Ein eindeutiges Signal zur richtigen Zeit

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Kanzler würdigt Memorial-Gründerin bei Dönhoff-Preisverleihung Ein eindeutiges Signal zur richtigen Zeit

Bundeskanzler Scholz hat anlässlich der Verleihung des Marion-Dönhoff-Preises die Mitbegründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, gewürdigt. Sie erhalte die Auszeichnung für ihre jahrzehntelange Arbeit, mit der sie gezeigt hat: „Ein anderes, helleres Russland ist möglich.“

3 Min. Lesedauer

Bundeskanzler Olaf Scholz mit der russischen Menschenrechtlerin Irina Scherbakowa.

Kanzler Scholz, Menschenrechtlerin Scherbakowa: „Russlands Zukunft brauche eine engagierte Zivilgesellschaft.“

Foto: Bundesregierung/Denzel

Die russische Menschenrechtlerin Irina Scherbakowa ist in Hamburg mit dem Marion-Dönhoff-Preis für internationale Verständigung und Versöhnung ausgezeichnet worden. In seiner Laudatio bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz die Entscheidung der Jury als „ein eindeutiges politisches Signal zur richtigen Zeit“ und zugleich eine „hochverdiente Auszeichnung“ für Irinia Scherbakowa, die nun in einer Reihe mit herausragenden Persönlichkeiten der Zeitgeschichte stehe.

Die Mitgründerin der in Russland inzwischen verbotenen und enteigneten Menschenrechtsorganisation Memorial erhält den diesjährigen Marion-Dönhoff-Preis für ihr jahrzehntelanges, unermüdliches Engagement für Menschenrechte. Sie verdiene diesen Preis für ihre Arbeit und ihr Lebenswerk. Aber sie erhalte ihn auch stellvertretend für all diejenigen Russinnen und Russen, die sich eine andere, bessere, hellere Zukunft Russlands vorstellen können, die darauf hoffen, genau wie wir es tun, sagte der Kanzler.

Der Marion-Dönhoff-Preis wird seit 2003 jährlich an Persönlichkeiten vergeben, die sich in besonderer Weise für die Verständigung und Versöhnung zwischen den Völkern einsetzen.

Einstehen für ein besseres Russland

Auch wenn noch nicht absehbar sei, wann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine vorbei sein werde, sei eines doch gewiss, so der Kanzler: „Dann wird Russland immer noch da sein. Es wird immer noch das flächenmäßig größte Land der Erde sein, mit 144 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, in geografischer Nähe zu uns. Es werden Fragen aufkommen: Wer wollen wir sein? Wie wollen wir sein?“

Und dann werde viel davon abhängen, ob es wieder Kräfte gebe, die mit Nachdruck und aus Erfahrung sagen: „Ja, ein anderes, ein besseres und helleres Russland ist möglich – noch immer und jetzt erst recht: ein demokratisches Russland, ein friedliches Russland, ein Russland, das sich an die internationalen Regeln hält, ein Russland, das imperialen Großmachtwahn hinter sich lässt.“

Dem Kanzler war es zudem ein Anliegen hervorzuheben, dass diejenigen Russinnen und Russen, die wie Scherbakowa immer eindeutig für Freiheit, für Demokratie und Menschenrechte eingetreten seien, die dabei großen Mut bewiesen und persönliche Risiken in Kauf genommen hätten, „nicht Widersacher der Ukraine in ihrem tapferen Abwehrkampf gegen Putins brutalen Krieg“ seien.

Die Menschenrechtsorganisation Memorial
Gegründet wurde Memorial Ende der 1980er-Jahre und sie steht wie keine zweite für den zivilgesellschaftlichen Aufbruch in den letzten Jahren der Sowjetunion. 2022 wurde ihr der Friedensnobelpreis zuerkannt, dessen Verleihung am 10. Dezember in Oslo stattfindet. Noch am Tag der Bekanntgabe durch das Nobelpreiskomitee sorgte Moskaus Justiz erneut für Ernüchterung: Das Memorial-Gebäude in Moskau wurde gerichtlich dem russischen Staat zugesprochen. Bereits im Dezember 2021 war die Organisation vom Obersten Gericht in Russland verboten worden. Doch Memorial besteht fort: Als dezentrales Netzwerk von Aktivistinnen und Aktivisten; als internationale Nichtregierungsorganisation und Opposition im Exil gegen Putins Regime. Heute ist Memorial eine internationale Gesellschaft von mehr als 50 nationalen und regionalen Organisationen in einer Reihe von Ländern, auch in Deutschland.

Völkerverständigung und Versöhnung – Aufarbeitung historischer Verbrechen

Als Germanistin, Dolmetscherin und Übersetzerin deutscher Literatur hat sich Scherbakowa seit Jahrzehnten dafür eingesetzt, das gegenseitige Verständnis von Russen und Deutschen zu stärken und hat sich um eine Demokratisierung der russischen Gesellschaft verdient gemacht. Als Historikerin beschäftigt sie sich bereits seit Ende der 1970er-Jahre mit den Biografien und Schicksalen der Menschen, die in der Sowjetunion Stalins Gefängnisse und Lager überlebten.

Es ging ihr dabei, wie sie geschrieben hat, immer darum, „die Tür zu dieser dunklen Vergangenheit zu öffnen“ – weil „Demokratie und offene Gesellschaft ohne die Aufarbeitung historischer Verbrechen und Irrwege niemals gedeihen werden. In Russland nicht. In Deutschland nicht – und auch nirgendwo sonst“, unterstrich der Kanzler.

Der Marion-Dönhoff-Preis
Der Marion-Dönhoff-Preis für internationale Verständigung und Versöhnung wird von der Wochenzeitung DIE ZEIT, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und der Marion Dönhoff Stiftung vergeben. Mit dem Hauptpreis werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich für Verständigung und Versöhnung zwischen den Völkern einsetzen. Darüber hinaus wird ein Förderpreis für Organisationen zur Unterstützung ihrer laufenden Projekte vergeben. Den diesjährigen Förderpreis erhält die Hilfsorganisation Tafel Deutschland e. V. Beide Auszeichnungen sind jeweils mit 20.000 Euro dotiert.