Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsidenten von Georgien, Kobachidse am 12. April 2024 in Berlin

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BK Scholz: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich bin sehr froh, dass Sie heute zu Ihrem Antrittsbesuch nach Berlin gekommen sind. Noch einmal herzlich willkommen!

Deutschland und Georgien pflegen einen intensiven bilateralen Austausch, und wir freuen uns auch über das große Interesse an der deutschen Sprache und den akademischen Austausch, der zwischen unseren Ländern herrscht. Ein gutes Beispiel sind Sie ja selbst mit Ihrem Promotionsstudium in Düsseldorf und als jemand, der auch die deutsche Sprache gut beherrscht. Das freut uns natürlich sehr.

Deutschland unterstützt Georgien seit 1992 bei seiner Transformation hin zu einer sozialen Marktwirtschaft sowie bei der Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Wir sind natürlich auch enge Partner, wenn es um Entwicklungszusammenarbeit geht. Da freuen wir uns über die Kooperation.

Deutschland hat von Anfang an die Entscheidung unterstützt, dass Georgien eine Perspektive für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union erhält. Deshalb ist es für uns ein wichtiges Datum gewesen, dass Georgien im Dezember den Kandidatenstatus von der Europäischen Union anerkannt bekommen hat. Nun geht es darum, diesen Prozess so zu organisieren, dass Stück für Stück all die Kriterien, die für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union erforderlich sind, vorangebracht werden. Dabei geht es um den ganzen rechtlichen Rahmen, die wirtschaftlichen Regelungen, die damit verbunden sind, aber natürlich auch um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Wir wissen, und das ist natürlich sehr erfreulich, dass dies nicht nur ein Vorhaben der Regierung ist, sondern dass die Mitgliedschaft in der Europäischen Union auch ein großes Anliegen der Bürgerinnen und Bürger Georgiens ist. Es gibt Umfragen, wonach das eine überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger aktiv unterstützen und alles dafür tun will, dass dieser Prozess auch erfolgreich vorankommt. Wir freuen uns auch deshalb, weil natürlich in diesen Zeiten das Bekenntnis zu den europäischen Werten ganz besonders wichtig ist und dass auch für die Europäische Union selbst eine gute Bedeutung hat.

Ich finde, dass es wichtig ist, dass wir dann in dieser Situation aber auch immer über die Probleme sprechen. Deshalb will ich noch einmal sagen: Wir waren wie auch die gesamte Europäische Union kritisch im Hinblick auf das Gesetz in Bezug auf Organisationen mit ausländischem Einfluss und hatten, nachdem das gestoppt worden war, sehr gehofft, dass es nicht wieder zustande kommt. Nun gibt es ein neues Gesetzgebungsvorhaben, das in die gleiche Richtung geht. Unsere Kritik bleibt die gleiche wie das letzte Mal, und wir hoffen, dass auch dieses Gesetz nicht so beschlossen wird, sondern dass sich unverändert an den kritischen Äußerungen orientiert wird, die von uns und von anderen dazu gemacht worden sind. Wir glauben, dass es solche Gesetze nicht braucht.

In unserem Gespräch habe ich deshalb auch noch einmal auf die Bedeutung der Zivilgesellschaft und des Miteinanders von Regierung und Opposition hingewiesen, die für eine gesellschaftlich friedliche Entwicklung von großer Bedeutung sind.

Wir sind, wie gesagt, froh, dass viele Reformen auf den Weg gekommen sind, die jetzt auch konsequent weiterverfolgt werden müssen - im Bereich der Justiz, der parlamentarischen Kontrolle der Institutionen und auch im Zusammenhang mit dem Umgang mit Oligarchen. Das sind Kriterien, die für Europa von größter Bedeutung sind.

Auch die Parlamentswahlen, die jetzt stattfinden, sind deshalb sehr wichtig. Es ist wichtig, dass von ihnen ein Signal ausgeht, dass sie frei und fair sind und dass das deshalb auch eine Grundlage für den weiteren Prozess ist, der jetzt mit dem Kandidatenstatus eröffnet worden ist.

Deutschland bleibt ein zuverlässiger Partner an der Seite unserer georgischen Freunde, und wir werden den Weg in Richtung der Europäischen Union weiter unterstützen.

Wir wissen: Russland ist unverändert dabei, seine imperialistischen Pläne voranzutreiben. Das gilt nicht nur im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern wir sollten nicht vergessen: Auch Georgien selbst ist seit 2008 Opfer russischer Aggression. Teile Georgiens sind völkerrechtswidrig unter russischer Kontrolle. Gerade deshalb ist es für uns wichtig, dass wir klare Standpunkte vertreten. Wir akzeptieren dies nicht, und deshalb unterstützt Deutschland unverändert die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens innerhalb der international anerkannten Grenzen. Wir unterstützen auch weiter die EU-Überwachungsmission, für die Deutschland einen großen personellen Beitrag leistet.

Ich bin auch froh, dass wir deshalb nicht zufällig, aber eben doch bemerkenswerterweise gemeinsam den russischen Angriffskrieg verurteilen und alles dafür tun, dass die Sanktionen, die wir in der Europäischen Union verhängt haben, nicht umgangen werden.

Wie gesagt: Schönen Dank für den Besuch! Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

MP Kobachidse: (auf Deutsch) Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, es ist eine große Freude für mich, hier in Berlin zu sein und als Ministerpräsident Georgiens Deutschland besuchen zu dürfen. Herr Bundeskanzler, ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen für Ihre Einladung und für Ihre Gastfreundschaft bedanken.

In den Neunzigerjahren hat Deutschland eine ganz besondere und ganz wichtige Rolle bei der Wiederherstellung und Entwicklung der georgischen Staatlichkeit gespielt. Die Georgier, die dank deutscher Unterstützung ihre Ausbildung in Deutschland erhalten haben, spielen eine ganz wichtige und besondere Rolle in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, aber auch in der georgischen Politik. Sowohl ich als auch der Parlamentspräsident, der Justizminister, der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Parlament und viele andere Regierungspolitiker haben in Deutschland studiert und promoviert. Wir haben in Deutschland gelernt, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und Staatssouveränität die obersten Grundprinzipien sind, die mit besonderer Aufmerksamkeit verteidigt werden müssen und eine stabile Entwicklung unseres Landes prägen sollen. Wir sind dem deutschen Volk und dem deutschen Staat für die wertvolle Unterstützung ganz besonders dankbar.

Angesichts dieser Erfahrung ist es kein Zufall, dass Berlin die erste europäische Hauptstadt nach Brüssel ist, die ich als Ministerpräsident Georgiens besuche. Georgien und Deutschland verbindet eine enge Freundschaft und eine zuverlässige Partnerschaft, die auf gemeinsamen Werten beruhen. Dem politischen Dialog mit Deutschland sowie der weiteren Stärkung unserer bilateralen Beziehungen messen wir einen äußerst hohen Wert bei.

Deutschland spielt eine besondere Rolle bei der Umsetzung der wichtigsten außenpolitischen Ziele unseres Landes. Während des Treffens dankte ich dem Herrn Bundeskanzler für die politische und praktische Unterstützung unseres Landes im historischen Moment auf unserem Weg zur EU-Integration, der sich im Dezember des vergangenen Jahres in der Verleihung des Status eines EU-Beitrittskandidaten an unser Land manifestierte. Ich habe dem Herrn Bundeskanzler das feste Bekenntnis der georgischen Regierung zur europäischen Wahl unseres Landes bestätigt.

Georgien gehört zu Europa. Es ist unser Ziel, in einer mittelfristigen Perspektive ein Mitglied der Europäischen Union zu werden, die die freiheitlichen Völker - wie Sie, Herr Bundeskanzler, vor zwei Jahren ganz schön gesagt haben - von Lissabon bis Tiflis verbindet. Im Rahmen des Assoziierungsabkommens und unter Berücksichtigung der von der Europäischen Kommission festgelegten neun Schritte setzen wir den Reformprozess konsequent fort. Unser nächstes Ziel ist die Eröffnung der EU-Beitrittsverhandlungen, und wir hoffen, dass die von Georgien durchgeführten Reformen eine entsprechende Bewertung erhalten.

Heute haben wir auch die Sicherheitslandschaft im Südkaukasus besprochen. Angesichts der aktuellen Lage gewinnt die feste Unterstützung Deutschlands für die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens noch mehr an Gewicht, wofür ich dem Herrn Bundeskanzler herzlich gedankt habe. Ich möchte noch einmal betonen, dass Georgien ein zuverlässiger Verbündeter und Partner der EU in unserer geopolitisch schwierigen Region ist. Georgien leistet einen wichtigen Beitrag zum Prozess der Sicherstellung von Frieden und Stabilität im Südkaukasus, was im gemeinsamen Interesse unserer Länder liegt.

Selbstverständlich haben wir ebenso auch die Vertiefungsperspektiven der bilateralen Beziehungen besprochen. Wir haben mit Zufriedenheit festgestellt, dass sich im Laufe der Jahre zwischen unseren Ländern eine enge und mehrdimensionale Zusammenarbeit entwickelt hat, die fast alle Bereiche umfasst. Besonderes Augenmerk wurde auf einzelne Sektoren gelegt, nämlich auf die jüngsten Fortschritte im Bereich der Sicherheit und Verteidigung, der Strafverfolgung, der Kultur, der Bildung und der Wissenschaft.

Wir haben auch über enge wirtschaftliche Beziehungen Georgiens zu Deutschland gesprochen, das traditionell einer der führenden Handels- und Wirtschaftspartner unseres Landes ist. In Georgien operieren erfolgreich mehrere deutsche Unternehmen. Es ist wichtig für uns, gemeinsame Schritte und Wege zu erörtern, die uns helfen werden, den deutschen Wirtschaftssektor mehr für das Investitions- und Transitpotenzial Georgiens zu sensibilisieren.

Ich bin zuversichtlich, dass das Interesse gegenüber Georgien weiterhin zunehmen wird, wenn im Juni dieses Jahres die georgische Nationalmannschaft zum ersten Mal in ihrer Unabhängigkeitsgeschichte hier in Deutschland an der Europameisterschaft teilnehmen wird. Ich wünsche unserer Nationalmannschaft und auch der deutschen Nationalmannschaft viel Erfolg bei der Europameisterschaft!

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, nochmals vielen Dank für die Einladung und für die herzliche Gastfreundschaft. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, auch Sie zum Gegenbesuch in Georgien einzuladen.

Heute haben wir auch das Transparenzgesetz angesprochen, und dazu möchte ich auch ein paar Worte sagen. Das Gesetz über die Transparenz des ausländischen Einflusses steht in vollem Einklang mit allen Rechtsprinzipien und Grundrechten. Das habe ich gegenüber dem Bundeskanzler auch behauptet. Ein solches Gesetz wurde vor Kurzem auch von der Europäischen Kommission genehmigt. Die Öffentlichkeit hat keine Alternative in der demokratischen Grundordnung und in einem souveränen Rechtsstaat; davon bin ich ganz tief überzeugt.

Das Einzige, was der Gesetzentwurf vorsieht, ist die jährliche Offenlegung der Finanzen der Nichtregierungsorganisationen. Bis heute hat niemand erklären können, warum dieser Mindeststandard an Transparenz bei sogenannten Nichtregierungsorganisationen in Georgien nicht etabliert werden darf. Sobald ich zum Ministerpräsidenten Georgiens ernannt wurde, habe ich die Entscheidung getroffen, alle Rechtsakte und alle Entscheidungen der Regierung zu veröffentlichen. Das ist sehr wichtig für die Sicherung der Funktionsfähigkeit der georgischen Regierung, für mich. Unter solchen Umständen haben wir ein volles Recht, einen Mindestgrad an Transparenz von Nichtregierungsorganisationen zu fordern.

Die Nichtregierungsorganisationen, die im Auftrag ihrer Geldgeber agieren, haben zum Ziel, einen Einfluss auf politische Entwicklungen in Georgien zu nehmen. Seit 2020 haben sie bereits einmal versucht, die Regierungen nicht durch die Parlamentswahl, sondern durch Straßenproteste zu ändern. Seit mehreren Jahren werden die radikalen und polarisierenden Organisationen vom Ausland finanziert. Auch die illegale Parteienfinanzierung durch die Nichtregierungsorganisationen ist eine regelmäßige Praxis. Wir können ganz gut verstehen, warum die jeweiligen Geldgeber und Organisationen Angst vor der Offenlegung ihrer Finanzen haben. Wir sind tief davon überzeugt, dass die Öffentlichkeit eine präventive Rolle hinsichtlich der Finanzierung von Radikalismus und Polarisierung in Georgien spielen kann. Der Prozess ist ganz offen. Wir sind offen für die Diskussionen über das Transparenzgesetz. Hans Kelsen hat einmal gemeint, dass eine funktionsfähige Demokratie wehrhaft sein soll. Das habe ich übrigens in Deutschland gelernt. Ich bin tief davon überzeugt, dass das neue Transparenzgesetz einen wichtigen Beitrag zur Gewährleistung der wehrhaften Demokratie in Georgien spielen kann.

Nochmals vielen Dank für Ihre Einladung und die Gastfreundschaft! Sie sind, wie gesagt, ganz herzlich nach Georgien eingeladen. Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.

Frage: Ich habe eine Frage an Sie, Herr Bundeskanzler. Sie haben über das Transparenzgesetz gesprochen, und Sie haben die Hoffnung ausgesprochen, dass Georgien dieses Gesetz in dieser Form nicht verabschieden wird. Der Ministerpräsident hat gesagt, dass die Regulierung dieses Bereichs auch in Europa wichtig ist und dass in sehr vielen Ländern solche oder entsprechende Gesetze verabschiedet worden sind. Ich möchte fragen, warum unsere europäischen Partner vor diesem Hintergrund besorgt sind, wenn ähnliche oder analoge Regelungen in diesem Bereich sowohl in der EU als auch in den USA gelten.

BK Scholz: Die Europäische Union als solche hat keine solche Regelung. Es gibt eine Diskussion darüber, etwas zu machen, was in bestimmten Bereichen Transparenz herstellt, aber das ist eine andere Regelung und auch ein anderes Konzept als das, was hier diskutiert wird. Es ist auch nicht beschlossen worden, und das wird es möglicherweise auch nicht. Es hat einmal eine Regelung in Ungarn gegeben, die der Europäische Gerichtshof kassiert hat.

Frage: Herr Ministerpräsident, Herr Bundeskanzler, vor zwei Tagen hat die Schweiz angekündigt, für Mitte Juni zu einem Ukraine-Friedensgipfel einladen zu wollen. An Sie beide die Frage: Was halten Sie von dieser Initiative? Können Sie sich beide selbst vorstellen, auch daran teilzunehmen?

Herr Bundeskanzler, die Erfolgschancen dieses Gipfels stehen und fallen mit einer Teilnahme Chinas als des wichtigsten Verbündeten Russlands. Sie reisen am Samstag nach China. Haben Sie sich für diese Reise das Ziel gesetzt, China davon zu überzeugen, an diesem Gipfel teilzunehmen?

Vielleicht können Sie auch noch sagen, mit welchen weiteren Zielsetzungen Sie diese Reise antreten, gerade im wirtschaftlichen Bereich.

BK Scholz: Schönen Dank für die Frage. Zunächst einmal haben wir den Prozess, internationale Gespräche über verschiedene Fragen der weiteren Entwicklung und einer friedlichen Entwicklung in der Ukraine zu organisieren, schon seit Langem unterstützt. Es hat Zusammenkünfte in Kopenhagen, in Dschidda, in Valetta, in Davos gegeben. Aus dem jüngsten Gespräch ist die Perspektive entstanden, zu einer größeren Konferenz zusammenzukommen. Wir haben diesen Prozess immer unterstützt und tun dies auch mit den persönlichen Anforderungen, die damit verbunden sind. Unser Ziel ist es in der Tat, wie Sie es auch in Ihrer Frage untergebracht haben, das so zu organisieren und solche Dinge voranzubringen, dass das eine große Beteilung der Welt mit beinhaltet, also zum Beispiel aus arabischen Ländern, aus Südafrika, aus Brasilien, auch aus China, das sich mit seinen Vertretern mehrfach an diesen Veranstaltungen beteiligt hat. Darum geht es auch weiterhin. Das ist ganz offensichtlich.

Was die Frage der Reise nach China betrifft, haben wir ein großes, weites Feld von geopolitischen Themen, die wir miteinander besprechen wollen. Selbstverständlich geht es auch um die Frage, wie wir die wirtschaftliche Entwicklung zwischen unseren Ländern weiter organisieren. Für uns ist es eine bedeutende ökonomische Kooperation, die neben all der Kooperation mit unglaublich vielen anderen Ländern, die unsere Wirtschaft hat und die wir haben, steht. Auch wenn wir uns mit unseren Investitionen und mit unseren Lieferbeziehungen noch weiter in alle Welt hineinbewegen, bleibt China ein wirklich wichtiger Wirtschaftspartner für Deutschland. Dazu haben wir zum Beispiel auch Fragen zu besprechen, die etwas mit „level playing field“ zu tun haben, mit dem Sichern von Rechten deutscher Unternehmen usw. Das ist also eine ganz große Palette.

MP Kobachidse: (auf Deutsch) Georgien und die Ukraine verbindet eine sehr enge, langjährige Freundschaft. Sie verbindet auch unsere Völker. Wir leisten unseren Freunden in der Ukraine eine starke Unterstützung. Das ist eine sehr starke politische Unterstützung. Aber auch im Hinblick auf humanitäre Unterstützung tun wir alles, was uns möglich ist. Wir sind natürlich gern bereit, mit unseren Partnern alle Maßnahmen zu diskutieren, die die Unterstützung von unserer Seite weiter stärken können.

Frage: Guten Tag! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Georgien und Deutschland verbindet eine langjährige tiefe Partnerschaft und Zusammenarbeit in mehreren Richtungen. Darüber hinaus haben Sie betont, dass Deutschland die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens fest unterstütze. Sie haben vor ungefähr anderthalb Jahren auch gesagt, dass von Lissabon bis Tiflis die Stimme der freiheitlichen Völker zu hören sein solle.

Wie stellen Sie sich heute, da Georgien den Kandidatenstatus hat und wir Entscheidungen erwarten, um die nächsten Schritte zu machen, die weitere Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Ländern vor, und wie wird ihre Stellung im November und Dezember sein?

BK Scholz: Deutschland war und ist ein Unterstützer der europäischen Perspektive Georgiens. Deshalb haben wir auch in den vielen Gesprächen vor der Entscheidung im vergangenen Jahr sehr dafür geworben, dass der Kandidatenstatus erreicht wird. Das ist gelungen, natürlich nicht, um sich darauf auszuruhen, sondern jetzt muss der ganze Katalog abgearbeitet werden, der für die Aufnahme von konkreten Beitrittsverhandlungen benannt ist. Das gilt natürlich noch viel mehr für das gesamte rechtliche Regime, das mit Europa verbunden ist. Denn dabei gibt es Fragen, die einfach von wirtschaftlicher Natur sind, dass die rechtlichen Regeln dem europäischen Binnenmarkt und seinen Konzepten entsprechen. Es gibt die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Auch dort muss eine Integration stattfinden. Sie muss dem Maßstab folgen, den Europa hat. Natürlich gehört dazu auch das ganze Themenfeld von institutionellen Reformen, von Rechtsstaatlichkeit und alles, was zu Demokratie dazugehört.

Wir sind gern ein aktiver Partner dabei, möglichst schnell möglichst viele Fortschritte bei der Entwicklung auf Europa hin und bei der Umsetzung der damit verbundenen Anforderungen zu erreichen.

MP Kobachidse: Vielen herzlichen Dank für die Frage. Ich wiederhole es noch einmal: Die Unterstützung Deutschlands seit den 1990er-Jahren spielte eine besondere Rolle für die Entwicklung unseres Landes. Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung. Auf unserem Weg zur EU-Integration hat die deutsche Unterstützung selbstverständlich eine besondere Bedeutung. Ich möchte nochmals eindeutig unseren deutschen Kolleginnen und Kollegen und Herrn Bundeskanzler persönlich für die Unterstützung bei dieser Entscheidung danken. Wir wissen, dass Deutschland eine sehr, sehr große Rolle bei der Entscheidung gespielt hat, damit diese Entscheidung positiv fiel. Wir sind zuversichtlich und hoffen sehr, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Georgien positiv entwickeln wird, sowohl hinsichtlich der EU-Integration als auch im Kontext der Entwicklung der bilateralen Beziehungen.

Wir haben heute unsere Beziehungen in allen Bereichen besprochen, in den Bereichen von Sicherheit und Verteidigung, von Wirtschaft usw. Alle Bereiche unserer Zusammenarbeit sind für uns sehr wichtig. Wir sind zuversichtlich, dass diese enge Zusammenarbeit auch weiterhin fortgesetzt wird.

Frage: Herr Ministerpräsident, es ist etwas überraschend, dass Sie das Transparenzgesetz ganz anders darstellen als der Bundeskanzler, aber nicht nur anders als er, sondern auch als der EU-Botschafter in Georgien, der es gestern sehr hart kritisierte und gesagt hat, dass es nicht im Einklang mit den europäischen Werten stehe.

Wie erklären Sie sich, dass Sie offensichtlich zu einer ganz anderen Haltung kommen als die meisten EU-Partner und auch die EU, die ja Ihren Fortschritt bewerten muss?

Sehen Sie nicht die Gefahr, dass der EU-Beitrittsprozess durch dieses Gesetz vielleicht gefährdet wird?

Herr Bundeskanzler, im Moment gibt es sehr große Sorgen, dass Iran Israel angreifen könnte. Teilen Sie diese Sorge? Wie besorgt sind Sie?

Werden Sie auf Ihrer Reise nach China Peking dazu auffordern, seinen Einfluss auf Iran geltend zu machen?

MP Kobachidse: (auf Deutsch) Vielen Dank für diese Frage. Ich habe bereits klar gesagt, dass das Transparenzgesetz in vollem Einklang mit den Rechtsprinzipien steht. Die Verhandlungen im Parlament, aber auch außerhalb des Parlaments sind sehr offen. Wir sind gern dazu bereit, diese Diskussionen auch weiter für unsere europäischen, amerikanischen oder inländischen Partner zu öffnen.

Unsere Positionen sind sehr stark. Es ist ein sehr kurzes Gesetz. Das Einzige, was dieses Gesetz vorsieht, ist die jährliche Offenlegung der Finanzen der Nichtregierungsorganisationen. Niemand kann behaupten, dass die jährliche Offenlegung der Finanzen eine negative Rolle für die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Organisation spielen kann. Wenn ich etwas falsch sage - - - Wir sind, wie gesagt, ganz offen für die Diskussion. Aber ich kann noch einmal sagen: Das Einzige, was der Gesetzentwurf vorsieht, ist die jährliche Offenlegung der Finanzen der Nichtregierungsorganisationen und der jeweiligen Medienanstalten.

Deswegen bin ich tief davon überzeugt, dass unsere Positionen, wenn eine richtige Diskussion stattfindet - das war im vergangenen Jahr nicht der Fall -, in dieser Hinsicht sehr stark sein werden. Wie gesagt: In einer demokratischen Ordnung gibt es keine Alternative zur Transparenz.

BK Scholz: Wir nehmen das, was sich an Gefahren im Hinblick auf mögliche Aktionen des Iran auftut, sehr ernst. Selbstverständlich haben sowohl ich als auch die Außenministerin und die gesamte Regierung genauso wie viele Partner alles dafür unternommen, um die richtigen Hinweise auszusenden und klarzumachen, dass es nicht zu irgendeiner militärischen Aktivität kommen darf. Wir reden in großer Breite und in alle Richtungen.