Pressestatement von Bundeskanzler Scholz und Präsident Macron anlässlich der deutsch-französischen Kabinettsklausur am 9. Oktober 2023

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

BK Scholz: Meine sehr geehrte Damen und Herren, lieber Emmanuel, erst einmal möchte ich dich ganz herzlich in meiner Heimatstadt zur ersten Klausur unserer beiden Kabinette begrüßen. Soyez les bienvenues! Wir wollen damit ein weiteres Kapitel in dem wunderbaren Buch der deutsch-französischen Freundschaft beginnen. Erstmals treffen wir uns in einem solchen Format mit einem unserer europäischen Nachbarn, mit dem europäischen Nachbarn schlechthin.

Doch bevor ich auf diese Klausur zu sprechen komme, richten sich unsere Blicke in diesen Stunden natürlich voller Sorge auf die Lage in Israel. Der Terror der Hamas erschüttert die einzige Demokratie im Nahen Osten weiter. Die Gewalttäter haben Hunderte unschuldiger Zivilisten ermordet. Sie halten weiterhin einige Ortschaften in Israel in ihrer Gewalt. Tausende sind verletzt, Hunderttausende bangen um Leib und Leben, und mehr als hundert Menschen sind in den Gaza-Streifen verschleppt worden. Dieser Überfall der Hamas auf Israel ist furchtbar, und er ist barbarisch.

In diesen dunklen Stunden für den jüdischen Staat stehen wir, stehen Deutschland und Frankreich ganz fest an der Seite Israels. Dies habe ich Premier Netanjahu gestern persönlich versichert. Der Terror wird nicht gewinnen. Der Hass wird nicht siegen. Die Gewalt wird nicht triumphieren. Israel wird sich und seine Bürgerinnen und Bürger verteidigen und schützen. Ich sage es noch einmal: Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson, auch und gerade in dieser Lage. Wir stehen fest und unverbrüchlich an der Seite Israels.

Voraussichtlich am späten Abend werden Emmanuel und ich mit US-Präsident Biden und dem britischen Premier Sunak telefonieren, um die Lage und das weitere Vorgehen zu erörtern. Die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland sind sich einig: Es darf nicht zu einem Flächenbrand in der Region werden. Deshalb sollte niemand in dieser Situation den Terror weiter befeuern. Darüber werden wir uns auch mit unseren Partnern in der Region eng abstimmen.

Meine Damen und Herren, eigentlich hatten wir uns diesen Auftakt zur deutsch-französischen Kabinettsklausur natürlich anders vorgestellt, hier in Hamburg, der Stadt, mit der ich persönlich sehr viel verbinde, in einer Stadt, die auch Ort einer der erfolgreichsten deutsch-französischen Kooperationen im Industriesektor ist. Gerade haben wir den Airbus-Standort hier in Finkenwerder besichtigt. Emmanuel und ich sind uns einig: Wir wollen, dass Airbus seine einzigartige Erfolgsgeschichte fortschreibt. ‑ Unsere Gespräche mit Auszubildenden von Airbus haben gezeigt, wie sie dazu beitragen, die deutsch-französische Zusammenarbeit Tag für Tag mit Leben zu füllen.

Bis morgen Mittag werden wir nun unsere Ministerinnen und Minister versammeln und mit ihnen in verschiedenen Formaten sprechen. Wir tun dies ganz in dem Geiste, den wir zu Jahresbeginn in Paris beschworen haben. Wir nutzen das besondere Vertrauensverhältnis der deutsch-französischen Freundschaft dafür, Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für unsere Länder und für ganz Europa gemeinsam in den Blick zu nehmen.

Zwei sehr grundsätzliche Themen nehmen wir uns vor, zum einen, wie es gelingt, gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten fundamentalen Wandels zu gestalten, und zum anderen, wie sich technologische Entwicklungen wie zum Beispiel die künstliche Intelligenz auf unser Leben auswirken. Klar ist: Wir wollen ein einiges, ein starkes, ein souveränes Europa, ein Europa, das auch technologisch in der Weltspitze mitspielt.

Chèr Emmanuel, schön, dass du hier bist!

P Macron: Vielen Dank! Herr Bundeskanzler, lieber Olaf, sehr geehrte Frau Ernst, ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie uns heute hier in Hamburg empfangen, mich mit meiner Frau und verschiedenen Mitgliedern der französischen Regierung!

Diese strategische Klausur, lieber Olaf, findet in dieser Stadt statt, die einen großen Teil deines Lebens, auch deines politischen Lebens, begleitet hat und deren Bürgermeister du warst. Es ist eine große Freude, Sie und euch hier für zwei Tage Arbeit zu treffen!

Wie der Herr Bundeskanzler es eben gesagt hat, möchte auch ich einmal mehr meine Solidarität zum Ausdruck bringen, und zwar unsere volle Solidarität mit Israel. Ich hatte bereits die Gelegenheit, am Samstag und noch einmal heute Morgen mit Premierminister Netanjahu zu sprechen. Deutschland und Frankreich stehen gemeinsam an der Seite des israelischen Volkes in diesen tragischen Momenten. Die Bekämpfung des Terrorismus ist eine gemeinsame Aufgabe für uns, gemeinsam mit Israel und unseren internationalen Partnern. Es gibt keine Rechtfertigung und keine Erklärung dafür.

In der Tat werden wir spät am Abend die Gelegenheit haben, mit dem amerikanischen Präsidenten und dem britischen Premierminister zu sprechen, um in dieser dramatischen Situation gemeinsam das weitere Vorgehen für die nächsten Tage zu besprechen.

Wir hätten kein schöneres Symbol der gemeinsamen Arbeit und dieses Seminars als dieses Airbus-Werk finden können. Ich bedanke mich beim Vorstandsvorsitzenden Guillaume Faury und beim Vorsitzenden des Verwaltungsrats René Obermann sowie bei allen Mitarbeitern, die heute für den Empfang und auch die Führung durch dieses strategische Werk hier sind. Es handelt sich um ein wirklich sehr stark europäisch geprägtes Werk, in dem unser gemeinsamer Mut zum Ausdruck gebracht wird, sich langfristig zu engagieren und in Technologie sowie in menschliches Kapital zu investieren, und das es uns heute ermöglicht, nicht nur eine führende Rolle in diesem Sektor zu übernehmen, sondern auch vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken, was die ökologische Transition und die damit verbundenen Herausforderungen angeht. Ich beglückwünsche die hiesigen Teams, die so viel Engagement an den Tag legen, um hier voranzukommen. Das ist auch ein lebendiges Beispiel für dieses deutsch-französische Engagement!

Wir werden also jetzt unsere erste deutsch-französische Kabinettsklausur in einem neuen Format beginnen, wie es ja auch auf Deutsch heißt. Du, lieber Olaf, kennst das ja gut, weil ihr das ja auch regelmäßig auf Schloss Meseberg praktiziert. Das werden wir jetzt auch hier tun. Das wird natürlich auch eine Nähe in schwierigen Zeiten schaffen - nach der Pandemie, während des Kriegs in der Ukraine, der Klimakrise und der verschiedenen geopolitischen Verwerfungen, die wir bereits angesprochen haben. Wir müssen uns hier absprechen. Ich würde sogar sagen, dass wir jetzt vielleicht mehr denn je geeint sein müssen und hier für unsere Länder und für Europa vorschlags- und entscheidungsstark sein müssen.

In diesem Geist der Eintracht, des Pragmatismus und der Effizienz werden wir uns gemeinsam mit Fragen der künstlichen Intelligenz und der Folgen für unsere Gesellschaften, mit Fragen des sozialen Zusammenhalts, der Digitalisierung, der Reindustrialisierung und auch der Energieproduktion, mit den großen industriellen Herausforderungen, auch mit Luft- und Raumfahrt sowie natürlich mit unserer Fähigkeit beschäftigen, aus unseren beiden Ländern und aus unserem Europa einen geopolitischen Kraftfaktor zu machen, auch strategisch, in einer immer schwerer zu überblickenden Welt. Hier wird es uns gelingen, unsere Bande der Freundschaft zu erneuern. Diese strategische Klausur wird es uns auch ermöglichen, gemeinsame Arbeitsprozesse für die nächsten Wochen und Monate anzustoßen, um dann gemeinsam zu konkreten Antworten zu kommen.

Ganz herzlichen Dank, lieber Olaf, für diese wunderbare Gelegenheit, die wir hier haben, uns auszutauschen, auch wirklich ganz offen und ohne den Druck der täglichen Arbeit, glaube ich. Vielen Dank, Olaf, und vielen Dank an Sie alle!