Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Wüst und der Regierenden Bürgermeisterin Giffey nach der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 24. Januar 2022 in Berlin

  • Bundesregierung ⏐ Startseite
  • Schwerpunkte

  • Themen   

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

Im Wortlaut Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Wüst und der Regierenden Bürgermeisterin Giffey nach der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 24. Januar 2022 in Berlin

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 24. Januar 2022

BK Scholz: Meine Damen und Herren, bevor ich zu den Ergebnissen der Zusammenkunft der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit dem Bundeskanzler komme, möchte ich ganz kurz meine Bestürzung zum Ausdruck bringen über einen Vorfall, den es am Nachmittag in Heidelberg gegeben hat. Dort hat ein Amokläufer an der Universität das Feuer auf Studierende eröffnet und mehrere Menschen verletzt. Eine Studentin ist, so wird berichtet, inzwischen ihren schweren Verletzungen erlegen. Der Täter soll sich danach selbst erschossen haben. Es zerreißt mir das Herz, solch eine Nachricht zu erfahren. Mein Beileid ist bei den Angehörigen und den Opfern, und natürlich bei den Studentinnen und Studenten der Universität Heidelberg.

Meine Damen und Herren, wir sind heute erneut zusammengekommen, um über die Coronapandemie und das gemeinsame Management dieser Pandemie miteinander zu beraten. Für uns alle ist klar, dass die Richtung, die wir eingeschlagen haben, hilft, dass sie dazu beigetragen hat, dass wir die Coronapandemie in Deutschland in der gegenwärtigen Situation anders bewältigen können als viele unserer Nachbarländer, und dass es deshalb auch richtig ist, diesen Kurs fortzusetzen.

Dazu gehört zuallererst, dass wir in Deutschland sehr strenge Kontaktbeschränkungen haben, die notwendig sind für die Zusammenkünfte im privaten Bereich, für den Zugang zu Geschäften, zu Restaurants, zu Veranstaltungen; denn bei allem, was dazu führt, dass viele Menschen miteinander zusammenkommen, bleibt natürlich auch die Ansteckungsgefahr erhöht. Diese Regelungen haben dazu beigetragen, dass bei uns die hohen Infektionszahlen, die uns noch Ende letzten Jahres vorhergesagt worden sind, erst jetzt erreicht worden sind - viel später als in vielen Nachbarländern. Trotzdem sind die Infektionszahlen sehr hoch, und deshalb gilt für uns auch, dass wir unverändert vorsichtig bleiben müssen und diesen Kurs auch beibehalten werden. Darauf haben sich Bund und Länder in dieser Zusammenkunft miteinander verständigt.

Wir wissen noch nicht, wie sich die Infektionen weiter entwickeln werden, ob wir noch mit einer dramatischeren Situation im Zusammenhang mit den dann steigenden Infektionszahlen durch die hochansteckende Omikronvariante rechnen müssen, oder ob wir bald schon sehen können, dass wir ganz gut durch diese Zeit kommen. In beiden Fällen und in beide Richtungen werden wir dann zur richtigen Zeit die notwendigen Entscheidungen treffen. Jetzt aber gilt erst einmal: Kurs halten.

Das Zweite, was wir in dieser Situation mit großer Anstrengung auf den Weg gebracht haben, ist eine neue Kampagne zum Impfen und Boostern in Deutschland. Wir hatten uns vor Weihnachten vorgenommen, bis Weihnachten 30 Millionen Impfungen zu erreichen. Das ist auch gelungen, und wir fahren unverändert fort, möglichst viele Menschen davon zu überzeugen, dass sie sich eine Auffrischungsimpfung holen. Das Tempo hat nachgelassen; das ist etwas, was wir konstatieren müssen. Trotzdem geht es voran, und zwar sowohl mit den Erstimpfungen als auch mit den Auffrischungsimpfungen, wo wir schon eine hohe Zahl von Bürgerinnen und Bürgern erreicht haben. Das soll in den nächsten Tagen und Wochen weitergehen.

Deshalb hat die Bundesregierung sich im Übrigen auch entschlossen, ihre werbliche Kampagne in diesem Zusammenhang noch einmal neu aufzulegen. Sie sehen hinter mir das Plakat mit der Aufschrift „Impfen hilft“. Das ist nur ein ganz kleiner Auszug von dem, was wir uns vorgenommen haben; es kommt noch vieles andere dazu - vom Radiospot bis zur Nutzung der Kommunikationsmöglichkeiten, die sich mit Social Media verbinden.

Alles zusammen soll dazu beitragen, dass die Zahl derjenigen, die sich jetzt entschließen, sich das erste Mal impfen zu lassen, und die Zahl derjenigen, die sich jetzt eine Auffrischungsimpfung holen, noch einmal erheblich zunimmt. Wir versuchen auch in viele Zielgruppen hineinzukommen, um Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, die bisher von den verschiedenen Informationsaktivitäten nicht erreicht wurden. Denn es gilt, wie oben draufsteht: Impfen hilft. Selbst die erste Impfung schützt vor schweren Verläufen mehr, als wenn man nicht geimpft ist, und das gilt natürlich insbesondere für all diejenigen, die eine Boosterung haben.

Deutschland ist, was die Impfzahlen betrifft, sehr weit gekommen, aber nicht hoch genug. Wir haben jetzt knapp über 75 Prozent der Bevölkerung erstgeimpft. Das muss viel mehr sein, und da sind wir auch schlechter, als das in anderen Ländern verzeichnet werden kann. Wir sind aber sehr gut, was das Boostern betrifft, und deshalb wollen wir beides weiter voranbringen: die Auffrischungsimpfungen und die Erstimpfungen.

Dementsprechend gehört zu unseren Beschlüssen, die wir heute gefasst haben, die Fortgeltung der bisherigen Maßnahmen mit dem, was ich gesagt habe. Wir haben uns auch darüber, wie das mit den überregionalen Großveranstaltungen weiter organisiert werden soll, und über das Impfen unterhalten. Auch da gibt es große Einigkeit, dass wir die Bürgerinnen und Bürger mit dem ausreichend zur Verfügung stehenden Impfstoff weiter versorgen wollen und dass wir alle bitten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Es muss und wird getestet werden. Angesichts der jetzt schon hohen und wegen der ansteckenden Omikronvariante absehbar noch höheren Infektionszahlen gilt es jetzt aber, eine richtige Nutzung der Testmöglichkeiten zu organisieren. Dazu haben wir die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der Länder zusammen mit dem Bundesminister der Gesundheit gebeten, eine bis ins letzte Detail ausbalancierte Strategie vorzulegen, die es möglich macht, dass wir einen guten Überblick über das Infektionsgeschehen behalten, dass wir gleichzeitig aber all die Möglichkeiten, die wir haben - mit PCR-Tests und Antigentests -, nutzen, um auch möglichst viele unterstützen zu können.

Wir haben uns über Quarantäne und Isolation unterhalten. Die Regelungen sind verändert worden und werden auch weiter verändert werden. Bei uns geht es darum, dass wir hier pragmatisch sind. Auch da werden wir uns weiter mit der Frage beschäftigen, wie das organisiert werden soll. Sie kennen die Entscheidungen der letzten Tage und der letzten Zeit.

Wir haben uns auch mit dem Genesenen- und Impfstatus beschäftigt. Dazu hat es noch einmal eine Diskussion gegeben, weil die veränderte Rechts- und Gesetzeslage dazu geführt hat, dass jetzt sehr schnell Entscheidungen getroffen werden können. Das ist einerseits gut, andererseits führt es dazu, dass manche Entscheidungen dann eben auch für den einen oder anderen sehr überraschend kommen. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir das jetzt so organisieren wollen, dass mit den notwendigen Vorkehrungen immer klar ist, dass man sich rechtzeitig auf die Veränderungen, die bevorstehen, einstellen kann - es sei denn, eine ganz dramatische Entwicklung in der Pandemie lässt uns keine Wahl, aber das ist ja nicht wahrscheinlich. Deshalb soll das so sein.

Wir sind uns darüber einig, dass wir alles dafür tun müssen, die Männer und Frauen in Alteneinrichtungen und in Pflegeeinrichtungen zu schützen.

Wir arbeiten weiter daran, unsere kritische Infrastruktur in dieser Zeit stabil zu halten.

Wir haben uns außerdem fest vorgenommen, dass wir die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter vorantreiben wollen. Das Expertengremium, das wir eingerichtet haben, hat uns hierzu weitreichende Vorschläge gemacht, die jetzt intensiv beraten werden. Es gibt einen großen Konsens darüber, dass wir diese Digitalisierung als eine der Lehren aus der Coronapandemie und eines der Dinge, die wir besser machen müssen, vorantreiben werden. Ich sehe dort eine gemeinsame Anstrengung vor uns, zu der alle bereit sind.

Dann haben wir noch einmal gesagt, dass es weitergehen soll mit Wirtschaftshilfen und Kurzarbeitergeld, die uns soweit durch die Krise geführt haben. Die Bundesregierung wird jetzt ganz zeitnah prüfen, was noch weiterentwickelt und was weitergeführt werden muss, sodass wir auch noch den letzten Zeitpunkt in der Krise gut bewältigen können.

Insgesamt war es also eine sehr gute und, wie die letzten Male, sich auch nicht allzu lang hinziehende Konferenz, ein gutes Gespräch zwischen den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder untereinander sowie mit dem Bundeskanzler und der Regierung. Ich glaube, dass wir gut durch die Krise kommen werden, wenn wir es auch weiterhin genau so machen.

Ich bedanke mich sehr bei dem Krisenstab, der uns sehr hilft. General Breuer war erneut dabei und hat unsere Beratungen unterstützt.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei dem Expertengremium. Professor Kroemer hat uns die dortigen Beratungen geschildert und uns damit auch einen wichtigen Hinweis für unsere eigenen Entscheidungen gegeben.

Insgesamt gilt also: Kurs halten, was das Vorsichtigbleiben im Hinblick auf Kontakte betrifft, und Kurs halten auch, was Impfen und Boostern betrifft - dann haben wir eine gute Chance, weiter gut durch diese schwierige Gesundheitskrise zu kommen.

MP Wüst: Vielen herzlichen Dank. - Fast genau vor zwei Jahren ist Corona nach Deutschland gekommen. Seitdem hat die Pandemie Menschenleben gekostet und viele Menschen sehr belastet. Unser Land befindet sich seit fast zwei Jahren in einer ständigen Spirale aus Lockdowns und Lockerungen, und der Weg heraus aus dieser Spirale führt nur über Achtsamkeit, Voraussicht und Impfungen.

Die Pandemie ist derzeit hochdynamisch. Der Bundesgesundheitsminister hat vor einigen Tagen ein Best-case-Szenario beschrieben, nach dem Mitte Februar ein Peak mit 400 000 Neuinfizierten am Tag erreicht werden könnte. Hinzu kommt jetzt zum zweiten Tag in Folge eine höhere Belegung der Intensivstationen. Der Expertenrat der Bundesregierung hält auch eine Überlastung des Gesundheitssystem bei Omikron für möglich und hat in dieser Lage eine klare Mahnung ausgesprochen. Das Infektionsgeschehen erfordert die Beibehaltung und strikte Umsetzung der bisherigen Maßnahmen.

Bund und Länder sind sich deshalb einig, dass die bisher geltenden Regeln grundsätzlich weiterhin Bestand haben. Wir müssen in den nächsten Wochen aber in beide Richtungen blicken. Wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems oder der kritischen Infrastruktur droht, müssen weitergehende Maßnahmen vereinbart werden. Andersherum gilt aber auch: Bund und Länder werden Öffnungsperspektiven für den Moment entwickeln, zu dem eine Überlastung des Gesundheitssystem ausgeschlossen werden kann.

Impfungen bleiben der beste Weg, um unser Gesundheitssystem zu schützen. Das Impfen ist der Weg heraus aus der Pandemie; Impfen und Achtsamkeit sind der Weg zurück zur Normalität für alle, die seit zwei Jahren sehr unter dieser Pandemie leiden: an erster Stelle natürlich all die Menschen, die auf den Intensivstationen arbeiten, die belastet sind, überlastet sind, zu einigen Teilen auch wirklich ausgelaugt und frustriert sind - Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte -, aber auch die Eltern, die sich Sorgen machen, ob sie ihre Kinder mit einem guten Gefühl in die Kita oder in die Schule schicken können, und auch die Menschen im Handel, in der Gastronomie, in der Veranstaltungswirtschaft und in anderen Branchen, die sehr eingeschränkt sind.

Wir kommen nur dann heraus aus den ständigen Wiederholungen von Lockdown und Lockerung, wenn mehr Menschen geimpft sind. Wir haben in Deutschland aktuell eine Impfquote von 75 Prozent - das ist schlicht noch zu wenig. Der Expertenrat hält es deshalb für erforderlich, verbliebene Impflücken zu schließen. Bund und Länder haben deshalb heute bekräftigt, dass sie die Vorbereitung einer allgemeinen Impfpflicht für notwendig halten. Eine Impfpflicht schützt vor allem besonders gefährdete Menschen und auch diejenigen, die sich nicht impfen lassen können. Eine Impfpflicht gehört deshalb zu einer vorausschauenden Pandemiepolitik dazu.

Für die unionsgeführten Bundesländer habe ich schon in der vergangenen Woche Gespräche über die Vorbereitung einer Impfpflicht angeboten; denn die Länder werden bei der Umsetzung vermutlich eine wichtige Rolle spielen müssen. Ich bin dem Bundeskanzler sehr dankbar, dass er dieses Angebot heute angenommen hat und dafür sorgen möchte, dass diese Gespräche zwischen Bundesregierung, den Fraktionen im Bundestag und den Ländern stattfinden können.

Wir sind zu einer konstruktiven Zusammenarbeit gerne bereit, denn unser Land ist immer dann am stärksten, wenn wir über alle staatlichen Ebenen hinweg - Bund, Länder und auch die Kommunen sollen dabei nicht vergessen werden - eng zusammenarbeiten. Ein breiter Konsens in Bundestag und Bundesrat zu diesem Thema Impfpflicht kann auch die Akzeptanz in dieser wichtigen Maßnahme deutlich erhöhen.

Wir haben heute auch über die Teststrategie gesprochen. Die hohe Zahl von Neuinfektionen führt zu Engpässen bei der Verfügbarkeit von PCR-Tests. Die Gesundheitsminister haben deshalb eine Priorisierung beschlossen. Aus unserer Sicht muss gleichzeitig aber auch daran gearbeitet werden, die PCR-Testkapazität schnellstmöglich zu erhöhen. Das erwarten die Bürgerinnen und Bürgern zu Recht, insbesondere mit Blick auf Nachbarländer, die deutlich größere Kapazitäten vorhalten. Da helfen jetzt keine Schuldzuweisungen in die eine wie in die andere Richtung. Wichtig ist, dass wir an der Lage arbeiten, dass das besser wird. Deshalb ist es gut, dass der Gesundheitsminister zugesagt hat, auch an der Ausweitung der Testkapazitäten zu arbeiten.

Wir haben heute auch über die Festlegungen zum Genesenenstatus und zum Impfstatus gesprochen. Bund und Länder haben in der vorvergangenen Woche gemeinsam beschlossen, dass das Robert-Koch-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut den Impfstatus und den Genesenenstatus näher bestimmen dürfen. Der Bundesrat hat das am 14. Januar beschlossen und hat dem zugestimmt. Einen Tag später hat das RKI die Dauer des Genesenenstatus dann kurzfristig und unangekündigt von 180 auf 90 Tage verkürzt. Das hat viele Menschen überrascht und verunsichert. Alle Länder - und zwar parteiübergreifend - waren sich heute einig, dass sich das nicht wiederholen darf.

Es war wichtig, dass der Bundesgesundheitsminister heute zugesagt hat, entsprechende Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen. Solche Änderungen brauchen einen angemessenen Vorlauf. Die Menschen müssen sich darauf ein Stück vorbereiten können. Zu einer vorausschauenden Pandemiepolitik gehört eben auch Verlässlichkeit.

Omikron hat die Pandemie verändert. Die Mutation erfordert von uns allen größte Wachsamkeit. Wir müssen in den nächsten Wochen die Entwicklung aller Parameter ganz genau beobachten und bei Bedarf schnell reagieren. Bund und Länder werden sich in diesem Format spätestens am 16. Februar wieder treffen. Aber wenn es vorher Entscheidungsbedarf gibt, bin ich sicher, dass wir auch in der Lage sind, früher zusammenzukommen.

Vielen Dank.

BGM’in Giffey: Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrter Herr Kollege Wüst! Letztendlich unser Motto für heute: Es geht weder um Lockern noch um Verschärfen, sondern - Herr Scholz hat das ja schon gesagt - um Kurshalten. Es geht darum, dass wir uns einig waren, dass eine Lockerung der Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt mit den entsprechenden Infektionszahlen nicht das Mittel der Wahl ist, dass aber auch in einer der Empfehlungen des Expertenrats eine weitere Verschärfung nicht angezeigt ist.

Mir ist dabei wichtig, dass die Diskussionen der letzten Tage, die wir auch aus Berlin und vonseiten verschiedener Länder eingebracht haben - letztendlich der Dreiklang aus dem Schutz der kritischen Infrastruktur, der Überarbeitung der Kontaktnachverfolgung, der stärkeren Fokussierung der Kontaktnachverfolgung und der Veränderung des Testregimes -, heute Eingang in diese Beschlussfassung gefunden haben. Ich finde es gut, dass wir uns verständigen konnten, dass wir gerade bei der kritischen Infrastruktur in allen Ländern und im Bund gemeinsam mit den Betreibern der kritischen Infrastrukturen ein kontinuierliches Monitoring nicht nur einführen, sondern auch entsprechend bedarfsgerecht weiterentwickeln.

Wir haben schon jetzt in vielen Bereichen der kritischen Infrastruktur eine sehr genaue Planung und Vorbereitung hinsichtlich der Pandemiefolgen und auch hinsichtlich der Vorbereitung auf einen starken Personalausfall. Heute ist noch einmal bekräftigt worden, dass dort die Pläne angepasst werden und getroffene Maßnahmen dazu beitragen müssen, die Grundversorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Das ist bis hierher gelungen. Unser ganz großes Ziel ist, dass der Schutz der kritischen Infrastruktur und das entsprechende Monitoring in all den Bereichen - von der Strom- und Wasserversorgung über Ernährung, Rettungsdienste wie Feuerwehr, Polizei bis hin zur gesundheitlichen Versorgung - aufrechterhalten bleibt. Deswegen ist es gut, dass man sich heute auf den Fokus Monitoring geeinigt hat.

Zweitens das Thema Testregime. Es ist ganz klar, dass wir mit den erhöhten Zahlen nicht mehr einfach genauso weiter testen, wie wir das bisher getan haben. Es ist klar, dass es eine Fokussierung, eine Schwerpunktsetzung bei den PCR-Tests auf diejenigen braucht, die mit den ganz besonders vulnerablen Gruppen arbeiten. Das betrifft die Krankenhäuser, die Pflegeeinrichtungen, aber auch die Eingliederungshilfe und die Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Hier geht es darum, dass die PCR-Tests vor allen Dingen dort verwendet werden, wo diese Gruppen mit anderen vulnerablen Personen arbeiten und dass wir ansonsten ein Testregime erarbeiten, das tatsächlich auch den Einsatz und die Anerkennung der Antigenschnelltests entsprechend verwirklicht.

Uns war wichtig, dass wir das heute nicht einfach abschließend in der Ministerpräsidentenkonferenz besprochen haben, sondern dass der Bundesminister für Gesundheit in Abstimmung mit den Gesundheitsministerinnen und -ministern der Länder hier ein verändertes Testregime ausarbeiten wird, dass es eine nationale Teststrategie mit der entsprechenden Anpassung der Coronavirus-Testverordnung anhand der neuen Gegebenheiten gibt und gleichzeitig - Herr Kollege Wüst hat das ja schon gesagt - alle Bemühungen, alle Anstrengungen unternommen werden, um die PCR-Test-Kapazitäten zu erhöhen und auszuweiten.

Der dritte Bereich ist das Thema Kontaktnachverfolgung. Auch hier ist ganz klar, dass wir bei den Zahlen, die es im Moment gibt, gerade in den großen Städten und in den sehr dicht besiedelten Lagen eine Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter so, wie wir sie bisher kannten, nicht fortführen können werden, sondern dass es um eine fokussierte Kontaktnachverfolgung gehen muss, auch entsprechend der Quarantäneregeln, die wir schon getroffen haben. Auch hier hat man sich darauf verständigt, dass die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister bitten, zeitnah in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut umsetzbare neue Regelungen zu erarbeiten, damit entsprechend die Kontaktnachverfolgung darauf konzentriert werden kann, was erstens leistbar ist und was zweitens auf die vulnerablen Gruppen zielt.

Wir haben uns darüber hinaus darauf verständigt, dass es sehr wichtig ist, dass nicht nur noch einmal an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger appelliert wird, was das Impfen angeht, sondern auch, was die eigenverantwortliche Kommunikation mit Kontaktpersonen und die Verwendung elektronischer Hilfsmittel zur Kontaktnachvollziehung angeht. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir alle, jeder einzelne von uns, seinen und ihren Beitrag leistet, sollte man an sich selbst Symptome bemerken oder ein Positivtest vorliegen, eben persönlich und in Eigenverantwortung die notwendigen Schritte ergreift.

Ich will zum Thema Impfen verstärkend sagen: Wir können sagen, dass über die Hälfte der deutschen Bevölkerung mittlerweile geboostert ist. Das ist eine sehr gute Entwicklung. Wir sehen hier auch ein schnelles Vorangehen. Das müssen wir weiter ausbauen. Deswegen ist diese Impfkampagne, die der Herr Bundeskanzler vorgestellt hat, natürlich auch für unsere Kommunikation in den Ländern sehr hilfreich. Wir werden alles daransetzen, das entsprechend voranzubringen. Berlin hat ja auf das Boostern, aber auch auf die Impfung von Kindern und Jugendlichen einen ganz großen Schwerpunkt gesetzt. Wir konnten schon sehr große Zahlen erreichen und setzen auch weiterhin auf das aufsuchende Impfen, auf das Impfen von Kindern und Familien, damit wir auch dort Menschen erreichen, wo sie sind, und auch diejenigen erreichen, die wir bisher noch nicht erreichen konnten.

Ich finde wichtig, dass wir heute sehr klar gesagt haben, dass es zu den konkreten Einzeldetails Verabredungen mit den Fachexperten und den Gesundheitsministerinnen und -ministern gibt, um ein neues Konzept für die Kontaktnachverfolgung und für das Testregime auszuarbeiten. Wir denken, dass das sehr zeitnah passieren wird und dass es dann auch die entsprechende Orientierung dafür gibt. Insofern haben wir heute sehr einvernehmlich sehr konkrete Verabredungen getroffen und das in einem Zeitrahmen, der, glaube ich, absolut vertretbar ist. Insofern möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen danken, die heute dazu beigetragen haben, dass wir diese Vereinbarungen treffen konnten.

Frage: Zunächst eine Nachfrage an Herrn Wüst. Sie haben gesagt, es geht bei dem Mangel an Testkapazitäten nicht um Schuldzuweisungen. Aber woran hat es gelegen? Ist das noch in der Verantwortung des früheren CDU-Gesundheitsministers Jens Spahn, der es nicht mehr geschafft hat, oder in der Verantwortung von Karl Lauterbach, der es noch nicht geschafft hat? Warum haben andere Länder mehr Kapazitäten als wir?

Herr Bundeskanzler, wenn ich das jetzt auf die Schnelle in dem Beschluss richtig gesehen habe, ist eine Formulierung in Bezug auf die Digitalisierung des Gesundheitssystems nicht enthalten. Dabei ging es um die systematische Datenerfassung zur Impfung. Verbirgt sich dahinter ein Impfregister oder warum gibt es zum Beispiel aus Baden-Württemberg Protokollerklärungen, die das noch einmal explizit einfordern? - Vielen Dank.

MP Wüst: Frau Dunz, wenn ich sage, dass ich mich an Schuldzuweisungen nicht beteiligen will, dann meine ich das auch, weil es jetzt einfach nichts bringt. Der Blick nach vorne hilft. Es mag in der Vergangenheit systemische Entscheidungen gegeben haben, die jetzt Kapazitätseinschränkungen sozusagen systemisch bedingen. Das mag alles sein. Wir haben sehr auf die Schnelltests gesetzt, die den Steuerzahler in den vergangenen Monaten eine Menge Geld gekostet haben. Jetzt sind die PCR-Tests rar. Wir brauchen mehr. Wir sind uns alle einig, dass wir uns dabei anstrengen.

BK Scholz: Diese Anstrengungen werden jetzt unternommen. Es geht ja darum, auch private Unternehmen davon zu überzeugen, dass sie, anders als in anderen Ländern, ihre Testkapazitäten ausweiten. Wenn das nicht immer privatwirtschaftlich organisiert ist, ist das unsere Aufgabe. An diese hat sich der Bundesminister für Gesundheit auch gemacht.

Die konkrete Frage betrifft die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die wollen wir voranbringen. Das Expertengremium hat uns sehr klar gesagt, wir sollten jetzt all das, was wir in dieser Pandemie gelernt haben, nutzen, um einen großen Digitalisierungsschub für das gesamte Gesundheitswesen auf den Weg zu bringen, insbesondere natürlich auch in Zusammenhang mit dem, was man für eine Pandemie braucht, aber nicht nur damit. Ganz klar sind sich alle, und darum sind die Formulierungen auch so ausgefallen, wie sie ausgefallen sind, dass sich die Frage einer Impfpflicht, über die wir auch schon diskutiert haben, nicht mit dieser Frage verknüpft, welche Digitalisierungsschritte wir im Einzelnen vornehmen wollen. Deshalb geht es hier zügig voran, und da wollte keiner falsche Assoziationen setzen. Ihre Nachfrage hat wahrscheinlich alle belehrt, dass das vielleicht eine gute Idee war.

Zusatzfrage: Gibt es ein Register oder gibt es keins? Ist das also Ziel oder nicht? Entschuldigen Sie, dass ich noch einmal nachfrage, aber ich habe es tatsächlich (akustisch unverständlich).

BK Scholz: Es ist klar, dass wir Digitalisierung brauchen. Darüber, wie das konkret gemacht wird, wird jetzt mit vielen Expertinnen und Experten gesprochen. Das ist eine Debatte, die sich überhaupt nicht mit dem anderen Thema verknüpft, weil das ja in jedem Fall etwas ist, das man über längere Zeit aufbauen muss und bei dem es darum geht, die perfekte Lösung zu finden, die uns die notwendigen Informationen liefert und gleichzeitig auch die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und ihre Interessen berücksichtigt.

Frage: Herr Bundeskanzler, Herr Wüst hat gerade über parteiübergreifende Kritik daran berichtet, wie die Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate kommuniziert wurde oder, besser gesagt, nicht kommuniziert wurde. Sie haben jetzt gesagt, es müsse in Zukunft Zeit sein, sich darauf einzustellen. Wie viel Zeit ist damit gemeint? In der Beschlussvorlage war von zwei Wochen die Rede. Ist das jetzt auch das, worauf Sie sich geeinigt haben?

Haben Sie Ihren Gesundheitsminister gegen die parteiübergreifende Kritik, von der Herr Wüst spricht, heute in dieser Sitzung verteidigt?

BK Scholz: Es gab eine sehr solidarische Diskussion, in der sich alle vor allem nach vorne gerichtet unterhalten haben. Deshalb ist es auch so, dass wir keine konkrete Vorliebe für die Frage, welchen Vorlauf wir für jede einzelne Entscheidung brauchen, benannt haben, weil das in jedem Einzelfall sehr unterschiedlich sein kann. Es kann, womit wir aber nicht rechnen, Situationen geben, die es erfordern, dass sofort gehandelt werden muss, aber dass auch sofort alle informiert werden, auch alle politischen Entscheidungsträger, weil sich dramatisch etwas ändert, das keinen Aufschub erlaubt. Es kann auch Situationen geben, in denen wir durchaus noch die Zeit haben, einen Vorlaufprozess zu organisieren, der sich dann aber auch jeweils aus der Natur der Sache ergibt. In dieser pragmatischen und konstruktiven Weise ist die Diskussion dann vorangekommen und zu einem gemeinsamen Beschluss gekommen.

Zusatz: Also haben Sie ihn nicht verteidigt.

BK Scholz: Der Bundesgesundheitsminister hat von mir die Unterstützung bekommen, die er braucht und die er auch bekommen muss, weil er ein ganz großartiger Minister und in dieser Frage hoch engagiert ist. Es hat eigentlich jeder gesagt, dass er diese Arbeit sehr engagiert macht. Ich glaube, sogar parteiübergreifend lässt sich das festhalten. Insofern war ich vielleicht jemand, der das besonders gerne gemacht hat, aber viele andere haben es auch noch gemacht.

Frage: Ich habe eine Frage zum Beschluss. Darin steht, dass bei überregionalen Großveranstaltungen einheitliche Regeln beschlossen oder besprochen werden sollen. In welche Richtung soll das gehen? Gibt es jetzt einheitlich und bundesweit mehr Zuschauer bei Fußballspielen oder weniger?

Was heißt denn „Lockerung“? Es wird von einer Öffnungsperspektive gesprochen, einem Ende von 2G, einem Ende der Maskenpflicht. Wird dann vielleicht irgendwann wieder eine Normalität wie vor der Pandemie eintreten?

BK Scholz: Was die letzte Frage betrifft, hoffen wir alle und arbeiten wir alle hart daran, dass wir unsere Lebenswirklichkeit vor der Pandemie wiederfinden werden. Klar werden wir all das, was wir jetzt gelernt haben, nicht vergessen, insbesondere die Gefahr, dass die Welt, in der wir leben, immer wieder solche dramatischen negativen Überraschungen für uns bereithalten kann und auch neue Viren und neue Infektionen Einfluss auf unser Leben nehmen können, nicht nur hierzulande, sondern in der ganzen Welt. Darauf müssen wir uns natürlich gut vorbereiten. Trotzdem wollen wir wieder zu dem Leben vor der Pandemie zurückkehren; darum geht es ja bei all dem, was wir an Anstrengungen unternehmen.

Gleichzeitig gilt, was ich und auch die beiden, die hier neben mir sitzen, schon gesagt haben: Wir wollen jetzt nicht den Eindruck erwecken, als ob das jetzt der Moment für Lockerungen wäre. Das ist er nicht. Jetzt geht es darum, Kurs zu halten. Wir haben Infektionszahlen, die höher sind, als wir sie bisher überhaupt verzeichnet haben. Wir wissen, dass diese Infektionszahlen noch höher steigen werden, dass also die ansteckende Natur des Omikronvirus dazu führen wird, dass wir möglicherweise sogar einmal Tage mit mehreren Hunderttausend Ansteckungen an einem Tag erleben. Deshalb ist das jetzt nicht der Moment, an dem man „Na ja“ sagt, sondern das ist der Moment, an dem man Kurs hält. Klar ist, dass, wenn wir mehr wissen, wenn wir Land sehen, wenn wir wissen, wo wir hinkommen werden, wie wir durch die Situation kommen und dass sich die Lage entspannt, dann auch die Entscheidung getroffen werden kann, wie wir Lockerungen vornehmen können. Aber das ist dann.

Zusatzfrage: Großveranstaltungen?

BK Scholz: Darüber haben sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten intensiv unterhalten und sind zu dem gemeinsamen Ergebnis gekommen - ich glaube, das kann man so zusammenfassen -, dass sie zu gemeinsamen Zahlen und Werten kommen werden.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben gerade selbst den schleppenden Impffortschritt erwähnt. Sie haben sich für Ende Januar zwei Ziele gesetzt, zum einen 30 Millionen Impfungen seit dem 26. Dezember und zum anderen eine Impfquote von 80 Prozent bei den Erstimpfungen. Wir liegen jetzt, glaube ich, ungefähr bei 15 Millionen Impfungen und 75,5 Prozent bei den Erstimpfungen. Glauben Sie, dass Ihre Ziele noch erreichbar sind?

Was bedeutet das für die Debatte über die Impfpflicht, die jetzt ansteht?

Wenn Sie erlauben, stelle ich noch eine Frage zur Ukraine. Die EU-Außenminister haben heute der Ukraine Unterstützung bei der Militärausbildung in Aussicht gestellt. Wäre Deutschland bereit, sich daran zu beteiligen?

BK Scholz: Zunächst einmal ist es so, dass es einen Impffortschritt gibt, der nicht gut genug ist. Wir liegen, wie Sie gesagt haben, bei den Erstimpfungen jetzt bei knapp mehr als 75 Prozent der Bevölkerung. Wir müssten viel höher liegen. Wir haben das Ziel, weiter voranzukommen. Das geschieht auch, aber nicht in dem Tempo, das notwendig wäre.

Was die Auffrischungsimpfung betrifft, ist es so, dass wir uns vorgenommen haben, dass wir auch hier weiter vorankommen. Wir hatten vor Weihnachten Zahlen von weit mehr als einer Million Impfungen am Tag. Das ist gegenwärtig nicht der Fall. Deshalb werden unsere Anstrengungen verstärkt werden müssen, damit wir weiter vorankommen. Mein Ziel bleibt, dass wir all diejenigen erreichen, die schon eine Zweitimpfung erhalten haben und einen vollständigen Impfschutz haben, sodass sie sich eine Auffrischungsimpfung holen. Das heißt, das Ziel mit den 60 Millionen bleibt bestehen. Man muss realistisch sein: Das werden wir nicht mehr zielgerichtet an dem Tag erreichen, an dem ich mir das wünschen würde. Aber wir haben durchaus die Chance, das Ziel zu erreichen. Deshalb gilt es hier jetzt auch entsprechend voranzukommen. Darum gibt es auch die Kampagne.

Ansonsten ist es so, dass wir natürlich Unterstützung zur Verfügung stellen. Das ist ja auch in der Vergangenheit der Fall gewesen. Die einzige Sache, die wir wie auch die frühere Bundesregierung immer sehr klar gesagt haben, ist: Wir liefern keine letalen Waffen. Ansonsten hat es Kooperationen und Unterstützung in der Vergangenheit gegeben, und es wird sie auch in Zukunft geben, auch zusammen mit unseren Freunden.

Frage: Ich würde es gerne einmal grundsätzlich angehen. Kurz bevor die Pressekonferenz angefangen hat, hat man gehört, dass in Berlin die Präsenzpflicht an Schulen ausgesetzt wird. Sie haben ausgeführt, dass es zu wenige Tests gibt, dass priorisiert wird. Die Arbeitgeber beschweren sich, dass sie jetzt nicht mehr wissen, auf welcher Grundlage sie möglicherweise Entgelte zahlen können, und die Kontaktverfolgung bei den Gesundheitsämtern ist quasi aufgegeben worden. Ist das jetzt nicht alles auch ein Eingeständnis dessen, dass Sie die Kontrolle über die Pandemie verloren haben und die jetzt in den nächsten Wochen durchrauschen wird?

BK Scholz: Nein. Aber es ist ein Hinweis darauf, und deshalb bin ich Ihnen für die Frage auch sehr dankbar, dass wir sehr hohe Infektionszahlen haben, wie wir sie bisher nicht gekannt haben. Wir konnten schon in unseren Nachbarländern ein bisschen zuschauen, wie sich das entwickeln wird, weil die ja weniger strenge Regeln, was Kontaktbeschränkungen betrifft, ergriffen haben und deshalb auch viel früher mit höheren Infektionszahlen durch das Omikronvirus konfrontiert worden sind. Wir haben diese Zeit dafür nutzen können, dass wir mit dem Impfen weitermachen und dass wir bei den Auffrischungsimpfungen innerhalb der Europäischen Union sicherlich vornean liegen, und das wollen wir auch weiterhin machen. Auch wenn unsere eigenen ehrgeizigen Ziele dabei noch nicht erreicht sind, bleibt es ja dabei, dass wir diese Ziele verfolgen, und zwar aus gutem Grund. Der hat nämlich etwas mit den hohen Infektionszahlen zu tun.

Natürlich muss man sich dann in einer konkreten Situation jeweils auf die Situation einstellen. Die hohen Infektionszahlen führen also dazu, dass sich die Art und Weise, auf die wir Quarantäneregeln festlegen, verändern müssen. Allerdings wachsen auch unsere Erkenntnisse darüber, wann eine Quarantäne verlassen werden kann und wer da hinein muss. Wir haben ja zum Beispiel auch Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, dass Kontakte geboostert sind. Das nutzen wir auch. Das Gleiche gilt für die verschiedenen anderen Entscheidungen, die wir im Hinblick auf Priorisierungen und die Nutzung der konkreten Tests, die erforderlich sind, zu treffen haben.

Meine These ist also: Das ist eine große Herausforderung und bleibt auch eine. All diejenigen, die das jetzt kleinreden und sagen, dass seien zwar hohe Infektionszahlen, aber es sei nichts los, haben nicht recht. Aber wir haben, glaube ich, schon eine Lage, in der Bund und Länder die richtigen Entscheidungen und auch die angemessenen Entscheidungen für die konkrete Situation treffen können.

BGM’in Giffey: Ich würde gerne etwas zur schulischen Situation ergänzen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir das auch noch einmal klarmachen. Wir haben uns ja im Rahmen der MPK darauf verständigt, dass die schulischen Fragen in den jeweiligen Bundesländern geklärt werden, auch anhand des konkreten Infektionsgeschehens, und in der Kultusministerzuständigkeit der Länder liegen. Für uns und für mich ist es ganz wichtig, dass wir das schulische Angebot aufrechterhalten, dass alle Kinder und Jugendlichen in die Schulen gehen können, dass die Schulen geöffnet sind, dass sie die Möglichkeit haben, eben gut gebildet zu sein, gut betreut zu sein, ein regelmäßiges Mittagessen zu bekommen und auch entsprechend einen Test zu bekommen.

Wir sehen aber in der Situation mit den zunehmend steigenden Zahlen, die wir haben, dass wir auch Eltern haben, die sich Sorgen machen und die diese Entscheidung, ob sie ihr Kind in die Schule schicken oder nicht, gerne selbst treffen möchten. Diese Entscheidung, die wir jetzt getroffen haben, zu sagen, wir setzen temporär die Präsenzpflicht in den Berliner Schulen bis Ende Februar aus, basiert auf der Erklärung der Amtsärzte in den Gesundheitsämtern, dass sie eben eine Kontaktnachverfolgung in über 800 Schulen bei über 300 000 Schülerinnen und Schüler nicht mehr hinbekommen. In diesem Moment, wo wir solche Fallzahlen haben, ist es für uns wichtig, dass wir auf der einen Seite den Schulbetrieb aufrechterhalten und es weiter ein Angebot gibt, dass aber gleichzeitig den Eltern auch die Möglichkeit eingeräumt wird - wenn sie es möchten und dies für sich und ihr Kind entscheiden -, sich eine Ausnahme von dieser Präsenz zu nehmen, und zwar ganz unkompliziert ab morgen.

Trotzdem ist für uns wichtig: Die Schulen bleiben offen. Das Präsenzangebot ist auch weiterhin das Regelangebot. Es gibt aber die Möglichkeit, davon abzuweichen. Ich glaube, das ist jetzt einfach ein Weg, um den verschiedenen Bedürfnissen, die wir an dieser Stelle sehen - auf der einen Seite die Kinderbetreuung aufrechtzuerhalten, auf der anderen Seite den Sorgen der Eltern zu entsprechen -, auch gerecht zu werden. Das ist eine sofortige Reaktion auf eine veränderte Lage. Ich glaube, das ist das, was auch von uns erwartet wird. Das hat nichts mit Kontrollverlust zu tun, sondern damit, dass wir einfach gezwungen sind, auf die sich aktuell ändernde Entwicklung zu reagieren und einzugehen, so dass das für möglichst viele in der Bevölkerung auch ein gangbarer Weg ist. Darum geht es an der Stelle.

Zusatzfrage: Ich habe eine Nachfrage an den Bundeskanzler: Würden Sie sagen, dass Sie trotz dieser - sagen wir einmal - eigenverantwortlich handelnden infizierten Bürger, trotz mangelnder Tests und rudimentärer Kontaktverfolgung die Übersicht über die Infektionszahlen behalten werden?

BK Scholz: Dafür sind heute die notwendigen Entscheidungen getroffen worden. Genau das passiert. Darum haben wir das Expertengremium. Darum haben wir den Krisenstab. Darum nehmen wir die Ratschläge an, und darum gibt es die Entscheidung, die zum Beispiel die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der Länder mit dem Bundesgesundheitsminister getroffen haben und die sich jetzt auch hier in dem Beschluss an verschiedenen Stellen wiederfinden. Es ist die richtige Reaktion auf eine veränderte Lage. Es ist gut, dass das so einvernehmlich, so koordiniert, so gut vorbereitet und so lange diskutiert geschieht, weil das die Voraussetzung dafür ist, dass wir in der Lage jederzeit das Richtige tun können.

Frage: Eine Frage sowohl an den Kanzler als auch an Herrn Wüst, und zwar zu dem Passus, wo es auch um mögliche Verschärfungen geht, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems droht - so die Formulierung. Woran wird das genau gemessen werden? Haben Sie da bestimmte Indikatoren, die Sie dafür heranziehen? Oder sollen die Krankenhäuser erst - etwas flapsig gesagt - volllaufen, wie der Expertenrat das ja prognostiziert?

Herr Bundeskanzler, auch eine Frage zur Ukraine. Das Weiße Haus hat bekanntgegeben, dass Sie nachher an einer Videoschalte mit europäischen Staats- und Regierungschefs und dem US-Präsidenten teilnehmen. Ist das ein Zeichen dafür, dass die Lage so besorgniserregend geworden ist, dass Sie über Notfall- und Sanktionsmaßnahmen nachdenken müssen?

BK Scholz: Zur zweiten Frage: Die Lage ist ernst, aber nicht erst heute, sondern schon seit vielen Tagen, Wochen und Monaten. Deshalb ist es auch richtig, dass wir in dieser Frage alle einig und geschlossen handeln. Dazu gehört, dass wir sagen: Es darf nicht zu einer Verletzung der territorialen Integrität eines Staates in Europa kommen. Das gilt ganz besonders auch für die Ukraine. Wir werden das nicht hinnehmen. Falls es zu einer solchen Situation kommt, werden wir gemeinsam reagieren. Das würde hohe Kosten haben.

Aber es gehört auch zu dieser Situation, dass wir sie immer wieder gemeinsam bewerten, die Lage besprechen und daraus die nächsten Schritte ableiten, die wir miteinander zu treffen haben. Insofern ist das ein gutes Zeichen für die enge Zusammenarbeit und die gute Kooperation unter denjenigen, die hier zusammentreffen, aber insgesamt für Nato und Europäische Union. Ich glaube, dass man das so bewerten sollte.

Was die Frage nach den Maßnahmen betrifft, die ergriffen werden müssen und woran wir das messen: Wir haben doch jetzt eine Situation, die kein Wissenschaftler und keine Wissenschaftlerin am Anfang des Jahres 2021 vorhergesagt hätte, dass wir sehr hohe Infektionszahlen haben und andere Länder, in denen sich teilweise ein paar hunderttausend Bürger pro Tag infizieren, mit uns vergleichbar sind. Da sind wir nicht angekommen. Wir sind jetzt aber an verschiedenen Tagen schon über 100 000 gewesen und werden es auch weiter sein. Es wird weiter steigende Infektionszahlen geben.

Trotzdem hätte niemand vorhergesagt, dass mit diesen hohen Infektionszahlen nicht in gleicher Weise wie früher eine Belastung der Krankenhäuser insgesamt und insbesondere der Intensivstationen verbunden ist - bisher. Wir wissen aber, dass aufgrund der großen Zahl der Infizierten schon eine Herausforderung auf das Gesundheitswesen zukommt. Deshalb ist ja auch unsere klare Entscheidung: Wir bereiten uns auf eine solche Situation vor.

Wir können hoffen, dass das Verhältnis zwischen Infektionen und Intensivpflichtigkeit so viel geringer ist, dass das nicht passieren wird. Wir können hoffen, dass unsere fortgesetzte Impf- und auch Auffrischungskampagne mit den Boosterimpfungen dazu beiträgt, dass wir die Situation entlasten können. Deshalb kann gegenwärtig niemand vorhersagen, welche der verschiedenen möglichen Entwicklungen tatsächlich in Deutschland eintreten wird. Aber wir tun alles dafür, dass es diejenige ist, die weniger herausfordernde Situationen mit sich bringt. Wie es dann kommen wird, das weiß jetzt keiner, und das kann man auch nicht vorhersagen.

MP Wüst: Ergänzend darf ich sagen, dass es ja auch den zweiten Faktor gibt, der zu einer Belastung des Gesundheitssystems führen kann, nämlich eine große Anzahl von erkrankten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das haben wir natürlich sehr genau im Blick, weil sie ja tagesaktuell in den Kliniken bekannt sind. Herr Professor Kroemer hat das heute auch für die Charité berichtet, dass man sozusagen tagesgenau sagen kann, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkranken; wohlgemerkt nicht nur im Dienst, sondern überwiegend sogar - je nach Beschäftigung - außerhalb des Krankenhauses. Beides muss man im Blick haben, den Anfall an Patienten, aber auch den Ausfall von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch eigene Infektionen oder durch Quarantäne.

Frage: Ich hätte auch noch einmal eine Frage zu der Eröffnungsperspektive. Ist denn schon andiskutiert worden, welche Bereiche man eventuell als ersten Schritt öffnen könnte? Der nächste Termin ist ja der 16. Februar. Der Gesundheitsminister sagt, dass dann ungefähr der Höhepunkt der Pandemie erreicht sein könnte. Könnte man dann vielleicht auch schon entscheiden, ob man in eine Lockerung hineingeht, wenn man erkennt, dass es letztendlich keine Überlastung gibt?

Auch noch einmal eine Frage zur Ukraine: Es geht ja sicherlich unter anderem auch um die Frage, ob andere Länder Waffen oder auch Ausrüstung liefern. Estland hatte eben eine solche Anfrage gestellt. Ist die Bundesregierung bereit, letztendlich diese Lieferung zu ermöglichen?

BK Scholz: Sie kennen die Entscheidung, die die Bundesregierung bei aller Kontinuität im Hinblick auf Waffenlieferungen getroffen hat. Hier ist ein etwas anderer Sachverhalt, der noch geprüft wird, und das dauert noch an.

Was die Frage nach der Beschäftigung der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz mit Lockerungen betrifft, so wäre es, glaube ich, in der gegenwärtigen Situation etwas eigenwillig, wenn wir konkrete Diskussionen über konkrete Maßnahmen führen würden. Denn wir erleben ja gerade neue Hochs bei den Infektionszahlen, und wir wissen, dass weitere Hochs auf uns zukommen werden.

Sie selbst haben gerade gesagt, dass es sein kann, dass die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, mit dem Bundeskanzler das nächste Mal am 16. Februar zusammenkommen. Dann ist nach den Berechnungen, die gegenwärtig angestellt werden, wahrscheinlich gerade der Höhepunkt des Infektionsgeschehens zu verzeichnen. Wie es dann sein wird, das wissen wir am 16. Februar genauer. Deshalb macht es auch keinen Sinn, irgendwelche Vorhersagen über das zu treffen, was wir konkret an dem Tag zu beraten haben. Es gehört schon dazu, dass wir die wirkliche Lage betrachten und dann mit realen Entscheidungen auf die wirkliche Lage reagieren.

Frage: Ich möchte auch zu der Ukraine-Krise vor allem den Bundeskanzler fragen. Herr Bundeskanzler, die Äußerungen des Marineinspekteurs in Indien zu der Krise in der Ukraine haben für Entsetzen gesorgt, vor allem in der Ukraine. Er ist nicht mehr im Amt. Aber seine Äußerungen sind für viele ausländische Betrachter, besonders in der Ukraine, Grund zur Sorge, dass seine Haltung in Deutschland, vielleicht sogar in Ihrer Partei, weit verbreitet ist. Deswegen für das internationale Publikum die Frage: Wie bewerten Sie als Bundeskanzler persönlich die Äußerungen von Kay-Achim Schönbach?

Der Frage bezüglich Estland würde ich mich auch anschließen. Diese Entscheidung dauert an. Aber was wäre Ihre Meinung? Sind Sie persönlich dafür oder dagegen?

BK Scholz: Prüfungsentscheidungen sind Prüfungsentscheidungen, in denen sorgfältig die verschiedenen Fragen abgewogen werden, übrigens nicht nur von der deutschen Regierung. Es sind dann auch andere beteiligt, sogar vor uns. Das ist alles noch ganz am Anfang. Dass wir darüber jetzt zu diesem Zeitpunkt diskutieren, ist eher unwahrscheinlich. Da waren einige dicht dran an einem Entscheidungsprozess, der noch nicht einmal begonnen hatte, und haben schon über ihn berichtet. Das ist natürlich interessant, vielleicht auch für die Selbstbeobachtung.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Aussagen, die der Vizeadmiral gemacht hat, entsprechen nicht den Vorstellungen der Bundesregierung. Deshalb ist ja auch seine Demission akzeptiert worden.

Beitrag teilen