Impulsvortrag von Kulturstaatsministerin Grütters beim Digital-Gipfel zum Thema Nachhaltigkeit und Digitalisierung

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Im Wortlaut Impulsvortrag von Kulturstaatsministerin Grütters beim Digital-Gipfel zum Thema Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Kultur und Medien sind bereits vielfach Treiber, wenn es um digitale Innovationen für eine nachhaltige Zukunft geht, betonte die Kulturstaatsministerin in ihrem digitalen Vortrag, denn "es sind inspirierende Imaginationen einer anderen Zukunft, die den für eine nachhaltige Welt erforderlichen Kulturwandel ermöglichen".

Montag, 30. November 2020

Alan Kay, ein Pionier der Informatik und überdies auch ein professioneller Jazz-Gitarrist, Komponist und Theatermann, sagte einmal: "Die beste Möglichkeit, die Zukunft vorherzusagen, ist, sie zu erfinden".

Wenn wir die UN-Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen, dann brauchen wir selbstredend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie unternehmerische Pioniere, die die Zukunft prognostizieren und sie mit innovativen Erfindungen gestalten. Ich bin aber auch überzeugt, dass sich eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Welt nicht allein auf der Grundlage rationaler Erkenntnisse, rechtlicher Rahmensetzungen und technischer Innovationen realisieren lässt.

Es sind nicht Vernunftsappelle und Kassandrarufe, die Gewohnheiten verändern. Nein, meine Damen und Herren, es sind vor allem starke Vorstellungen und Visionen – es sind Erzählungen von einem gelingenden Zusammenleben, die den Wunsch nach Veränderung nähren. Es sind inspirierende Imaginationen einer anderen Zukunft, die den für eine nachhaltige Welt erforderlichen Kulturwandel ermöglichen.
Deshalb brauchen wir neben den Digitalpionieren auch Künstlerinnen und Künstler, die die Zukunft vorhersagen, indem sie sie erfinden.

Kunst erweitert Perspektiven. Sie setzt sich vielfach mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Klimawandels, der Diversität, der Integration und anderen Themen der Nachhaltigkeit auseinander. Sie stellt alte Denkmuster zur Diskussion und erprobt neue Antworten. Welch kreatives Potential Künstlerinnen und Künstler auch in Krisenzeiten entfalten können, hat nicht zuletzt die Corona-Krise gezeigt. Innerhalb kürzester Zeit entstanden etliche neue digitale Aufführungs- und Vermittlungsformate, die Menschen weltweit miteinander vernetzten und in Austausch brachten.

Digitale Kulturangebote ermöglichen Verständigung zwischen Menschen und Ländern, zwischen Wertesystemen und Weltanschauungen. Sie erschließen auch jenen Menschen Räume der Mitwirkung, des Austauschs und der Kommunikation, die sonst nur wenig oder gar nicht am kulturellen Leben und Diskurs teilnehmen können. Die BKM unterstützt daher die Entwicklung unterschiedlichster digitaler Formate. Denn ich bin sicher: Es ist gerade auch dieser Gemeinschaft stiftende, internationale und breite Austausch, der zur Realisierung der UN-Nachhaltigkeitsziele beiträgt. Nachhaltigkeit lebt vom Engagement jedes einzelnen Mitglieds unserer Weltgemeinschaft. Deshalb sind gemeinsame zivilgesellschaftliche Aushandlungsprozesse und ein global vernetztes Denken für ein verantwortungsvolleres Handeln essenziell.

Zu diesen Aushandlungsprozessen tragen auch wesentlich die Medien bei. Wir brauchen ihre sorgsame und kritische Berichterstattung, um uns im gesellschaftlichen Diskurs zu orientieren und um eigene Positionen auszuloten.
Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Austausch und Konsensfindung werden aber durch Desinformationen im Netz gefährdet. Unabhängiger Journalismus und Medienpluralismus stärken gesellschaftliche Resilienzen gegen diese Gefahren.

Es reicht allerdings nicht, die thematische Auseinandersetzung mit Themen der Nachhaltigkeit und den Wertediskurs zu stärken. Gerade Kulturinstitutionen und Medienunternehmen, die diese Themen gesellschaftskritisch verhandeln, müssen die UN-Nachhaltigkeitsziele auch selbst umsetzen, um glaubwürdig zu bleiben. Deshalb engagieren wir uns mit Nachdruck – wie wir auch gerade in unserem Nachhaltigkeitsbericht dargelegt haben – für mehr Chancengleichheit und Diversität in den Kultur- und Medieninstitutionen, und wir setzen mit Förderinstrumenten Anreize für ressourcen- und klimaschonendes Wirtschaften. Beispielsweise unterstützen wir das Aktionsnetzwerk "Nachhaltigkeit in Kultur und Medien“. Ziel der Bündnispartner ist eine klimaneutrale Kultur im Sinne der Agenda 2030. Dafür berät das Netzwerk Kultur- und Medienbetriebe, entwickelt Pilotprojekte und erprobt auch digitale Lösungen, wie etwa einen CO²-Rechner. Er soll künftig Kultureinrichtungen dabei helfen, Klimabilanzen zu erstellen und den eigenen Treibhausgasausstoß zu verringern. Und er kann auch dem Filmbereich zugutekommen. Denn wir wollen zeitnah ein freiwilliges Zertifikat für besonders ökologische Film- und Serienproduktionen einführen und in Ergänzung hierzu verbindliche Nachhaltigkeitskriterien festlegen, die wir dann den Filmförderregularien der BKM zugrunde legen. Dabei helfen uns übrigens auch die umfangreichen Vorarbeiten des Arbeitskreises Green Shooting.

Kultur und Medien, insbesondere auch die Film- und Fernsehbranche, sind bereits vielfach selbst Treiber, wenn es um digitale Innovationen für eine nachhaltige Zukunft geht. So haben sämtliche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten inzwischen Konzepte für ressourcenschonende Produktionsabläufe entwickelt, die sie mit Hilfe digitaler Anwendungen umsetzen. Und auch die Unterzeichnung der von mir initiierten "Gemeinsamen Erklärung für eine nachhaltige Film- und Serienproduktion“ war ein beherztes Bekenntnis der Film- und Fernsehbranche, den eigenen CO²-Fußabdruck – auch mit Hilfe der Digitalisierung – verkleinern zu wollen.

Es gibt noch viel zu tun, und dabei ist jeder Einzelne gefragt. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass sich gerade dort ein Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit einleiten lässt, wo Visionen einer besseren Zukunft Verstand und Herz erreichen – insbesondere dann, wenn technisches Know-how und Kreativität zusammenkommen. Folgen Sie Alan Kays Motto, der als Künstler und Informatiker wusste, wie es geht: Sagen Sie die Zukunft vorher, indem Sie sie erfinden.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Diskussion.