"Wir verbitten uns jede Art von Einmischung"

Deutsch-türkische Beziehungen "Wir verbitten uns jede Art von Einmischung"

Kanzlerin Merkel hat die Äußerungen des türkischen Präsidenten Erdogan im Vorfeld der Bundestagswahl kritisiert. Jeder deutsche Staatsbürger habe ein freies Wahlrecht, betonte die Kanzlerin. Der deutsche Botschafter in der Türkei konnte unterdessen die inhaftierten Deutschen Yücel, Steudtner und Tolu besuchen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich "jede Art von Einmischung" in den Bundestagswahlkampf durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verbeten. Erdogan hatte zuvor dazu aufgerufen, deutsche Parteien bei der Bundestagswahl zu boykottieren. Merkel sagte am Freitag (18. August) in Herford, alle deutschen Staatsbürger hätten ein freies Wahlrecht.

Auch Außenminister Sigmar Gabriel kritisierte die Äußerungen Erdogans: "Das ist ein einmaliger Eingriff in die Souveränität unseres Landes." Er bitte "gerade diejenigen, die aus der Türkei stammen, aber einen deutschen Pass haben, an der Bundestagswahl teilzunehmen und eine demokratische Partei zu wählen".

Botschafter besucht inhaftierte Deutsche

Am Dienstag hatte der deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, Deniz Yücel und Peter Steudtner im Gefängnis in der Nähe von Istanbul besuchen können. Der Botschafter habe jeweils über eine Stunde mit den beiden Inhaftierten sprechen können, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Erdmann habe sich überzeugen können, "dass es beiden den Umständen entsprechend gut geht", so das Außenministerium. Dies gilt auch für die inhaftierte deutsche Journalistin Mesale Tolu, die der Botschafter am Mittwoch besuchte.

Außenminister Gabriel sagte dazu am Dienstag in der "Rheinischen Post": "Es ist gut, dass unser Botschafter die drei im Gefängnis besuchen und persönlich mit ihnen sprechen kann, aber Haftbesuche allein lösen noch nichts." Der Minister bekräftigte: "Wir wollen, dass es vorangeht, und fordern rechtsstaatliche Verfahren und ihre Freilassung."

Zur Verhaftung von Dogan Akhanli

Mit Blick auf die Festnahme des deutschen Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien hatte Merkel am Sonntag betont: "Ich sage dazu, dass das aus meiner Sicht nicht geht." Sie sei "sehr froh, dass Spanien ihn jetzt erst einmal wieder freigelassen hat."

Die spanische Polizei hatte den türkischstämmigen deutschen Schriftsteller Dogan Akhanli am Samstag (19. August) auf Grundlage einer sogenannten "Red Notice" der internationalen Polizeibehörde Interpol festgenommen. Akhanli lebt seit 1991 in Deutschland und ist deutscher Staatsbürger.

Kritik an türkischem Vorgehen

Es stehe der Verdacht im Raum, dass Interpol von der türkischen Staatsspitze möglicherweise benutzt werden soll, um politischer Kritiker habhaft zu werden. Das sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in der Regierungspressekonferenz in Berlin zum Fall Dogan Akhanli. Sollte sich der Verdacht bestätigen, müsse dies mit den anderen Interpol-Partnern besprochen werden.

Die Bundesregierung stehe in Kontakt mit der spanischen Regierung. "Ich würde auch jederzeit den Ministerpräsidenten anrufen", so die Kanzlerin weiter. Merkel mahnte, man dürfe internationale Organisationen wie Interpol "für so etwas nicht missbrauchen. Es ist leider einer von vielen Fällen."

Interpol (International Criminal Police Organization) mit Sitz in Lyon dient der Zusammenarbeit nationaler Polizeibehörden. 190 Staaten sind Mitglied bei Interpol. Eine "Red Notice" ist das Ersuchen eines Staates über Interpol, den Aufenthaltsort einer Person zu ermitteln und diese vorläufig festzunehmen. Das Ziel ist deren Auslieferung. Die von Interpol auf Antrag eines Mitgliedslandes erlassene "Red Notice" setzt einen gültigen nationalen Haftbefehl voraus.

Volles Vertrauen in spanische Justiz

Außenminister Gabriel hatte am Sonntag (23. August) mit Bezug auf die Verhaftung Akhanlis bekräftigt: "Es wäre schlimm, wenn die Türkei auch am anderen Ende Europas erreichen könnte, dass Menschen, die ihre Stimme gegen Präsident Erdogan erheben, in Haft geraten würden."

Gabriel betonte, er habe vollstes Vertrauen in die spanische Justiz und wisse, "dass unsere Freunde und Partner in der spanischen Regierung wissen, um was es geht."

Am Freitag (25. August) hatte Interpol das Fahndungsersuchen gegen Akhanli aufgehoben, so dass dieser nun wieder nach Deutschland zurückreisen könne.