Schutzkonzept für Brasiliens Naturschätze

Einzigartiges Ökosystem bedroht Schutzkonzept für Brasiliens Naturschätze

Mangrovenwälder sind ökologische Multitalente – mit großer Bedeutung für Küstenbewohner, Meeresumwelt und das globale Klima. Umso wichtiger ist der Schutz der Mangroven. Hier hat ein deutsch-brasilianisches Projekt wegweisende Arbeit geleistet.

3 Min. Lesedauer

Flusslauf im brasilianischen Pantanal, dem größten Feuchtgebiet der Erde

Die Mangrovenwälder bieten Lebensraum für unzählige Arten von Fischen und Krebstieren.

Foto: picture alliance / blickwinkel/F. Poelking

Der Blick der Weltöffentlichkeit richtet sich in diesen Wochen wieder auf den Amazonas. In den riesigen Regenwaldgebieten lodern derzeit so viele Brände wie nie zuvor. Zudem schreitet die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien im Rekordtempo voran. Das artenreichste Ökosystem der Erde mit großer Bedeutung für das Klima schrumpft seit Jahren.  

Auch ein weiterer Naturschatz Brasilien ist bedroht - die Mangrovenwälder entlang der ausgedehnten Küstenlinie des Landes. Die Bäume im Gezeitenbereich zwischen Meer und Land wurden vielfach zur Holzgewinnung, zur Fischzucht oder zum Siedlungsbau gerodet. Diese Wälder spielen als effiziente Kohlenstoffsenke ebenfalls eine wichtige Rolle zur Klimastabilisierung. 

Mangrovenwälder kommen an den tropischen und subtropischen Küsten in mehr als 100 Ländern vor – sie bedecken eine Fläche von rund 15 Millionen Hektar. Mangroven wachsen im Gezeitenbereich der Meere und haben sich an das Wechselspiel zwischen trockenen und nassen Perioden angepasst. Die zunehmende Nutzung von Küstenräumen gefährdet weltweit den Bestand dieser wertvollen Ökosysteme. Ein Drittel der weltweiten Mangrovenbestände wurden in den vergangenen 50 Jahren bereits abgeholzt. 

Projekt MADAM zeigt nachhaltige Wirkung

Mit einem einzigartigen Projekt hat ein deutsch-brasilianisches Wissenschaftlerteam eines der größten Mangrovengebiete der Welt im Nordosten Brasiliens untersucht und ein Konzept für den Schutz und die nachhaltige Nutzung vorgelegt – die Ergebnisse sind bis heute, 25 Jahre nach Projektstart, noch sichtbar. Das Forscherteam arbeitete direkt mit lokalen Akteuren zusammen.

MADAM hieß das vom Bundesforschungsministerium im Zeitraum von 1995 bis 2005 geförderte Vorhaben. Das Großprojekt im Rahmen der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit mit Brasilien wurde vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) Bremen und der Bundesuniversität von Pará (UFPA) koordiniert.

Im Zuge von MADAM entstanden neue Strukturen: So wurde in der Hafenstadt Bragança ein Küstenforschungsinstitut aufgebaut, das sich mit Mangroven beschäftigt. Durch das Projekt wurden auch die Forschungskapazitäten des Bremer Instituts deutlich erweitert. Ein großer Erfolg war darüber hinaus, dass die Regierung auf Basis der Forschungsergebnisse Schutzgebiete einrichtete.

Mangroven sind CO2-Speicher

"Wir haben in Deutschland und Brasilien eine ganze Reihe von Wissenschaftlern ausgebildet, die heute weltweit eigene Beiträge zur Mangrovenforschung leisten", sagt der damalige Projektleiter Ulrich Saint-Paul. Die bilaterale Kooperation wirke bis heute nach - das Thema sei in den Köpfen verankert. Dafür wurde ein intensiver Dialog mit Nutzern geführt und die Öffentlichkeit über verschiedene Kanäle einbezogen. "Wir hatten sogar eine eigene Radiosendung", sagt Saint-Paul.

Die Mangrovenwälder bieten nicht nur Schutz vor Stürmen und Küstenerosion, sondern sind auch Lebensraum für unzählige Arten von Fischen und Krebstieren. Außerdem haben sie eine große Bedeutung für das Klima: Forscher schätzen, dass im metertiefen Schlick unter den Mangrovenwäldern bis zu 20 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind.

"Jahrelang interessierte sich außerhalb der Wissenschaft kaum jemand für diese wertvollen Ökosysteme", sagt Saint-Paul, mittlerweile emeritierter Professor. Erst zuletzt habe ein Umdenken eingesetzt. Der Raubbau an Mangrovenwäldern, deren Bestand in den vergangenen Jahrzehnten rapide zurückging, wurde gebremst und zahlreiche Wiederaufforstungsprojekte gestartet.

Bremer Fachexpertise für brasilianische Mangroven

Am Bremer ZMT wurden die nachhaltigen Konzepte für Mangrovengebiete immer weiter verfeinert. Unter dem Stichwort "Ökosystem-Design" analysieren Forscherteams heute die Erwartungen der Anrainer und schaffen maßgeschneiderte Wiederaufforstungsflächen, die auch eine Bewirtschaftung zulassen. Hier stehen Nutzer im Zentrum und nicht die Vorstellungen einer unberührten Natur.       

Der Weg zu einem globalen Mangrovenschutzprogramm ist zudem noch weit. Saint-Paul plädiert dafür, die Aufklärung weiter zu intensivieren und die lokale Bevölkerung noch stärker einzubeziehen. "Die Menschen müssen erkennen, dass diese Ökosysteme ihre Existenz sichern", betont Saint-Paul. In Brasilien ist dieses Verständnis mittlerweile vorhanden.