Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit
Um Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden, wollen sich alle staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure mit ihren Maßnahmen und Hilfsangeboten abstimmen und vernetzen. Das Kabinett hat dafür nun den ersten Nationalen Aktionsplan beschlossen.
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Sozialarbeiter beraten zum Beispiel bei der Antragstellung für soziale Hilfsleistungen. Der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung setzt vor allem darauf, die Präventionsarbeit und den Zugang zu bezahlbaren Wohnraum zu verbessern.
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„Gemeinsam für ein Zuhause“ – Das ist der Titel des ersten Nationalen Aktionsplans gegen Wohnungslosigkeit. Mit diesem Maßnahmenpaket bekennen sich Bund, Länder und alle weiteren Beteiligten zu dem Ziel, Wohnungslosigkeit in Deutschland bis 2030 zu überwinden.
Um gemeinsam wirksame Lösungen für Wohnungs- und Obdachlose in Deutschland zu finden, sollen die Handlungsmöglichkeiten von Bund, Ländern und Gemeinden gebündelt werden. Der Nationale Aktionsplan ist der Startpunkt eines gemeinsamen Weges, der über die aktuelle Wahlperiode hinaus fortgeführt werden soll, denn „die Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist eine Mammutaufgabe,“ sagt Bundesbauministerin Klara Geywitz.
Der Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit sei zusammen mit vielen Menschen erarbeitet worden, die sich täglich um obdach- und wohnungslose Menschen kümmern. Damit legt die Bundesregierung nun erstmals einen Handlungsleitfaden vor, um diese große gesamtgesellschaftliche Aufgabe anzugehen, freut sich Geywitz.
Präventionsarbeit und Zugang zu bezahlbaren Wohnraum verbessern
Zu den Leitlinien des Aktionsplans für die gemeinsame Arbeit gehören vor allem der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum und eine bundesweit bessere Präventionsarbeit. Um Wohnungslosigkeit überhaupt nicht erst entstehen zu lassen, sollen beispielsweise Unterstützungsangebote leicht verständlich und mehrsprachig formuliert sein. Außerdem soll bezahlbarer Wohnraum geschaffen und vermittelt werden. Jede Person, die obdachlos ist, soll bis 2030 ein passendes Wohnungsangebot erhalten.
Falls Wohnungslosigkeit nicht verhindert werden kann, steht den Menschen rechtlich ein Platz in einer öffentlichen Unterkunft zu. In allen Unterkünften sollen zudem die Standards verbessert werden, beispielsweise indem Frauen und Männer getrennt untergebracht werden können. Der Aufenthalt soll möglichst kurz gehalten werden.
Für wohnungslose Personen, die einen ungeklärten Versicherungsstatus haben, soll der Zugang zur Krankenversicherung und zur Gesundheitsversorgung überprüft und im Sinne der Betroffenen geklärt werden.
Neben den analogen Angeboten, sollen Wohnungslose auch die Möglichkeit bekommen, digitale Verwaltungsleistungen zu nutzen und andere Dienstleistungen des täglichen Lebens im Internet erledigen zu können. Das unterstützt zum Beispiel die Aufnahme einer Beschäftigung.
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Als wohnungslos gilt, wer keine Miet-, Eigentums- oder sonst vertraglich abgesicherte Wohnung nutzen kann. Die Bundesregierung ist verpflichtet, seit 2022 alle zwei Jahre bundesweit über Umfang und Struktur der wohnungs- und obdachlosen Personen zu berichten.
Nach der Erhebung des Statistischen Bundesamtes gab es zum Stichtag 31. Januar 2022 rund 178.100 untergebrachte wohnungslose Menschen, darunter rund 47.200 Kinder und minderjährige Jugendliche. Die Gesamtzahl der Menschen ohne Unterkunft auf der Straße sowie der verdeckt wohnungslosen Personen wurde im Untersuchungszeitraum vom 31.01.2022 bis 07.02.2022 auf rund 86.700 Personen geschätzt. Neue Gesamtzahlen zur Wohnungslosigkeit in Deutschland werden im zweiten Wohnungslosenbericht des Bundes Ende 2024 veröffentlicht.
Die eigene Wohnung befriedigt das Bedürfnis nach sicherer Unterkunft und Privatsphäre. Sie ist zugleich eine grundlegende Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen, vor allem an Gesundheitsleistungen, an Bildung und Arbeit. Menschen ohne Wohnung haben diese Möglichkeit nicht.
Aus den unterschiedlichsten Gründen können Menschen ihre Wohnung verlieren. Oft sind Mietschulden der Grund, etwa wegen Arbeitslosigkeit, Krankheit, Sucht oder Schicksalsschlägen.
Das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat, den in sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Bürgerinnen und Bürgern ein menschenwürdiges Dasein zu gewähren. Das im Sozialpakt der Vereinten Nationen und in der Europäischen Sozialcharta verbriefte Recht auf Wohnraum ergänzt dieses Prinzip. Die Vermeidung und Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit sowie die bedarfsgerechte Unterstützung bei den Wohnkosten sind somit ein sozialstaatlicher Pflichtauftrag.
Bund, Länder und Kommunen kommen ihrem gesetzlichen Auftrag zur Unterstützung von Menschen im Wohnungsnotfall nach, indem sie zum Beispiel Anlaufstellen zur Wohnungsnotfallhilfe bereitstellen oder der Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft zeitweise übernehmen. Die Gerichte sind angehalten, bestimmte Räumungsklagen den zuständigen Grundsicherungsträgern unverzüglich mitzuteilen. Jobcenter und Sozialämter wirken präventiv und in akuten Fällen dabei mit, um Wohnungslosigkeit zu verhindern oder im Bedarfsfall zu unterstützen, etwa beim Beginn von Wohnungslosigkeit, bei Mietschulden oder Räumungsklagen. Darüber hinaus gibt es freie gemeinnützige Einrichtungen und Dienste der Wohnungsnotfallhilfe, Angebote wie Tagesaufenthalte, wohnbegleitende Angebote, Straßensozialarbeit oder sozial-integrative Hilfen in Wohnquartieren anbieten.
Um die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum zu verbessern, unterstützt der Bund die Länder beim sozialen Wohnungsbau mit einer Rekordsumme von gut 18 Milliarden Euro. Das Bundesbauministerium fördert genossenschaftliches Bauen und wird außerdem ein neues Förderprogramm für kleinere, bezahlbare Wohnungen auflegen. „Mit dem WohngeldPlus wurde zudem für viele Menschen, die Probleme haben, ihre Miete zu bezahlen, eine wichtige Unterstützung geschaffen“, so Geywitz.