Konsolidierung und Wachstum kein Widerspruch

Bundekanzlerin Angela Merkel und Regierungsprecher Steffen Seibert auf der Presskonferenz nach dem EU-Rat

Merkel: hohe Staatsdefizite sind wachstumsfeindlich

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Der zweitägige Gipfel setzte ein Signal zur Fortsetzung einer Politik der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, der Strukturreformen, erhöhter Wettbewerbsfähigkeit und stärkeren Wachstums.

Die Kanzlerin betonte nach den Beratungen, dass hohe Staatsdefizite wachstumsfeindlich seien. Die Aufnahme hoher Kredite durch die Staaten verteure die Finanzierung der privaten Wirtschaft. Zugleich machte Merkel deutlich, dass Haushaltskonsolidierung und Wachstumspolitik nicht im Widerspruch stehen.

Entscheidungen über Europäisches Semester im Juni

Der Rat hatte sich mit den Vorschlägen der EU-Kommission zum Europäischen Semester befasst und eine Bilanz gezogen. Konkrete Entscheidungen sollen erst beim Europäischen Rat (ER) im Juni fallen.

Beim Europäischen Semester handelt es sich um einen Sechsmonatszyklus, der zum Jahresbeginn im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes einsetzt. Die EU-Kommission erstellt jährlich einen Jahreswachstumsbericht. Darin benennt sie die wichtigsten finanz-, wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Herausforderungen in der EU und empfiehlt Maßnahmen zu deren Bewältigung. Gestützt auf diesen Bericht formuliert der Europäische Rat auf seiner Frühjahrstagung Leitlinien, die den Mitgliedstaaten als Orientierung für ihre Haushaltspolitik dienen sollen.

Ziel der Eurozonen-Gruppe: höhere Wettbewerbsfähigkeit

Erstmals traten die Staats- und Regierungschefs der 17 Mitglieder der Eurozone gesondert zusammen. Merkel erklärte im Anschluss an das Treffen, dass die entscheidende Aufgabe jetzt sei, die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozonenstaaten zu verbessern. Die zu geringe Produktivität der Wirtschaft in den vergangenen Jahren sei die Ursache für die hohe Arbeitslosigkeit in den Krisenstaaten.

"Wenn wir mehr Koordination in unseren Wirtschaftspolitiken haben, dann werden wir auch in Zukunft vermeiden können, dass es zu solchen Ungleichgewichten, zu solch unterschiedlichen Entwicklungen zwischen den Euroländern kommt", so die Kanzlerin. "Insofern war es eine sehr fruchtbare, sehr konstruktive Diskussion, die uns auf dem Weg zu mehr wirtschaftlicher Koordinierung sicherlich voranbringen wird."

Die Staats- und Regierungschefs sprachen auch über die Schuldenkrise in Zypern. Über das Hilfspaket werden die Euro-Finanzminister nun auf der Basis eines erwarteten Troikaberichts beraten. Ob es zu dieser Maßnahme kommt, ist offen. Sicherlich seien zügige Beratungen wünschenswert, sagte Merkel. "Aber die Dinge dauern so lange, bis sie eben auch qualitativ vernünftig gelöst sind. Denn wir brauchen eine tragfähige Lösung."

Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit hat Priorität

Wichtiges Thema war die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern und damit auch die Verteilung der sechs Milliarden Euro des Programms, das auf dem letzten ER beschlossen wurde. Um eine schnelle Umsetzung dieser Gelder zu gewährleisten, muss eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden. In den Schlussfolgerungen des ER wird deshalb betont, dass die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit die größte soziale Herausforderung ist und Priorität hat.

Auf der Agenda: Syrien und Beziehungen zu Russland

Frankreichs Präsident François Hollande schlug auf dem Rat vor, das Waffenembargo für die syrischen oppositionellen Kräfte aufzuheben. Das fordert auch Großbritannien. Eine Entscheidung fasste der Europäische Rat dazu nicht. Die EU-Außenminister wollen bereits in der nächsten Woche in Dublin darüber beraten.

Merkel erklärte, dass es gewichtige Gründe gegen Waffenlieferungen an die Opposition gebe. Iran und Russland könnten ihrereseits die Waffenlieferungen an das Assad-Regime erhöhen. Auch die unsichere Lage im Libanon sei zu bedenken. Für die Kanzlerin ist der Meinungsbildungsprozess dazu noch nicht abgeschlossen.

Bei ihren außenpolitischen Beratungen hat sich der ER, wie schon im Oktober, mit den Beziehungen zu seinen strategischen Partnern beschäftigt. Der zweite Gipfeltag war deshalb den Beziehungen der EU zu Russland gewidmet. Die Kanzlerin betonte das Interesse an einer guten Zusammenarbeit mit Russland. Sie erwähnte aber auch die Probleme, wie zum Beispiel beim Thema Menschenrechte.