Regierungspressekonferenz vom 27. September 2023

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 27. September 2023

Themen

  • Termine des Bundeskanzlers
    • KanzlerGESPRÄCH in Hamburg
    • Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg
  • Teilnahme der Bundesinnenministerin an der Internationalen Ministerkonferenz zum 20-jährigen Jubiläum des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und der Protokolle zur Schleusungs- und Menschenhandelsbekämpfung
  • Kabinettssitzung
    • Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung
    • Raumfahrtstrategie
    • Bericht zum Stand der Deutschen Einheit 2023
  • Deutschlandpakt
  • Förderprogramm zur Eigenerzeugung und Nutzung von Solarstrom für Elektrofahrzeuge an Wohngebäuden
  • Bergkarabach-Konflikt
  • EU-Krisenverordnung
  • Ankündigung des Bundesfinanzministers, Grenzkontrollen durch den Zoll unterstützen zu lassen
  • Anschlag auf Nord Stream 1 und Nord Stream 2
  • Vorgehen gegen die Gruppierung „Artgemeinschaft“
  • Pauschalentlastungsgesetz
  • Ehrung eines ukrainischen SS-Veteranen im kanadischen Parlament
  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 27. September 2023

Sprecherinnen und Sprecher

  • Erste Stellvertretende Regierungssprecherin Hoffmann
  • Dr. Ata (BMI)
  • Steffen (BMFSFJ)
  • Ungrad (BMWK)
  • Alexandrin (BMDV)
  • Fischer (AA)
  • Nimindé-Dundadengar (BMF)

(Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS’in Hoffmann sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

SRS’in Hoffmann

Ich kündige schon zwei Termine des Bundeskanzlers in der kommenden Woche an ‑ das ist aber noch nicht die vollständige Terminaussicht:

Am Montag, dem 2. Oktober, findet um 15 Uhr das nächste KanzlerGESPRÄCH mit Bürgerinnen und Bürgern im Börsensaal der Handelskammer in Hamburg statt. Die Bürgerdialoge führen den Kanzler in alle 16 Bundesländer. Dies ist die zehnte Station in dieser Reihe. Die ersten vier Veranstaltungen fanden letztes Jahr in Lübeck, Magdeburg, Essen und Gifhorn statt. In diesem Jahr war der Bundeskanzler bislang in Marburg, Cottbus, Koblenz, Füssen und Erfurt.

Außerdem ist es so, dass Hamburg in diesem Jahr unter dem Motto „Horizonte öffnen“ den Tag der Deutschen Einheit mit einem Bürgerfest am 2. und 3. Oktober ausrichtet. In seinem Grußwort anlässlich des Tages der Deutschen Einheit würdigt Bundeskanzler Scholz die friedliche Revolution der Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland, die Grenzen überwanden und „unserem Land seine Einheit in Frieden und Freiheit schenkten … Welch ein Glück, dass wir die Herausforderungen, vor denen wir heute in Deutschland und Europa stehen, als ein starkes und geeintes Land angehen können. Als ein Land, das eine gemeinsame Zukunft baut.“ ‑ So weit in seinem Grußwort.

Bundesrat, Bundestag, das Bundesverfassungsgericht und die Bundesregierung präsentieren sich in Hamburg auf dem Rathausmarkt und an der Alster. Die Bundesministerien sind im Innenhof des Rathauses mit Ständen vertreten und bieten ein interessantes Dialogprogramm mit Vertretern der Bundesregierung in den Räumlichkeiten der Handelskammer. Protokollarische Höhepunkte sind am 3. Oktober der ökumenische Gottesdienst in der Hauptkirche St. Michaelis und der Festakt in der Elbphilharmonie. Weitere Informationen gibt es natürlich bei uns auf bundesregierung.de und unter tag-der-deutschen-einheit.de.

Dr. Ata (BMI)

Ich darf ankündigen, dass die Bundesinnenministerin am Donnerstag direkt nach dem Innenrat in Brüssel nach Palermo weiterreisen wird. Dort findet am 28. und 29. September auf Einladung der italienischen Regierung die Internationale Ministerkonferenz zum 20-jährigen Jubiläum des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und der Protokolle zur Schleusungs- und Menschenhandelsbekämpfung statt. Palermo war damals Unterzeichnungsort. Hauptthemen werden die Bekämpfung der organisierte Kriminalität und die Bekämpfung von Schleusung und Menschenhandel sein.

Frage

Wird da noch Zeit sein für einen Trip nach Lampedusa?

Dr. Ata (BMI)

Das ist nicht vorgesehen.

Zusatzfrage

Und warum nicht?

Dr. Ata (BMI)

Es ist nicht vorgesehen.

Zusatzfrage

Hat die Ministerin sich bisher schon einmal ein Bild von der Situation der Menschen in Lampedusa gemacht?

Dr. Ata (BMI)

Wird sind in engem Kontakt auch mit der italienischen Regierung. Ich hatte an dieser Stelle schon von Kontakten auch vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in Italien und auf Lampedusa berichtet. Von daher gibt es diesen Austausch und den Informationsaustausch.

Zusatzfrage

Hält sie den Austausch mit der teils postfaschistischen Regierung in Italien für vertrauenswürdig?

Dr. Ata (BMI)

Es gibt einen Austausch mit Italien und auch mit anderen Ländern. Die Flüchtlingssituation in Europa ist Ihnen ja bekannt, und die Zusammenarbeit zwischen europäischen Staaten zu diesem Thema ist natürlich von Bedeutung.

Vorsitzender Feldhoff

Dann kommen wir zu den Kabinettsthemen von heute ‑ bitte schön.

SRS’in Hoffmann

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, Kinderarmut in Deutschland nachhaltig zu bekämpfen. Kindern und Jugendlichen sollen bessere Chancen für den Start ins Leben ermöglicht werden, Familienleistungen unbürokratischer und bürgernah gestaltet werden. Deshalb hat das Kabinett heute den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Kindergrundsicherung beschlossen.

Durch die Kindergrundsicherung wird die finanzielle Unterstützung für alle Kinder und ihre Familien vereinfacht. Es wird bessere, schnellere und direktere Leistungen für Familien geben. Möglichst alle Familien sollen ihren Anspruch auf Unterstützung im Bedarfsfall kennen und auch wahrnehmen. Zugleich ist eine Erwerbstätigkeit weiterhin der wichtigste Beitrag, Armut zu verhindern. Entsprechende Anreize wurden deshalb gestärkt.

Der Entwurf sieht vor, verschiedene bestehende Leistungen ‑ Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinder-Regelsatz des Bürgergeldes, Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes ‑ zu einer zentralen existenzsichernden Unterstützung zusammenzufassen. Die Kindergrundsicherung besteht aus einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag, den alle Kinder erhalten, einem Zusatzbetrag und Leistungen für Bildung- und Teilhabe.

Der Kinderzusatzbetrag richtet sich an armutsgefährdete Kinder, sichert das Existenzminimum und ist je nach Einkommen und dem Alter der Kinder gestaffelt. Alle Kinder, die den Kinderzusatzbetrag erhalten, haben auch Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets. Die pauschalierten Teilhabeleistungen ‑ das Schulstarterpaket von 174 Euro jährlich, der Teilhabebetrag von 15 Euro monatlich ‑ werden einfacher und unbürokratischer zugänglich sein.

Insgesamt werden rund 5,6 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene den Kinderzusatzbetrag in Anspruch nehmen können. Darunter sind 2,9 Millionen arme Kinder, unter anderem aus dem Bürgergeld und aus Familien mit geringem Einkommen.

Damit die neue Leistung möglichst alle berechtigten Familien erreicht, wird ein „Kindergrundsicherungs-Check“ eingeführt. Damit wird geprüft, ob eine Familie Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag hat. In diesem Fall werden die Familien gezielt informiert. Über ein digitales Formular können Familien dann einfach und schnell beim Familienservice der Bundesagentur für Arbeit den Antrag stellen.

Die Kosten der Kindergrundsicherung betragen im Startjahr 2025 etwa 2,4 Milliarden Euro zusätzlich und werden sich bei steigender Inanspruchnahme entsprechend erhöhen. Ziel der Bundesregierung ist dabei vor allem auch, Kinderarmut durch die Stärkung von Erwerbsarbeit bei den Eltern sowie durch gezielte Investitionen in Bildung und Betreuung weiter abzubauen.

Das Gesetz soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.

Des Weiteren hat das Bundeskabinett die Raumfahrtstrategie beschlossen. Raumfahrt ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Wie im Koalitionsvertrag festgehalten, wird die Raumfahrt als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft betrachtet. Seit der letzten Raumfahrtstrategie von 2010 hat eine enorme Entwicklung in der Branche stattgefunden. Daher hat das Kabinett heute die vom Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegte Raumfahrtstrategie beschlossen. Sie soll der zunehmenden Bedeutung der Raumfahrt Rechnung tragen.

Die neue Strategie fokussiert sich auf die wirtschaftliche, gesellschaftliche und strategische Bedeutung von Technologien, Daten und Anwendungen aus dem All. Bereits jetzt basieren alltägliche Dinge, wie beispielsweise die digitale Navigation im Auto oder die Auszahlung am Geldautomaten, auf Infrastrukturen im Weltall. Zudem sind verfügbare Raumfahrttechnologien sowie weltraumgestützte Systeme und Fähigkeiten in vielen Fällen ein Schlüsselinstrument für staatliche Handlungsfähigkeit. Wir gehen davon aus, dass sich diese strategische Bedeutung aber auch die kommerzielle Nutzung des Weltalls in Zukunft noch weiter steigern wird.

Und schließlich drittens: Die Bundesregierung hat heute den vom Ostbeauftragten vorgelegten Bericht zum Stand der Deutschen Einheit 2023 beschlossen. Carsten Schneider wird den Bericht hier im Anschluss selbst ausführlicher vorstellen.

Hier nur so viel: Dieses Jahr widmet sich der Bericht erstmals einem inhaltlichen Schwerpunktthema: Stadt und Land als Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger in Ost und West sowie als Entwicklungsumgebung für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Der Bericht belegt: Deutschland lässt sich nicht mehr einfach in Ost und West einteilen. Strukturelle Unterschiede zwischen Großstädten und ihrem Umland oder ländlichen Regionen beeinflussen die Lebensumstände in Ost und West.

Bestandteil des Berichts ist auch eine Befragung der Bevölkerung zur Bewertung ihrer Lebensverhältnisse. Erste Befunde dieses „Deutschland-Monitors 2023“ zum Thema „Stadt und Land“ zeigen insgesamt eine hohe Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Daseinsvorsorge. Zugleich widerspricht die differenzierte Analyse dem Vorurteil gut ausgestatteter Städte und unterversorgter ländlicher Räume. Auch hier sind Ost-West-Unterschiede eher gering.

Der Jahresbericht sagt auch: Es geht nicht mehr nur um den Zustand der Infrastruktur und anderer äußerlicher Lebensbedingungen, sondern auch darum, wie die Bürgerinnen und Bürger diese wahrnehmen. Unabhängig von östlicher oder westlicher wie auch ländlicher oder städtischer Lage sieht eine Mehrheit ihren Wohnort als attraktiv zum Leben an. Jeder Fünfte bekundet jedoch Unzufriedenheit: Wer das Gefühl hat, weniger oder sehr viel weniger als seinen gerechten Anteil zu erhalten, schätzt auch die Lebensbedingungen im persönlichen Umfeld deutlich negativer ein.

So weit zu diesem dritten O-TOP im Kabinett, und damit bin ich durch.

Frage

Zur Kindergrundsicherung: Sie haben ja gesagt, möglichst alle Familien sollen ihren Anspruch kennen. Das beinhaltet, dass Sie nach wie vor davon ausgehen, dass nicht alle Familien ihren Anspruch kennen. Dazu zwei Fragen:

Erstens. Wie will die Bundesregierung gewährleisten oder verbessern, dass die Familien ihre Ansprüche kennen? Ist da eine Postwurfsendung vorbereitet oder wie soll das implementiert werden?

Zweitens. Gäbe es nicht die Möglichkeit, statt der Antragspflicht sozusagen mit einer pauschal oder wie auch immer gearteten Angebotspflicht des Staates an die erkennbar bedürftigen und berechtigten Familien zu arbeiten?

SRS’in Hoffmann

Vielen Dank. Ich hatte ja vorgelesen, dass es den „Kindergrundsicherungs-Check“ geben wird, der auch vorsieht, dass Familien gezielt informiert werden. Das ist sicherlich ein Beitrag dazu, dass Familien in Zukunft wissen, welche Ansprüche sie haben, und diese leichter anfordern können.

Für alle weiteren Details würde ich gerne an das zuständige Ministerium abgeben.

Steffen (BMFSFJ)

Geplant ist, dass das ganze Verfahren einfach und digital aufgebaut wird, dann Kindergrundsicherung beantragen und ihr Einverständnis geben, dass Daten abgeglichen werden. Mehr müssen die Eltern dann nicht tun. Diese Zustimmung zu dem Austausch von Daten ist notwendig, aber in dem Ziel, das Verfahren so einfach wie möglich zu gestalten, soll die einmalige Antragstellung dann ausreichend sein.

Zusatzfrage

Das heißt, die Antragspflicht ist sozusagen eigentlich nur wie in Privatverträgen eine Zustimmung zu den AGB, und ab dann ist es so, dass Sie oder Ihr Ressort sich dann in einer Vor- und Fürsorgepflicht gegenüber den Berechtigten sehen, die dann auch weiterhin wirkt, sodass tatsächlich mit der einmaligen Antragstellung und Zustimmung zur Datenübertragung für die betroffenen oder berechtigten Eltern die Sache erledigt ist, ist das so zu verstehen?

Steffen (BMFSFJ)

Hier ist ja die Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit geplant, mit den Familienkassen, die sich künftig als Familienservice um genau die Fragen, die Sie ansprechen, kümmern. Es wird eine neue Mechanik aufgesetzt, mit der der Staat zum Servicedienstleister für die Familien werden soll, sodass der Staat dann ‑ das hat die Ministerin schon häufiger betont ‑ die Informationen nutzt, um diese Möglichkeit gut einzuräumen.

Zusatzfrage

Geht der Staat also in eine Art Bringschuld?

Steffen (BMFSFJ)

Genau.

Zusatzfrage

Das meinten Sie?

Steffen (BMFSFJ)

Das meinte ich.

Frage

Ich probiere es einmal bei Frau Hoffmann ‑ ich weiß nicht, ob Frau Ungrad dafür zuständig ist: Wie passt die neue Raumfahrtstrategie mit den großen Kürzungen für die Raumfahrt im Haushalt zusammen? Nächstes Jahr sollen 15 Prozent weniger ausgegeben werden, nur noch 314 Millionen Euro.

Ungrad (BMWK)

Das liegt in unserer Zuständigkeit, genau. Es gibt ja ein nationales Raumfahrtbudget. Zu Kürzungen würde ich mich jetzt nicht äußern, aber Fakt ist, dass viele Investitionen bei der Raumfahrt aus dem Privatsektor kommen. In den USA ist das schon der Fall, und auch wir sehen den Privatsektor hier in der Pflicht ‑ und der macht das ja auch schon. Es geht also um den Wandel von einer staatlichen Manufaktur hin zu einer industriellen Fertigung, die dann auch noch zusätzliche Gelder anzieht. Das funktioniert auch schon, das sieht man im Start-up-Bereich bei den Microlaunchern. Gleichzeitig sind natürlich auch öffentliche Investitionen wichtig, und die machen wir ja auch.

Ich sehe gerade ‑ die Kollegin hat mir gerade ihre Sprache noch zugeschickt ‑, dass wir das ESA-Budget sogar erhöhen konnten. Das ist jetzt nicht mein Kernbereich, deswegen muss ich das leider ablesen. Fest steht aber, dass wir das ESA-Budget erhöhen konnten. Es gibt also ein gutes Budget, und gleichzeitig setzen wir auf Privatinvestitionen, so wie das auch andere Länder machen.

Zusatzfrage

Frau Hoffmann hat hier die nationale Raumfahrtstrategie vorgestellt und ich habe mich auf das nationale Raumfahrtbudget bezogen. Da gab es eine zweistellige Kürzung, die Sie jetzt auch nicht dementiert haben. Wenn Sie auf die Start-ups usw. verweisen ‑ ich habe mir das durchgelesen ‑: Die zunehmende Kommerzialisierung der Branche soll ja gefördert werden, und da soll es unter anderem ein sogenanntes „Space Innovation Hub“ geben. Jetzt gibt es aber die Kritik, dass dafür gar kein Geld da sei, weil jetzt überall gekürzt werde. Wo soll das Geld für dieses „Space Innovation Hub“ denn herkommen, wenn überall gekürzt wird?

Ungrad (BMWK)

Wie gesagt, durch Privatinvestitionen, die wir anreizen wollen.

Zusatzfrage

Aber dafür braucht es ja staatliche Kofinanzierung.

Ungrad (BMWK)

Es ist ja auch Geld da; es ist ja nicht so, dass kein Geld da wäre.

Frage

Im Kontext mit der Deutschen Einheit ist ja auch immer wieder die Rede von der Repräsentationslücke in deutschen Bundesbehörden. Da würde mich nur kurz interessieren, ob alle anwesenden Ministeriumssprecher, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geboren und sozialisiert worden sind, sich vielleicht kurz melden zu können, um einen Eindruck zu bekommen, wie da die Repräsentation ist.

SRS’in Hoffmann

Ich glaube, das müssen wir hier jetzt nicht in ein Gruppenspiel verwandeln. Es ist für Sie aber sicherlich leicht zu recherchieren, wer heute hier ist und wer woher stammt.

Zusatz

Ja, aber das könnte man ja auch durch einfach Handzeichen klären.

SRS’in Hoffmann

Wir sind hier ja nicht auf einem Kindergeburtstag. Ich finde ‑ ‑ ‑

Zusatz

Wobei Frau Hoffmann sicherlich auch nicht die Moderatorin dieses Panels ist.

SRS’in Hoffmann

Ich halte das durchaus für eine interessante und wichtige Frage, aber es ist für Sie als Journalist wirklich leicht zu recherchieren, wie viele der hier anwesenden Sprecherinnen und Sprecher woher kommen.

Vorsitzender Feldhoff

Ich bin mir sicher, dass die Bundesregierung das bei Bedarf nachliefern wird. Sie können das aber sicherlich auch in den Ministerien abfragen.

Frage

Frau Hoffmann, der Bundeskanzler hat bei der Generaldebatte im Bundestag den Deutschlandpakt vorgestellt. Welche konkreten Schritte hat er denn seither unternommen?

SRS’in Hoffmann

Der Deutschlandpakt dient ja dazu, vor allen Dingen Planungsverfahren in Deutschland zu beschleunigen ‑ der Bundeskanzler hat das ja unter dem Begriff „Tempo, Tempo, Tempo“ zusammengefasst ‑, und umfasst eine ganze Reihe von Maßnahmen, die bereits auf den Weg gebracht worden sind und weiterhin fortgesetzt werden, angefangen vom beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien über das Wachstumschancengesetz und viele andere Maßnahmen bis zur Beschleunigung der Asylverfahren, die wir anstreben. Das ist also wirklich ein umfassendes Paket, und die Idee des Deutschlandpaktes war auch, dass das ein Vorhaben sein muss, das nicht nur bei der Regierung angesiedelt ist, sondern eben mit den Ländern und mit der Opposition gemeinsam angegangen wird. In dieser Hinsicht hat es ja bereits Gespräche zu dem Thema Deutschlandpakt gegeben.

Das ist das, was wir konkret tun. Das ist natürlich ein fortlaufender Prozess; denn es ist ja nicht so, dass die Bundesregierung bis dato in diesen Fragen nichts getan hätte. Ein entscheidender Baustein ist auch der Pakt für Planungsbeschleunigung, den das Kanzleramt mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder verhandelt. Es gibt da also eine ganze Reihe von Baustellen.

Zusatzfrage

Ist der Kanzler nach seiner Rede noch einmal konkret auf Merz oder auf die Länder zugegangen.

SRS’in Hoffmann

Man ist da im Kontakt.

Frage

Frau Hoffmann, ist „Deutschlandpakt“ eigentlich ein glücklich gewählter Begriff? Begriffe haben ihre Geschichte, und „Deutschlandpakt“ war zwischen 2005 und 2009 die offizielle und verbreitete Bezeichnung für ein Bündnis zwischen der NPD und der DVU, also ein mindestens rechtsextremes politisches Bündnis. Sollte man das einfach so aufgreifen?

SRS’in Hoffmann

Ich glaube, dass es dem Kanzler gelungen ist, den Begriff hier jetzt so zu setzen, dass die Mehrheit sich nicht sofort an das erinnert, wie Sie hier jetzt richtigerweise aufgerufen haben. Das ist aber kein Begriff, der in dieser Weise breit besetzt gewesen ist. Er eignet sich aber sehr gut für das, was wir vorhaben.

Zusatzfrage

Man hat bei der Diskussion ja meist Alternativen, wie man politische Bündnisse symbolisch benennt. Hat diese historische Dimension, die ja nun einmal da ist, eine Rolle gespielt, oder war das niemandem aufgefallen?

SRS’in Hoffmann

Dazu kann ich Ihnen nichts sagen; das ist eine interne Diskussion, zu der ich Ihnen nichts sagen kann.

Frage

Habe ich das richtig mitbekommen: Es steht noch kein Termin fest, zu dem es die Auftaktveranstaltung zum Deutschlandpaket geben soll? Ist denn schon klar, wer da teilnehmen soll? Sind möglicherweise schon Einladungen verschickt worden, ist ein Konferenzraum schon gebucht worden? Ist klar, bis wann der Deutschlandpakt tatsächlich stehen soll?

SRS’in Hoffmann

Ich kann Ihnen im Moment nichts dazu mitteilen. Wir sind wirklich sehr intensiv dabei, alle diese Projekte, die der Deutschlandpakt umfasst, voranzutreiben. Alles Weitere ‑ Termin usw. ‑ kündigen wir in der Vorwoche an.

Zusatzfrage

Aber wann geht es los mit dem Deutschlandpakt, wann steht der? Oder ist das nur eine Nebelkerze von Kanzler Scholz?

SRS’in Hoffmann

Nein, das ist es auf gar keinen Fall. Wir kündigen Termine eben immer in der Vorwoche an, und für die kommende Woche habe ich Ihnen in diesem Fall  nichts mitzuteilen.

Frage

An das Verkehrsministerium zum Förderprogramm für Solardächer: Gestern ist die erste Tranche von 300 Millionen Euro abgerufen bzw. komplett beantragt worden. Wie geht es denn jetzt weiter? Welche Botschaft haben Sie an diejenigen, die gestern leer ausgegangen sind? Wird da noch einmal Geld nachgelegt?

Alexandrin (BMDV)

Vielen Dank für die Frage. Zunächst einmal hat der Minister bereits gestern Nacht seiner Freude darüber Ausdruck verliehen, dass unser Förderprogramm so einen überwältigenden Zuspruch gefunden hat und offensichtlich den Nerv der Zeit und auch der Bevölkerung getroffen hat. Direkt am ersten Tag konnten 33 000 Anträge mit einem Volumen von insgesamt 300 Millionen Euro durch die KfW bewilligt werden ‑ also nicht nur beantragt, sondern auch direkt bewilligt werden.

Was wollen wir damit erreichen? Durch das Laden am eigenen Wohngebäude verringern wir den Bedarf für das öffentliche Laden, entlasten das Stromnetz durch die Kopplung mit der Speichertechnologie und der eigenen Solaranlage und ermöglichen es Bürgerinnen und Bürgern, damit auch Energiekosten zu sparen. Gleichzeitig ist das natürlich auch ein weiterer Anreiz, auf die Elektromobilität umzusteigen. Das ist ja ein Baustein in einem sehr breit gefächerten Angebot.

Weil Sie nach dem weiteren Fortgang fragen: Es ist so, dass wir von Anfang an klar gemacht haben, dass für dieses Förderprogramm bis zu 500 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Die erste Tranche in Höhe von 300 Millionen Euro ist, wie gesagt, bereits in dieser Nacht abgerufen worden. Das heißt, im nächsten Jahr stehen dann noch einmal bis zu 200 Millionen Euro zur Verfügung, sodass diejenigen, die dieses Mal nicht zum Zuge kamen, dann noch einmal die Chance erhalten.

Zusatzfrage

Der Bundesregierung wird ja schon länger vorgeworfen, da einen gewissen Zickzackkurs zu fahren. Das betrifft das Zusammenspiel von Wirtschafts- und Verkehrsministerium und auch den Umweltbonus. Jetzt wird diese Solardachförderung in die Welt gesetzt und ist nach einem Tag wieder vorbei. Eine wirkliche Konsistenz oder auch eine gewisse Langfristigkeit, eine gewisse Verlässlichkeit, ist da meiner Ansicht nach nicht zu erkennen.

Alexandrin (BMDV)

Das würde ich ganz entschieden zurückweisen wollen. Es ist so, dass wir mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur einen dezidierten Plan haben, wie die Ladeinfrastruktur in diesem Land ausgebaut werden soll. Es gab bereits vor Jahren den ersten Plan dazu. Der diente der Marktinitialisierung, also dazu, einer sehr frühen Technik die Marktreife zu verhelfen. Dieser Plan ist weitestgehend abgeschlossen, und jetzt geht es eben um die Frage: Wie bringt man diese Technologie in die Breite der Bevölkerung und auch in die Breite der Fläche?

Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, wird der Minister heute Nachmittag auch in München einen Termin absolvieren. Dort geht es um die Bekanntgabe der Vergabe für das sogenannte Deutschlandnetz ‑ auch ein Teil dieser Strategie ‑, mit dem deutschlandweit mit 8000 weiteren Ladepunkte weiße Flecken geschlossen werden. Wir sehen den Hochlauf seitens der privaten Anbieter, die auf diesem Feld vorrangig agieren müssen und sollen. Wir haben in Deutschland eine sehr breit aufgestellte Förderung, die bei der Anschaffung der Fahrzeuge beginnt, sowohl im privaten Bereich für die Pkw als auch im gewerblichen Bereich für die Nutzfahrzeuge. Sie erinnern sich vielleicht an das ebenfalls sehr erfolgreiche Förderprogramm für private Wallboxen, das wir im vergangenen Jahr hatten und mit dem über 900 000 Wallboxen im privaten Bereich umgesetzt werden können. Wir fördern nicht öffentliche Ladepunkte. Wir fördern öffentliche Ladepunkte. Wir fördern die Einrichtung von Ladepunkten auf Supermarktparkplätzen durch Kommunen. Wir sind sehr breit aufgestellt und tun das sehr transparent und in sehr engem Austausch mit den Verbänden, mit der Branche. Eigens für diesen Zweck wurde eine nationale Leitstelle eingerichtet, die die Koordinierung vollzieht, sodass nicht einfach Ladepunkte breit in der Fläche gepflastert werden, sondern das Ganze bedarfsgerecht passiert.

Kommen wir noch einmal auf das Deutschlandnetz zurück: Insbesondere bei den mittleren und lang laufenden Verkehren ist es sehr entscheidend, dass wir nicht nur Normalladepunkte haben, wie wir sie im privaten Bereich haben, wo sehr viel Zeit zur Verfügung steht ‑ hier kann man über Nacht laden oder auch am Tag ‑, sondern wenn man beispielsweise auf der Autobahn unterwegs ist, geht es vor allem darum, Schnelllader zu installieren. All diese Punkte hat man auf dem Schirm. Man kommt dabei voran und hat mit dem Masterplan, wie gesagt, auch eine sehr breit gefächerte Strategie, die auch allen zur Verfügung steht.

Auch dieses Förderprogramm ist nicht einfach so erschienen und war dann plötzlich zu Ende, sondern man hat bereits seit Monaten über die Förderbedingungen informiert. Dass es ganz erfolgreich war, zeigt sich auch daran, dass bereits in der ersten Nacht so viele Anträge vollständig bewilligt werden konnten. Die Leute konnten sich darauf vorbereiten und konnten sie einreichen. Es gab Transparenz darüber, wie viel Geld zur Verfügung steht und wie hoch die Förderzusage sein wird. Insofern ist Transparenz auf allen Ebenen gegeben.

Frage

Soll es denn auch im nächsten Jahr mit dieser Förderung weiter nach diesem „First-come-first-serve“-Prinzip gehen, oder denkt man darüber nach, das vielleicht zu ändern? Denn offensichtlich profitieren ja jetzt vor allem Leute, die sich sehr wenige Gedanken über die eigene Finanzierung machen müssen und sich sehr schnell sozusagen dafür entscheiden konnten.

Alexandrin (BMDV)

Ich sage es gern noch einmal. Die Förderbedingungen sind nicht über Nacht entstanden, sondern jeder hatte Zeit, sich sowohl über die Finanzierung als auch über die Bedingungen und darüber, welche Dinge man einreichen muss und braucht, Gedanken zu machen. Das hat offensichtlich ganz gut funktioniert.

Zur Kritik, dass es sich beispielsweise nur an Eigenheimbesitzer richte, die eine gewisse Investitionssumme vorhalten können, lässt sich sagen: Es ist, wie gesagt, nur eine Komponente in dem Gesamtkonzept der Förderung. Mieter werden beispielsweise vermehrt im öffentlichen Raum laden. Dafür haben wir eine Förderung für die Einrichtung öffentlich zugänglicher Ladepunkte. Wir hatten in der Vergangenheit auch ein Förderprogramm zur Einrichtung von Wallboxen, das auch für größere Mietshäuser zur Verfügung stand. Das heißt, es reiht sich in eine Strategie ein.

Ich möchte hier noch einen weiteren Vorteil dieses Programms hervorheben. Es geht eben nicht nur um die Anschaffung eines privaten Ladepunkts, sondern es geht explizit zum ersten Mal um die Koppelung mit einer Speichertechnologie und der Möglichkeit, mit einer eigenen PV-Anlage diesen Strom zu nutzen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass wir mehr Menschen von der Elektromobilität überzeugen können, sondern auch den Vorteil, dass wir einen entscheidenden Schritt dazu beitragen, die Netzstabilität zu erhöhen. Denn wenn wir uns anschauen, welchen Bedarf wir durch das Laden für Elektromobilität in Zukunft haben werden, dann sehen wird, dass die Netzstabilität ein ganz entscheidender Faktor ist. Diesem Förderprogramm gebührt eine große Bedeutung, um hierbei den ersten Schritt zu tun. Bei staatlicher Förderung geht es immer darum, einer Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, den Anschub zu leisten, der dann aber selbstverständlich durch den Markt übernommen werden muss.

Zusatzfrage

Die Frage war, ob es bei dem Prinzip „first come, first serve“ bleibt.

Alexandrin (BMDV)

Man wird wie immer die Erkenntnisse, die man im Rahmen dieser Maßnahmen sammelt, auswerten. Dazu kann ich noch keine Details nennen. Aber das Windhundprinzip ist durchaus eine bewährte Methode.

Frage

Ich habe eine Lern- und eine Verständnisfrage. Können Sie prozentual beziffern, wie viel der Haushalte anteilsmäßig von diesem Programm profitieren? Ich hatte jetzt etwas von maximal 2,5 Prozent gehört. Das ist ja wahnsinnig wenig.

Die Verständnisfrage: Wenn man für dieses Programm ein Eigenheim, ein neues E-Auto, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und einen Speicher im Haus haben muss, dann ist das ein Programm für reiche Menschen. Würden Sie sagen, dass das ein sozial gerechtes Programm war, das Sie aufgelegt haben?

Alexandrin (BMDV)

Das habe ich gerade schon zu erläutern versucht. Es ist ein Teil einer Gesamtförderstrategie. Man muss ein Elektroauto haben, aber man erhält eine anteilige Förderung der PV-Anlage, man erhält eine anteilige Förderung des Speichers, und man erhält eine anteilige Förderung der Ladeeinrichtung. Selbstverständlich spricht man damit eine ganz besondere Zielgruppe an, die, wie gesagt, dazu beiträgt, einen ganz besonderen Aspekt, nämlich den der Netzstabilität, zu fördern. Es ist aber nicht so, dass es ein ausschließliches Programm wäre, sondern wir sorgen gleichzeitig dafür, dass wir, wie gesagt, die öffentlichen Ladepunkte und Ladenetze, die für einen Großteil der Bevölkerung, beispielsweise für Mieterinnen und Mieter in Städten, entscheidend sein werden, genauso wie die Lademöglichkeiten beim Arbeitgeber oder beim Einkaufen, weiterhin ausbauen, sodass für alle Menschen, die auf Elektromobilität umsteigen, eine Lösung gefunden werden kann.

Zusatzfrage

Wo in Ihrem Gesamtkonzept gibt es denn ein Programm oder eine Förderung für arme bzw. nicht reiche Hausbesitzer? Es gibt ja Menschen, die sich eine PV-Anlage auch mit Förderung einfach nicht leisten können, die sich den Speicher nicht leisten können, die sich eine Wärmepumpe nicht leisten können, einfach nur, weil das ja auch finanziert werden muss. Wo gibt es da die Förderung in Ihrem Gesamtkonzept?

Alexandrin (BMDV)

Herr Kollege, das habe ich gerade sehr ausführlich erläutert ‑

Zusatz

Nö!

Alexandrin (BMDV)

‑ und werde es jetzt nicht noch einmal tun.

Frage

(zum Thema: Bergkarabach-Konflikt) Ich habe eine Frage an Herrn Fischer und Frau Hoffmann. Die Außenministerin hatte sich heute Morgen dezidiert zu dem Thema geäußert und ruft nach mehr Beobachtern in der Region, sagt aber nicht, welches Format man dabei anstrebt. Welche Implikationen sehen Sie für die EUMA? Deutschland hat dafür ja auch Polizisten entsandt. Welches Format strebt man in Deutschland für eine Beobachtermission an?

Frau Hoffmann, welche Erwartungen hat die Bundesregierung jetzt an Aserbaidschan und Armenien in dieser Situation ganz konkret?

SRS’in Hoffmann

Ich kann anfangen und würde zunächst einmal die allgemeinere Frage beantworten. Wir begrüßen, dass es gestern unter der Schirmherrschaft von Charles Michel in Brüssel einen Austausch zwischen Armenien und Aserbaidschan gegeben hat, den wir als konstruktiv wahrgenommen haben. Auch der Sicherheitsberater des Kanzlers, Jens Plötner, war dabei.

Unsere Erwartung ist, dass weiter miteinander geredet wird, dass die beiden Seiten durchaus auch unter Beteiligung der Europäischen Union und auch der Bundesregierung dort zu einer diplomatischen Lösung kommen und dass natürlich auch die Rechte der Armenier in Aserbaidschan gewahrt werden und es dort einen angemessenen Schutz gibt.

Fischer (AA)

Wenn ich zu der von Ihnen gestellten Frage ergänzen darf: Unsere Erkenntnisgrundlage in Bezug auf die Dinge, die momentan in Bergkarabach passieren, ist sehr eingeschränkt. Vor dem Hintergrund ist die Forderung der Außenministerin zu verstehen, die erklärt hat, dass es mehr Transparenz brauche und die Augen und Ohren der internationalen Gemeinschaft vor Ort und dass wir gemeinsam mit unseren Partnern daran arbeiteten, so rasch wie möglich Beobachterinnen und Beobachter nach Bergkarabach zu entsenden.

Darüber, in welchem Format das passieren kann, sind wir mit unseren Partnern in Abstimmung. Sie haben gestern vielleicht das „read-out“ des Telefonats von Außenminister Blinken mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Alijew gesehen. Auch dabei spielte die Frage von Beobachtern eine Rolle. Von daher würde ich es momentan dabei belassen, dass wir derzeit dabei sind, über das Format zu beraten.

Zusatzfrage

Was wäre die deutsche Präferenz, wenn es um die Formatfrage geht?

Frau Hoffmann, im Augenblick gibt eine ganz konkrete, akute Fluchtsituation. Welche Erwartung hat die Bundesregierung diesbezüglich in diesem Augenblick an Aserbaidschan?

SRS Hoffmann

Ich will das unterstreichen, was Herr Fischer gesagt hat. Die konkrete Erwartung ist zunächst einmal, Transparenz zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang sehen wir auch den Vorschlag. Wir brauchen Erkenntnisse und Transparenz über das, was dort im Moment passiert.

Fischer (AA)

Dem kann ich mich nur anschließen. Uns geht es momentan darum, Transparenz über die tatsächliche Lage in Bergkarabach zu erhalten. Sie wissen, dass internationale Beobachter derzeit keinen Zugang haben. Das heißt, wir diskutieren mit unseren Partnern, aber sind eben auch mit Aserbaidschan und Armenien in Kontakt. Dabei geht es darum, zu klären, wie das stattfinden kann. Diesen Gesprächen werde ich hier nicht vorgreifen. Aber es geht darum, schnell internationale Augen und Ohren in das Gebiet zu bekommen.

Frage

Sie haben am Montag und eben auch noch einmal bestätigt, dass die Beobachter nicht im Lande sind, sondern im Wesentlichen von Armenien aus beobachten. Was bringt es dann, die Zahl der Beobachter zu erhöhen? Sehen Sie eine Priorität darin, Beobachter dann möglichst auch nach Aserbaidschan hineinzubringen?

Fischer (AA)

Sie sprechen, denke ich, die Beobachtungsmission der EU an. Diese hat ein sehr klares Mandat. Sie beobachtet an der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan auf armenischem Gebiet. Sie hat kein Mandat für eine Beobachtung in Bergkarabach. Das heißt, das müsste auf anderem Wege gelöst werden.

Wie Sie wissen, ist auch der Grenzverlauf zwischen Armenien und Aserbaidschan umstritten. Von daher macht es durchaus Sinn, an der Grenze Beobachterinnen und Beobachter zu haben, um die Situation dort genauer in den Blick zu nehmen. Gleichzeitig ist aber, wie gesagt, unsere Informationslage über das, was derzeit in Bergkarabach passiert, eingeschränkt. Deshalb finden wir, dass es wichtig ist, Transparenz herzustellen. Das sollte letztlich auch im aserbaidschanischen Interesse sein. Sie haben gesagt, dass sie alle völkerrechtlichen Standards im Umgang mit den Karabacharmeniern und ‑armenierinnen einhalten werden. Dazu sind wir im Gespräch mit allen Beteiligten und versuchen, dort schnell etwas auf die Beine zu stellen.

Zusatzfrage

Wiederholt sich jetzt nicht im Kleinen eine ähnliche Struktur wie die, die wir im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erlebt haben? Müsste dann ‑ es gibt einen eindeutigen Aggressor, Aserbaidschan ‑ nicht die Reaktion auch eine ähnliche sein, zum Beispiel zu sagen: „Wir nehmen kein Gas aus dem Land dieses Aggressors“? ‑ Es gibt diese Forderung aus dem politischen Raum.

Fischer (AA)

Ich glaube, die beiden Fälle sind nicht vergleichbar. Da gibt es große Unterschiede. Was die Frage nach Sanktionen angeht, wird dieses Thema vor allen Dingen auf europäischer Ebene diskutiert. Ich denke, es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir als EU über eine angemessene Reaktion nachdenken. Klar ist, dass Aserbaidschan die Verantwortung dafür trägt, die in Bergkarabach lebende Zivilbevölkerung umfassend und zuverlässig zu schützen, und dass Aserbaidschan daran auch gemessen werden wird. Dabei spielt dann auch die Frage von Sanktionen eine Rolle.

Frage

Herr Fischer, ich möchte nachfragen, um es zu präzisieren. Gibt es derzeit irgendwelche Pläne, irgendetwas an der existierenden EU-Mission zu verändern, die ja nur auf armenischem Gebiet ist? Ist das komplett getrennt von der Aussage der Ministerin zu sehen, dem Wunsch nach mehr Beobachtung?

Fischer (AA)

Die EU-Mission hat ein klares Mandat. Es geht nicht über den von Ihnen beschriebenen Rahmen hinaus. Insofern wird dort über andere Instrumente nachgedacht.

Zusatzfrage

Aber es gibt auch keine Pläne, die jetzt abzuziehen, aus Sicherheitsgründen oder irgendwas?

Fischer (AA)

Nein. Ihre Aufgabe ist ja genau die, in kritischen Situationen an der Grenze zu sein, zu beobachten und zu berichten und für Aufklärung zu sorgen.

Frage

Herr Fischer, Aggressionen miteinander zu vergleichen, ist Inhalt und Teil einer politischen Debatte. Der Kollege hat ja keine Gleichsetzung vorgenommen.

Ich habe aber eine andere Frage, nämlich zu dem Treffen von Erdoğan und Alijew, dem aserbaidschanischen Autokraten. Aserbaidschan geht es dabei neben der Bergkarabach-Frage auch um den sogenannten Sangesur-Korridor, um sich mit der Türkei zu verbinden und Armenien von seiner strategischen Grenze zum Iran zu isolieren. Wie beobachtet Deutschland das? Welche Position haben Sie dazu? Will die EU das verhindern? Wie kann man das verhindern.

Fischer (AA)

Ich denke, diese Frage ist Teil der Gespräche, die zwischen Armenien und Aserbaidschan unter der Ägide von Charles Michel und unter Beteiligung Deutschlands und Frankreichs geführt werden.

Zusatz

Aber diese Gespräche finden ja ohne Armenien statt. Die Türkei ‑ ‑ ‑

Fischer (AA)

Nein, sie finden mit Armenien statt. Die Gespräche, von denen ich gesprochen habe ‑ das hat die erste stellvertretende Regierungssprecherin erwähnt ‑, haben gestern in Brüssel stattgefunden, und dabei war das einer der Gesprächsgegenstände.

Zusatzfrage

Ich hatte mich aber auf das Gespräch von Erdoğan und Alijew bezogen. Haben Sie beim türkischen Partner oder beim aserbaidschanischen Partner nachgefragt, wie da die Ergebnisse sind?

Fischer (AA)

Ich bin sicher, dass, wenn die beiden Präsidenten wieder in ihrer Heimat sind und auch das diplomatische Korps debriefen, es dazu auch Berichterstattung unserer beiden Botschaften geben wird. Aber für uns ist maßgeblich, dass es ein Verhandlungsformat gibt, in dem Armenien und Aserbaidschan, die beiden Hauptbetroffenen, beteiligt sind, und das hat gestern auf Ebene der politischen Direktoren in Brüssel getagt.

Zusatzfrage

Eine Verständnisfrage: Sind Sie gegen diesen Korridor?

Fischer (AA)

Die Frage dieses Korridors ist Teil der Gespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan. Über diese Frage wird in diesem Kontext gesprochen, und für sie muss im Rahmen der Gesamtgespräche eine Lösung gefunden werden. Es geht um eine dauerhafte Friedenslösung zwischen den beiden Ländern.

Frage

Herr Fischer, Sie sagten, Sie redeten mit Armenien und mit Aserbaidschan. Mit wem in Aserbaidschan reden Sie?

Fischer (AA)

Gestern gab es zum Beispiel die Gespräche in Brüssel. Ich gehe sehr stark davon aus, dass dort der politische Berater des aserischen Präsidenten zugegen war.

Zusatzfrage

Ist also kein Gespräch wie das von Ihnen erwähnte von Blinken mit Alijew geplant?

Fischer (AA)

In den letzten Wochen hat es Gespräche der Außenministerin mit ihren beiden Amtskollegen in Armenien und Aserbaidschan gegeben. Die Außenministerin hat an der Sicherheitsratssitzung teilgenommen, an der sowohl Armenien als auch der aserbaidschanische Außenminister teilgenommen haben. Wir sind also auf den verschiedensten Ebenen mit beiden Seiten im Gespräch, sowohl auf politischer Ebene als auch auf Ebene der Stäbe.

Frage

Ich habe eine Frage zur EU-Krisenverordnung in Sachen der Migration. Herr Atta, die „BILD-Zeitung“ berichtet heute Morgen von einer geheimen Weisung, die es im Juli gegeben haben soll, dieser Verordnung nicht zuzustimmen. Sie soll aus Ihrem Ministerium kommen. Können Sie das zum einen bestätigen und zum anderen sagen, wie die Haltung der Innenministerin zu dieser EU-Krisenverordnung ist? Lehnt sie sie in der Tat ab? Bislang dachte man, dass es eher die Außenministerin ist, die da die ‑ so will ich es einmal nennen ‑ treibende ablehnende Kraft ist.

Dr. Ata (BMI)

Zu Dokumenten, die als Verschlusssache eingestuft sind, äußern wir uns grundsätzlich nicht. Von daher kann ich auch die Echtheit einzelner Dokumente nicht bestätigen. Grundsätzlich würde ich im Hinblick auf solche Weisungen sagen, dass sie die Haltung der Bundesregierung widerspiegeln, nicht nur die des BMI.

Im Hinblick auf die Krisenverordnung möchte ich sagen, dass sich die Bundesregierung weiterhin intensiv für einen Abschluss der GEAS-Verhandlungen bis zum Ende der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments im Frühjahr 2024 einsetzt. Die Krisenverordnung hat das Ziel, für Ausnahmesituationen einen gemeinsamen Rechtsrahmen für das Handeln der Mitgliedsstaaten zu schaffen, der sowohl humanitäre Aufnahmebedingungen als auch den Zugang zu Schutz gewährleistet.

Über den Verordnungsvorschlag wird sowohl auf EU-Ebene, also im EU-Rat, als auch innerhalb der Bundesregierung weiterhin beraten. Zu laufenden Verhandlungen, auch innerhalb der Bundesregierung, möchte ich mich nicht detaillierter äußern.

Zusatzfrage

Ich will trotzdem nachfragen. Wenn Sie das Dokument nicht kommentieren wollen: Okay. ‑ Aber Sie können doch sagen, wie die Haltung der Innenministerin zu dieser EU-Krisenverordnung ist.

Frau Hoffmann, würde die Bundesregierung im Zweifel in Kauf nehmen, dass das gesamte EU-Asylpaket noch vor der Europawahl scheitert, wenn es diese Krisenverordnung nicht gibt? Denn das steht ja offenbar auf dem Spiel.

SRS’in Hoffmann

Die Bundesregierung setzt sich ‑ das hat der Kollege gesagt ‑ sehr, sehr nachdrücklich dafür ein, dass diese GEAS-Reform kommt und dass sie so bald wie möglich kommt. Dasselbe gilt auch für die Krisenverordnung. Wie Sie wissen, treffen sich die Innenminister morgen in Brüssel. Dabei wird auch die Reform des EU-Asylsystems beraten werden. Wir arbeiten sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch im europäischen Rahmen daran, dass so schnell wie möglich ein Ergebnis kommen wird, und sind uns sicher, dass das so sein wird.

Zusatz

Die Haltung der Innenministerin war noch offen.

Dr. Ata (BMI)

Ich habe Ihre Nachfrage dadurch quasi vorweggenommen, dass ich auf die laufenden Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung verwiesen habe.

Frage

Herr Lindner hatte angekündigt, dass die Grenzkontrollen intensiviert werden sollten, um, wie er sagt, Schlepperkriminalität und illegale Migration zu unterbinden. Er hat entschieden, sagt er, dass der Zoll diese akute Aufgabe mit 500 Kräften unterstützen werde. Ist es eigentlich legal, dass der Zoll bei Grenzkontrollen hilft, Herr Ata?

Dr. Ata (BMI)

Geht das an mich?

Zusatz

Oder vielleicht ans BMF: Auf welcher rechtlichen Grundlage passiert das?

Nimindé-Dundadengar (BMF)

Vielleicht zunächst: Der Minister hat sich dazu im Rahmen der Regierungsbefragung im Deutschen Bundestag, die aktuell läuft, geäußert. Darauf kann ich nur verweisen und habe dem im Detail nichts hinzuzufügen.

Was die grundsätzliche Frage einer Unterstützung durch den Zoll bei grenzpolizeilichen Aufgaben angeht, kann ich nur darauf verweisen, dass es innerhalb der Bundesverwaltung das Institut der Amtshilfe gibt. Das aber, wie gesagt, nur allgemein. Zu konkreten Details und Einzelheiten kann ich mich nicht äußern. Im Übrigen hat es, meine ich, in ähnlichen Belangen auch schon in der Vergangenheit Unterstützung durch den Zoll gegeben.

Zusatz

Dann könnten Sie uns ja aufklären, auf welcher rechtlichen Grundlage das passiert.

Wenn es um Amtshilfe geht, dann müsste die Bundespolizei das quasi angefordert haben. Aber Herr Lindner tut ja so, als ob er darüber entschieden habe. Was denn jetzt, Herr Ata? Gab es ein Amtshilfeersuchen an den Zoll, um die Grenzkontrollen zu verschärfen?

Dr. Ata (BMI)

Das ist mir jetzt gerade nicht bekannt. Ich kann es gern prüfen und gegebenenfalls nachreichen.

Fischer (AA)

Vielleicht darf ich noch kurz zur Krisenverordnung ergänzen. Es ist ja klar, dass sich die Bundesregierung für die rasche Verabschiedung des GEAS-Pakets einsetzt. Acht Verordnungen und Richtlinien liegen momentan beim Europäischen Parlament oder befinden sich derzeit im Trilog. Darin geht es um verbindliche Registrierung, schnellere Verfahren, Rückführungen und solidarische Verteilung. Wenn ich sie einzeln aufführen soll: Es geht um die Asylverfahrensverordnung, die Migrationsmanagementverordnung, die EURODAC-Verordnung, die Screening-Verordnung, die Qualifikationsverordnung, die Resettlement-Verordnung, die Aufnahmerichtlinie und die EU-Asylagentur. Zu all diesen acht Richtlinien und Verordnungen hat sich der Rat geeinigt und kann damit sozusagen ein GEAS-Paket auf den Weg bringen. Wichtig ist jetzt, dass das Europäische Parlament auch die Verhandlungen im Trilog dazu fortsetzt.

Was die Krisenverordnung angeht, ist sie in der Tat in der derzeitigen Fassung nicht zustimmungsfähig. Aber die Gespräche in Brüssel laufen weiter, wie die Kolleginnen und Kollegen gesagt haben.

Frage

Gestern jährte sich der mutmaßlich staatsterroristische Angriff gegen Nord Stream 1 und 2. Frau Hoffmann, ich war überrascht, zu hören, dass das in keinster Form Thema in der heutigen Kabinettssitzung gewesen ist.

Könnten Sie mir kurz darlegen, wieso es diese Indifferenz gibt und wann sich das Kabinett das letzte Mal mit der Thematik der Zerstörung und der Aufklärung des Nord-Stream-1-und-2-Anschlags beschäftigt hat?

SRS’in Hoffmann

Erstens kann von Indifferenz nicht die Rede sein. Natürlich sind die zuständigen Ressorts ständig mit der Materie beschäftigt. Allerdings sind die Ermittlungen, die seit dem Anschlag sowohl in Deutschland als auch in Schweden und Dänemark laufen, jedenfalls bei uns in Deutschland Sache des Generalbundesanwalts und nicht des Kabinetts. Er ist zuständig und der Herr des Verfahrens. Insofern ist das zunächst einmal seine Angelegenheit.

Zusatz

Ich hatte nicht gesagt, dass sie die Ermittlungen übernehmen sollen, sondern gefragt, ob sie sich über den Stand der Aufklärung informieren.

SRS’in Hoffmann

Wir sind ständig über den Stand der Aufklärung informiert.

Zusatzfrage

Eine zweite Frage: Ebenfalls gestern hat der Investigativjournalist Seymour Hersh ein neues Stück veröffentlicht. Darin sagt er unter anderem: Der deutsche Regierungschef galt damals und gilt heute noch bei CIA-Mitgliedern als voll im Bilde über die geheimen Pläne über die Zerstörung der Pipeline. ‑ Könnten Sie das in dieser Form vollumfänglich dementieren oder bestätigen?

SRS’in Hoffmann

Wir äußern uns jetzt zu derartigen Presseberichten überhaupt nicht. Wir bestätigen das nicht; wir dementieren es auch nicht. Wir äußern uns nicht. Es wäre gerade bei dieser Materie sehr merkwürdig, wenn wir uns zu jedem Bericht, der irgendwo erscheint, positionieren würden.

Zusatz

Der Bericht hat es ja schon in sich! Ob Olaf Scholz über die Pläne, Nord Stream 1 und 2 zu zerstören, informiert war oder nicht, hat ja schon eine gewisse internationale Relevanz.

SRS’in Hoffmann

Wir kommentieren solche Berichte nicht.

Frage

Dies ist eine Frage an das Innenministerium. Es scheint, dass der Kampf gegen die organisierte rechtsextreme Szene jetzt mit geballten Kräften kommt. Ich meine damit das Verbot der „Hammerskins“ in der letzten Woche und das heutige Vorgehen gegen die „Artgemeinschaft“. Warum erst jetzt? Sind diese Verbote nicht längst fällig gewesen?

Dr. Ata (BMI)

Sie haben darauf hingewiesen: Heute Morgen gab es in zwölf Bundesländern Durchsuchungen gegen die Gruppierung „Artgemeinschaft“. Es gab Durchsuchungen in 26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern sowie von Räumlichkeiten des Vereins. Das sind Maßnahmen, die mit großem Vorlauf vorbereitet werden und in die unterschiedliche Behörden, auch Landesbehörden, involviert sind. Das beinhaltet also eine gewisse Komplexität, und natürlich müssen solche Maßnahmen auch sehr gut vorbereitet werden, damit diese auch rechtssicher durchgeführt werden können. Insofern haben solche Maßnahmen in diesen konkreten Fällen einen Vorlauf von einem Jahr gehabt, und ich denke, das ist die Antwort auf Ihre Frage.

Zusatz

Die „Artgemeinschaft“ gibt es aber seit 1951.

Dr. Ata (BMI)

Gut, über die vergangenen Jahrzehnte kann ich jetzt natürlich nichts sagen. Ich kann nur sagen, dass die Bundesinnenministerin die Gefahr, die von rechts kommt, sehr ernst nimmt und entsprechende Schritte unternommen hat und weiter unternimmt. Vor diesem Hintergrund ist natürlich auch das Vorgehen gegen diese Gruppierungen zu sehen.

Zusatzfrage

Wie viele von diesen Vereinigungen, diesen Sekten, diesen Organisationen gibt es insgesamt in Deutschland? Es scheinen mehr zu sein, als man ursprünglich dachte. Ist das so?

Dr. Ata (BMI)

Meinen Sie Gruppierungen, die mit der „Artgemeinschaft“ vergleichbar sind?

Zusatzfrage

Ich meine Gruppierungen wie die „Artgemeinschaft“ oder die „Hammerskins“. Die kann man, glaube ich, durchaus vergleichen, oder nicht?

Dr. Ata (BMI)

Das sind unterschiedliche Organisationen mit teilweise auch unterschiedlichen Betätigungsfeldern. Insofern kann ich Ihnen jetzt keine ganz allgemeine Antwort auf die Frage geben. Ich glaube, der Verfassungsschutzbericht ist hinsichtlich der Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene eine wichtige Quelle. Darauf würde ich hinweisen. Ansonsten haben wir uns als BMI und hat sich auch die Ministerin immer wieder dazu geäußert, wie groß die Gefahr des Rechtsextremismus für die Demokratie ist.

Frage

Herr Ata, dieser Hinweis auf die 20, heute 21, ich vermute, rechtsextremistischen Organisationen, die verbannt wurden ‑ das ist in der Pressemitteilung gewesen ‑ ‑ ‑ Seit wann genau?

Dr. Ata (BMI)

Meinen Sie, dass das Bundesinnenministerium bislang ‑ ‑ ‑

Zusatzfrage

Bislang. Aber seit wann?

Dr. Ata (BMI)

Ohne zeitliche Begrenzung.

Zusatz

49.

Dr. Ata (BMI)

Im Prinzip.

Vorsitzender Feldhoff

Wenn es da noch Ergänzungen gibt, dann kann man das vielleicht auch bilateral machen. Das wäre super.

Frage

Das war ja schon am Montag ein Thema. Angesichts der mangelnden Auszahlung für dieses Jahr an die Kommunen ‑ ‑ ‑ Es ging ja um die 2,75 Milliarden Euro, die versprochen wurden. Dafür fehlt ja immer noch die Rechtsgrundlage. Das hatten Sie uns ja bestätigt. Jetzt gab es Bund-Länder-Gespräche, und dabei kam jetzt heraus, dass das BMF für nächstes Jahr die versprochene Summe halbieren will. Ist das auch die Haltung des Kanzlers, oder ist das jetzt eine alleinige Strategie des Bundesfinanzministers? Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen und der steigenden Überforderung der Kommunen ist das eine jetzt für mich verwunderliche Entwicklung, Frau Hoffmann.

Nimindé-Dundadengar (BMF)

Vielleicht kann ich dem Vorwurf hier kurz entgegentreten, bevor die Regierungssprecherin antwortet, Herr Kollege. Wie Sie ja schon sagten, war das hier am Montag ein Thema. Ich habe im Nachgang der Regierungspressekonferenz noch Ergänzungen übermittelt. Der Vorwurf, der Bund habe eine Mittelkürzung angekündigt, trifft nicht zu. Richtig ist, dass sich Bund und Länder bereits im November 2022 darauf geeinigt haben, dass der Bund die Länder ab 2023 jährlich mit einer allgemeinen flüchtlingsbezogenen Pauschale von 1,25 Milliarden Euro unterstützt. Für dieses Jahr, 2023, hat der Bund zusätzlich für Geflüchtete aus der Ukraine 1,5 Milliarden Euro zugesagt. Im Mai 2023 wurde der Betrag einmalig um eine weitere Milliarde erhöht, allgemein für Geflüchtete.

Diese Zusagen setzt der Bund derzeit auch gesetzlich um, und zwar mit dem Pauschalentlastungsgesetz. Das befindet sich auch schon im parlamentarischen Verfahren. Das heißt, hier hat die Bundesregierung alles getan, was diesbezüglich in ihrer Macht steht. Das Verfahren ist jetzt im Parlament. Der Bund hat angesichts der bestehenden Herausforderungen beim Bund-Länder-Gespräch am Montag Kompromissbereitschaft gezeigt und eine Erhöhung der jährlichen Pauschale in Höhe von 1,25 Milliarden Euro auf 1,7 Milliarden Euro angeboten. Die Länder haben dieses Angebot ausgeschlagen.

Der Vorwurf, der Bund entziehe sich seiner Verantwortung, ist für uns nicht nachvollziehbar. Obwohl die Länder originär für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zuständig sind, entlastet der Bund die Länder massiv. Neben den zugesagten Pauschalbeträgen trägt der Bund für Geflüchtete aus der Ukraine seit Juni 2022 ‑ das müsste Ihnen auch bekannt sein ‑ überwiegend die Kosten mit dem Rechtskreiswechsel in das SGB II. Allein für 2022 beliefen sich die Kosten hierfür auf rund 3 Milliarden Euro. Insgesamt hat der Bund seit dem Jahr 2016 ‑ daran möchte ich auch noch einmal erinnern ‑ die Länder mit rund 48 Milliarden Euro allein im Bereich der Flüchtlings- und Integrationskosten entlastet. Diese Zahlen können Sie den Berichten der Bundesregierung über Entlastungsmaßnahmen des Bundes hinsichtlich Flüchtlings- und Integrationskosten entnehmen. Die werden jährlich veröffentlicht. Das war hier in der Regierungspressekonferenz auch schon einmal Thema. Daneben trägt der Bund eigene flüchtlingsbezogene Ausgaben, die sich allein 2023 auf rund 25 Milliarden Euro belaufen. Das vielleicht vorweg.

SRS'in Hoffmann

Dann habe ich auch gar nichts mehr hinzuzufügen, nachdem schon so vollumfänglich geantwortet wurde.

Zusatzfrage

Das ist ein interessantes Reframing. Ich hatte mich ja nicht auf eine Ankündigung der Kürzung von Mitteln bezogen, sondern auf politische Verhandlungen zwischen Bund und Ländern. Aktuell ist vereinbart, dass dieses Jahr 3,75 Milliarden Euro fließen sollen. Sie haben jetzt gerade die 1,7 Milliarden Euro angesprochen. Das ist aus Sicht der Länder wirklich eine faktische Halbierung der Mittel. Darum geht es. Darum haben sie das abgelehnt.

Bezogen auf den Rechtskreiswechsel, wie Sie das nennen: Die Ukrainer bekommen zwar Bürgergeld, aber haben keine Krankenversicherung. Auf diesen Kosten bleiben auch die Kommunen sitzen. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?

Nimindé-Dundadengar (BMF)

Hinsichtlich dieser konkreten Frage zum Rechtskreiswechsel müsste ich an die zuständigen Ressorts verweisen. Vielleicht sage ich vorher noch einmal zur Klarstellung: Der Rechtskreiswechsel der Geflüchteten aus der Ukraine sorgt dafür, dass diese Personen unter das SGB II fallen, und die Kosten für Unterkunft und Versorgung trägt ganz überwiegend der Bund, die Kosten für Unterkunft zu 75 Prozent, die für Lebenshaltung zu 100 Prozent.

Zuruf

Krankenversicherung?

Nimindé-Dundadengar (BMF)

Dafür gibt es entsprechende Pauschalbeträge für dieses Jahr. Wenn Sie hier Beträge vergleichen möchten, dann sollten Sie die Beträge in Höhe von 1,25 Milliarden Euro heranziehen, auf die sich Bund und Länder ja bereits geeinigt haben und wofür der Bund entsprechende Angebote gemacht hat.

Noch einmal abschließend: Wie an dieser Stelle und von verschiedenen Personen ja auch schon mehrfach betont wurde, ist sich der Bund der gesamtstaatlichen Dimension der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten bewusst und ist natürlich weiterhin gesprächsbereit.

Frage

Ich möchte es ganz einfach machen: Ist es richtig, dass nach der derzeitigen Diskussionslage die Länder, die vom Bund in diesem Jahr 3,75 Milliarden Euro zur Abdeckung der Flüchtlingskosten erhalten, im nächsten Jahr auf vergleichbarer Ebene nur mit 1,7 Milliarden Euro rechnen können?

Nimindé-Dundadengar (BMF)

Womit zu rechnen ist, ist Gegenstand der Gespräche. Was sicher ist, sind die Beträge aus dem Pauschalentlastungsgesetz, das sich im parlamentarischen Verfahren befindet und in dem entsprechend die Summen eingestellt sind, auf die sich die Beteiligten geeinigt haben.

Zusatzfrage

Wenn also die Länder als Teilnehmer an der Videokonferenz am Montag sagen, dass aus ihrer Sicht das Finanzministerium genau dies angekündigt hat, nämlich eine faktische Halbierung des Bundeszuschusses, wenn man das so sagen darf, dann haben die sich geirrt, dann haben die etwas wahrgenommen, was so nicht gesagt wurde? Es sagen mehrere Ländervertreter, dass das die Ansage des Finanzministeriums gewesen sei.

Nimindé-Dundadengar (BMF)

Über die Punkte hinaus, die ich eben mitgeteilt habe, äußere ich mich nicht zu entsprechenden Gesprächen. Noch einmal: Der Vorwurf, der Bund habe eine Mittelkürzung angekündigt, trifft nicht zu. Dabei bleibe ich.

Frage

Herr Fischer, es gibt Berichte darüber, dass bei der Huldigung des SS-Veteranen in Ottawa auch die deutsche Botschafterin Sabine Sparwasser anwesend war und ihn auch mit Standing Ovations begrüßt hat. Da wollte ich nur fragen: Können Sie das so bestätigen?

Fischer (AA)

Lassen Sie mich erst einmal vorwegschicken, dass dieser Vorfall im kanadischen Parlament inakzeptabel ist. Aber das hat ja auch die kanadische Regierung sofort deutlich gemacht. Parlamentspräsident Rota, auf dessen Einladung die genannte Person an der Veranstaltung teilgenommen hat, hat sich sofort entschuldigt und ist auch mittlerweile zurückgetreten. Unsere Botschafterin hat als Vertreterin des Diplomatischen Corps gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus der G7 tatsächlich auf der Tribüne des kanadischen Parlaments an der Veranstaltung teilgenommen. Die Anwesenheit der von Ihnen genannten Person wurde ihr, aber auch den anderen Teilnehmenden an dieser Veranstaltung im Vorfeld nicht angekündigt. Ich kann Ihnen sagen, dass die wahre Identität von Herrn Hunka, nämlich dass er als Freiwilliger Mitglied der Waffen-SS gewesen ist, den Anwesenden nicht bekannt war, da seine Teilnahme ja auch nicht angekündigt worden ist.

Zusatzfrage

Jetzt hat der von Ihnen erwähnte Parlamentspräsident aber sehr deutlich formuliert, seinen Namen genannt und gesagt: der im Zweiten Weltkrieg gegen die Russen gekämpft hat. - Allein dadurch sollte eine deutsche Diplomatin, die ja auch in noch einer Zeit gekommen ist, als Allgemeintests abgefragt wurden, in der Lage sein, einzuschätzen, um was für eine Person es sich handelt. Wer hat denn im Zweiten Weltkrieg gegen die Rote Armee gekämpft?

Fischer (AA)

Es gab, glaube ich, auch im Zweiten Weltkrieg unterschiedlichste Gruppierungen. Sie kennen zum Beispiel die polnische Heimatsarmee, die sich sowohl gegen die Wehrmacht als auch gegen die Rote Armee gewehrt hat. Insofern ist es nicht ganz so eindeutig, wie Sie es sagen. Im Übrigen habe ich mit der Botschafterin auch nicht darüber gesprochen, wie sie sich in dem konkreten Moment verhalten hat. Aber ich kann nur noch einmal sagen: Den Teilnehmenden war nicht bekannt, was der Betreffende im Zweiten Weltkrieg getan hat. Dementsprechend habe ich auch sehr klar gesagt, dass das ein inakzeptable Vorgang ist, der ja jetzt auf kanadischer Seite auch vollumfänglich aufgeklärt wird und auch mit dem Rücktritt des Parlamentspräsidenten geendet hat, der die Konsequenzen daraus gezogen hat, dass er diesen Herren eingeladen hat.