Die Kanzlerin hat an die Verantwortung der EU-Staaten appelliert, die Zukunft des "Friedenswerks" Europa vorzuzeichnen. Dazu gehöre der Mut, ein Europa der "verschiedenen Geschwindigkeiten" zuzulassen, sagte Merkel bei einem Treffen in Versailles. Dort wurde der Gipfel in Rom zum 60. Jahrestag der EU vorbereitet.
Europa bleibe ein "Friedenswerk", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montagabend in Versailles. Wenn Europa aber steckenbleibe und sich nicht weiterentwickele, könne dieses Friedenswerk "schneller in Gefahr geraten als man sich denkt". Deshalb hätten die EU-Staaten die Verpflichtung, die Zukunft der EU vorzuzeichnen, so Merkel.
Frankreichs Staatspräsident François Hollande, Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und Bundeskanzlerin Merkel verständigten sich auf ein Europa mehrerer Geschwindigkeiten. Zur Weiterentwicklung Europas ist es laut Merkel notwendig, dass "einige Länder vorangehen". Die Bundeskanzlerin sprach sich zudem dafür aus, die Vielfalt der Regionen und Traditionen der einzelnen Ländern stärker zu betonen.
Hollande hatte die Regierungschefs eingeladen, um den Jubiläums-Gipfel am 25. März in Rom vorzubereiten. Merkel erklärte, es sei richtig, in Rom an die Erfolge der EU zu erinnern. Man müsse sich aber gleichzeitig über Probleme austauschen. Europa sei in einer schwierigen und nervösen Phase. Deshalb sei es wichtig, dass Rom Ausgangspunkt von Elan, Optimismus, aber auch von Tatkraft und von der Verpflichtung werde, "dass wir das, was wir uns vornehmen, auch einhalten". Bei Europa gehe es nie um etwas Abstraktes. Es gehe um die Bürgerinnen und Bürger. "Das Wohl des eigenen Landes und das Wohl der Europäischen Union sind zwei Seiten ein und derselben Medaille", so die Bundeskanzlerin.
Merkel sprach die aktuellen Herausforderungen für Europa an. Es seien die Herausforderungen von außen, wie Globalisierung, wirtschaftliche Dynamik, Klimaschutz, Migrationsdruck und Kampf gegen den Terrorismus. Aber auch die Herausforderungen im Inneren wie Unzufriedenheit, Arbeitslosigkeit, die Sorgen um die Stellung der EU in der Welt und das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU.
Die Bundesregierung erwartet auf dem Jubiläums-Gipfel in Rom eine Erklärung der 27 verbleibenden EU-Mitglieder. Darin sollte die EU eine gemeinsame Perspektive für die kommenden Jahre aufzeigen - auf Grundlage ihrer gemeinsamen Werte und der sich wandelnden globalen Herausforderungen.
Nach dem Referendum zum EU-Austritt in Großbritannien hatten die Staats- und Regierungschefs der 27 verbleibenden EU-Mitgliedstaaten einen Reflexionsprozess zur weiteren Entwicklung der EU eingeleitet. Beim informellen Treffen in September 2016 in Bratislava vereinbarten sie, Ende März in Rom Orientierungen für die gemeinsame Zukunft der EU festzulegen.
Am 25. März 1957 hatten die Regierungen von Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg die "Römischen Verträge" unterzeichnet. Damit wurde die Europäische Union gegründet. Zu den Römischen Verträgen zählen das Abkommen zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und das Abkommen der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG). Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS oder Montan-Union) von 1951 hatte den Grundstein für die europäische Integration gesetzt.
Die vier Politiker verständigten sich auch über anstehende Themen des Europäischen Rats Ende dieser Woche in Brüssel. So sprachen sie sich für einen verstärkten Grenzschutz aus. Ziel ist es, die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen und den Kampf gegen Terrorismus zu verbessern.