Regierungspressekonferenz vom 11. März 2024

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 11. März 2024

Themen
•    Reise der Bundesministerin für Bildung und Forschung nach London
•    Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
•    Nahostkonflikt
•    Lage in Syrien
•    Lage in Haiti
•    Streik bei der Deutschen Bahn
•    Höhe der Zinsen für KfW-Studienkredite
•    Fastenbrechen
•    Übernahme von Kosten für Medikamente gegen ME/CFS
•    Verhandlungen der Bundesregierung mit dem Stromnetzbetreiber TenneT
•    Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
•    Europareise des chinesischen Sonderbeauftragten für eurasische Angelegenheiten

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 11. März 2024

Sprecherinnen und Sprecher
•    Staatssekretär Hebestreit
•    Dr. Schneidewindt (BMBF)
•    Fischer (AA)
•    Collatz (BMVg)

(Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Guten Morgen! Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, wird morgen, am 12. März, nach London reisen. Die Ministerin wird dort am deutsch-britischen Forschungsdialog teilnehmen, der vom britischen Wissenschaftsministerium am Imperial College London ausgerichtet wird. Dort trifft Forschungsministerin Stark-Watzinger neben ihrer britischen Amtskollegin, Secretary of State Michelle Donelan, die Leitungen mehrerer deutscher und britischer Hochschul- und Wissenschaftsorganisationen sowie Mitglieder der Wissenschaftsgemeinschaft aus beiden Ländern.

Ziel der Reise und des deutsch-britischen Forschungsdialogs ist die Weiterentwicklung der gemeinsamen Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung. Dies wird auch durch die Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung vor Ort durch die Ministerin unterstrichen. Auf der Agenda des deutsch-britischen Forschungsdialogs steht neben der Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen wie denen der künstlichen Intelligenz, der Batterieforschung sowie der Quanten- und Fusionstechnologien auch das Thema der Forschungssicherheit. In diesem Zusammenhang wird Ministerin Stark-Watzinger auf ihrer Reise ebenfalls das AI Safety Institute sowie das Culham Centre for Fusion Energy besuchen. An Letzterem wird sie mehrere Einrichtungen zur Forschung im Bereich der Magnetfusion besichtigen, das heißt, die Fusionsforschungsanlage JET und auch das MAST-Upgrade und RACE.

Frage

Herr Fischer, der polnische Außenminister hat sich am Wochenende dahingehend geäußert, dass er die Äußerung von Herrn Macron nicht schlecht finde, dass auch Bodentruppen ‑ er spricht sogar von NATO-Bodentruppen ‑ in der Ukraine eingesetzt werden könnten. Ich würde gern die Meinung der Außenministerin dazu erfahren und auch, ob es Gespräche mit Herrn Sikorski über dieses Thema gab.

Fischer (AA)

Vielen Dank für die Frage, Herr Kollege. Ich denke, wir haben uns zu der Frage gelegentlich geäußert. Ich habe dem nichts Neues hinzuzufügen.

Zusatzfrage

Können Sie zumindest sagen, ob es denn Gespräche mit Herrn Sikorski gab? Denn das geht anscheinend in eine komplett andere Richtung als das, was die Außenministerin oder auch die Bundesregierung im Moment vertreten haben.

Fischer (AA)

Mit unseren polnischen Freunden sind wir auf den verschiedensten Ebenen immer in engem Kontakt. Die Außenministerin hat Herrn Sikorski vor einigen Tagen im Rahmen des Weimarer Dreiecks getroffen. Sie stehen auch weiterhin in engem Kontakt, genauso wie wir natürlich auf anderen Ebenen in engem Kontakt mit unseren Partnern stehen, mit denen wir uns regelmäßig abstimmen.

Frage

Herr Fischer und Herr Hebestreit, die Außenministerin hat gestern explizit erklärt, für sie fange deutsche Kriegsbeteiligung dann an, wenn deutsche Soldaten auf russische Soldaten schössen. Der Bundeskanzler hatte vorher eine sehr andere Definition gegeben. Dann, wenn deutsche Soldaten für die Bedienung von Systemen unverzichtbar seien, sei für ihn eine rote Linie überschritten.

Auf welche juristischen Expertisen stützen sich diese doch sehr unterschiedlichen Positionen jeweils?

StS Hebestreit

Wir haben uns gerade durch Blickkontakte darauf verständigt, dass ich den Anfang mache und Herr Fischer dann nachsetzt. ‑ Ich denke, dass es gar nicht um eine juristische Einschätzung geht, wie Sie es nennen, sondern der Bundeskanzler ‑ dadurch kommt das vielleicht zusammen mit dem, was die Außenministerin gestern auch gesagt hat ‑ hat deutlich gemacht, wo er Gefahren sieht. Ich denke, man sollte sich die Entscheidung darüber nicht leicht machen. Er hat klar gesagt, dass er als Bundeskanzler weder eine direkte noch eine indirekte Beteiligung deutscher Soldaten an diesem Konflikt akzeptieren möchte. Diese Entscheidung steht.

Zusatzfrage

Herr Fischer?

Fischer (AA)

Die Außenministerin hat sich geäußert, wie sie sich geäußert hat. Das steht für sich.

Zusatzfrage

Wenn ich nachfragen darf: Natürlich sind das politische Positionierungen. Aber eine Frage von Kriegsbeteiligung ist doch gewiss auch eine rechtliche, vermutlich völkerrechtliche. Deswegen möchte ich noch einmal fragen: Ist die Position, die die Außenministerin bezogen hat, auch die völkerrechtliche Einschätzung des Außenministeriums, und was ist die völkerrechtliche Basis der politischen Position des Kanzlers?

StS Hebestreit

Herr Kollege, dieses Gespräch haben wir ja schon häufiger geführt, wenn Sie mit dem Völkerrecht und den Grenzen des Völkerrechts oder damit, wo eine Linie überschritten wäre, argumentieren wollen. Ich kann vielleicht noch einmal daran erinnern: Der russische Präsident hat entschieden, sich überhaupt nicht um das Völkerrecht zu scheren, sondern führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Insofern sind solche juristischen Abhandlungen an der Stelle sicherlich nur halb hilfreich, weil man immer wieder auch das Irrationale einer Politik mit berücksichtigen muss. Deswegen sind das Einschätzungen, denen man folgt und unterliegt und die man verantworten muss.

Fischer (AA)

Das kann ich nur unterstreichen. Es gilt natürlich, dass wir die Ukraine im Rahmen ihres Rechts auf Selbstverteidigung unterstützen.

Frage

Herr Fischer oder Herr Collatz, ist der Bundesregierung bekannt, wie viele deutsche Staatsbürger auf freiwilliger Basis aufseiten der ukrainischen Armee kämpfen?

Fischer (AA)

Darüber liegen mir keine Zahlen vor.

Collatz (BMVg)

Die Bundeswehr erhebt solche Zahlen nur für eigenes Personal, und da kann ich nichts berichten.

Fischer (AA)

Im Übrigen können sich die Deutschen, die in der Ukraine sind, zwar auf unserem ELEFAND-System anmelden ‑  dazu rufen wir sie jederzeit auf ‑, aber sie sind nicht dazu verpflichtet, anzugeben, was sie dort tun, ob sie unternehmerisch tätig sind, ob sie für eine Hilfsorganisation arbeiten oder ob sie andere Dinge tun.

Frage

Herr Hebestreit, nachdem Sie eben gesagt haben, dass der Bundeskanzler nicht möchte, dass deutsche Soldaten direkt oder indirekt an den Kampfhandlungen beteiligt werden, hätte ich von Ihnen gern eine Reaktion zu dem britischen Vorschlag, der genau dieses Problem bei der Taurus-Lieferung umgehen könnte, indem man eine Art Tauschgeschäft macht. Wäre dieser Ringtausch für Sie jetzt eine akzeptable Lösung?

StS Hebestreit

Ich glaube, wir haben das Thema von Taurus hier allumfänglich, lang und anhaltend diskutiert. Es gibt eine Entscheidung des Bundeskanzlers. Diese hat er mehrfach auch zu Ihrer großen Freude kundgetan. Darüber hinaus gibt es jetzt keinen neuen Stand.

Wenn Sie jetzt den Vorschlag aus Großbritannien erwähnen, dann würde ich doch dazu raten, das Interview in einer in Süddeutschland erscheinenden Zeitung, in dem dieser Vorschlag unterbreitet worden ist, sehr genau zu lesen. Dann erklärt sich vielleicht manches.

Zusatzfrage

Heißt das, dass Sie die Idee des Ringtauschs nicht befürworten würden?

StS Hebestreit

Ich habe mich dazu so weit eingelassen, wie ich mich einlassen kann, und habe darum gesagt, es gibt keinen neuen Stand.

Frage

Ich bin von der „Süddeutschen Zeitung“, in der das Interview erschienen ist. Gestern hat die Außenministerin gesagt, ein Ringtausch mit Großbritannien sei eine Option. Ich habe jetzt noch nicht verstanden, ob der Bundeskanzler das auch so sieht oder nicht.

StS Hebestreit

Der Bundeskanzler hat sich dazu gar nicht geäußert. Der Sprecher der Bundesregierung hat gesagt: Dazu gibt es keinen neuen Stand.

Frage

Noch einmal zu Ausländern, die in der Ukraine kämpfen: Beteiligt sich die Bundesregierung in welcher Form auch immer an der Finanzierung der ausländischen Legion ‑ ich meine, so heißt sie ‑ in der Ukraine?

StS Hebestreit

Ich weiß nicht, wen Sie ansprechen. ‑ Mir sind solche Zahlen nicht bekannt. Ich wäre auch vorsichtig, solche Behauptungen in den Raum zu stellen.

Zusatz

Ich behaupte nicht. Ich frage.

StS Hebestreit

Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber ab und an sind auch noch andere hier im Raum. Solche Fragen ziehen auch immer Berichterstattung nach sich. Insofern wäre ich immer vorsichtig, solche Behauptungen hier ungeprüft und ungeschützt zu äußern.

Zusatzfrage

Meinerseits?

StS Hebestreit

Insgesamt.

Zusatz

Interessant!

Vorsitzender Szent-Iványi

Herr Kollege hat gefragt.

Zusatz

Ich habe ‑ ‑ ‑

StS Hebestreit

Genau! Wir können nur ‑ ‑ ‑ Ich wollte das gar nicht weiter ‑ ‑ ‑ Wir haben große russische Desinformationserfahrungen, und ich würde jeden aufrufen, wenn man fragt ‑ ‑ ‑ Man kann Dinge sehr unterschiedlich formulieren. Sie können das machen, wie Sie wollen. Ich rate nur dazu, sehr vorsichtig zu formulieren, um nicht Dinge in den Raum zu stellen, die so nicht stimmen.

Zusatz

Entschuldigung, Herr Hebestreit! Aber die Ukrainer selbst sprechen von der ausländischen Legion oder der Legion, in der eben ausländische Kämpfer auf freiwilliger Basis kämpfen. Das ist doch kein Geheimnis.

StS Hebestreit

Das mag stimmen, aber die Finanzierung durch deutsche Stellen ist etwas, was Sie hier nachgefragt, aber damit auch in den Raum gestellt haben.

Zusatz

Es war eine Frage, ob das überhaupt ‑ ‑ ‑

StS Hebestreit

Sie können das so machen, wie Sie das wollen. Ich antworte so, wie ich es für richtig halte.

Fischer (AA)

Ich glaube, irgendeine Art von Information zu dieser Frage liegt Ihnen auch nicht vor.

Frage

Ich möchte doch noch gern wissen: Warum ist die Option, Taurus nach Großbritannien, dafür mehr Storm Shadow in die Ukraine, keine Option für die Bundesregierung? Denn damit würde ja das Dilemma, das der Kanzler beschrieben hat, oder die Problematik, dass nämlich deutsche Soldaten weder direkt noch indirekt beteiligt sein dürften, bei dieser Variante nicht bestehen. Gleichzeitig würde die Ukraine mit zusätzlichen Waffen gestärkt. Warum ist das dann keine Option?

StS Hebestreit

Damit sich das mit der Stärkung der ukrainischen Streitkräfte nicht so festsetzt: Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt die Ukraine nach den USA so stark wie kein zweites Land. Wir organisieren im Augenblick massiv Artilleriemunition und Luftverteidigung. Kampfpanzer werden instand gesetzt, instand gehalten, gewartet. Wir organisieren neue Panzerhaubitzen. Wir haben allein in diesem Jahr insgesamt mehr als sieben Milliarden Euro dafür ausgegeben. Wir werden dafür mehr als sechs Milliarden im nächsten Jahr ausgeben.

Die Diktion im Augenblick, aufgrund dieses einen Waffensystems, das Sie alle sehr fasziniert und interessiert, so zu tun ‑ das ist in jeder Nachfrage, in jeder Bemerkung enthalten ‑, als würde es seitens Deutschlands an Unterstützung für die Ukraine mangeln, ist eine schräge Wahrnehmung. Dagegen würde ich mich wehren.

Was jetzt die akute Frage angeht, würde ich immer sagen: Lassen Sie ‑ ‑ ‑ Ich habe gesagt: Dazu gibt es keinen neuen Stand. ‑ Sollte es dazu irgendwann einen neuen Stand geben, ist in der Regel das Verfahren so, dass erst einmal Regierungen miteinander sprechen, dass dann Regierungen untereinander zu einer Übereinkunft kommen oder auch nicht, man die genauen Kautelen einer solchen Überlegung kennen muss, um dann zu sehen, ob sie spruchreif sind oder nicht. Das macht man nicht über Interviews; das macht man nicht über die Regierungspressekonferenz. Ich glaube, es wird auch der Ernsthaftigkeit der gesamten Angelegenheit nicht ganz gerecht, wenn wir so etwas auf dem Marktplatz austragen. Insofern: Ich verstehe Ihr Interesse; ich verstehe Ihre Neugier. Haben Sie dafür Verständnis, dass wir in dem Moment, wo es etwas zu berichten gibt, Ihnen das gerne mitteilen, aber uns bis dahin sehr, sehr zurückhalten!

Zusatzfrage

Ich möchte zumindest für mich doch klarstellen, dass das, was Sie eben insinuiert haben, dass nämlich der Vorwurf mitschwinge, Deutschland unterstütze nicht genügend, zumindest nicht meine Haltung ist. Ich gehe unter anderem vom Beschluss des Deutschen Bundestages aus, der festgestellt hat, es sei nötig, die Ukraine auch noch mit mehr weitreichenden Waffen zu versorgen. Dieser Ringtausch würde offenbar eine solche Möglichkeit eröffnen.

In Bezug auf das, was Sie als Letztes sagten: Finden solche Regierungsgespräche über Ringtauschoptionen statt?

StS Hebestreit

Im Moment habe ich eine Interviewäußerung eines britischen Außenministers und ein bisschen Erfahrung aus früheren Gesprächen, die nicht unbedingt übereinzubringen sind. Insofern müssen wir das jetzt klären.

Frage

Herr Fischer, hat denn Herr Cameron im Gespräch mit der Außenministerin über dieses Thema gesprochen? Das wäre ja solch ein Regierungsgespräch.

Fischer (AA)

Es war ein strategischer Dialog, der über mehrere Stunden ging. Darin ist die gesamte Bandbreite der deutsch-britischen Zusammenarbeit auch mit Blick auf die Ukraine besprochen worden.

Zusatzfrage

Inklusive eines Ringtauschs?

Fischer (AA)

Alle Bestandteile der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine, Deutschland und Großbritannien sind dort besprochen worden.

Frage

Herr Hebestreit, wie hat der Bundeskanzler die Aussagen des Papstes aufgenommen, die ja in die Richtung gehen, der Ukraine zu empfehlen, die weiße Flagge zu hissen?

StS Hebestreit

Wie Sie sich vorstellen können, ist der Bundeskanzler in dieser Frage nicht der Meinung des Papstes. Wir haben auch zur Kenntnis genommen, wie der Sprecher des Vatikans gestern versucht hat, die Worte des Papstes einzuordnen.

Richtig ist, dass sich die Ukraine gegen einen Aggressor wehrt. Sie erhält dafür viel internationale Unterstützung. Das hatten wir hier auch schon als Thema. Es ist auch im Rahmen des Völkerrechts, sich gegen einen solchen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu verteidigen. Dabei unterstützen wir und viele, viele andere Länder die Ukraine.

Zusatzfrage

Der Bundeskanzler hat sich neulich in einer Audienz mit dem Papst direkt austauschen können. Wird das möglicherweise auch als eine verpasste Chance betrachtet, vonseiten der katholischen Kirche tatsächlich mehr zur Konfliktlösung beizutragen?

StS Hebestreit

Erst einmal: Ich würde natürlich niemals aus einem Vieraugengespräch des Bundeskanzlers mit dem Papst berichten.

Grundsätzlich ist die Haltung des Papstes in der Frage des Ukraine-Kriegs, glaube ich, relativ linear.

Frage

Herr Fischer, vielleicht können Sie uns ein bisschen darüber aufklären, wie die Gespräche im Hintergrund laufen. Es gab seit letztem Freitag die Ankündigung sowohl der Amerikaner als auch der Europäer, einen humanitären Seekorridor für die Bevölkerung im Gazastreifen einzurichten. Jetzt gab es von den Amerikanern die Ankündigung, dass es zwei Monate auf sich warten lassen könnte, einen provisorischen Hafen zu bauen.

Deswegen die Frage: Wie soll die Hilfslieferung, die über Zypern anscheinend schon bereitsteht oder anlaufen könnte, zu den Menschen im Gazastreifen gelangen?

Fischer (AA)

Ich glaube, man muss unterscheiden, denn es gibt da unterschiedliche Projekte. Bei dem Projekt, das der amerikanische Präsident in seiner State-of-the-Union-Rede vorgestellt hat, geht es darum, dass amerikanische Kräfte eine Art Behelfshafen aufbauen. Es gibt Bemühungen der Vereinigten Arabischen Emirate, vor Gaza eine Anlaufstelle zu schaffen. Außerdem gibt es sozusagen gemeinsame Bemühungen von vielen Nationen, zu denen auch Deutschland gehört, diesen Seekorridor zum Laufen zu bringen.

Sie haben recht, es liegt derzeit ein Schiff mit rund 200 Tonnen Hilfsgütern in Zypern, das darauf wartet, nach Gaza auszulaufen. Aber natürlich sind gerade bei dieser Seebrücke die letzten Meter die schwierigsten Meter, weil es in Gaza keinen funktionierenden Hafen gibt. Die Frage ist also: Wie kommen diese Hilfsgüter von dem Schiff an Land, von wem werden sie an Land in Empfang genommen und wie werden sie verteilt? All diese Fragen sind sehr komplex, und an denen wird gearbeitet. So wie ich es verstehe, wäre dieses Schiff, wenn es denn in Gaza ankommt, ein erstes Pilotprojekt, mit dem man austestet, wie so eine Seebrücke funktionieren könnte.

Es gilt aber natürlich, dass jedes Hilfspaket, das in Gaza ankommt, zählt, und deswegen beteiligen wir uns auch an diesen Planungen. Wir sind dazu in engem und ständigem Kontakt mit unseren Partnern: Zypern, den Vereinigten Arabischen Emiraten, den USA und der EU-Kommission. Wie Sie wissen, ist auch unsere Sondergesandte für humanitäre Hilfe im Nahen und Mittleren Osten in der Region. Sie war am Freitag auch auf Zypern, um zu schauen, wie man dieses Projekt weiter voranbringen kann.

Ich will aber auch noch einmal unterstreichen: Unsere Priorität ist, dass wir die humanitäre Hilfe über den Landweg erhöhen; denn das ist der einfachste Weg, humanitäre Hilfe nach Gaza zu bekommen. Es müssen mehr LKWs mit humanitärer Hilfe nach Gaza kommen, es müssen mehr Grenzübergänge geöffnet werden.

Wenn wir von Seehäfen reden: Ganz in der Nähe von Gaza besteht auch ein israelischer Seehafen, nämlich der Hafen in Aschdod. Auch dieser Hafen stünde gegebenenfalls zur Verfügung, um Hilfsgüter anzulanden und dann auf dem Landweg nach Gaza zu transportieren.

All die anderen Dinge, die wir diskutieren, etwa der Aufbau einer Seebrücke oder der Abwurf von Lebensmitteln, sind nur Hilfsmaßnahmen, Tropfen auf den heißen Stein, um die akute Not zu lindern. Wichtiger wäre, dass über den Landweg Hilfsgüter nach Gaza kommen. Das ist zum einen unsere klare Erwartung an die israelische Regierung, und gleichzeitig gilt natürlich auch, dass die Hamas es ermöglicht, mehr Hilfstransporte nach Gaza hineinzulassen, indem sie ihre Waffen niederlegt.

Zusatzfrage

Sie haben jetzt unterschieden zwischen den verschiedenen Strängen, die da vorbereitet werden, aber was das heißt denn für das Schiff, das jetzt auf Zypern liegt? Könnte das theoretisch auch im Gazastreifen selbst anlanden, oder ist das momentan praktisch gar nicht möglich, sodass die Hilfslieferungen nur entweder nach Ägypten oder in den von Ihnen erwähnten israelischen Hafen gehen könnten?

Fischer (AA)

Das müssten Sie die Hilfsorganisation fragen, die das Schiff betreibt und losschickt. Nach meinem Verständnis werden die letzten Varianten der Auslieferung nach Gaza derzeit geprüft. Es gibt da mehrere Varianten, die infrage kommen.

Zusatzfrage

Für eine direkte Hilfe?

Fischer (AA)

Der einfachste Weg wäre, wie gesagt, über Aschdod, weil es dort einen funktionierenden Hafen gibt, weil es dort Hafenkräne gibt, weil dort die Entladung einfach ist. Es wird aber auch geprüft, wie dieses Schiff gegebenenfalls auf See entladen und umgeladen werden kann. Das ist mein Stand.

Frage

Herr Fischer, die Bundesregierung hat sich wiederholt für eine Zweistaatenlösung eingesetzt, fast schon mantramäßig. Nun hat der israelische Ministerpräsident in einem Interview mit einer deutschen Boulevardzeitung ganz klar gesagt, dass es mit ihm keinen palästinensischen Staat gibt. Ich hätte gerne eine Reaktion dazu.

Fischer (AA)

Wir halten an der Zweistaatenlösung fest, wie sie auch in verschiedenen UN-Resolutionen niedergeschrieben ist, weil wir glauben, dass es eine gute Zukunft für Israelis und Palästinenser nur geben kann, wenn beide Seite an Seite in Frieden nebeneinander leben können, und dass das die beste Gewähr dafür ist, dass wir weiter an einer Zweistaatenlösung arbeiten. Das ist im Übrigen die Auffassung der internationalen Gemeinschaft, wie sie durch die UN vertreten wird.

Zusatzfrage

Wie wollen Sie das erreichen, wenn eine Seite ganz klar sagt „Wir wollen keine Zweistaatenlösung“?

Fischer (AA)

Indem wir weiter daran arbeiten. Wir haben ja auch gesehen, dass sozusagen ‑ ‑ ‑ Indem wir weiter daran arbeiten, dabei will ich es belassen.

Frage

Der US-Präsident fordert eine Feuerpause für Gaza. Der Bundeskanzler hat sich gestern für einen lang andauernden Waffenstillstand ausgesprochen. Welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, um die Netanjahu-Regierung zum Waffenstillstand zu bewegen?

StS Hebestreit

Die Bundesregierung befindet sich im kontinuierlichen Gespräch. Sie haben den amerikanischen Präsidenten als einen weiteren Mitstreiter in dieser Angelegenheit genannt. Es gibt auch viele arabische Staaten, die sich dort massiv engagieren. Wir haben dazu aufgerufen, dass es zu einer Freilassung der weiterhin von der Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln kommt, die seit 7. Oktober dort in Geiselhaft sind. Wir haben verlangt, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommt. Wir haben dazu aufgerufen, dass es aufgrund der humanitären Situation vor Ort und dem mangelnden Schutz der Zivilbevölkerung keine Bodenoffensive gegen Rafah geben darf. Wir rufen außerdem massiv dazu auf, dass es dann, wenn es einen solchen Geiselaustausch geben kann bzw. wenn die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln ermöglicht wird, wirklich zu einer länger anhaltenden Waffenpause kommen kann, damit die Situation dort nicht noch schlimmer wird. Der Kollege Fischer hat gerade die Problematik, was die humanitäre Versorgung in diesem Gebiet angeht, umfassend dargestellt.

Zusatzfrage

Biden sagte, Netanjahu schade Israel mehr, als er Israel helfe. Teilt der Bundeskanzler diese Einschätzung?

StS Hebestreit

Der Bundeskanzler hat sich dazu so nicht eingelassen. Ich würde außerdem die Worte des US-Präsidenten für sich stehen lassen.

Frage

Noch einmal zum Thema der Zweistaatenlösung: Es ist ja nicht nur so, dass Netanjahu sich ganz offen dagegen ausspricht, sondern seine Regierung schafft auch „on the ground“ ganz andere Fakten. Jüngst hat die israelische Regierung den Bau von 3409 Häusern in illegalen Siedlungen in der Westbank genehmigt. Hat die Bundesregierung das Gefühl, dass ihre vielen Appelle und Versuche, in Gesprächen Druck auf Israel auszuüben, in irgendeiner Weise Wirksamkeit zeigen?

Fischer (AA)

Da Sie die Siedlungen ansprechen: Ich glaube, wir haben dieses Vorhaben wir klar und sofort verurteilt.

Was die Äußerungen des israelischen Premierministers zur Zweistaatenlösung angeht, so sind das in der Tat gravierende Äußerungen, die nicht im Einklang mit unseren Erwartungen und den Erwartungen der internationalen Gemeinschaft stehen. Es ist doch völlig klar, dass es am Ende zu der Zweistaatenlösung keine Alternative gibt, wenn man auch die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser wahren möchte, und dass auch nur eine Zweistaatenlösung die Sicherheit Israels auf lange Frist gewährleisten kann. Das ist unsere Position, die haben wir mehrfach deutlich gemacht, und die haben wir auch in den Gesprächen, die zum Beispiel die Außenministerin mit dem israelischen Premierminister geführt hat, deutlich gemacht.

Zusatzfrage

Wir drehen uns in dieser Frage eigentlich seit Monaten ein bisschen im Kreis. Ganz offensichtlich hält sich Netanjahu nicht an diese Appelle der Bundesregierung, weder in Bezug auf Gaza noch in Bezug auf die Westbank. Deshalb noch einmal die Frage: Welche anderen diplomatischen Mittel über Appelle und Gespräche hinaus erwägt die Bundesregierung zu ergreifen, um Druck auszuüben?

Fischer (AA)

Wir arbeiten auf allen Ebenen an diesen Fragen, und Sie können sicher sein, dass die in Israel auch verstanden werden. Auch in Israel gibt es eine lebendige innenpolitische Debatte zu diesen Themen, und ich glaube, auch da wird wahrgenommen, was wir sagen.

Frage

Ich möchte noch einmal zu der Hafenfrage kommen. Neben dem provisorischen Hafen, der gebaut werden soll, hat Gaza-Stadt einen eigenen Hafen. Er wurde, glaube ich, im November von der IDF übernommen. Bis dahin wurde der Hafen mindestens von Fischerbooten und, ich glaube, auch von der Küstenwache genutzt. Warum taucht dieser existierende Hafen, den man doch mutmaßlich instand setzen könnte, bei den Plänen, Hilfslieferungen über See nach Gaza zu bringen, überhaupt nicht auf?

Fischer (AA)

Ich glaube, Sie bringen das schon treffend zum Ausdruck: Weil man ihn noch instand setzen müsste.

Zusatzfrage

Aber die Instandsetzungsarbeiten ‑ wie gesagt, der Hafen war nach meinem Wissen bis November in Betrieb ‑ können doch kaum größer sein, als wenn man einen provisorischen Hafen neu anlegt. Was das Anlandungsverfahren betrifft, so ist der Hafen Gaza-Stadt, glaube ich, eher ein Flachwasserbereich, aber auch da würde es möglich sein, von größeren Schiffen auf hoher See auf Leichter umzuladen, so wie es beim provisorischen Hafen auch der Fall wäre. Warum spielt dieser existierende Hafen keine Rolle?

Fischer (AA)

Ich glaube, es ist immer einfach, sich sozusagen aus mehreren hundert Kilometern Entfernung Überlegungen zu machen. Sie können aber, glaube ich, davon ausgehen, dass jede Option, die zur Verfügung steht, um Hilfsgüter nach Gaza zu bringen, geprüft wird.

Frage

Laut einem UNRWA-Bericht konnte die israelische Regierung bisher nicht nur keine Beweise für die Anschuldigungen gegenüber UNRWA-Mitarbeitern liefern, sondern das israelische Militär soll demnach auch noch UNRWA-Mitarbeiter durch die Anwendung von Foltermethoden dazu gezwungen oder gedrängt haben, Falschaussagen über Kollegen und deren vermeintliche Hamas-Nähe zu machen. Das zirkuliert gerade in israelischen Medien sehr viel mehr als hier. Hat die Bundesregierung Kenntnis von diesen Berichten, und wie reagieren Sie darauf?

Fischer (AA)

Zum ersten Teil Ihrer Frage: Ich glaube, selbst die UNRWA bestreitet nicht ernsthaft, dass einzelne Mitarbeiter in die Terroranschläge des 7. Oktobers involviert waren. UNRWA hat daraus Konsequenzen gezogen und die Mitarbeiter entlassen, und UNRWA ist dabei, diese Vorfälle jetzt aufzuklären.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die UNRWA hat uns informiert, dass ein entsprechender Bericht in Vorbereitung ist. Allerdings wurde dieser Bericht noch nicht veröffentlicht und liegt uns auch noch nicht vor. Insofern ist mir eine Bewertung von dieser Stelle aus nicht möglich.

Zusatzfrage

Die Berichte häufen sich ja doch. Denkt die Bundesregierung darüber nach, die Zahlungsaussetzung für UNRWA aufzuheben? Die kanadische Regierung hat schon entsprechend reagiert, und auch in Norwegen hat man darauf reagiert, dass die Beweise für diese Anschuldigungen fehlen.

Fischer (AA)

Ich glaube, zu den Beweisen habe ich mich gerade schon geäußert.

Noch einmal: Es hat, glaube ich, niemand ernsthaft in Frage gestellt, dass einzelne UNRWA-Mitarbeiter an den furchtbaren Terrorattacken der Hamas beteiligt waren. Das wird jetzt aufgeklärt und die Untersuchungsverfahren laufen. Im Lichte der Ergebnisse dieser Untersuchungsverfahren werden wir in enger Abstimmung mit anderen Gebern über neue Mittel entscheiden. Die UNRWA muss dabei deutlich machen, dass sie bereit ist, Konsequenzen zu ziehen.

Gleichzeitig ist es natürlich so, dass wir die katastrophale humanitäre Lage in Gaza sehen, und wir haben zuletzt ja auch weitere Hilfsgelder für die palästinensische Bevölkerung in Gaza zugesagt, die dann über andere Hilfsorganisationen der Bevölkerung in Gaza zugutekommt.

Frage

Zum Thema Syrien: Heute vor 13 Jahren, am 11. März 2011, begann der syrische Aufstand. Dieser syrische Aufstand gegen das Regime von Bashar Assad dauert immer noch an. Die Russen, Iran und auch Israel haben Syrien kaputtgeschlagen. Ich habe gelesen, dass es auch Kontakte der Bundesregierung mit dem Tyrannen Assad gäbe. Stimmt das?

Fischer (AA)

Erstens hat der syrische Diktator Assad sein Land selbst kaputtgeschlagen, indem er eine breite, an Mitwirkung interessierte Volksbewegung auf brutalste Art und Weise niedergeschlagen hat. Ich erinnere noch einmal an die Chemiewaffenangriffe, die das Regime durchgeführt hat. Daraus ergibt sich auch der zweite Teil Ihrer Antwort: Mit dem syrischen Regime pflegen wir keinen Umgang.

Frage

Zu dem Anlass des Jahrestages der syrischen Revolution ist das vielleicht eine Frage, die man noch einmal stellen kann: Der Diktator Assad nimmt extrem viel Geld dadurch ein, dass syrische Bürger hier bei der syrischen Botschaft ihren Pass beantragen müssen. Es gab auch eine Kampagne dagegen, um das einzustellen. Gibt es irgendwelche Fortschritte in dieser Frage? Setzt die Bundesregierung sich dafür ein, dass diese Gelder nicht mehr an den syrischen Diktator fließen?

Fischer (AA)

Dazu müsste ich die Antwort nachreichen, weil ich mir nicht ganz sicher bin, ob wir das machen oder ob das beispielsweise Fragen des Aufenthaltsrechts betrifft. Denn der Pass ist ja wahrscheinlich Voraussetzung, um einen Aufenthaltstitel zu erhalten, und das ergibt sich sozusagen nicht aus Dingen, die wir als Auswärtiges Amt für erforderlich halten.

Zusatz

Es wäre nett, wenn Sie das nachrechnen können.

Frage

Ich habe eine Frage zu Haiti: Herr Fischer, Sie haben mitgeteilt, dass der deutsche Botschafter in Haiti am Sonntag mit Mitarbeitern der Botschaft ausgereist ist. Warum geschieht das zu diesem Zeitpunkt? Denn die Schwierigkeiten bestehen ja schon länger, und der Ausnahmezustand auch. Wie schätzen Sie überhaupt die Situation im Moment ein?

Fischer (AA)

Es ist korrekt, dass unser Botschafter und der ständige Vertreter gestern wegen der sehr zugespitzten und unberechenbaren Sicherheitslage aus Haiti ausgereist sind. Sie befinden sich jetzt in der benachbarten Dominikanischen Republik und werden von dort aus ihre Arbeit bis auf Weiteres fortsetzen.

Was die Lage vor Ort angeht, ist sie sehr angespannt. Sie wissen, dass es seit Mitte letzter Woche zu verstärkten Gewaltausbrüchen gekommen ist. Am vergangenen Wochenende haben die Banden Polizeistationen und Regierungsgebäude angegriffen. Der internationale Flugbetrieb ist wegen Angriffen auf den Flughafen unterbrochen. Sie wissen auch, dass die Regierung den Ausnahmezustand verhängt hat, sich der Premierminister außer Landes befindet und er bislang nicht zurückkehren kann, was die Situation sozusagen weiter destabilisiert. Vor diesem Hintergrund haben wir nach Möglichkeiten dafür gesucht, dass der Botschafter und sein ständiger Vertreter ausreisen können, und diese Möglichkeit hat sich gestern realisiert.

Zusatzfrage

Schätzen Sie die Situation denn so ein, dass es jetzt zu einem Bürgerkrieg kommen kann, der länger dauert?

Fischer (AA)

Die Zustände in Haiti sind furchtbar. Es gibt eine Reihe von großen, gut bewaffneten Banden, die sozusagen das Staatswesen herausfordern. Das haben wir ja an den Gewaltausbrüchen, an den Erstürmungen von Gefängnissen, an den Überfällen auf Polizeistationen und Regierungsgebäude gesehen. Gleichzeitig ist es so, dass die haitianische Regierung eine internationale Schutztruppe in das Land eingeladen hat, um sie dabei zu unterstützen, Sicherheit und Ordnung wiederherzustellen, und dazu hat sich ja unter anderem Kenia bereit erklärt.

Frage

Ich habe eine Frage zum Bahnstreik an Herrn Hebestreit. Die Bundesregierung hat sich ja bisher aus dem Bahnstreik herausgehalten. Soll das weiterhin so bleiben, oder muss man nicht sagen, angesichts der Tragweite der Situation, die so verfahren ist, sollte sich die Bundesregierung einschalten? Wenn ja, wie genau?

Noch eine Zusatzfrage: Wie bewerten Sie die Verhandlungsführung des DB-Vorstands bislang?

StS Hebestreit

Das kann ich relativ kurz machen. Wir mischen uns in Tarifverhandlungen grundsätzlich nicht ein. Es gibt Tarifautonomie in Deutschland, und die gilt auch, wenn es unbequem wird. Grundsätzlich ist es so, dass beide Tarifparteien aufgerufen sind, zu vernünftigen und möglichst raschen Lösungen zu kommen. Dann muss man auch sagen: Das sind jetzt Auswirkungen dieses Streiks, die viele, viele Leute betreffen, und insofern sollten die Tarifparteien auch immer im Blick behalten, dass sie das bei ihrem Arbeitskampf nicht aus den Augen verlieren. Aber mehr als diesen Appell habe ich nicht zu bieten.

Zusatzfrage

Schließen Sie denn aus, egal, wie sehr sich die Lage zuspitzt, dass die Bundesregierung eingreift, wenn wir es jetzt jeden Tag mit Streiks zu tun hätten?

StS Hebestreit

Ich bin schon etwas länger auf der Welt und kann mich nicht zurückerinnern, dass wir es hier jeden Tag und über viele Wochen hinweg mit Streiks zu tun gehabt hätten. Insofern würde ich mich auf diese hypothetische Frage nicht einlassen. Wir glauben ja vielmehr immer an die Vernunft und das Rationale, und insofern bauen wir auch darauf.

Frage

Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium. Sie geht in dieselbe Richtung. Der Verkehrsminister hat sich ja sehr unzufrieden geäußert und hat gesagt, dass vor allem die GDL ihre Verantwortung in diesem Tarifkonflikt nicht wahrnehme und dass jetzt ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden müsse. Wäre Ihr Minister jetzt nicht langsam dafür, dass der Staat und in diesem Fall die Bundesregierung aktiv werden würde? So bleibt es nämlich immer bei den Appellen, man stellt fest, dass die Verhandlungsparteien nicht verantwortungsvoll damit umgehen, und dann kommt der nächste Streik.

Druckenthaner (BMDV)

Der Regierungssprecher hat unsere Haltung hier auch bereits wiedergegeben. Wir mischen uns in die Tarifautonomie nicht ein. Die ist grundgesetzlich verbrieft, und die Politik wird sich hier nicht einschalten. Gleichzeitig appellieren wir aber an die Tarifparteien, eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden. Wir appellieren insbesondere ‑ das hat Minister Wissing gestern auch deutlich gemacht ‑ an die GDL, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Er hat gesagt: Streiken, anstatt zu verhandeln, ist verantwortungslos. Die GDL muss reden und Kompromisse ausloten. So kann das nicht weitergehen. Hier muss dringend ein förmliches Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. Herr Weselsky überspannt den Bogen immer weiter. – Das ist unsere Position. Wir rufen also dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Zusatzfrage

Genau, das habe ich verstanden, und genau auf diese Äußerung beziehe ich mich auch. Dann gebe ich die Frage doch noch einmal an Herrn Hebestreit weiter. Wenn ein Minister sagt, so könne das nicht weitergehen, hat das dann einen rein appellativen Charakter, oder ist die Erwartungshaltung der Bevölkerung dann nicht, dass die Bundesregierung auch agiert, statt zu kommentieren?

StS Hebestreit

Das hat einen rein appellativen Charakter.

Frage

Ich habe eine Frage, entweder an Herrn Hebestreit oder an das Verkehrsministerium. Die Deutsche Bahn ist aber eben nun einmal ein Bundesunternehmen. Sie sind nicht nur die Bundesregierung, die „Wir mischen uns nicht ein“ sagen kann, sondern Sie vertreten praktisch die Eigentümerseite. Deswegen interessiert mich schon: Was erwarten Sie als Eigentümer oder Eigentümervertreter der Deutschen Bahn von dem Vorstand in seinem Agieren bei den Tarifverhandlungen? Ist es wirklich angemessen, „Nein, wir legen jetzt kein neues Angebot vor; das machen wir erst, wenn ihr heute Nachmittag mit uns am Tisch sitzt“ zu sagen? Ist es das, was die Eigentümer vom Vorstand erwarten?

StS Hebestreit

Herr Kollege, ich weiß nicht, was „Tarifautonomie“ bei Ihnen bedeutet. Bei mir bedeutet das „autonom“. Das heißt, wir halten uns da heraus. Unabhängig von der Frage, wie die Eigentümerstruktur ist, kann ich sagen, dass wir uns auch aus den tagtäglichen Geschäften der Deutschen Bahn heraushalten. Das hat der dafür zuständige und gewählte Vorstand zu verantworten. Da gibt es einen Aufsichtsrat. Da werden dann auch staatlicherseits Vorstellungen formuliert, in dem Rahmen, in dem das gesetzmäßig möglich und erlaubt ist. Alles andere bleibt Sache der Tarifparteien. Das ist gerade bei Tarifauseinandersetzungen, die unbequem sind, manchmal sehr schwierig, aber dieses Land ist in den letzten knapp 75 Jahren ganz gut damit gefahren.

Zusatzfrage

Ich glaube, wir haben gar keine unterschiedlichen Vorstellungen darüber, was „Tarifautonomie“ bedeutet, aber eine der Seiten, die Tarife aushandeln, ist eben das Unternehmen, dessen Besitzer Sie faktisch sind. Konstituiert das, wie ich jetzt Ihren Worten entnehme, keine besondere Verantwortung für das Handeln des Vorstands?

StS Hebestreit

Ich glaube, wenn Sie noch einmal nachlesen, was ich Ihnen eben auf die vorherige Frage geantwortet habe, dann bekommen Sie Ihre Antwort schon zusammen.

Frage

Ich wollte auch bei Ihnen, Herr Hebestreit, oder vielleicht auch bei beim BMAS nachfragen, weil das, glaube ich, die Zuständigkeit dafür hat. Es gab ja in diesem Zusammenhang auch Forderungen in Bezug auf das Streikrecht für die kritische Infrastruktur, wenn man den öffentlichen Nah- und Fernverkehr eben als eine solche betrachtet. Planen Sie das, oder kann ich Ihren Antworten entnehmen, dass Sie keine Änderung am Streikrecht vornehmen wollen?

StS Hebestreit

Sie entnehmen meiner Antwort, dass es im Augenblick keine Planungen gibt, das tarifrechtlich verankerte Streikrecht einzuschränken.

Zusatzfrage

Auch nicht für spezielle Bereiche?

StS Hebestreit

Nein.

Frage

Laut Berechnungen des Ökonomen Maurice Höfgen hätte es nur die Hälfte der Kosten verursacht, wäre die Deutsche Bahn auf die Forderungen der GDL eingegangen. Die Kosten steigen jetzt natürlich immer weiter. Es sind schon mehr als  ‑ ‑ ‑ Was sehe ich da für eine Zahl? Eine sehr große. Ist es insofern nicht quasi auch die Verantwortung der Deutschen Bahn, diese Kosten nicht weiter in die Höhe zu treiben und insofern eine Win-win-Situation herzustellen?

Druckenthaner (BMDV)

Ich kann den Versuch verstehen, aber wir bleiben bei dem, was wir gesagt haben. Die Bundesregierung ist hier nicht Tarifpartei. Daher liegt es auch nicht in unserer Zuständigkeit, Tarifverhandlungen zu begleiten.

Zusatzfrage

Na ja, Herr Wissing hat ja aber sehr klar appelliert, die GDL müsse ihrer Verantwortung nachkommen. Warum appelliert er nicht an die Deutsche Bahn?

Druckenthaner (BMDV)

Das geschah mit Blick auf den gestern angekündigten neuen Streik, obwohl auch ein Gesprächsangebot seitens der Deutschen Bahn vorliegt. Das ist ein Appell an die Tarifpartei, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Frage

Sie haben gerade so abgewiegelt. So etwas wie eine verpflichtende Vereinbarung für eine Mindestversorgung gibt es ja auch in anderen europäischen Ländern. Warum ist das eigentlich überhaupt kein Vorbild? Warum ist das hier so undenkbar, Herr Hebestreit?

StS Hebestreit

Ich würde das jetzt nicht mit anderen Ländern in Vergleich setzen. Ich glaube, wenn man die Streiktage in Deutschland mit denen in anderen Ländern vergleicht, dann ist das immer noch ein vergleichsweise niedriger Wert. Es gibt die Tarifautonomie; das sage ich zum wiederholten Male. Mehr als sieben Jahrzehnte ist dieses Land damit sehr gut gefahren, auch wenn es Tage wie beispielsweise morgen gibt, an denen man den Fernverkehr nicht benutzen kann. Gleichzeitig bleibt der Appell an beide Tarifparteien, jetzt möglichst bald zu einer gütigen Einigung zu kommen.

Frage

Herr Hebestreit, Herr Wissing hat ja relativ klar Parteien bezogen und hat der GDL die Verantwortung zugewiesen. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob das auch die Einschätzung des Kanzlers ist.

StS Hebestreit

Ich tue mich ein bisschen schwer damit, Herr Kollege, Ihnen freundlich auf Ihre Frage zu antworten, nachdem ich jetzt schon viermal oder fünfmal auf Fragen hin auf die Tarifautonomie abgehoben habe. Der Bundeskanzler ist ein großer Freund davon, auch als gelernter Arbeitsrechtler, sich aus tarifrechtlichen Auseinandersetzungen möglichst herauszuhalten.

Zusatz

Okay. Aber dann scheint es ja innerhalb der Bundesregierung keine einheitliche Meinung zu geben, weil auch der Verkehrsminister auf die Tarifautonomie hinweist und deswegen mit Blick darauf nichts tun möchte, aber sehr wohl eine Position hat, und zwar die Position, dass die GDL schuld an der jetzigen Zuspitzung dieses Tarifkonflikts ist. Darauf bezog sich die Frage.

StS Hebestreit

Meine Antwort habe ich Ihnen schon gegeben.

Frage

Wie aus einer Antwort des Bildungsministeriums hervorgeht, ist Höhe der Zinsen für KfW-Studienkredite im letzten Jahr immens gestiegen, im Februar 2023 im Vergleich zu 2024 um 41 Prozent. Einige Studierende zahlen inzwischen mehr als 220 Euro an Zinsen pro Monat auf ihre Studienkredite. Wie bewertet das Bildungsministerium den aktuellen Zinssatz einiger Studierender von neun Prozent?

Die zweite Frage ist: Wie viel würde es denn pro Monat kosten, diese Zinsen auszusetzen?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Herzlichen Dank! Gleich zur zweiten Frage: Dazu kann ich Ihnen an dieser Stelle nichts sagen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass mir die Zahlen jetzt hier nicht vorliegen, zum anderen aber damit, dass das tatsächlich ein Vorgang bei der KfW ist. Die Ministerin hat ja sehr oft gesagt, dass Aufstieg durch Bildung ein zentrales Anliegen von ihr ist und dass ein Studium auch nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf. Deswegen gibt es und gab es seit Beginn der Wahlperiode ja auch einige große Reformen. Zuletzt war ja letzte Woche ein Vorhaben im Kabinett.

Für das, was Sie jetzt angesprochen haben, die Finanzierungsmöglichkeiten für Studierende unabhängig von der sozialen Bedürftigkeit, stellt die KfW seit 2006 eben in Form von Studienkrediten mit variablem oder festem Zinssatz Mittel aus eigenen Mitteln bereit. Die Ausgestaltung liegt grundsätzlich bei der KfW und damit auch in ihrer Verantwortung. Es gab in der Vergangenheit Gespräche. Es gab auch einen Vorgang ‑ das ist schon lange her ‑, bei dem die KfW auf Bitten der Bundesregierung den Zinssatz gesenkt hatte. Darüber gab es Gespräche. Dafür gab es keine Bereitschaft. Insofern kann ich an dieser Stelle nichts dazu sagen, dass es Maßnahmen gäbe, die wir ergreifen könnten, um dies zu tun. Zahlen, wie gesagt, liegen mir dazu auch nicht vor.

Zusatzfrage

Können Sie die nachreichen, wenn sie Ihnen vorliegen?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Ich kann nachfragen. Falls wir welche haben, kann ich die nachreichen.

Frage

Ich hätte eine Frage an Herrn Hebestreit. Der Kanzler hat gestern in seiner Videobotschaft gesagt, dass er es als etwas Besonderes empfunden habe, wenn er am Fastenbrechen teilgenommen habe. Ich wollte fragen: Wird der Bundeskanzler in diesem Ramadan an einem Fastenbrechen teilnehmen oder nicht, oder wird er vielleicht selbst ein Fastenbrechen veranstalten?

StS Hebestreit

Sie wissen ja, dass der Fastenmonat heute oder in der Nacht zu heute begonnen hat. Die Termine des Bundeskanzlers geben wir ja immer am Freitag der Vorwoche bekannt. Akut ist es so, dass wir heute einen Staatsgast aus Malaysia im Bundeskanzleramt zu Gast haben. Dabei wird es auch ein Fastenbrechen geben. Aber das ist jetzt natürlich eher eine kleine Geste. Es ist nicht ein großes Fest, an dem er teilnimmt. Sollte sich da etwas ergeben, würde ich mich noch einmal zurückmelden. Aber ich würde sagen: Jeden Freitag auf die Termine des Bundeskanzlers für die Folgewoche achten, und vielleicht ist etwas dabei!

Frage

Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium. Es geht um die ME/CFS-Erkrankten, eine neuroimmunologische Erkrankung. Betroffene warten auf die sogenannte Off-Label-Use-Liste. Darin enthalten sind Medikamente, deren Kosten von der Kasse übernommen werden und helfen könnten. Warum differenziert das Gesundheitsministerium zwischen COVID-Erkrankten, die an der Krankheit leiden, und anderen Erkrankungen?

Nübel (BMG)

Erst einmal Danke für die Frage! Geben Sie mir kurz eine Minute. – Sie wissen ja sicherlich, dass wir im Rahmen eines Förderschwerpunktes die versorgungsnahe Forschung zu „Long COVID“ voranbringen wollen. Von dem Förderschwerpunkt „Long COVID“ werden natürlich auch ME/CFS-Patientinnen und -Patienten sowie Menschen mit länger andauernden Beschwerden, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung stehen und die „Long-COVID“-ähnliche Symptome haben, profitieren.

Zusatz

Aber Menschen, die eben nicht an COVID erkrankt waren, kommen nicht in den Genuss der Medikamente. Außerdem müssen „Long-COVID“-Patienten einen PCR-Test vorlegen, auch in Zukunft.

Nübel (BMG)

Das müsste ich, ehrlich gesagt, nachreichen. Da müsste ich mich intern noch einmal kundig machen.

Frage

Eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es geht um den Stromnetzbetreiber TenneT. Es gibt Berichte, dass die Bundesregierung und die niederländische Regierung unmittelbar vor einer Einigung über die Übernahme von TenneT stehen. Können Sie das bestätigen?

Wagner (BMWK)

Ich kann das nicht kommentieren. Wir haben da keinen neuen Stand.

Zusatzfrage

Entschuldigung, wenn ich nachfrage. „Kein neuer Stand“ heißt, dass es in den Gesprächen noch nicht entscheidend vorangekommen ist?

Wagner (BMWK)

Ein neuer Stand wäre, wir hätten eine Einigung ‑ und die haben wir nicht. Wenn es soweit wäre, dann würden wir darüber berichten.

Frage

Noch einmal an das Bildungsministerium. Es geht um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zu verbessern. Laut „Table Media“ haben sich die Koalitionspartner jetzt auf das 4+2-Modell bzw. das AdW-Modell geeinigt. Das ist aber genau das Modell, das laut Kritikern, zum Beispiel der GEW, prekäre Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft fördert, vor allem dann, wenn das nicht mit Maßnahmen begleitet ist, die quasi unbefristete Verhältnisse fördern. Insofern die Frage: Sind denn Maßnahmen in Planung, die Unis und Hochschulen dazu bewegen oder Anreize schaffen sollen, unbefristete Stellen zu schaffen und zu vergeben?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Wie Sie wissen, liegen Universitäten im Länderbereich. Wenn Sie jetzt nach Bundesmaßnahmen fragen, dann müsste ich das erfragen und Ihnen nachliefern. Das kann ich auch gern tun.

Zusatzfrage

Okay. Aktuell sind Ihnen also noch keine geplanten Maßnahmen bekannt?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Die Ministerin war und ist mit den Hochschulen und auch mit den Ländern zu diesem wichtigen Thema im Austausch, auch im Rahmen der Überlegungen, wie man junge Forscher fördern kann. Aber mir sind jetzt hier keine konkreten Maßnahmen bekannt.

Zusatzfrage

Inwiefern hat denn die Ampel jetzt dieses Ziel, quasi die Arbeitsbedingungen zu verbessern, in der Wissenschaft erreicht, wenn sie sich auf diese Variante geeinigt haben, die ja genau dagegen geht?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Entschuldigung, können Sie die Frage wiederholen? Die ist mir jetzt nicht ganz klar.

Zusatzfrage

Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, dass sie die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft verbessern möchte. Jetzt haben sich die Koalitionspartner aber auf ein Modell geeinigt, das genau das Gegenteil macht. Inwiefern passt das zusammen?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Die Ministerin hat sich gerade dazu geäußert und gesagt ‑ ich kann das hier gern kundtun, aber angesichts der Zeit dann etwas schneller:

„Exzellente Wissenschaft braucht gute Rahmenbedingungen. Deswegen freue ich mich sehr, dass wir uns jetzt innerhalb der Bundesregierung auf einen Reformvorschlag für das WissZeitVG verständigt haben, der zeitnah im Bundeskabinett beschlossen werden kann. Unser Ziel ist es, die Arbeitsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen zu verbessern. Mit der Reform schaffen wir mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz im Wissenschaftsbetrieb. Außerdem verbessern wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sogleich sichern wir die Leistungs- und Handlungsfähigkeit unseres Wissenschaftssystems.“

So die Einschätzung der Ministerin in Schnelle und Kürze zu dem, was jetzt durch die Änderung des WissZeitVG für junge Forscher erreicht wird.

Frage

Es ist noch ein besonderer Aspekt zum Thema Ukraine, und zwar, was den chinesischen Sonderbeauftragten angeht, der im Moment durch Europa tourt und Gespräche führt. Die Frage geht dann an das Auswärtige Amt an, nehme ich an. Können Sie etwas zu den Gesprächen sagen? Versuchen die Chinesen jetzt wieder ernsthaft, Vermittlungsgespräche zwischen Russland und der Ukraine in Gang zu bringen?

Fischer (AA)

Ich kann bestätigen, dass der chinesische Sonderbeauftragte Li an diesem Samstag mit Staatssekretär Bagger zu einem Gespräch zusammengetroffen ist. Die beiden haben sich zur Situation in der Ukraine und zu den Bemühungen um Aussicht auf Frieden in der Ukraine ausgetauscht. Auch über eine mögliche Friedenskonferenz in der Schweiz wurde gesprochen.

Dabei sind allerdings auch die bekannten Unterschiede der chinesischen Position und der EU-Position zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine deutlich geworden. Wir haben erneut betont, dass Chinas Haltung bei diesem zentralen Thema Einfluss auf die Beziehungen zwischen Deutschland und China und der EU und China hat. Wir haben deutlich gemacht, dass wir die chinesischen Friedensbemühungen begrüßen. Allerdings wurden keine neuen chinesischen Initiativen vorgestellt.

Zugleich haben wir unsere Sorgen hinsichtlich der chinesisch-russischen Zusammenarbeit deutlich gemacht, hinsichtlich von Dual-Use-Lieferungen und hinsichtlich von Sanktionsumgehungen durch chinesische Unternehmen. Für uns steht außer Frage, dass wir, wie in den Vereinbarungen über die Sicherheitszusammenarbeit festgehalten, langfristig und entschlossen an der Seite der Ukraine stehen. Und das haben wir unseren chinesischen Gesprächspartnern auch so mitgeteilt.

Lassen Sie mich vielleicht zusammenfassend sagen: Die Gesprächsatmosphäre war konstruktiv.

Zusatzfrage

Können Sie uns vielleicht sagen, was der chinesische Vertreter zu den Wünschen oder Mahnungen, die Sie vorgebracht haben, gesagt hat? Gibt es also irgendwelche Zusicherungen, zum Beispiel, was Sanktionsumgehungen angeht, die die chinesische Führung gemacht hat?

Fischer (AA)

Dieses Thema ist angesprochen worden, wie ich auch schon gesagt habe. Wie die chinesische Reaktion darauf war, das müssten die chinesischen Gesprächspartner Ihnen mitteilen. Aber von uns kommt natürlich der dringende Hinweis, dass wir das im Blick haben und es ja auch schon EU-Sanktionen zu diesem Thema gegeben hat.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben ganz gewiss die Berichte US-amerikanischer Zeitungen zur Kenntnis genommen, denen zufolge im ersten Kriegsjahr Russland möglicherweise näher am Einsatz von Atomwaffen gewesen sei und es auch an Kanzler Scholz gelegen habe, dass er in Gesprächen mit der chinesischen Regierung Russland sozusagen deutlichere Warnungen habe zukommen lassen. Deckt sich das mit Ihrer Kenntnis der damaligen Gesprächsinhalte und Folgen?

StS Hebestreit

Herr Kollege, wie Sie wissen, kommentieren wir Medienberichte grundsätzlich sehr zurückhaltend oder gar nicht.

Aber vielleicht gibt mir das die Gelegenheit, noch einmal deutlich zu machen, dass man es sich bei all diesen Abwägungsfragen nicht so einfach machen sollte. Zumindest macht es sich offensichtlich die amerikanische Administration nicht so einfach.