Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Ministerpräsidenten der Slowakischen Republik, Fico am 24. Januar 2024 in Berlin

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BK Scholz: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, herzlich willkommen in Berlin! Schön, Sie heute hier in Berlin zu begrüßen; am Rande der Europäischen Räte in Brüssel haben wir uns ja bereits mehrmals gesprochen.

Deutschland zählt zu den ersten Ländern, die Sie als Ministerpräsident besuchen. Das zeigt, wie eng die Beziehungen zwischen der Slowakei und der Bundesrepublik sind. Gerade hatten wir schon die Gelegenheit, miteinander zu sprechen, und waren uns einig, dass wir diese guten Beziehungen noch einmal vertiefen wollen. Darauf freue ich mich.

Meine Damen und Herren, davon sollen insbesondere unsere exzellenten Wirtschaftsbeziehungen profitieren, die wir weiter voranbringen wollen. Wir leben in unruhigen Zeiten, in Zeiten großer Herausforderungen, was die Europapolitik, die Außenbeziehungen und die Sicherheitspolitik anbetrifft. Diese Herausforderungen werden wir in Europa nur gemeinsam bewältigen werden können. Das macht die Stärke und den Reiz Europas aus. Deshalb ist es klar, dass wir unsere Kooperation auf all diesen Feldern verstärken werden.

Nie war es wichtiger als heute, dass sich Partner innerhalb der Europäischen Union und der NATO eng abstimmen. Unser Gespräch heute werden wir auch nutzen, um das nächste Treffen des Europäischen Rates in Brüssel kommende Woche vorzubereiten. Es geht darum, Finanzhilfen der Europäischen Union für die Ukraine zu beschließen; Sie kennen die Lage. Unser Ziel ist es, eine gemeinsame Vereinbarung aller EU-Staaten im Rahmen der Revision des EU-Finanzrahmens hinzubekommen, damit 50 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren an Krediten und Zuschüssen für Kiew verlässlich zur Verfügung stehen.

Die Slowakei ist als direktes Nachbarland besonders vom russischen Überfall auf die Ukraine betroffen, und sie leistet ‑ das möchte ich ausdrücklich erwähnen ‑ große Unterstützung durch die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter. Die Haltung der Slowakei, die von Beginn an klar an der Seite der Ukraine steht, begrüße ich, und ich betone gerne, was ich gerade auch schon Ministerpräsident Fico persönlich gesagt habe: Wir setzen darauf, dass diese verlässliche Zusammenarbeit in Zukunft entschlossen fortgesetzt wird.

Die Entschlossenheit unseres Handelns muss klar sein. Denn dieser Krieg, der seit nunmehr fast zwei Jahren tobt, bleibt die zentrale sicherheitspolitische Herausforderung für Europa.

Für die Bundesregierung kann ich ganz klar sagen: Der russische Angriffskrieg ist gegen die schiere Existenz der Ukraine als souveräner Staat gerichtet. Sie alle kennen die imperialen und historisch verblendeten Aussagen und Schriften Putins und der russischen Führung insgesamt. Vor diesem Hintergrund warne ich vor der Vorstellung, dass die Fortdauer dieses furchtbaren Krieges nur einer Sprachlosigkeit zwischen Moskau und Kiew geschuldet ist. Es hat im Vorfeld des 24. Februar 2022 mit mehr als 200 Treffen alleine im Minsk- und im Normandie-Format gewiss nicht an Gesprächen gemangelt. Das Ergebnis kennen wir alle: Russlands brutaler und völkerrechtswidriger Überfall auf die gesamte Ukraine.

Kein Land sehnt sich mehr nach Frieden als die Ukraine. Aber nach zwei Jahren Krieg müssen wir auch erkennen, dass eine einfache Lösung nicht in Sicht ist. Der russische Präsident Putin kann diesen Krieg jedenfalls jederzeit beenden. Aber wenn die Ukrainerinnen und Ukrainer aufhören, sich zu verteidigen, ist es das Ende der Ukraine. Es liegt daher an Putin, Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen und den Weg für einen dauerhaften und gerechten Frieden zu ebnen.

Unser gemeinsames Signal an Russland muss daher sein: Wir werden die Ukraine, die um ihr Überleben und den Erhalt der Souveränität kämpft, so lange unterstützen wie nötig. Was Deutschland betrifft: Wir haben allein für dieses Jahr mehr als sieben Milliarden Euro an Militärhilfen vorgesehen. Ich bitte deshalb auch die EU-Staaten, bei sich selbst zu prüfen, was sie jeweils zusätzlich tun können, um ihre Unterstützung für die Ukraine weiter zu erhöhen. Auch das wird nächste Woche Thema in Brüssel sein. Wir brauchen ein Signal der Entschlossenheit Europas, die Ukraine zu unterstützen. Dafür setze ich mich ein.

Lieber Ministerpräsident Fico, wir sehen: Die Liste unserer Themen ist lang. Ich freue mich, dass wir gleich beim Abendessen noch mehr Gelegenheiten haben werden, all diese Fragen und noch viele weiteren, die unsere guten Beziehungen zwischen unseren Ländern ausmachen, zu besprechen. Ich bedanke mich ausdrücklich für diesen Besuch! Er war ja schon einmal geplant, das will ich gerne sagen, im Dezember. Da hat mich eine COVID-Infektion ereilt. Deshalb war ich sehr froh darüber, dass er jetzt so schnell nachgeholt werden kann und wir real miteinander sprechen können.

MP Fico: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, vielen Dank dafür, dass ich heute hier sein darf und dass wir uns gemeinsam austauschen können, was die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Slowakei, aber auch die aktuellsten internationalen Themen angeht. Ich möchte damit anfangen, dass zwischen der Slowakei und Deutschland eigentlich keine offenen politischen Fragen anstehen, und das freut mich sehr.

Ich glaube, dass ich jetzt darüber informieren kann, dass ich den Herrn Bundeskanzler darum gebeten habe, dass er den Vorschlag überprüft, aufgrund dessen ein slowakischer Staatsbürger auf die Sanktionsliste der Europäischen Union gesetzt wurde. Ich glaube, dass wir darüber nachher noch sprechen werden.

Ich schätze sehr den Beitrag der deutschen Firmen und der deutschen Wirtschaft in der Slowakei, Herr Bundeskanzler. Wenn wir uns das Volumen der Investitionen und auch die Bereiche anschauen, in denen die Tätigkeit stattfindet, dann sehen wir nämlich, dass das eigentlich nicht ersetzbar ist, auch nicht, was unser BIP betrifft. Dafür danke ich. Die neue Regierung, die jetzt bei uns gewählt wurde, will natürlich auch weiterhin die Investitionslandschaft pflegen. Ich bin zuversichtlich, dass wir ein gutes Land für ausländische Investitionen und für Investoren bleiben werden, sodass sie das Gefühl haben, dass es sich lohnt, in der Slowakei zu investieren.

Ich glaube, dass wir auch ein großes Potenzial im Bereich der Verteidigung haben. In der Slowakei gibt es ja sehr viele Firmen, die im Bereich der Verteidigung und der Sicherheit arbeiten, und mit dem Know-how und der Spezialisierung könnten die sicherlich zu den gemeinsamen Aktivitäten beitragen. Auf dem Tisch liegen zwei, drei konkrete Ideen, die wir dann vertiefen wollen, und zwar im Bereich der Rüstungsindustrie.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir werden heute sicherlich auch viel über die Energiefragen sprechen. Heute habe ich mich am Vormittag mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Schmyhal getroffen, und aus diesem Treffen gibt es auch sehr viele Inputs, was den Energiebereich betrifft. Darüber möchte ich mit Ihnen danach auch sprechen.

Ich bin zuversichtlich, Herr Bundeskanzler, dass wir uns am 1. Februar einigen werden, was die Revision des EU-Haushalts und auch die finanzielle Unterstützung für die Ukraine angeht. Wir wollen der Ukraine helfen. Deswegen sind wir natürlich auch dafür, dass die Ukraine der Europäischen Union beitritt. Aber natürlich sagen wir auf der anderen Seite, dass die Ukraine die Kopenhagener Kriterien erfüllen muss. Sie muss vorbereitet sein, weil ein unvorbereitetes Land der Europäischen Union nur mehr Schwierigkeiten als Nutzen bringen kann. Wir waren zusammen in Uschhorod, und es hat sich natürlich gezeigt, dass wir zu manchen Themen auch ganz andere Positionen als die Ukrainer haben. Wir glauben nicht daran, dass dieser Konflikt militärisch gelöst werden kann. Aber auf der anderen Seite haben wir uns wirklich in vielen, vielen Themen geeinigt zum Beispiel, was den Energiebereich betrifft. Aber ich will wirklich ganz offen sagen, dass es auch Themen gibt, zu denen wir nicht die gleichen Positionen haben.

Was den 1. Februar und den Europäischen Rat angeht, Herr Bundeskanzler, glaube ich, dass wir mehrere interessante Vorschläge vor uns haben. Wir könnten mit diesen Vorschlägen dann weiterarbeiten. Diese Vorschläge sind begründet. Für die Slowakei möchte ich sagen, dass wir diese Vorschläge respektieren werden, und zwar in vollem Umfang.

Ich freue mich sehr, dass wir in den außenpolitischen Fragen auch eine gemeinsame Sprache finden. Herr Bundeskanzler, wir sind ja ein Nachbarland der Ukraine. Wir sehen deshalb die Ukraine vielleicht aus einem anderen Blickwinkel. Deswegen haben wir manchmal Positionen und sehen aus unserem Blickwinkel manche Dinge ein bisschen anders. Vielleicht gibt es dafür nicht so viel Verständnis auf der internationalen Ebene. Trotzdem wollen wir und wünschen wir uns sehr, dass die Ukraine ein demokratisches und prosperierendes Land wird, weil das natürlich uns allen helfen wird, der gesamten Europäischen Union und allen Nachbarn.

Noch einmal vielen Dank, Herr Bundeskanzler, dass ich heute da sein darf und dass wir uns auch beim Europäischen Rat treffen werden. Ich hoffe sehr, dass das Gespräch während des Abendessens uns helfen wird, diese Themen zu vertiefen. Vielen Dank noch einmal für die Möglichkeit, dass wir uns heute treffen!

Frage: Ich möchte Herrn Fico und dann auch den Herrn Bundeskanzler im Kontext dessen befragen, dass die Abschaffung der Sonderstaatsanwaltschaft in der Slowakei jetzt das große Thema ist. Ich wollte fragen, ob Sie auch darüber gesprochen haben und wie Ihre Positionen sind, ob sie gemeinsame sind.

MP Fico: Wie die Strafordnung der Slowakei ausschauen soll, ist eine souveräne Sache der Slowakei. Es gibt keine Vorschriften für die Slowakische Republik, die der Slowakei vorschreiben würden, ob wir eine Sonderstaatsanwaltschaft haben sollen oder nicht. Deswegen hat die Regierung entschieden, dass wir diese Änderungen umsetzen wollen. Immer wenn Sie solche Fragen stellen, Frau Redakteurin, müssen Sie auch fragen, warum man diese Änderungen machen will!

Heute haben wir darüber noch nicht gesprochen, aber im Rahmen des Europäischen Rats haben wir diese Frage schon erörtert. Ich habe gesagt: Wir müssen irgendwie unsere Strafordnung ändern, und wir müssen darauf reagieren, was in der Slowakei los ist. Ich war in der Opposition als Oppositionsführer in den drei letzten Jahren einmal beschuldigt, nie für Korruption. Das waren die politischen Aktivitäten. Ich stand sozusagen wirklich zwei Zentimeter davor, dass ich ins Gefängnis kam, und mir haben zwölf Jahre Knast gedroht. Unsere jetzigen Ziele sind keine Revanche. Sie sind einfach, dass wir die Institutionen, die versagt haben, jetzt auf die Reihe bekommen wollen. Diese Institutionen sind verantwortlich dafür, dass die Menschenrechte in der Slowakei verletzt wurden. Wenn der Herr Bundeskanzler Fragen dazu haben wird, kann ich das natürlich erläutern. Aber ich glaube, dass wir bilateral und auch sonst wichtigere Probleme haben, als Herr Lipšic es ist.

BK Scholz: Wie schon berichtet haben wir hier nicht darüber gesprochen. Für uns ist immer wichtig, dass sich alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union an die europäischen Regeln, unsere Grundrechtecharta und all das, was wir an gemeinsamem Acquis haben, halten, und dass Rechtsstaatlichkeit dabei ein zentrales Prinzip ist, ist sehr klar. Wir müssen unterstellen, dass alle sich daran halten.

Frage: Ich habe eine Frage an den slowakischen Ministerpräsidenten. Es gab ziemliche Aufregung über Ihre Bemerkung, dass es in Kiew keinen Krieg gäbe, die Sie gestern geäußert haben. Das führt zu der Sorge, die man gelegentlich hört, dass sich die Slowakei zu einer Art fünfter Kolonne Russlands in der EU entwickeln könnte oder zumindest Putin hinsichtlich seiner Ziele in der Ukraine hilft. Was sagen Sie zu dem Vorwurf?

Herr Bundeskanzler, Sie haben am Montagabend den französischen Präsidenten empfangen. Sind Sie nach dem Gespräch optimistischer, dass bei dem Sondergipfel tatsächlich ein großes Paket an Zusagen, was die Militärhilfe für die Ukraine angeht, zusammenkommen wird und dass Frankreich seinen Anteil substanziell erhöhen wird?

MP Fico: Vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte Ihnen versichern, Herr Kollege, dass im Zentrum meiner Interessen nicht Russland, nicht die Ukraine und auch nicht die USA stehen. Im Zentrum meiner Interessen stehen die Slowakei, die Bürger der Slowakischen Republik und die Schwierigkeiten, die unsere Bürger in der Slowakei haben.

Ich kann verstehen, dass einige unserer Äußerungen vielleicht Kontroversen auslösen können. Aber man will von uns, dass wir 50 Milliarden Euro für die Ukraine für die nächsten vier Jahre billigen. Die Slowakei ist einverstanden und wird einverstanden sein. Wir werden keine Hindernisse aufstellen. Man will von uns, dass wir bei einer politischen Einladung der Ukraine in die Europäische Union mitmachen, auch wenn wir wissen, dass die Vorbereitung der Ukraine sehr, sehr gering ist. Okay, wir haben auch dazu Ja gesagt und nehmen an, dass es jetzt Beitrittsverhandlungen geben wird, die vielleicht länger dauern werden, die aber erfüllt werden müssen. Entschuldigen Sie, aber ich werde meine Positionen auch öffentlich so präsentieren, wie ich sie meine.

Noch einmal: Wir glauben nicht daran, dass der Konflikt in der Ukraine militärisch gelöst werden kann. Ich habe die Ukraine heute noch einmal gefragt: Was für Pläne haben Sie? ‑ Die einzige Antwort war: Krieg, keine anderen Pläne. ‑ Deswegen unterstütze ich als Ministerpräsident der Slowakischen Republik jegliche Friedensinitiativen, die es gibt. Heute habe ich sogar die Initiative von Präsident Selensky unterstützt, auch wenn wir natürlich an der Realisierbarkeit dieses Plans zweifeln könnten. Aber ich glaube, dass das, was in Davos besprochen wurde, eine gute Gelegenheit dafür sein könnte, die Pläne daraufhin richtig auszuwerten, ob sie realistisch sind.

Also: Die eine Sache ist die konkrete Unterstützung für die Ukraine. Ohne „revers flow“ beim Gas, das, was wir als Slowakei vor einigen Jahren gemacht haben ‑ ‑ ‑ Damals haben wir der Ukraine auf diese Art und Weise geholfen. Heute helfen wir auch, mit humanitärer Hilfe. Ich denke, dass ich die Dinge noch mit eigenen Worten benennen darf, oder?

BK Scholz: Zunächst einmal will ich gern unterstreichen, auch als Bericht vom vergangenen Europäischen Rat, dass der slowakische Ministerpräsident unsere quasi schon unter 26 gelungene Einigung über den mittelfristigen Finanzrahmen aktiv unterstützt hat, der die Finanzhilfe der Europäischen Union für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro bis 2027, also 12 Milliarden Euro pro Jahr, mit beinhaltet. Das gilt auch für all die anderen Aktivitäten, die hier benannt worden sind.

Ich will, weil wir selbst darin involviert sind, noch kurz ergänzen: Das gilt auch für den Reparaturhub, den wir in der Slowakei haben, in dem Militärgerät, das zerstört oder in irgendeiner Weise beeinträchtigt aus der Ukraine zurückkommt, repariert wird. Das funktioniert übrigens gut. Wir haben schon diskutiert, dass wir das gern ein bisschen vergrößern wollen, weil es für die Zukunft wichtig ist.

Emmanuel Macron und ich, wir hatten ein sehr, sehr gutes Gespräch, das sehr freundschaftlich, sehr intensiv und auch sehr lang war. Wir haben viele, viele Fragen, die jetzt anstehen, miteinander besprochen. Denn das ist, denke ich offensichtlich: Die gute Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland, eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und mir, ist die Grundlage dafür, dass wir den notwendigen Fortschritt in Europa in sehr schwierigen Zeiten auch immer gemeinsam erreichen können. Ich bin ganz froh aus dem Gespräch gegangen, weil es so konkret und so detailliert war, dass wir viel an gemeinsamer Initiative entwickeln können.

Wir werden uns jetzt zuallererst in Europa versammeln, um den eben schon diskutierten Finanzrahmen für die Jahre bis 2027 zu bestimmen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, eine Lösung mit 27 Mitgliedsstaaten zustande zu bekommen. Diese Aufgabe haben wir jetzt vor uns, und daran sollten wir sehr aktiv arbeiten.

Unabhängig davon ist das Thema, das ich auch gern mit allen bespreche: Wie können wir unsere Unterstützung, was Waffen für die Ukraine betrifft, intensivieren? ‑ Deutschland hat, wie ich eben schon berichtet habe, einen Betrag in Höhe von deutlich über sieben Milliarden Euro in seinem Haushalt vorgesehen. Das ist sehr viel Geld. Aber es wäre weit mehr als die Hälfte dessen, was alle anderen bisher geplant haben. Das ist für uns ein Hinweis darauf, dass wir wünschen, dass mehr Beiträge kommen. Diese Diskussion hat nun angefangen und wird dort stattfinden, aber danach sicherlich noch weitergehen.

Frage: Ich möchte die Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei Europas ansprechen. Wie stehen Sie beide dazu? Wir wissen, dass man die Partei von Herrn Fico mit den Nationalisten zusammengefügt hat. Herr Fico, werden Sie hier auch ansprechen, dass sie in die Sozialdemokratische Partei Europas zurückkommen wollen?

Herr Bundeskanzler, würden Sie das unterstützen?

Was meinen Sie zu dem, was der Kollege von REUTERS zu dem gesagt hat, was Herr Fico gesagt hat, dass die Ukraine nicht souverän sei?

MP Fico: Erstens. Meine Positionen sind nicht proukrainische, auch nicht proamerikanische. Meine Positionen sind slowakische. Ich verteidige mein Land genauso, wie es alle Ministerpräsidenten tun.

Zweitens. Die Tatsache, dass die Mitgliedschaft der Partei Smer ‑ – slovenská sociálna demokracia eingestellt wurde, weil wir mit der Slowakischen Nationalpartei zusammenarbeiten, halte ich nicht für adäquat. Denn die SNS, die Slowakische Nationalpartei, ist die gleiche politische Partei, die früher gemeinsam mit der ungarischen Partei Most-Hid in der früheren Regierung war, in der vor 2016. Nie vorher waren die Beziehungen zu Ungarn besser als damals, als die Slowakische Nationalpartei gemeinsam mit der ungarischen Partei Most-Hid in der Regierung war.

Ich will unser Treffen jetzt nicht für meine Parteiagenda nutzen. Dafür gibt es andere Ebenen. Aber wir werden wirklich stur bleiben. Wir bleiben stur ‑ das wiederhole ich ‑ in der sozialdemokratischen Politik, die wir in der Slowakei vorantreiben wollen. Wer sich anschauen will, was wir in dieser Richtung erreicht haben, wird es in der Slowakei bald sehen.

BK Scholz: Ich will das gar nicht lange kommentieren. Es ist immer nett, wenn einem Avancen gemacht werden. Aber wie der Ministerpräsident gerade gesagt hat: Hier stehen wir als Regierungschefs.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben heute mit dem ukrainischen Präsidenten Selensky telefoniert und auch über das geplante Sicherheitsabkommen gesprochen. Welche Garantien wird dieses Abkommen enthalten, und wann wird es unterzeichnet?

Wenn ich darf, noch eine zweite Frage: Die Zustimmung Ungarns zum NATO-Beitritt Schwedens steht immer noch aus. Wie beurteilen Sie diese Verzögerungstaktik, und haben Sie das Gefühl, dass der ungarische Ministerpräsident Orbán hier wieder zu einer Art Erpressungstaktik greift, und kann man sich das lange gefallen lassen?

Herr Ministerpräsident, wenn Sie erlauben, würde ich Sie gern nach gewissen Widersprüchen fragen, die mir in Ihren Ausführungen zumindest so erschienen sind. Sie haben gesagt, dass es keine offenen Fragen zwischen Deutschland und der Slowakei gebe. Der Bundeskanzler ruft aber zu verstärkten militärischen Anstrengungen für die Ukraine auf. Sie lehnen eine militärische Unterstützung der Ukraine ab, eine Unterstützung mit Waffen. Sie haben auch gesagt, Sie hätten diametrale Meinungsunterschiede mit der Ukraine, sagen aber auch, dass Sie die Souveränität der Ukraine unterstützten. Der russische Außenminister hat gesagt, eine Lösung, die eine Beibehaltung der ukrainischen Regierung vorsehe, sei aus Sicht Russlands nicht möglich. Wie erklären Sie diese Widersprüche?

BK Scholz: Zunächst will ich die Fragen, die mir gestellt wurden, beantworten. Ich habe in der Tat sehr intensiv mit dem ukrainischen Präsidenten gesprochen. Wir werden das Gespräch in Kürze fortsetzen. Dabei hat die Sicherheitspartnerschaft eine große Rolle gespielt, die zwischen uns intensiv vorbereitet wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir das bald finalisieren werden. Die Natur der Sache gebietet es, dass wir beide dann darüber sprechen, wenn wir das Dokument gemeinsam fertig haben, und nicht, bevor es fertig geworden ist. Aber ich habe das Gefühl, dass wir kurz vor einer abschließenden Verhandlung stehen.

Zu Ihrer zweiten Frage: Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir es jetzt hinbekommen, dass, nachdem Finnland Mitglied der NATO geworden ist, auch Schweden Mitglied der NATO werden wird. Das türkische Parlament hat jetzt eine Entscheidung getroffen, für die wir lange geworben haben. Ich bin sehr froh darüber, dass das geschehen ist. Wir waren zusammen und haben das bei dem vergangenen NATO-Treffen verabredet. Der türkische Präsident hat dort versprochen, dass er seinem Parlament diese Frage als Regierungsvorschlag vorlegen und sich auch dafür einsetzen werde, dass das im Parlament beschlossen werde. Das ist ihm gelungen. Insofern ist nun ein wichtiger Meilenstein erreicht. Der nächste ist die Zustimmung, die wir noch von Ungarn haben wollen. Ich bin aber, auch was das angeht, zuversichtlich.

Insofern verbieten sich alle Spekulationen, wie es ist, wenn es nicht so kommt. Ich gehe jetzt davon aus, dass wir sehr bald alle notwendigen Entscheidungen zusammenhaben werden. Das ist doch eine sehr gute Botschaft, weil es unser gemeinsames Verteidigungsbündnis, die NATO, stärkt.

MP Fico: Vielen Dank für die Frage. Ich möchte wiederholen, was genau ich gesagt habe. Ich habe gesagt, dass es in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Slowakei keine offenen politischen Fragen gibt. Das ist in der Tat so. Dass wir in manchen Punkten, was die internationale Ebene betrifft, verschiedene Positionen haben, heißt nicht, dass dies unsere bilateralen Beziehungen beschwert.

Ich bitte Sie noch einmal: Respektieren Sie auch eine andere Ansicht, eine andere Position. ‑ Ich lehne eine Politik der einheitlichen Positionen einfach ab. Ich habe den ukrainischen Präsidenten heute gefragt, wie er die Entwicklung des Krieges in der Ukraine sieht. Er hat gesagt, dass er eingefroren sei und dass es in diesem Jahr, im Jahr 2024, höchstwahrscheinlich zu keinem wichtigen Fortschritt kommen werde. Sie bereiten sich auf das Jahr 2025 vor.

Daher stelle ich mir die Frage, welche Änderung 2025 kommt, wenn die Ukrainer heute sagen, dass der Konflikt eingefroren sei. Die einzige Änderung wird sein, dass wir viel mehr Opfer und viel mehr Tote haben werden. Das ist meine Überzeugung, und diese meine Position werde ich auch öffentlich sagen.

Ich bin der Meinung, dass der Krieg keine Lösung ist. Aber das belastet doch unsere bilateralen Beziehungen nicht. Natürlich wollen wir der Ukraine helfen. Wir haben auch hierbei viele gemeinsame Positionen. Wir wollen, dass der „instant hub“ in Michalovce bleibt. Es gibt sehr viele gemeinsame Punkte, die wir gemeinsam tun und die auch einen Effekt haben. Aber ich bin ein souveräner slowakischer Politiker, und es ist nicht meine Pflicht, das zu erzählen, was die Politiker in großen Ländern erzählen, nur weil sie es erzählen.

Danke.