Rede von Kulturstaatsministerin Monika Grütters beim Festakt zur Schlüsselübergabe für die James-Simon-Galerie

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Im Wortlaut Rede von Kulturstaatsministerin Monika Grütters beim Festakt zur Schlüsselübergabe für die James-Simon-Galerie

"Das ist nicht nur eine architektonische, sondern auch eine logistische und organisatorische Meisterleistung", würdigte die Kulturstaatsministerin die Fertigstellung der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel in ihrer Rede. Grundlage des Neubaus ist der 1999 beschlossene Masterplan Museumsinsel zum Erhalt der Unesco-Welterbestätte. Ihn könne man heute "getrost als Erfolgsgeschichte bezeichnen", auch wenn er die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgrund des laufenden Betriebs während der Restaurierungsarbeiten vor große Herausforderungen stellt.

Donnerstag, 13. Dezember 2018

Für einen guten ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance: Das lehren eine alte Lebensweisheit und die persönliche Erfahrung, und das gilt nicht nur für Vorstellungsgespräche oder das Kennenlernen der Schwiegermutter in spe. Nein, auch Städte, Institutionen und Bauwerke hinterlassen einen gewichtigen ersten Eindruck in der Art und Weise, wie sie sich dem Besucher, der Besucherin beim Empfang präsentieren.

Die Museumsinsel - das kann man seit heute mit Gewissheit sagen – nimmt ihre Besucher schon mit dem ersten Eindruck für sich ein: mit einem ebenso einladenden wie beeindruckenden Eingangsgebäude - mit der James-Simon-Galerie, die mit einer imposanten Freitreppe und der Fortführung der Stülerschen Kolonnaden ein würdiges Entrée für die Begegnung mit Kunst und Kultur aus mehreren tausend Jahren Menschheitsgeschichte formt.

Ich heiße Sie herzlich willkommen, sich umzuschauen, und bin gespannt auf Ihre ersten Eindrücke! Vor allem aber freue ich mich, dass wir diesen verheißungsvollen Zugang zum Unesco-Welterbe heute nach fünfjähriger Bauzeit an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übergeben können und damit auch einen architektonischen und funktionalen Schlusspunkt in der beinahe 200-jährigen Entwicklungsgeschichte der Museumsinsel setzen. Was hier 1830 mit der Fertigstellung des Alten Museums begonnen hat, findet heute mit der Schlüsselübergabe für die James-Simon-Galerie einen wahrhaft krönenden Abschluss. 

Das ist nicht nur eine architektonische, sondern auch eine logistische und organisatorische Meisterleistung: Seit 1999 werden auf der Museumsinsel die einzigartigen Solitäre aus den Jahren 1843 bis 1930 aufwändig saniert und instandgesetzt - wohlgemerkt bei laufendem Betrieb und Publikumsverkehr auf der Insel. Die Alte Nationalgalerie, das Neue Museum und das Bode-Museum sind fertig, und zwar allesamt im Zeit- und Kostenrahmen. So darf man den zugrunde liegenden Masterplan Museumsinsel aus dem Jahr 1999 heute getrost als Erfolgsgeschichte bezeichnen. Wer auf dem Bau oder in der Politik aktiv ist, weiß nur zu gut, dass das nicht jedem Plan vergönnt ist...

Dass sämtliche Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auf der Museumsinsel bei laufendem Betrieb stattfinden müssen, macht den Masterplan Museumsinsel nicht nur für die Bauherrin - die SPK -, sondern auch für die beteiligten Architekten, Planer und Handwerker zu einer enormen Herausforderung. Umso größer ist mein Respekt für ihre Leistung.

Herzlichen Dank der SPK und ihrer Bauabteilung, aber auch dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, David Chipperfield Architects und allen am Bau Beteiligten für die kompetente Umsetzung dieses anspruchsvollen Bauprogramms! Die Kosten dafür sind hoch, weil wir die jahrzehntelange Vernachlässigung des Erbes während der DDR-Zeit kompensieren müssen. Doch die einzigartigen Sammlungen wie auch die großartige architektonische Wirkung der Einzelbauten und die Strahlkraft des Ensembles begründen die Bedeutung der Museumsinsel als Unesco-Weltkulturerbe, deren Pracht wir für künftige Generationen pflegen und bewahren wollen.

Wieviel die Museumsinsel darüber hinaus auch und insbesondere großzügigen privaten Stiftern und Sammlern verdankt, erschließt sich möglicherweise nicht mit dem ersten Eindruck und verdient es deshalb umso mehr, in Wort und Tat gewürdigt zu werden.

Schon die Gründung und Errichtung einer Nationalgalerie war seinerzeit nur möglich, weil der Berliner Bankier Johann Heinrich Wilhelm Wagener seine Sammlung zeitgenössischer deutscher und internationaler Kunst dem preußischen Staat vermachte. Und insbesondere James Simon, dessen Schenkungen – insgesamt mehr als 10.000 Objekte - sich heute auf sieben Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin verteilen, hat als einer der bedeutendsten und großzügigsten Kunstmäzene seiner Zeit maßgeblich zum ungeheuren Reichtum und zur Strahlkraft der Museumsinsel beigetragen, nicht zuletzt durch die Schenkung der Nofretete-Büste.

Sie ist längst zu einem Wahrzeichen der Staatlichen Museen zu Berlin avanciert; sein Name dagegen, der Name ihres Stifters, geriet nach seinem Tod 1932 in Vergessenheit. Denn die Nationalsozialisten setzten nicht nur alles daran, jüdische Kunstsammler zu enteignen und jüdische Künstlerinnen und Künstler zu vertreiben – genauso wie jene legendären jüdischen Galeristen, die Berlin in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zum Nabel der Kunstwelt gemacht hatten, man denke nur an Paul Cassirer oder Alfred Flechtheim.

Die Nationalsozialisten taten auch alles, um die Erinnerung an prominente Juden und ihre Verdienste auszulöschen – so auch die Erinnerung an James Simon, der der Museumsinsel einen beträchtlichen Teil seines Vermögens vermacht hatte.

Es ist bitter und beschämend, dass es tatsächlich zunächst gelungen ist, seinen Namen aus dem kollektiven Gedächtnis zu tilgen. Dank des jetzt nach ihm benannten Eingangsgebäudes führt aber nun künftig im wahrsten Sinne des Wortes kein Weg auf die Museumsinsel mehr an ihm vorbei. Der Zugang über die James-Simon-Galerie ist eine angemessene Wertschätzung und eine überfällige Würdigung seines großzügigen Mäzenatentums, aber heute auch ein Appell, dem Antisemitismus die Stirn zu bieten - ob im Parlament oder auf der Konzertbühne, ob auf dem Schulhof oder auf Facebook.

Ich jedenfalls hoffe, meine Damen und Herren, dass die James-Simon-Galerie als Tor zur Schatzinsel und als Denkmal ihres bedeutendsten Mäzens mehr als einen vielversprechenden ersten Eindruck vom Unesco-Weltkulturerbe Museumsinsel vermittelt! Ich hoffe, dass sie auch einen bleibenden Eindruck von jener Weltläufigkeit und Weltoffenheit hinterlässt, die wahres Mäzenatentum und wahren kulturellen Reichtum gleichermaßen auszeichnen.

In diesem Sinne: Auf viele begeisterte Besucherinnen und Besucher!