Überblick zum Weltfrauentag
Seit über 100 Jahren wird weltweit am 8. März der Weltfrauentag gefeiert. Ursprünglich hatte er vor allem das Ziel, das Frauenwahlrecht durchzusetzen. Das ist für uns in Deutschland inzwischen zum Glück eine Selbstverständlichkeit. Aber wie steht es heute um die Gleichberechtigung in Deutschland insgesamt?
5 Min. Lesedauer
Wir sind in Deutschland in den letzten Jahren in Sachen Gleichstellung durchaus vorangekommen und sind im internationalen Vergleich gut aufgestellt. Mädchen, die heute bei uns eingeschult werden, stehen Chancen und Möglichkeiten offen, die es für viele Generationen vorher nicht gab. Nicht zuletzt ist die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Artikel 3 unseres Grundgesetzes festgelegt. Dort heißt es schlicht: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt."
Allerdings bleibt auf dem Weg zur völligen Chancengleichheit noch viel zu tun. Das Grundgesetz legt in Artikel 3 auch fest, dass der Staat die "tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern" fördert und "auf die Beseitigung bestehender Nachteile" hinwirkt. Was also tut der Bund für die Gleichstellung?
Kaum ein Thema ist für die volle Gleichberechtigung von Männern und Frauen so entscheidend, wie das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Denn nach wie vor kümmern sich in Deutschland überwiegend die Frauen um Kinder oder zu pflegende Angehörige und stecken dafür häufig beruflich zurück. Die Frage aber ist, wie sich Frauen und Männer gleichermaßen beruflich entwickeln und sich um Kinder oder Angehörige kümmern können?
Die meisten Frauen hierzulande arbeiten. Diese Zahl ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen: 76 Prozent der Frauen in Deutschland sind mittlerweile erwerbstätig. Das sind acht Prozentpunkte mehr als noch 2008. Das ist möglich geworden, weil in großem Umfang die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert wurde. So hat der Bund - gemeinsam mit Ländern und Kommunen - die Betreuungsplätze für Kinder im Vorschulalter deutlich erhöht. Auch in den Grundschulen wollen wir die Zahl der Ganztagsplätze deutlich ausbauen. Bis 2025 soll es einen entsprechenden Rechtsanspruch geben.
Auch Elternzeit, Elterngeld und Elterngeld Plus oder die Brückenteilzeit sind wichtige Regelungen, die dazu beitragen, dass Mütter und Väter wieder in den Beruf einsteigen können, sobald sie das möchten. Programme wie "Perspektive Wiedereinstieg" unterstützen Frauen nach längerer familienbedingter Auszeit aus dem Job, den beruflichen Wiedereinstieg zu meistern und damit die Voraussetzungen für eine eigenständige Existenz- und Alterssicherung zu schaffen.
Aber Beruf ist nicht gleich Beruf - erst recht nicht, wenn man auf die Bezahlung schaut. Frauen verdienen im Schnitt nach wie vor weniger als Männer, und zwar 19 Prozent. Das ist auch deshalb so, weil sie häufig in Berufen mit geringeren Einkommen arbeiten. Umso wichtiger ist die geplante Aufwertung der sozialen Berufe. Hier arbeiten zu 80 Prozent Frauen. Als ersten Schritt hat die Bundesregierung deshalb das Schulgeld für die Pflegeberufe abgeschafft. Zudem wird es angemessene Ausbildungsvergütungen geben. Auch die Löhne sollen steigen, um die Attraktivität dieser Berufe zu erhöhen. Hier sind allerdings die Tarifparteien gefragt.
Entscheidenden Einfluss auf das spätere Gehalt hat die Berufswahl. Im zumeist gut bezahlten technischen und naturwissenschaftlichen MINT-Bereich (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sind Frauen sowohl bei Ausbildungen (elf Prozent) als auch im Studium (29 Prozent) unterdurchschnittlich vertreten. Mehrheitlich entscheiden sich die Mädchen nach der Schule eher für soziale Berufe oder beispielsweise für Ausbildungen mit Bürotätigkeiten. Mit dem MINT-Pakt setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit verschiedenen Partnern für faire Chancen für Mädchen und junge Frauen abseits traditioneller Studienfächer und Berufe ein und zeigt ihnen neue Perspektiven auf.
Mit der "Initiative Klischeefrei" fördert die Bundesregierung ganz generell eine Berufsorientierung und Berufsberatung, die frei von Geschlechterklischees ist.
In den letzten Jahren stand in Bezug zur Gleichstellungspolitik vor allem das Thema Frauen in Führungspositionen im Mittelpunkt der politischen und öffentlichen Diskussion. Denn leider sind Frauen in Deutschland nicht angemessen in Führungsetagen vertreten. Dabei machen sie einen Unterschied: Untersuchungen belegen, dass gemischte Teams in jeder Hinsicht Vorteile bringen. Sie haben nicht nur eine Signalwirkung auf andere Frauen, sondern sie machen Unternehmen auch wirtschaftlich erfolgreicher.
Deshalb hat die Bundesregierung 2016 eine Frauenquote für die Wirtschaft und den Öffentlichen Dienst eingeführt. Es gibt zwar Fortschritte, aber der Nachholbedarf ist groß und die Fortschritte sind noch nicht völlig überzeugend. Daher hat die Bundesregierung im Januar eine Verschärfung der Frauenquote auf den Weg gebracht. Die geplanten Änderungen betreffen vor allem die Vorstände großer Unternehmen.
Für den Bereich der Hochschulen gibt es das Professorinnen-Programm, das es sich zum Ziel gesetzt hat, den Anteil der Professorinnen zu erhöhen und die Gleichstellungs-Strukturen an den Unis zu verbessern.
Es gibt auch Unterstützungsangebote für Frauen, die sich selbstständig machen wollen. Von Informationen über Beratung bis hin zu Dienstleistungen und Existenzgründungen reicht da die Palette.
Frauen sind stark, aber es kann Situationen geben, wo sie Hilfe brauchen. Was können Alleinerziehende - zumeist Frauen - beispielsweise tun, wenn für ihr Kind kein oder nicht regelmäßig Unterhalt gezahlt wird? Sie können Unterhaltsvorschuss beantragen. Der Staat streckt den Unterhalt vor und versucht, sich das Geld beim säumigen Elternteil zurück zu holen.
So sind beispielsweise viel häufiger Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt als Männer. Für sie und alle anderen Opfer von Gewalt an Frauen gibt es das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen". Hier wird rund um die Uhr, anonym und in 18 Sprachen kostenfrei Hilfe angeboten.
Zudem wird der Bund Aus-, Um- und Neubau sowie die Sanierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen unterstützen. Insgesamt stellt er 120 Millionen Euro für eine bessere Aufstellung der Hilfestrukturen für Frauen bereit, die von Gewalt betroffen sind.
Das Hilfetelefon "Schwangere in Not" bietet rund um die Uhr eine vertrauliche und anonyme Erstberatung zu allen Fragen rund um das Thema Schwangerschaft. Zudem gibt es seit 2014 die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt. Mittlerweile zeigt sich: Die Möglichkeit der vertraulichen, sicheren Geburt senkt die Zahl anonymer Geburten ohne ärztliche Versorgung.
Gleichstellung geht nicht nur Frauen an
Gleichstellung bleibt als Thema also auch 2021 aktuell. Und es ist keineswegs nur ein Frauenthema. Auch die meisten Männer wünschen sich für ihre Frauen, Schwestern oder Töchter gleiche Rechte und Chancen wie für die Männer.
Zudem wird das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf zunehmend auch für Männer wichtig. Umfragen zeigen, dass viele gerne mehr Zeit für die Familie hätten und dafür auch bereit wären, im Beruf etwas kürzer zu treten. Es bleibt also die Frage, wie die Potenziale von Männern und Frauen gleichermaßen genutzt werden können. Insofern ist und bleibt Artikel 3 unseres Grundgesetzes, der die Gleichberechtigung von Männern und Frauen vorsieht, ein dauerhafter Auftrag an uns alle.
Der Internationale Frauentag geht auf eine Initiative sozialistischer Organisationen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Sie kämpften für Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen. Erstmals wurde er am 8. März 1911 begangen. Später riefen ihn die Vereinten Nationen als internationalen Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden aus.