Europäische Friedensordnung bewahren

Ukraine-Krise Europäische Friedensordnung bewahren

Die Bundesregierung strebt weiterhin eine diplomatische Entschärfung des Konflikts in der Ostukraine an - unter klarer Benennung der Sachverhalte. Sie stimme sich hierüber eng mit ihren europäischen Partnern ab, sagte Regierungssprecher Seibert in der Regierungspressekonferenz.

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Ein OSZE-Beobachter überwacht den Abtransport von Wrackteilen eines abgeschossenen Flugzeugs

Zur Überwachung der Waffenruhe sind OSZE-Beobachter vor Ort.

Foto: picture alliance / dpa

Seibert wies erneut auf die Grundhaltung der Bundesregierung hin, zu einer "selbstverständlich nicht militärischen, sondern diplomatischen Lösung" beizutragen. Jedoch werde deutlich benannt, was ein "klarer Völkerrechtsbruch" sei. Überdies sei man in der Lage, gemeinsam mit den europäischen Partnern darauf zu reagieren, so der Regierungssprecher.

Bundeskanzlerin Merkel hatte am Sonntag mit Frankreichs Staatspräsident Hollande nach dessen Kurzbesuch in Russland telefoniert. Beide hatten sich über weitere Schritte abgestimmt. In Moskau war Hollande mit Staatspräsident Putin zusammengetroffen, um mit ihm über die Krise in der Ukraine zu sprechen.

Was die Bundeskanzlerin und der Außenminister seit Monaten versuchten, sei keine Politik der Konfrontation, stellte der Regierungssprecher klar. Vielmehr betreibe Deutschland eine Politik, "die Sachverhalte klar benennt und immer und immer wieder das Angebot macht, über das Gespräch, über die Verhandlung, über den diplomatischen Kontakt zu einer Stabilisierung der Lage zu kommen."

Politischer Dreiklang

Die Bundesregierung vertrete im Ukraine-Russland-Konflikt drei konkrete Grundsätze, hatte Seibert am Montag erläutert. Deutschland sehe sich da auf einer Linie in voller Übereinstimmung auch mit unseren europäischen Partnern, so der Sprecher.

Der erste Grundsatz sei: "Wir wollen der Ukraine helfen, ihre schwierige Situation zu bewältigen." Der zweite, "dass wir uns unermüdlich daran beteiligen, eine diplomatische und politische Lösung des Konflikts zu suchen." Zum Dritten fühle sich Deutschland verpflichtet, "Grundprinzipien der europäischen Friedensordnung zu verteidigen."

Der Regierungssprecher betonte, es gelte die Unverletzbarkeit der Grenzen souveräner Staaten. "Und deswegen müssen wir Russlands Bruch des internationalen Rechts bei der Annexion der Krim und bei seinem Vorgehen in der Ostukraine eben auch klar benennen." Eine militärische Lösung könne es nicht geben, vielmehr bräuchten die Menschen in der Ostukraine Frieden und Stabilität, so Seibert.

Steinmeier: Entfremdung darf nicht zunehmen

"Die russische Regierung hat in der Ukraine-Krise ein grundlegendes Prinzip der europäischen Sicherheitsordnung in Frage gestellt", so Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 9. Dezember im russischen Jekatarinburg. Zugleich hob er hervor, dass er auch in Zukunft das Gespräch mit dem russischen Präsidenten Putin suchen werde.

"Wir stecken zweifelsohne in der schwersten außenpolitischen Krise in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges", erklärte der Minister und forderte: "So dürfen wir nicht miteinander umgehen." Nach Jahren der Annäherung und wachsender Partnerschaft habe die politische Entfremdung zwischen Russland und Europa zugenommen. "Das darf nicht die Zukunftsperspektive im Verhältnis unserer beiden Völker und unserer Staaten sein."

Klare Haltung in der Krim-Krise

Am vergangenen Freitag hatte sich Seibert zur Rede des russischen Staatspräsidenten geäußert. Darin hatte Putin die Krim als "Russlands Tempelberg" bezeichnet. Der Sprecher stellte klar, dass diese "religiöse Überhöhung" selbstverständlich in keiner Weise den Völkerrechtsbruch rechtfertige, den Russland mit der illegalen Annexion der Krim begangen habe. "Zudem sollte auch Präsident Putin wissen, dass die Krim seit Jahrhunderten von sehr unterschiedlichen Völkern mit unterschiedlicher Religion als Heimat betrachtet wird."

Seibert verwies ebenfalls darauf, dass die Bundesregierung seit Monaten ihre "klare Haltung zu allen Aspekten der Ukraine-Krise und des Konflikts mit Russland" dargelegt habe. Daraus werde deutlich, "dass unsere Politik nicht gegen Russland gerichtet ist." Sie ziele vielmehr darauf ab, "einen Völkerrechtsbruch klar als solchen zu benennen und daran mitzuwirken, dass dieser Konflikt eine diplomatische Lösung findet."

Interesse an Partnerschaft mit Russland

Hierzu führte der Regierungssprecher aus, es gebe "laufend und auf verschiedenen Ebenen" Kontakte der Bundesregierung mit der russischen Regierung. Dazu gehörten nicht zuletzt Kontakte zwischen der Bundeskanzlerin mit Präsident Putin und Kontakte der Außenminister, sei es persönlich oder telefonisch. "Eine diplomatische Lösung wird am ehesten wohl aus solchen Gesprächen erwachsen. Daran arbeiten wir."

Deutschland habe ein Interesse daran, "dass Russland uns und Europa ein guter Partner ist. Und wir wollen Russland ein guter Partner sein", sagte Seibert. Es sei offensichtlich, dass es da keine Absicht einer Schwächung Russlands gebe, so der Regierungssprecher. "Wir haben aber auch das Interesse, dass grundlegende Prinzipien der europäischen Friedensordnung von allen beachtet werden." Das habe Russland im Falle der Krim und der Ostukraine nicht getan, hob Seibert hervor.

Die stellvertretende Sprecherin der Auswärtigen Amtes, Sewsan Chebli, hatte in diesem Zusammenhang an eine Äußerung Steinmeiers vor Wirtschaftsvertretern erinnert: "Es ist nicht Ziel unserer Sanktionen, Russland ökonomisch niederzuringen. Das ist brandgefährlich. Ein destabilisiertes, gar kollabierendes Russland ist am Ende für sich selbst und andere die viel größere Gefahr." Politischer Druck als Reaktion auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die Bereitschaft zum Offenhalten von Gesprächskanälen gehörten zusammen.

Die Schwarzmeerhalbinsel Krim wechselte im Laufe der Geschichte mehrfach die nationale Zugehörigkeit. Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion wurde die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik am 24. August 1991 in den bestehenden Grenzen einschließlich der Krim zum unabhängigen Staat Ukraine.

Die Bevölkerung besteht seit Jahrhunderten aus Gruppen verschiedener nationaler, ethnischer und religiöser Zugehörigkeit. Dazu gehören Russen, Krimtataren, Ukrainer, Armenier, Griechen und Deutsche. Es gibt orthodoxe Christen verschiedener Ausrichtung, Muslime, Juden und andere.
Nach einem - unter fragwürdigen Bedingungen abgehaltenen - Referendum am 16. März 2014 über die weitere Zugehörigkeit annektierte Russland die Krim und gliederte sie in den Staatsverband der Russischen Föderation ein.