Pressestatement von Bundeskanzler Scholz zum 3. EU-CELAC-Gipfel am 18. Juli 2023

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BK Scholz: Das war ein sehr erfolgreiches Treffen. Wir haben viel miteinander diskutiert und eine lang vermisste Tradition wieder aufgegriffen; denn das letzte Treffen davor zwischen der Europäischen Union und den CELAC-Staaten aus Lateinamerika und der Karibik in dieser Runde war vor acht Jahren. Es gibt aber auch ein konkretes Ergebnis: Es soll bis zum nächsten Mal nicht mehr so lange dauern, sondern hier soll permanent miteinander zusammengearbeitet werden.

Für mich war das eine gute Gelegenheit, mit vielen zu sprechen und hier auch die Gespräche aufzugreifen, die ich zum Beispiel bei meinen Besuchen in Lateinamerika schon begonnen habe. Ich war, wie Sie wissen, in Argentinien, in Brasilien und in Chile, und ich habe viele der hier Versammelten auch schon bei anderen Gelegenheiten treffen und sprechen können. Für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Staaten Lateinamerikas und der Karibik sind hier wichtige Verständigungen in Fragen der Zusammenarbeit erzielt worden, die wir uns für die Zukunft vorgenommen haben, wenn es etwa darum geht, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, Biodiversität zu schützen und auch bei technologischen Fragen zusammenarbeiten.

Sehr viel Unterstützung hat hier erneut etwas gefunden, für das ich mich sehr eingesetzt habe, nämlich dass wir in der internationalen Handelspolitik einen neuen Blick entwickeln. Wir müssen dafür sorgen, dass die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen resilienter werden. Das heißt zunächst einmal aus der Perspektive zum Beispiel der hier versammelten Staaten, dass die Möglichkeit von Düngemittelproduktion nicht nur auf wenige Staaten der Welt beschränkt bleibt, sondern dass es solche Produktionsstrukturen im Süden Amerikas, in Afrika und in vielen Ländern Asiens auch gibt, sodass die Welt nicht davon abhängig ist, dass die wenigen Staaten, die in großem Umfang Düngemittel herstellen, sie auch beliefert.

Wir haben uns auch darauf verständigt, dass wir zum gemeinsamen Umgang mit der Hebung von Rohstoffen kommen. Da gibt es viele traditionelle, aber auch neue Rohstoffe, die für die wirtschaftliche Entwicklung der Welt in den nächsten Jahren erforderlich sind. Viele davon befinden sich auch in Lateinamerika. Deshalb ist es gut, wenn wir das in einer Art und Weise machen, bei der die Wertschöpfungsbedingungen vor Ort besser entwickelt werden, als das in früheren Jahren und Jahrzehnten Fall war. Oft ist ja nur alles im Rahmen von „extractivismo“ aus der Erde geholt worden und dann irgendwohin transportiert worden. Wir wollen erreichen, dass zumindest die erste Verarbeitungsstufe in den Ländern stattfindet, in denen sich die Rohstoffe befinden, dass damit Wohlstand generiert werden kann und dass man das auch in einer Art und Weise tut, die dann sowohl, was die Landschaft betrifft, als auch, was die Menschen, die vor Ort leben, betrifft, mit einer Verbesserung ihrer Lebenssituation und der Umweltbedingungen verbunden ist, soweit man das gut beeinflussen kann. Das ist also ein moderner Schritt, der dann auch Vorteile für alle Beteiligten hat.

Wir haben uns auch über die Frage des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine unterhalten. Es ist eine Gefahr für Sicherheit und Frieden, wenn ein mächtiges Land sagt: Mich interessieren alle Verträge nicht, ich greife einfach, weil ich mich stark genug fühle, meine Nachbarn an und versuche, einen Teil des Territoriums zu annektieren. – Auch da sind wir zu Positionen gekommen, die sehr deutlich machen, dass, wie die UN-Generalversammlung es auch gesagt hat, dieser Angriffskrieg eben ein solcher ist.

Es ist gut, dass das jetzt auch mit einer Verständigung über einen gemeinsamen Text geendet hat, der noch viele, viele weitere Inhalte und Details beinhaltet und sehr konkret ist, was ich sehr gut finde, und dass es auch so ist, dass dem die Staaten alle zugestimmt haben. Ein Land hat, wie ja alle wissen, in der Frage Russlands und der Ukraine und Russlands Angriff auf die Ukraine eine andere Position. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass hier insgesamt eine solche Verständigung gelungen ist.

Also noch einmal: Es war ein erfolgreicher Gipfel.

Frage: … (auf Englisch, ohne Dolmetschung)

BK Scholz: Ich bin sehr froh darüber, dass die freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Präsidenten hier eine weitere Fortsetzung gefunden hat. Wir sind uns auch darin einig, dass wir uns bei dem G20-Treffen in Indien sowieso demnächst bald wiedersehen werden. Im Dezember werden wir dann auch die deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen in Deutschland haben. Es ist eine gute Zusammenarbeit. Sie hat sich auch hier auf das Ergebnis ausgewirkt. An diesen Positionen haben wir auch gemeinsam lange gefeilt. Insofern ist das ein guter Schritt.

Was die Frage der Handelsverträge und Handelsbeziehungen betrifft, denke ich, dass das Fortschritte machen kann und muss. Einige bilaterale Vereinbarungen sind schon unterzeichnet wie mit Chile. Andere stehen unmittelbar davor. Wir wollen auch das Mercosur/Mercosul-Abkommen erreichen. Ich persönlich unterstütze das sehr und habe jedenfalls bei vielen, mit denen ich hier sprechen konnte, den Eindruck gewonnen, dass auch sie es unbedingt schnell und bald zu einem Abschluss bringen wollen. Meine Hoffnung ist, dass, auch wenn sicherlich noch der eine oder andere kleine Stein aus dem Weg zu räumen ist, die Dynamik die Sache möglich macht.

Frage: Herr Bundeskanzler, warum ist … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) für Europa, dass Sie alle anderen Länder der Welt für Ihre Sicht der Dinge auf den russischen Krieg gewinnen können? Darüber wird immer wieder diskutiert. Sie waren auch in der Region vor Ort. Trotzdem gelingt es Ihnen nicht, alle Länder hinter sich zu versammeln.

BK Scholz: Ich bin davon überzeugt, dass das, was wir hier gemeinsam gesagt haben, ein großer Fortschritt ist. Ich sehe auch weltweit eine Veränderung. Klar, viele Länder haben sich schon bei der UN-Generalversammlung sehr klar gegen den russischen Angriffskrieg positioniert. Viele davon sind hier auch versammelt gewesen, die sich dazu immer ganz klar geäußert haben. Manche andere, die nicht so mitgestimmt haben, haben aber eine klare Haltung und verstehen, dass das, was Russland dort begonnen hat, ein Angriffskrieg ist. Deshalb ist, finde ich, auch bemerkenswert, dass jetzt eine Formulierung gefunden worden ist, bei der viele mitgehen, von denen es der eine oder andere vor einiger Zeit vielleicht nicht erwartet hätte. Mein Eindruck ist, dass sich das gerade weltweit verschiebt. Russland zeigt allen immer mehr, dass es wirklich ein imperiales Interesse für seinen Krieg hat, dass alles andere Erzählungen sind, die nicht stimmen, und dass sich Russland nicht gegen irgendetwas wehrt, sondern dass Russland einfach seinen Nachbarn überfallen hat.

Frage: … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Sie haben gesagt, da fehle noch der eine oder andere Stein. Wir alle wissen, welche Länder gegen Mercosur sind oder Bedenken haben. Wie schätzen Sie die Chancen ein? Wie wollen Sie diese Länder überzeugen?

BK Scholz: Ich bin davon überzeugt, dass das, wenn sich die Kommission mit den Staaten verständigt, dann auch Unterstützung in Europa finden wird.

Frage: … (auf Englisch, ohne Dolmetschung)

BK Scholz: Ich sagte doch schon, dass ich davon überzeugt bin, dass wir jetzt so viel Schwung gewonnen haben, auch durch das Treffen, dass man hoffen kann, dass es bald zu einem Ergebnis kommt.

Frage: Herr Bundeskanzler, haben Sie mit den lateinamerikanischen Präsidenten über die Lage in Venezuela gesprochen?

BK Scholz: Wir haben uns auch untereinander über die Situation in Venezuela unterhalten und dazu auch in dem Statement eine Aussage getroffen. Man muss dazusagen, das das natürlich nicht Gegenstand der Tagesordnung war. Aber man kann ja viele Gespräche führen.

Schönen Dank! Alles Gute!