Regierungserklärung des Kanzlers
Deutschland trauert und bangt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Israels. Kanzler Scholz betonte im Bundestag, dass es für Deutschland nur den Platz fest an der Seite Israels gebe. Dabei sagte er Israel auch praktische Unterstützung zu.
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„Am Morgen des 7. Oktober ist Israel in einem Alptraum aufgewacht“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung im Bundestag. Der Überfall der Hamas auf Israel, die tausenden abgefeuerten Raketen aus dem Gazastreifen, die Hinrichtungen bei einem Musik-Festival, die Verschleppung dutzender Israelis als Geiseln – „die Bilder sind von menschenverachtender Grausamkeit“. Mehr als tausend Bürgerinnen und Bürger Israels sind dem Terror bislang zum Opfer gefallen. Tausende wurden zum Teil schwer verletzt.
Sicherheit Israels deutsche Staatsräson
„In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: Den Platz fest an der Seite Israels. Das meinen wir, wenn wir sagen: Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“, so der Kanzler. „Unsere eigene Geschichte, unsere aus dem Holocaust erwachsende Verantwortung macht es uns zur immerwährenden Aufgabe, für die Existenz und für die Sicherheit des Staates Israel einzustehen. Diese Verantwortung leitet uns.“
Recht auf Verteidigung
Diese Solidarität hatte der Bundeskanzler gegenüber Israels Premierminister Benjamin Netanjahu betont und sich auch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, mit US-Präsident Joe Biden, Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak und Italiens Premierministerin Giorgia Meloni eng abgestimmt. Hier finden Sie eine gemeinsame Erklärung PDF, 171 KB, nicht barrierefrei dazu.
In seiner Regierungserklärung, bei der der Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor, anwesend war, betonte der Bundeskanzler erneut: „Israel hat das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich und seine Bürgerinnen und Bürger gegen diesen barbarischen Angriff zu verteidigen. Und die Sicherheit in und für Israel wiederherzustellen.“
Unterstützung durch Deutschland
Er habe Israels Premierminister Netanjahu gebeten, in engem Kontakt zu bleiben und „uns über jeglichen Unterstützungsbedarf zu informieren.“ Das gelte zum Beispiel für die Versorgung Verwundeter. „Aber auch andere Unterstützungsbitten Israels werden wir unverzüglich prüfen.“
Am Samstag, 14. Oktober, telefonierte der Kanzler erneut mit dem israelischen Premierminister Netanjahu und ließ sich über die aktuelle Lage informieren. „Wir müssen einen Flächenbrand und ein Eingreifen der Hisbollah verhindern – darin sind wir uns einig“, so Scholz. Mehr dazu lesen Sie in einer Pressemitteilung.
Geiseln wieder frei bekommen
„Ihr Schicksal bewegt uns alle zutiefst“, sagte der Bundeskanzler mit Blick auf die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln. Es sei zu befürchten, dass die Hamas sie in den nächsten Wochen weiter als menschliche Schutzschilde missbrauchen werde. „Wir arbeiten mit ganzer Kraft daran, dass alle Geiseln wieder freikommen – in enger Abstimmung mit Israel und mit der gebotenen Vertraulichkeit.“
Sorge vor drohendem Flächenbrand
Die zweite große Sorge gelte der regionalen Dimension des Konflikts. „Ohne iranische Unterstützung über die letzten Jahre wäre die Hamas zu diesen präzedenzlosen Angriffen auf israelisches Territorium nicht fähig gewesen.“ Das regionale Augenmerk liege auch auf dem Süden des Libanon. Wie die Hamas unterhalte auch die Hisbollah enge Verbindungen zum Iran. Auch sie stelle das Existenzrecht Israels in Frage. „Die Hisbollah darf nicht in die Kämpfe eingreifen! Dies hätte nicht nur eine gerechtfertigte und harte israelische Reaktion zur Folge. Der Libanon, der durch das unselige Handeln der Hisbollah ohnehin destabilisiert ist, geriete an den Rand des Abgrunds“, sagte Scholz. Dann drohe ein „verheerender Flächenbrand – mit möglichen Auswirkungen bis nach Nordafrika und in den Jemen.“
Vermittlung und Deeskalation
Er stehe in engem Kontakt mit dem ägyptischen Staatschef Al-Sisi, der über Gesprächskanäle nach Gaza verfüge. Er werde außerdem mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan und dem Emir von Katar sprechen, dessen Land eine wichtige Mittlerrolle innehabe. „Alle drei können bei der Vermittlung und Deeskalation in der aktuellen Lage eine wichtige Rolle spielen“, so der Kanzler. „Den Kritikern solcher Kontakte und der Tatsache, dass wir sprechen, sage ich: Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können!“
Entwicklungszusammenarbeit auf dem Prüfstand
Es werde nun die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensischen Gebieten auf den Prüfstand gestellt. „Unser Maßstab dabei wird sein, ob und wie unsere Projekte dem Frieden in der Region und der Sicherheit Israels am besten dienen.“ Darüber werde man wie bisher auch mit der israelischen Regierung sprechen. „Bis diese Überprüfung abgeschlossen ist, werden wir keine neuen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen.“
Solidarität aber auch beschämende Bilder
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger hätten in den vergangenen Tagen in Berlin und in anderen deutschen Städten im wahrsten Sinne des Wortes Flagge gezeigt für Israel. „Die blau-weißen Fahnen mit dem Davidstern vor dem Brandenburger Tor haben ein gutes Zeichen der Solidarität, Freundschaft und Verbundenheit mit Israel in die Welt gesandt.“
Es habe aber auch andere, beschämende Bilder aus Deutschland gegeben: „Bilder von Männern und Frauen, die auf unseren Straßen den Terror der Hamas feiern. Die ihrem Hass gegen Israel und gegen unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger freien Lauf lassen“, sagte der Bundeskanzler. „Das ist abscheulich. Das ist menschenverachtend. Das widerspricht allen Werten, denen wir als Land verpflichtet sind“, bekräftigte Olaf Scholz. „Hass und Hetze nehmen wir nicht tatenlos hin. Antisemitismus dulden wir nicht. Null Toleranz gegen Antisemiten – das müssen und werden unsere Sicherheitsbehörden mit aller Konsequenz durchsetzen.“
Vereins- und Betätigungsverbote
Zu den Mitteln der deutschen Strafverfolgungsbehörden gehörten ausdrücklich auch Vereins- und Betätigungsverbote. Das Bundesinnenministerium werde „ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland erlassen. Ein Verein wie Samidoun, dessen Mitglieder brutalste Terrorakte auf offener Straße feiern, wird in Deutschland verboten“, sagte der Bundeskanzler.
Wachsam sein
Mit Blick auf den Aufruf von Bundespräsident Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bas, wachsam zu sein und sich klar an die Seite der angegriffenen Bürgerinnen und Bürger Israels zu stellen, sagte Bundeskanzler Scholz zum Abschluss seiner Regierungserklärung: „Das tun wir heute und in Zukunft. Indem wir uns unmissverständlich zur Sicherheit Israels bekennen. Und indem wir uns auch hier in Deutschland schützend vor unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stellen. Wir tun das aus Verantwortung für unsere Geschichte. Und in tiefer Verbundenheit und Freundschaft mit dem jüdischen Staat Israel.“