Getreide dem Klimawandel anpassen

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Pflanzenforschung Getreide dem Klimawandel anpassen

Rekordtemperaturen, kaum Niederschlag - der Hitzesommer hat in der Landwirtschaft seine Spuren hinterlassen. Bereits im zweiten Jahr in Folge wird es in zahlreichen Regionen Deutschlands geringere Ernteergebnisse geben. Wissenschaftler forschen daher nach neuen Getreidesorten, die Dürre und Hitze besser standhalten können.

4 Min. Lesedauer

Nahaufnahme eines vertrockneten Weizenfeldes vor einem strahlend blauen Himmel.

Neue Getreidesorten sollen Dürre und Hitze besser standhalten.

Foto: imago/Jochen Tack

Schädlinge und Krankheiten sind für den Anbau von Getreide, aber auch Obst und Gemüse von jeher eine Herausforderung. Die Hitzewelle macht den Pflanzen zusätzlich zu schaffen. Denn: Erhalten sie in bestimmten Wachstumsphasen zu wenig Wasser, so sinkt der Ertrag. Zudem führt die anhaltende Hitze vor allem bei Getreide zur Notreife und somit winzigen Körnern. Sinkende Erträge führen zu Futtermittelengpässen und folglich steigenden Lebensmittelpreisen. Ziel der Pflanzenforschung ist es, stresstolerante Sorten zu züchten, die den Wetterextremen besser standhalten können.

Das ist allerdings nicht immer ganz so einfach. Die Stresstoleranz gegen Hitze, Kälte, Wind, Staunässe und Starkregen wird durch ein Zusammenspiel komplexer genetischer Faktoren in der Pflanze beeinflusst. So kann es sein, dass sich eine bestimmte trockenheitsresistente Züchtung bei Wassermangel als ertragreich erweist, diese Eigenschaft jedoch verliert, wenn genügend Wasser vorhanden ist. Ziel der Pflanzenforschung ist daher, den genetischen Code der Pflanzen zu entschlüsseln und einzelnen Genabschnitten bestimmte Merkmale, wie zum Beispiel Resistenzen, zuzuordnen.

Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Portal "Pflanzenforschung.de" beinhaltet für alle interessierten Zielgruppen, von Schülern bis hin zu Wissenschaftlern, Informationen rund um das Thema Pflanzenforschung in Deutschland.

22.600 Gerstensorten genetisch analysiert

Deutschland ist mit rund elf Millionen Tonnen Erntemenge weltweit einer der größten Produzenten von Gerste. Während Sommergerste als Braugerste unter anderem für die Bier- und Whiskeyherstellung genutzt wird, wird Wintergerste zu einem großen Teil zu Viehfutter verarbeitet. Das bisher meist vorherrschende Klima in Deutschland ist ideal für diese Getreidesorten. Durch die Klimaerwärmung sich wandelnde Umweltbedingungen stellen Forscher und Pflanzenzüchter vor neue Herausforderungen.

Neue Gerstensorten sollen widerstandsfähig gegen Schädlinge und Klimafaktoren sein. Ziel ist auch, mit weniger Dünger gleichzeitig höhere Erträge zu erzielen. Um das zu erreichen, können sich Züchter manche Wildarten der Gerste zum Vorbild nehmen. Forscherinnen und Forscher des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben haben eine Gen-Datenbank erstellt, in der mehr als 22.600 verschiedene Gerstensorten molekulargenetisch analysiert wurden.

"Mit dieser Veröffentlichung gelingt es, die weltweite natürliche Vielfalt einer der wichtigsten Kulturarten mit einem Blick zu erfassen", erklärt Nils Stein, Leiter der Forschergruppe "Genomics of Genetic Resources" am IPK. Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit stehen nun Wissenschaftlern und Züchtern für die Weiterentwicklung von Gerstensorten zur Verfügung.

Höhere Erträge, bessere Qualität und starke Resistenzen – mit der "Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030" (NFSB) fördert das Bundesforschungsministerium die Erforschung von Getreidesorten.

Mais fit machen für den Klimawandel

Europaweit gibt es vom Mais rund 5.000 Landrassen. Diese sind seit dem 16. Jahrhundert ohne systematische Züchtung entstanden, wurden bis in die 1960er Jahre angebaut. Heute lagern diese genetischen Ressourcen vorwiegend in Genbanken. "Doch die Genbanken können leicht zum Friedhof werden", erklärt Professor Albrecht Melchinger, Mais-Spezialist an der Universität Hohenheim. "Die genetischen Ressourcen, die dort schlummern, sind jedoch verborgenes Gold, das man allerdings noch schürfen und läutern muss. Erst dann können wir das heutige Mais-Elitematerial mit den positiven Eigenschaften bereichern."

In den vergangenen 50 Jahren setzte die Landwirtschaft verstärkt auf Elite-Zuchtlinien, die auf Ertrag und Qualität optimiert wurden. "Diesen Luxus können wir uns heute nicht mehr leisten", so Melchinger, "denn der Klimawandel bringt den Mais in die Bredouille." Häufigere Spätfröste setzen den Jungpflanzen zu, und frühe Hitzeperioden bereiten dem Pflanzenwachstum und der Pollenentwicklung Probleme. "Würde der Mais besser mit tiefen Temperaturen klarkommen, könnte man früher aussäen und hätte durch den Wachstumsvorsprung bei der ersten Dürreperiode schon kräftigere Pflanzen."

Hier kommen die Landrassen ins Spiel. Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt MAZE hat sich zum Ziel gesetzt, deren positive Eigenschaften für die Züchtung nutzbar zu machen. Dazu haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst reinerbige Linien der Landrassen erzeugen müssen. Eine Herausforderung, denn die Sorten sind äußerst heterogen – keine Pflanze gleicht genetisch der anderen.

Nachdem die Forscher diese Hürde gemeistert hatten, wurden aus den reinerbigen Linien rund 125 Sorten ausgewählt und mehrjährige Testkreuzungen durchgeführt. Immerhin ein Teil der Linien kam der Leistung von Elitesorten dabei nah. "Diese genetische Vielfalt ist nun für die Züchtung erschlossen und steht ihr künftig zur Verfügung", fasst Melchinger zusammen. "Das ist ein großer Schritt dahin, Mais fit zu machen für den Klimawandel."

Pflanzenforschung dient auch der Welternährung

Dank der Innovationen aus der Pflanzenforschung wird es zunehmend möglich sein, Erträge auch unter extremen oder wechselnden klimatischen Bedingungen auf einem stabilen Niveau zu halten. Eine Chance bietet die Pflanzenforschung insbesondere für Länder und Kontinente, die seit jeher und deutlich ausgeprägter von Extremwetterlagen geprägt sind. Neue Erkenntnisse aus der Pflanzenforschung können somit auch zur Sicherung der Welternährung beitragen.