Grenzmaßnahmen
Die Europäische Kommission unterstützt in der Corona-Krise die Gesundheitssysteme der EU-Mitgliedstaaten. Dazu mobilisiert sie finanzielle Mittel und ergreift Maßnahmen, um die Versorgung mit medizinischem Material sicherzustellen. Dies betrifft insbesondere die Impfstoffversorgung, die persönliche Schutzausrüstung, wie Gesichtsmasken und Schutzhandschuhe, aber auch Medikamente, lebensrettende Beatmungsgeräte und andere medizinische Hilfsmittel.
Impfstoffversorgung:
- Die EU-Staaten haben am 27. Dezember 2020 gemeinsam mit den Impfungen gegen das Coronavirus begonnen. Bisher stehen die von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassenen Impfstoffe von BioNTech-Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson zur Verfügung. Mehrere andere Impfstoffe befinden sich in unterschiedlichen Phasen der Prüfung durch die EMA.
- Die Europäische Kommission hat Verträge mit sechs Impfstoffentwicklern geschlossen. Verhandlungen mit zwei weiteren Unternehmen laufen. Bisher konnte ein Portfolio von bis zu 4,4 Milliarden Dosen gesichert werden. Die Impfdosen werden nach Zulassung und Produktion entsprechend der Bevölkerungsgröße unter den Mitgliedsstaaten aufgeteilt.
- Um Virusvarianten zu bekämpfen, fördert die EU-Kommission die Entwicklung und Produktion geeigneter Impfstoffe. Dafür hat sie den HERA-Inkubator ins Leben gerufen. Er vereint Wissenschaft, Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen.
- Globale Zusammenarbeit und Solidarität sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Pandemie wirksam zu bekämpfen. Die EU hat bei der multilateralen Reakion eine führende Rolle eingenommen. Mehr Informationen hier.
Versorgung mit Medizinprodukten:
- Die Staats- und Regierungschefs unterstützen eine Empfehlung der Europäischen Kommission zu Teststrategien. Für die Anschaffung und Durchführung von Antigen-Schnelltests in den Mitgliedstaaten werden über das Soforthilfeinstrument 100 Millionen Euro bereitgestellt. Parallel dazu bringt die Kommission ein gemeinsames Beschaffungsverfahren auf den Weg.
- Durch einen Vertrag mit dem Pharmaunternehmen Gilead hat die EU-Kommission die Lieferung des Medikaments Veklury gesichert. Veklury ist der Markenname von Remdesivir, dem ersten Arzneimittel, das auf EU-Ebene für die Behandlung von COVID-19 zugelassen wurde. Mit Koordinierung und Unterstützung durch die Kommission erhielten die Mitgliedstaaten sowie das Vereinigte Königreich zur Deckung des dringenden Bedarfs bereits Anfang August die ersten Chargen des Medikaments.
- Auf Vorschlag der EU-Kommission baut die Europäische Union einen strategischen Vorrat an medizinischer Ausrüstung wie Beatmungsgeräte und Schutzmasken auf. Sie hat drei Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Finanzierung des Soforthilfeinstruments und des gemeinsamen Ausrüstungsbestands von Notfallreserve rescEU bereitgestellt. Die Mitgliedstaaten beteiligen sich mit einem Beitrag in gleicher Höhe.
- Die europäischen Regeln für das öffentliche Beschaffungswesen bieten in Notsituationen große Flexibilität: Dringend benötigte medizinische Güter können binnen Tagen oder sogar Stunden gekauft werden. Die EU-Kommission hat Leitlinien veröffentlicht, die ausführlich erläutern, wie öffentliche Aufträge schnell und regelkonform vergeben werden können.
Weitere Informationen:
Sichere Corona-Impfstoffe für die Menschen in Europa
Europäische Kommission: Überblick Krisenmanagement und Solidarität
EU-Impfstoffstrategie
Die Europäische Kommission unterstützt die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen, neuen Behandlungsmethoden, Diagnosetests und medizinischen Systemen gegen das Coronavirus. Diese sollen allen Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden. Hier ist es notwendig, dass Wissenschaftler über Ländergrenzen hinweg Wissen und Informationen austauschen. Dazu hat die Europäische Kommission verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht:
Finanzielle Unterstützung:
Die Europäische Kommission hat über Horizont 2020, ihr Förderprogramm für Forschung und Innovation, über eine Milliarde Euro mobilisiert. Davon wurden bisher über 660 Mio. EUR für die Entwicklung von Impfstoffen, neuen Behandlungsmethoden, Diagnosetests und medizinischen Systemen zur Verfügung gestellt.
EU-Datenplattform COVID19:
Ziel der neuen EU-Datenplattform ist es, verfügbare Forschungsdaten schnell zu sammeln und gemeinsam zu nutzen. Forscher können so viel neues Wissen über das Coronavirus zentral speichern, austauschen und analysieren.
Die Datenplattform ist Teil des Aktionsplans "ERAvsCorona" der Kommission zur Bekämpfung des Coronavirus. Er zielt auf eine enge Koordinierung, Zusammenarbeit sowie auf Datenaustausch und gemeinsame Finanzierungsanstrengungen der Kommission und der Mitgliedstaaten ab.
Expertenteam:
Im vergangenen Jahr hat die Europäische Kommission ein Expertenteam zu COVID-19 eingesetzt. Die Epidemiologen und Virologen aus verschiedenen EU-Staaten sollten EU-Leitlinien für ein Risikomanagement ausarbeiten, das wissenschaftlich fundiert ist und ein koordiniertes Vorgehen ermöglicht. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Gutachten des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten sowie des Expertenteams hat die Europäische Kommission am 19. März 2020 erste Empfehlungen für Gemeinschaftsmaßnahmen und Teststrategien veröffentlicht. Am 30. März 2020 folgten Empfehlungen zur Resilienz der Gesundheitssysteme.
Aus Deutschland sind Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, und Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie der Berliner Charité, Mitglieder des Beraterstabs.
Weitere Informationen:
EU-Datenbank zu Coronaforschung
Nähere Informationen zur Forschungsförderung
Wiederaufbauplan für die Wirtschaft:
Die Staats- und Regierungschefs haben sich auf ein Aufbaupaket von 1,8 Billionen Euro geeinigt, in dessen Rahmen der EU-Haushalt 2021–2027 durch den Aufbauplan NextGenerationEU flankiert wird. So wird die Kommission bis zu 750 Milliarden Euro auf den Märkten aufnehmen können. 390 Milliarden Euro sollen als Zuschüsse und 360 Milliarden Euro als Kredite an besonders betroffene Mitgliedstaaten gehen. Die Einigung enthält auch ein klares Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und zum Schutz der finanziellen Interessen der EU und seiner Mitgliedsstaaten.
Solidaritätspaket:
Die europäischen Finanzminister hatten bereits am 9. April 2020 ein Maßnahmenpaket mit einem Volumen von mehr als 500 Milliarden Euro geschnürt. Dieses Hilfsprogramm beruht auf drei Säulen, die am 23. April 2020 von den Staats- und Regierungschefs im Rahmen einer Videokonferenz des Europäischen Rates gebilligt wurden:
1. Unterstützung von Unternehmen durch die Europäische Investitionsbank (EIB). Sie soll kleine und mittelständische Unternehmen bei der Finanzierung von anstehenden Aufgaben in großem Umfang unterstützen.
2. Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: Schaffung eines europaweiten Instruments zur Finanzierung von Kurzarbeit (SURE, Support mitigating Unemployment Risks in Emergency).
3. Unterstützung der Staaten, die besonders darauf angewiesen sind, durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der nach der Finanzkrise 2007/08 geschaffen wurde.
Weitere Informationen:
Einigung auf Haushalt und Aufbaufonds
Wirtschaftspolitisches Maßnahmenpaket der Europäischen Kommission
Gemeinsames europäisches Krisenmanagement der EU
Braucht die EU mehr Kompetenzen in der Gesundheitspolitik? Soll die EU-Kommission in Pandemien eine stärkere Steuerungsfunktion erhalten? Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, über diese und andere Fragen in einem europaweiten Dialogprozess zu diskutieren, der Konferenz zur Zukunft Europas. Machen Sie mit – mit Ihren Ideen, Visionen oder sogar eigenen Veranstaltungen. Weitere Informationen finden Sie auf einer Themenseite.