„Wir müssen unsere Demokratie mit aller Kraft verteidigen“

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Mehr Fälle politisch motivierter Kriminalität „Wir müssen unsere Demokratie mit aller Kraft verteidigen“

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Die Behörden registrierten 58.916 Delikte. Das ist eine Zunahme um sieben Prozent. Damit befindet sich die politisch motivierte Kriminalität auf dem höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001.

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 Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, stellten die Zahlen vor.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Präsident des Bundeskriminalamts Holger Münch stellten die Zahlen vor.

Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Straftaten, die aus einer politischen Motivation heraus begangen werden, bedrohen unser Gemeinwesen. Im Gegensatz zu anderen Straftaten fühlen sich die Täter durch eine Ideologie gerechtfertigt und haben häufig kein Unrechtsbewusstsein. Daher sind Erfassung, Analyse und wirksame polizeiliche Bekämpfung besonders wichtig. Seit 2001 registrieren Bund und Länder diese Taten systematisch. Das gewährleistet eine einheitliche und detaillierte Erhebung in diesem Bereich.

„Wir müssen unsere Demokratie mit aller Kraft verteidigen,“ sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Die politisch motivierte Kriminalität sei ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Konflikte.

Taten im Zusammenhang mit Corona

Die politisch motivierte Kriminalität lag 2022 auf dem höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001: 24.080 Straftaten entfielen auf den Phänomenbereich „PMK nicht zuzuordnen“. Dabei handelt es um eine nicht eindeutig abgrenzbare ideologische Motivation. Mit einem Anstieg um 13 Prozent bildet er aber inzwischen den aufkommensstärksten Bereich. Ein wesentlicher Teil der Straftaten steht im Zusammenhang mit den Protesten gegen Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie.

Taten von rechts

Die zweitmeisten politisch motivierten Straftaten wurden 2022 im Phänomenbereich „PMK rechts“ begangen. Die Fallzahlen sind um rund sieben Prozent auf 23.493 Straftaten angestiegen. Das bestätige erneut, was für eine große Bedrohung von Rechtsextremisten ausgeht, so Faeser.

„Besondere Sorge macht mir, dass Angriffe auf Geflüchtete stark zugenommen haben“, so die Bundesinnenministerin. Es sei in höchstem Maße menschenverachtend, Menschen zu attackieren, die bei uns Schutz vor Krieg und Terror suchen würden. Im vergangenen Jahr haben auch die Straftaten gegen Geflüchtete wieder zugenommen. Die Polizeibehörden registrierten 1.420 Straftaten gegen Schutzsuchende. Auch Asylunterkünfte werden immer häufiger zum Ziel von Straftaten. Hier ist ein Anstieg auf 120 zu verzeichnen.

Im Themenfeld „Reichsbürger/Selbstverwalter“ sind die Fallzahlen erheblich auf 1.865 Straftaten angestiegen. Dies entspricht einer Zunahme um fast 40 Prozent. Die Landesbehörden haben zwischen 2016 und dem Ende des vergangenen Jahres 1.100 waffenrechtliche Erlaubnisse von „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ entzogen. „Wir werden weiter mit aller Härte gegen Reichsbürger und anderer Extremisten fortgehen“, bekräftigte Faeser.

Im Bereich der Hasskriminalität hat sich eine deutliche Zunahme um rund zehn Prozent auf 11.520 gezeigt. Drei von vier dieser Straftaten sind dem Bereich „PMK rechts“ zuzuordnen. Die Zahl der Gewalttaten ist noch deutlicher um 33 Prozent auf nun 1.421 gestiegen.

Rückgang bei antisemitischen Taten

Die antisemitischen Straftaten sind im Jahr 2022 um knapp 13 Prozent auf 2.641 Taten zurückgegangen. Wegen des Höchststands im Jahr 2021 sieht die Bundesinnenministerin darin aber keinen Grund zur Entwarnung. Der weit überwiegende Anteil der Taten sei der politisch rechts motivierten Kriminalität zuzurechnen. Zugleich seien auch Taten durch islamistisch geprägten Antisemitismus zu beobachten.

Keine Entwarnung bei Linksextremismus

Im Phänomenbereich „PMK links“ ist die Zahl der Delikte deutlich um rund 31 Prozent auf 6.976 Straftaten gesunken. Etwa die Beschädigung von Wahlplakaten spielte nach dem Superwahljahr 2021 im Jahr 2022 keine wesentliche Rolle mehr. Außerdem waren wenige wirkstarke Kampagnen und relevante Großveranstaltungen im linken Spektrum zu beobachten.

Gleichzeitig haben sich Klimaproteste im Jahr 2022 zu einem deutlichen Themenschwerpunkt linksmotivierter Straftaten entwickelt. Hier wurden 1.585 Straftaten registriert. Dies entspricht etwa einer Verdoppelung gegenüber 2021. Mehr als 80 Prozent der registrierten Straftaten wurden der „PMK links“ zugeordnet. „Ich habe nicht das geringste Verständnis für die begangen Straftaten“, machte Nancy Faeser deutlich. Legitimer Protest ende da, wo Straftaten begangen werden. „Da ist die rote Linie.“

Islamistischer Terrorismus

Die Fallzahlen im Bereich „PMK religiöse Ideologie“ sind weitgehend konstant. Es ist aber weiter von einer erheblichen Gefährdung durch islamistischen Extremismus und Terrorismus auszugehen. „Wir sind sehr wachsam und handeln international, wie national eng vernetzt“, so Nancy Faeser. „Wir setzen weiterhin unsere harte Gangart gegen Islamisten fort.“

Ausländische Ideologie

Im Phänomenbereich „PMK ausländische Ideologie“ wurde ein starker Anstieg auf 3.886 Straftaten registriert. Ursächlich sind insbesondere Resonanzstraftaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und im Kontext des Konfliktes zwischen der Türkei und der PKK sowie der Situation im Iran. Weltweite Krisen und Konflikte, die auf den ersten Blick weit entfernt scheinen, haben auch einen Einfluss auf die Sicherheitslage in Deutschland.