Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs des Berlin-Prozesses zum westlichen Balkan am 16. Oktober 2023 in Tirana

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Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen der Staats- und Regierungschefinnen und -chefs des Berlin-Prozesses zum westlichen Balkan am 16. Oktober 2023 in Tirana

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 16. Oktober 2023

MP Rama: Dies ist ein außergewöhnlicher Tag. Entgegen allen Vorhersagen, dass uns das Wetter nicht gewogen sein würde, hat es sich heute freundlich gezeigt. Der Wunsch, so gut wie möglich als Gastgeber für unsere besonderen Gäste zu agieren, all das hat sich als stärker erwiesen als die Vorhersagen der Meteorologen. Seit einer Woche hat man uns mitgeteilt, dass dies ein Tag sein würde, an dem der Regen dominieren würde. Das ist nun aber doch nicht so gewesen. Ich bin dem lieben Gott und der Europäischen Union deshalb sehr dankbar, dass sie dafür gesorgt haben, dass dieser Tag mit wunderbarem Sonnenschein begonnen hat und nun mit einer leichten Brise enden wird.

Jetzt nähert sich der Gipfel seinem Ende. Die Ergebnisse waren sehr positiv. Der Gipfel war sehr ergebnisreich. Man darf sagen, dass sich das Gefühl der Freundschaft hier deutlich durchgesetzt hat. Ich werde nie alle Worte finden, die nötig wären, um dem Bundeskanzler dafür zu danken, dass er so freundlich war, sich der Idee anzuschließen, den Gipfel des Berlin-Prozesses auch außerhalb der EU, nämlich in Tirana, ausrichten zu lassen. Nie werde ich die Worte finden, die notwendig sind, um der Präsidentin der Europäischen Kommission dafür zu danken, dass sie sich bereit erklärt hat, dass dieser Gipfel eine fundamentale Neuerung bringen wird, nämlich (akustisch unverständlich aufgrund technischer Probleme) für die Partner im westlichen Balkan.

Wir wissen, dass wir zurzeit an einem schwierigen Punkt stehen. Wir sehen uns gewaltigen Herausforderungen gegenüber. Das gilt für uns alle. Das hat mit der Krise zu tun, die uns alle betrifft, jene, die der EU angehören, und jene, die Europa angehören, aber nicht Mitglied der EU sind. Es sieht nicht so aus, als ob die Dinge besser werden würden, bevor sie schlechter werden. Dazu gehört auch diese schreckliche neue Front, die sich in dem Konflikt zwischen Israel und der Hamas aufgetan hat. Gleichzeitig aber haben diese Zeiten unsere Freundschaft geschmiedet, unsere Zusammenarbeit befördert, haben dazu geführt, dass wir ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickelt haben. Das verdanken wir der Führungsrolle der Europäischen Union, und deshalb ist das, was geschehen ist, so genutzt worden, dass wir nun in der Lage sind, mit sehr viel mehr Zuversicht in die Zukunft zu schauen - wir, die Staaten des westlichen Balkans.

Ich will die Diskussion hier aber nicht monopolisieren. Ich könnte bis morgen früh hier stehen und zu Ihnen sprechen. Aber die beiden Persönlichkeiten links und rechts von mir haben einen sehr dichten Zeitplan. Sie müssen ihren Flug erwischen, sie haben ein volles Programm, und deshalb möchte ich sie nicht unnötig aufhalten. Schließlich passiert es nicht jeden Tag, dass wir die Ehre haben, den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland bei uns begrüßen zu dürfen, und es geschieht nicht jeden Tag, dass wir die Ehre haben, die Präsidentin der Europäischen Kommission bei uns zu begrüßen. Das, was sie zu sagen haben, ist sehr viel wichtiger als das, was ich heute sagen könnte. Natürlich stehe ich für Fragen zur Verfügung, sollte es Fragen an mich geben.

Herr Bundeskanzler, bitte nehmen Sie meinen Dank für all das an, was Sie für uns getan haben und tun, und dafür, dass Sie eine beeindruckende und ruhige Macht gewesen sind, die darauf hingewirkt hat, dass die Europäische Union und der westliche Balkan sich einander angenähert haben. Sie haben das Wort!

BK Scholz: Schönen Dank, lieber Edi. Zunächst einmal möchte ich dir ganz herzlich für die Ausrichtung dieses wichtigen Gipfels danken. In die Planung sind viel Arbeit und Engagement geflossen. Das hat sich ausgezahlt, und deshalb möchte ich auch alle guten Worte zurückgeben. Ohne dein Engagement wäre es gar nicht möglich gewesen, dass wir so weit gekommen sind, wie wir jetzt sind. Das ist wirklich das Ergebnis guter, engagierter Arbeit, die wir alle gemeinsam da reingesteckt haben.

Es ist ein gutes Zeichen, dass nun der Berlin-Prozess zum ersten Mal in einem Land des Westbalkans stattgefunden hat. Noch besser ist es, dass alle Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Region hierhergekommen sind und dass wir alle miteinander sprechen konnten. Das verdeutlicht, wie sehr sich die Länder diesem Prozess verpflichtet fühlen und wie wichtig er ist, um den Westbalkan an die Europäische Union heranzuführen. Denn dafür wird es in der Tat Zeit.

Wir dürfen nicht drum herumreden: Neben den weltpolitischen Krisen dieser Tage müssen wir in der Region aktuell Rückschläge hinnehmen. Es ist erst wenige Wochen her, dass Polizisten in Kosovo brutal angegriffen wurden. Ein Beamter ist dabei getötet worden; das verurteilen wir auf das Schärfste.

Hier in Tirana habe ich heute noch einmal ganz klar gemacht: Es führt kein Weg vorbei an regionalem Zusammenhalt und der dauerhaften Lösung von Konflikten, die schon viel zu lange schwelen. Dafür braucht es konkrete und spürbare Verbesserungen für alle, die hier auf dem westlichen Balkan leben: Vereinbarungen, die den Alltag erleichtern, die Bürgerinnen und Bürger zusammenbringen und - ganz wichtig - Vereinbarungen, die das nötige Vertrauen stiften. Der Berlin-Prozess leistet hierzu seit 2014 seinen wichtigen Beitrag.

Lassen Sie mich vier konkrete Vereinbarungen herausgreifen, auf die wir uns heute hier verständigt haben. Erstens: Der Klimawandel wirkt sich auch und insbesondere auf die Länder des westlichen Balkans aus. Mit einer regionalen Klimapartnerschaft Deutschland/Westbalkan wollen wir den Kampf gegen den Klimawandel und den Einsatz erneuerbarer Energien gezielt unterstützen. Deutschland wird dies mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro bis 2030 mitfinanzieren.

Punkt zwei: Die Länder des Westbalkans müssen und wollen enger zusammenrücken. Das betrifft auch den kleinen Grenzverkehr. Die drei Mobilitätsabkommen, die vergangenen November in Berlin unterzeichnet wurden, sind nun von fast allen Staaten ratifiziert worden und finden jetzt Anwendung. Ein zusätzliches viertes Mobilitätsabkommen ist heute unterzeichnet worden, mit dem vier weitere Berufsabschlüsse gegenseitig anerkannt wurden.

Drittens fördert Deutschland das Regionale Jugendkooperationsbüro RYCO in Höhe von 1,2 Millionen Euro und den neuen Jugendkulturfonds mit 300 000 Euro.

Als viertes Beispiel freue ich mich, dass die Bundesregierung zusätzliche 73 Millionen Euro für ein neues Projekt „Klimaprogramm Albanien“ bereitstellt; das ist ein offenes Programm zur Integration erneuerbarer Energien.

Meine Damen und Herren, die Zukunft des westlichen Balkans liegt in der Europäischen Union. Dieses Versprechen gilt, und es gilt heute mehr denn je. Jedes beitrittswillige Land hat dabei die Geschwindigkeit des Prozesses selbst in der Hand. Die Länder müssen sich fit machen für die Europäische Union. Der Schlüssel dafür sind Reformen, über die wir heute auch noch einmal ausgiebig gesprochen haben.

Meine Damen und Herren, der Berlin-Prozess ist eine Erfolgsgeschichte, und ich bin entschlossen, dieser Geschichte mit unserem deutschen Engagement weitere Kapitel hinzuzufügen. Das zehnte Jubiläum des Berlin-Prozesses steht im kommenden Jahr an, und wir wollen es gebührend begehen und das nächste Treffen deshalb wegen des Jubiläums erneut in Deutschland abhalten. Ich freue mich schon darauf und auf die Beratung.

Schönen Dank.

P von der Leyen: (auf Englisch, ohne Dolmetschung)

Frage: Herr Bundeskanzler, ich würde Sie gerne zum Krieg im Nahen Osten fragen. Sie werden als erster Regierungschef seit der Terrorattacke der Hamas auf Israel nach Israel reisen. Welches Signal verbinden Sie mit diesem Besuch? Was wollen Sie dort konkret erreichen?

Da Sie anschließend ja auch nach Ägypten reisen, die Frage: Was halten Sie von dem Gipfel, den Ägypten am Samstag ausrichten will? Werden Sie die Einladung zu dem Gipfel annehmen?

(auf Englisch, ohne Dolmetschung)

BK Scholz: Es ist mir wichtig, die Solidarität mit Israel auch ganz praktisch durch meinen Besuch zum Ausdruck zu bringen. Es ist jetzt gerade in dieser ganz besonderen Situation für die israelische Bevölkerung und für das Land von großer Bedeutung, dass die Solidarität auch versichert wird.

Ansonsten gibt es konkrete praktische Fragen zu besprechen, die wir auch besser vor Ort diskutieren können, insbesondere was die Sicherheitssituation betrifft und was die Frage betrifft, wie man verhindern kann, dass es zu einer Eskalation des Konfliktes auch auf weitere Regionen, etwa in den Norden oder anderswohin, kommt. Das setzt gute Gespräche, übrigens auch mit vielen anderen Staaten der Region, voraus.

Damit ist auch die Frage im Hinblick auf den späteren Besuch in Ägypten beantwortet. Es geht eben darum, konstant mit allen im Gespräch zu sein und eine Perspektive zu entwickeln, die solche Eskalationen verhindert. Im Übrigen geht es natürlich auch immer um die Frage, wie humanitäre Hilfe organisiert werden kann.

Aber auch das will ich zum Schluss noch einmal sagen: Der Überfall der Hamas war ein terroristischer Akt, der unverantwortlich war, der furchtbare Konsequenzen hat, der unglaublich viele Menschen getötet hat und unglaublich viele erniedrigt. Deshalb hat Israel jedes Recht, sich selbst zu verteidigen.

(Der Rest der Pressekonferenz fand auf Englisch und ohne verfügbare Dolmetschung statt.)

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