Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsidenten von Rumänien Ciolacu am 4. Juli 2023 in Berlin

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BK Scholz: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Marcel, herzlich willkommen in Berlin! Ich freue mich sehr, dass dich deine zweite Auslandsreise direkt nach Deutschland führt. Es ist gerade in diesen Zeiten gut, sich persönlich zu sehen. Wir hatten ja bereits bei meinem Besuch im April in Bukarest die Möglichkeit, miteinander zu sprechen. Damals warst du noch Vorsitzender des Abgeordnetenhauses, heute begrüße ich dich ganz herzlich als Ministerpräsident hier im Bundeskanzleramt.

Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit und bin überzeugt, dass wir den guten deutsch-rumänischen Beziehungen ein weiteres Kapitel hinzufügen werden. Unsere Länder verfügen über ein ausgesprochen enges Verhältnis miteinander.

Die deutsche Minderheit in Rumänien und die wachsende rumänische Gemeinschaft in Deutschland sind ganz wichtige Brückenbauer zwischen und innerhalb unserer Gesellschaften. Auch unsere Wirtschaftsbeziehungen gestalten sich erfreulich. Das bilaterale Handelsvolumen erreichte im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz.

Heute haben wir uns, wie Sie sich alle vermutlich denken können, vor allem über die aktuelle sicherheitspolitische Lage an der Ostflanke der Nato unterhalten, so über den anstehenden Nato-Gipfel in der nächsten Woche in Vilnius.

Zunächst einmal möchte ich Rumänien ausdrücklich dafür danken, wie entschlossen es auf den russischen Überfall auf die benachbarte Ukraine reagiert hat. Mit der Aufnahme unzähliger Flüchtlinge aus der Ukraine, der Unterstützung bei internationalen Hilfslieferungen in die Ukraine und Getreideexporten über die „European Solidarity Lanes“ leistet Rumänien einen wirklich bemerkenswerten Beitrag.

Auch die Unterstützung zur Stärkung der Ostflanke der Nato ist vorbildlich. Rumänien ist ein wichtiger und verlässlicher Verbündeter und Partner. Diese Geschlossenheit unter den Bündnispartnern ist und bleibt entscheidend. Dabei eint uns der Wunsch nach einem gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine und nach Stabilität und Sicherheit in Europa.

Besonders beeindruckend finde ich Rumäniens Solidarität mit der Republik Moldau, die sich in einer ganzen Anzahl von Hilfen und Unterstützungsleistungen widerspiegelt.

Und eines ist mir noch ganz wichtig: Deutschland unterstützt Rumänien dabei, noch in diesem Jahr Vollmitglied im Schengenraum zu werden. Wie ich bereits in Bukarest gesagt habe: Rumänien hat große Anstrengungen unternommen, dem Schengenraum beizutreten. Diese Anstrengungen gilt es auch zu würdigen. Dafür setzen wir uns mit aller Kraft ein.

Meine Damen und Herren, Rumänien und Deutschland sind verlässliche Verbündete, enge Partner und gute Freunde. Wir werden unsere Zusammenarbeit weiter vertiefen. Schönen Dank für den Besuch. Auf gute Zusammenarbeit!

MP Ciolacu: Herr Bundeskanzler, lieber Olaf, geehrte Vertreter der Presse, geehrte Zuhörer! Zunächst möchte ich Bundeskanzler Olaf Scholz für seinen neulich in Bukarest abgestatteten Besuch, aber auch für den warmen Empfang und die Organisation dieses Treffens in einer so kurzen Zeit seit meinem Amtsantritt als Premierminister danken. Es ist ein Beweis für die Freundschaft und die bestehenden Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien, die wir beide vertiefen wollen.

Wir beabsichtigen, Gespräche zwischen den beiden Regierungen aufzunehmen, um einen gemeinsamen Aktionsplan zu Fragen von strategischem Interesse und ein ständiges Dialogformat festzulegen, das es uns ermöglicht, die gesetzten Ziele zu erreichen. Die strategische Aufwertung unserer diplomatischen Beziehungen ist ein wichtiger Moment für unsere bilaterale Zusammenarbeit. Auf diese Weise können wir die Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien in allen Bereichen von gemeinsamem Interesse weiter ausbauen. Ich möchte Bundeskanzler Scholz für seine Unterstützung bei diesem Unterfangen danken.

Auf der Tagesordnung unserer Gespräche standen mehrere wichtige Themen, die für die Bürger, die wir vertreten, sowohl auf bilateraler als auch auf europäischer und internationaler Ebene von Bedeutung sind.

Wir haben über die wirtschaftliche Zusammenarbeit gesprochen und darüber, wie wir gemeinsam die Handels-, aber auch die Investitionskomponente entwickeln können, einschließlich der Nutzung von europäischen Ressourcen. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Rumäniens. Aber es gibt noch ein riesiges Entwicklungspotenzial zwischen den zwei Ländern. Zusammen haben wir neue Wege in der Zusammenarbeit gefunden, um neue Märkte zu erschließen. Zwei wichtige Richtungen sind zum Beispiel die aktive Beteiligung am Wiederaufbauprozess in der Ukraine oder die Unterstützung der Ukraine.

Ich möchte heutzutage noch einmal unsere Unterstützung der Ukraine unterstreichen. Wir müssen der Ukraine weiterhin Unterstützung bieten. Ich begrüße die Bemühungen der deutschen Regierung, mit der wir sehr gut in diesem Bereich zusammenarbeiten. Ich unterstreiche unsere Unterstützung für die baldige Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union sowohl für die Ukraine als auch für die Republik Moldau. Rumänien ist ein ernstzunehmender, glaubwürdiger und stabiler Akteur an der Ostflanke und kann eine aktive Rolle im Schwarzen Meer spielen, um unsere gemeinsame Agenda voranzubringen.

Rumänien verfügt über die Voraussetzungen, um eine Drehscheibe im Bereich der Energie zu werden. Wir verfügen über zahlreiche eigene Ressourcen, aber auch über Energieprojekte, die Rumänien eine entscheidende Rolle für die Stabilität in der Region sichern werden. Das bietet wichtige Chancen für deutsche Unternehmen. Gleichzeitig hat Rumänien ein erhebliches Potenzial in der Landwirtschaft und im Bauwesen, für die wir jüngst zusätzliche Fördermaßnahmen entwickelt haben.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist nicht zuletzt die Verteidigungsindustrie, wo wir in Abstimmung mit der Europäischen Union und der Nato schon eine Reihe von gemeinsamen Projekten auf den Weg gebracht haben. Ich möchte Sie darüber informieren, dass ich morgen Gespräche mit der rumänisch-deutschen Wirtschaft und der deutschen Verteidigungsindustrie führen werde.

Außerdem werden wir im September ein rumänisch-deutsches Wirtschaftsforum in Berlin veranstalten, bei dem wir hoffentlich auf höchster Ebene vertreten sein werden. Neben den wirtschaftlichen Aspekten freue ich mich, die Brücke zwischen unseren Ländern zu erwähnen, nämlich die rumänische Gemeinschaft in Deutschland und die Gemeinschaft der Deutschstämmigen in Rumänien, die einen unschätzbaren Mehrwert für unsere bilateralen Beziehungen darstellen. Ich begrüße auch die Unterstützung, die die deutsche Unterstützung den heute in Deutschland lebenden Rumänen bietet. Ich versichere Ihnen, dass die Regierung, die ich vertrete, eng mit allen in Rumänien vertretenen Minderheiten zusammenarbeitet. Ich freue mich, dass wir in unserer Delegation heute das Mitglied der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament haben, Herrn Ovidiu Ganț.

Abschließend möchte ich Bundeskanzler Olaf Scholz persönlich für seine Unterstützung des Beitritts Rumäniens zum Schengenraum danken. Deutschland hat bewiesen, dass es ein echter Freund Rumäniens ist. Wir haben gemeinsam erörtert, wie wir diese ungerechtfertigte Blockade überwinden können, die unserer Meinung nach die europäische Einheit unmittelbar beeinträchtigt. Wir zählen auf die Unterstützung Deutschlands, um diesen Moment zu überwinden. Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.

Frage: Guten Tag! Nächste Woche findet der Gipfel in Vilnius statt. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky ist eingeladen worden. Aber er hat angegeben, dass er keinen Grund habe, an diesem Gipfel teilzunehmen, wenn die Ukraine nicht eingeladen werde, der Nato beizutreten. Wolodymyr Selensky beantragt, dass die Nato konkret eine Einladung zum Beitritt aussprechen möge. Aber Deutschland hat öfter gesagt, dass zu diesem Zeitpunkt nicht über einen Beitritt gesprochen werden könne, da ein Krieg geführt werde.

Wie sehen Sie den Antrag des Präsidenten Wolodymyr Selensky? Wie stehen Deutschland und Rumänien dazu?

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. In der Tat beschäftigt es uns im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Gipfels sehr, wie wir die Aktivitäten unseres Verteidigungsbündnisses weiterentwickeln können. Lassen Sie mich vorab ein paar Bemerkungen machen.

Es findet eine große Veränderung statt. Wir haben uns in den letzten Jahren darauf konzentriert, fähig zu sein, Einsätze fernab der Nato zu koordinieren und zu begleiten, um Sicherheit an anderen Stellen der Welt zu gewährleisten. Das nimmt jetzt ab. Aber gleichzeitig bekommt die Landes- und Bündnisverteidigung eine große und wachsende Bedeutung. Das hat etwas mit der Ausstattung unserer Armeen zu tun. Deutschland hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir entsprechend der Nato-Kriterien dauerhaft zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben können. Wir haben jetzt alle notwendigen Entscheidungen getroffen, einschließlich solcher, bei denen wir eng kooperieren wie bei der European Sky Shield Initiative und verschiedenen anderen Fragen, die alle von großer Bedeutung sind. Im Rahmen der Entscheidungen, die die Nato dazu trifft, haben wir auch die Präsenz an der Ostflanke erhöht und werden unsere eigene Rolle zum Beispiel in der Ostsee und an vielen anderen Stellen verstärken, damit die Kooperation gut funktioniert.

In Hinblick auf die Ukraine ist es notwendig, dass wir unsere Beziehungen weiterentwickeln. Aktuell steht natürlich die Unterstützung der Ukraine bei ihrer Verteidigung im Vordergrund. Deutschland ist nach den USA das Land, das dabei mit all dem, was wir bisher möglich gemacht haben, die größte und umfassendste Unterstützung gewährleistet, alles zusammen etwa 17 Milliarden Euro. Weitere 2,8 Milliarden Euro sind mobilisiert worden. Als Präsident Selensky mich besuchte, habe ich das hier an dieser Stelle verkündet. Das ist, denke ich, ganz wichtig für die nächste Zeit. Es geht um Panzer. Es geht um Artillerie, auch um sehr weitreichende. Es geht um all die Maßnahmen zur Luftverteidigung, die jetzt angesichts der russischen Raketen- und Drohnenangriffe so wichtige sind.

Wir werden gleichzeitig die Zusammenarbeit vertiefen. Es wird über die Weiterentwicklung der heutigen Arbeitsbeziehungen zwischen Nato und Ukraine im Hinblick auf einen gemeinsamen Rat gehen. Sicherlich werden wir auch die Frage diskutieren, wie wir uns weiter mit der Perspektive der Länder beschäftigen, die auf die Nato schauen und dort mitmachen wollen. Seinerzeit wurden in Bukarest Entscheidungen getroffen. Das werden wir weiterentwickeln müssen. Aber klar ist auch: Während eines Krieges kann niemand Mitglied eines Verteidigungsbündnisses werden. Zu den Kriterien für die Nato-Mitgliedschaft gehört auch, dass man keine offenen Grenzkonflikte hat.

Also wird das eine Rolle spielen. Aber das Wichtigste ist unsere große praktische Unterstützung für die Ukraine. Die werden wir zur Verfügung stellen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen. Wir wünschen uns, dass die Ukraine erfolgreich und auch zügig erfolgreich ist, zum Beispiel bei der gegenwärtigen Offensive im Osten des Landes. Wir haben unseren Beitrag dazu geleistet, dass das möglich ist. Aber wir haben auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir die Ukraine lange unterstützen können, wenn der Krieg lange dauert. Mein Aufruf an alle, an die Länder, die die Ukraine unterstützen wollen, wie Deutschland und Rumänien, aber auch viele andere, ist, dass sie für sich Entscheidungen treffen, die sie in die Lage versetzen, das auch noch ein, zwei, drei und, wenn es sein muss, mehr Jahre zu tun, weil wir nicht wissen, wie lange der militärische Konflikt anhalten wird.

Frage: Herr Bundeskanzler, die Gegenoffensive der Ukraine hat in den ersten Wochen noch nicht die Geländegewinne gebracht, die man sich davon vielleicht versprochen hatte. Sind Sie besorgt darüber? Welche Konsequenzen muss das gegebenenfalls für die Waffenlieferungen an die Ukraine haben? Muss man jetzt doch darüber nachdenken, Waffen neuer Qualität an die Ukraine zu liefern - es steht ja immer noch der Antrag der Ukraine im Raum, Marschflugkörper zu liefern -, oder bleiben Sie bei der Ansage, dass man mehr vom Selben an die Ukraine liefert?

Im Zusammenhang damit habe ich eine Frage zu US-Medienberichten, dass die USA vorhätten Streumunition an die Ukraine zu liefern. Wäre das aus Ihrer Sicht akzeptabel?

Herr Ministerpräsident, ich wüsste gern, was Sie sich vom Nato-Gipfel erhoffen, was die Stärkung der Nato-Ostflanke angeht. Deutschland hat schon die Ansage gemacht, 4000 Soldaten fest in Litauen zu stationieren. Hoffen Sie auf Zusagen auch anderer Länder?

MP Ciolacu: Eine Frage für mich oder für Herrn Bundeskanzler?

BK Scholz: Die letzte Frage - - - (Der Redner setzt auf Englisch fort. Eine Dolmetschung erfolgt nicht.)

MP Ciolacu: … (Eine Dolmetschung des Beginns der Ausführungen des Redners erfolgt nicht.) Leider wird der Konflikt langfristig sein. Wir hätten wahrscheinlich erwartet, dass der Konflikt mit dieser Offensive zu Ende gehen wird. Aber leider wissen wir, dass das nicht möglich gewesen wäre. Die öffentlichen Daten geben uns nicht so viel Mut dazu. Aber wir wissen, dass die Lage im Kriegsgebiet ganz anders ist.

Aber ja, ich denke, dass deutsche Truppen ständig auf dem Gebiet Rumäniens stationiert werden müssen. Ich hoffe, dass wir zusammen mit dem Bundeskanzler so schnell wie möglich Entscheidungen in dieser Hinsicht treffen können.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage, was die Entwicklung der ukrainischen Offensive betrifft. Meine feste Überzeugung ist: Es war nie zu erwarten, dass sich dort von dem einen Tag auf den anderen alles ändert. - Wenn man das Geschehen genau beobachtet, dann sieht man, dass das, was an Operationen die ukrainischen Verteidigungskräfte planen, sehr zielgerichtet ist. Deshalb ist das bisher schon sehr präzise und gut organisiert vor sich gegangen. Der Moment, in dem man einen großen Durchbruch erzielt, sollte auch nach diesen Planungen noch nicht so schnell kommen. Aber ich denke, dass wir das weiterhin sorgfältig beobachten werden.

Mit den Waffenlieferungen, die wir zur Verfügung gestellt haben, haben wir genau das möglich gemacht, was jetzt gebraucht wird. Ich habe es schon erwähnt. Das sind Panzer. Das ist Artillerie. Das betrifft auch die Frage der Luftverteidigung, die immer wichtiger wird. Da haben wir sehr massiv ausgebaut. Die Systeme, die wir geliefert haben, die Patriots, die IRIS-T, die Flakpanzer Gepard, sind ganz zentral bei der Operation, aber auch bei der Verteidigung gegen die unglaublich vielen Angriffe mittels Raketen, Kampfflugzeuge und Drohnen aus Russland auch auf zivile Ziele. Insofern werden wir davon mehr machen. Das ist das, was im Augenblick ansteht. Ich habe bereits über das zusätzliche Paket berichtet, das wir mobilisiert haben und für das wir auch mit den Haushaltberatungen die finanziellen Mittel bereitstellen.

Zusatzfrage: Und Streumunition (akustisch unverständlich)

BK Scholz: Ich glaube, nicht, dass es Sinn macht, hier Meldungen zu kommentieren. Auf alle Fälle weiß ich genau, dass sich alle Entscheidungen, die die amerikanische Regierung vorbereitet, entlang der internationalen Regeln, die wir alle miteinander vereinbart haben, bewegen werden.

Frage: Guten Tag! Wir wissen, dass der spanische EU-Vorsitz eine Priorität hat, was den Beitritt Rumäniens zum Schengen-Raum angeht. Ich möchte wissen, ob wir nur über einen Beitritt in Bezug auf den Luftraum sprechen können. Wie könnte Österreich dazu bewegt werden, diesem Beitritt zuzustimmen?

Die Frage richtet sich sowohl an den Bundeskanzler als auch an den Premierminister.

BK Scholz: Der Premierminister hat es ja schon gesagt: Deutschland steht voll hinter dem Schengen-Beitritt Rumäniens. Wir werden diese klare Haltung auch weiter vertreten.

Wir stehen übrigens auch hinter dem Schengen-Beitritt Bulgariens und sind ebenfalls sehr klar, was diese Forderung betrifft.

Wir diskutieren mit unseren skeptischen Freunden in der Europäischen Union ununterbrochen, nicht nur bei den Sitzungen, die offiziell sind, sondern auch dazwischen. Es ist in der Tat so, dass sich die spanische Präsidentschaft vorgenommen hat, hier Bewegung und Durchbrüche zu erreichen. Bevor die gelungen sind, kann man schwer darüber spekulieren, wie sie sein werden. Aber aus meiner Sicht geht es schon in der Perspektive unbedingt um einen Vollbeitritt zum Schengen-Raum. Und das halte ich auch für richtig.

Also: Was wir hier machen können, ist ja nur, unsere gemeinsame Haltung zu versichern. Die ist die gleiche: Wir wollen, dass Rumänien dem Schengen-Raum beitreten kann. Das ist, wenn ich das sagen darf, auch eine Frage der Gerechtigkeit. Denn wir haben darauf bestanden, dass die Voraussetzungen und Kriterien dafür erfüllt sein müssen. Alle Berichte, die wir haben, besagen, dass die Voraussetzungen und Kriterien erfüllt sind. Dann muss das auch eine Konsequenz haben.

MP Ciolacu: Wie auch der Herr Bundeskanzler gesagt hat, hat Rumänien alle technischen Kriterien für den Beitritt zum Schengen-Raum erfüllt. Das Paket besteht aus Rumänien und Bulgarien. Bulgarien (benötigt) noch einen Bericht im Bereich des Kooperations- und Überprüfungsmechanismus. Rumänien hat diese (Vorgabe) schon erfüllt. Der Mechanismus ist in Rumänien nicht mehr von der Europäischen Kommission eingesetzt. Ich möchte mich nicht nur beim Bundeskanzler, sondern auch bei Premierminister Pedro Sánchez bedanken, der den Beitritt Rumäniens gleichfalls unterstützt. Die Vertretung Rumäniens bei der Europäischen Kommission, das Außenministerium, der Präsident, ich, wir alle werden uns dafür einsetzen, dass diese Herausforderung unter dem Vorsitz Spaniens (gemeistert) wird. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass jede Innenpolitik die Politik der Europäischen Union nicht beeinflusst und dass eine Entscheidung der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments davon auch nicht beeinflusst werden sollte. Als Politiker wünschen wir uns, dass wir für immer eine gewisse Funktion besetzen. Aber eigentlich müssen wir Staatsmänner werden, wenn wir gewisse Entscheidungen treffen.

Frage: Zum Abschluss eine Frage zu einem Thema, das Sie vielleicht heute besprochen haben, das aber auch sonst als Staats- und Regierungschefs der EU sicherlich auf Ihrer Agenda ist, nämlich China. Peking hat heute angekündigt, die Ausfuhren für zwei wichtige Rohstoffe - Gallium und Germanium - zu beschränken beziehungsweise beschränken zu wollen, was für Chips sehr wichtig ist. Inwiefern besorgt Sie das? Wie muss man darauf reagieren?

Herr Bundeskanzler, direkt an Sie nachgefragt, wenn ich darf: Sie haben am Freitag bei der Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel gesagt, „De-Risking“ sei vor allen Dingen eine privatwirtschaftliche Aktivität. Das hat in Brüssel für Verwunderung oder teilweise auch Kritik gesorgt, weil gewisse Akteure gesagt haben: Gerade jetzt, wo man eine „economic-security“-Strategie erarbeitet hat, sollte man das vielleicht nicht alles privatwirtschaftlich regeln, sondern eben auch gewisse staatliche Eingriffe oder Vorgaben machen. Wie reagieren Sie auf diese Kritik? - Vielen Dank.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. Ich habe sie nicht mitbekommen. Das muss sich auf einen ganz kleinen Kreis von Eingeweihten bezogen haben. Das ist also nicht weitergetragen worden. Das ist auch nicht verwunderlich, weil man das kaum verstehen kann. Es handelt sich bei Deutschland, bei den Staaten der Europäischen Union um Marktwirtschaften mit privaten Unternehmen, die Handels- und Investitionsbeziehungen in alle Welt haben. Kein Staat – oder kaum einer - investiert direkt im Ausland und insbesondere auch nicht in China. Insofern ist das der Hinweis darauf, wer dafür Sorge tragen muss, dass er sich zum Beispiel eine zweite oder dritte Lieferkette aufbaut, die andere Länder einbezieht. Unternehmen müssen entscheiden, wohin sie exportieren wollen. Das wird der Staat niemals tun. Aber wenn wir sagen, dass „De-Risking“ bedeutet, in viele Länder zu exportieren, dann ist es eben gut, wenn sich Unternehmen viele Länder suchen, in die sie exportieren.

Das Gleiche gilt für die Rohstofffrage. Darauf haben wir im Rahmen unserer Sicherheitsstrategie genauso wie die Europäische Union einen großen Schwerpunkt gelegt. Ich bin unverändert sehr stolz darauf, dass es in ganz kurzer Zeit gelungen ist, ein Petitum von mir Allgemeingut werden zu lassen, nämlich dass wir sagen: Wir wollen den Ländern, die im Süden Amerikas, Afrika und in vielen anderen Ländern Asiens Rohstoffe haben, dabei helfen, dass sie diese Rohstoffe - jedenfalls, was die erste Verarbeitungsstufe betrifft - vor Ort verarbeiten können. Das schafft dort Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Wohlstand und trägt gleichzeitig zu einer größeren Resilienz der internationalen Lieferbeziehungen bei, auch was Rohstoffe betrifft.

Ansonsten beobachten wir im Hinblick auf Ihre erste Frage die Entwicklung sehr genau. Das ist, wenn ich das richtig verstanden habe, jetzt ein rechtliches Regime und noch keine Exportbeschränkung. Aber wir werden natürlich genau gucken, ob das daraus folgt oder nicht. Das ist eine Frage, die uns sehr interessiert.