Nachhaltige Städte und Gemeinden

Ziele nachhaltiger Entwicklung Nachhaltige Städte und Gemeinden

Jeder zweite Mensch lebt heute in der Stadt. Der Zuzug ist ungebrochen. Damit wir in Zukunft gut leben, brauchen wir bezahlbaren Wohnraum und eine nachhaltige und integrierte Stadtentwicklungspolitik.

Eine Frau arbeitet in den Prinzessinnengärten

Natur und Stadtentwicklung im Einklang. Die Prinzessinnengärten in Berlin-Kreuzberg.

Foto: Kathrin Harms/laif

Zu lebenswerten Städten gehört gute Arbeit, nachhaltige Infrastruktur und Mobilität, Gesundheit und Teilhabe der Menschen. Lebenswerte ländliche Räume und Dörfer mit guten Arbeitsplätzen und Infrastrukturen dämpfen den Drang in die Städte. Dazu bekennen sich Bundesregierung und die internationale Staatengemeinschaft.

Zuzug in die Städte hält an

Weltweit leben mehr als die Hälfte, in Deutschland sogar drei von vier Menschen in Städten. Prognostiziert wird, dass bis zum Jahr 2050 etwa 66 bis 75 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden. Das führt zu erheblichen Herausforderungen – und zwar länderübergreifend.

Etwa im Bereich Umwelt und Energie. Obwohl das Leben in Städten effizienter gestaltet werden kann als auf dem Land, verbrauchen Städte aktuell bis zu 75 Prozent der weltweit erzeugten Energie. Gleichzeitig erwirtschaften sie rund 80 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Damit sind sie für bis zu 80 Prozent des energiebezogenen CO2-Ausstoßes der Menschheit verantwortlich. Die Zukunft der Städte wird entscheidend sein, für eine umweltgerechte Entwicklung und die Bekämpfung des Klimawandels.

Auch die Mobilität der Menschen und ihr Zugang zu bezahlbarem Wohnraum sind entscheidend für die Lebensqualität und damit große Herausforderungen für die Stadtentwicklungspolitik. Die inklusive Stadt muss den Menschen aber auch den besten Zugang zu Bildung und gesundheitlicher Versorgung bieten.

Für eine neue Stadtentwicklungspolitik

Die Agenda 2030, auf die sich die Weltgemeinschaft in New York im Jahr 2015 geeinigt hat, enthält wichtige Antworten auf diese Herausforderungen. Mit dem globalen Nachhaltigkeitsziel 11 verpflichten die Staaten sich erstmalig zu einer nachhaltigen, inklusiven Stadtentwicklung weltweit! Konkretisiert wurde dieses globale Ziel durch die Neue Urbane Agenda (2016).

Die nachhaltige und integrierte Stadtentwicklung steht im Zentrum der Regierungspolitik: 2007 wurde mit der "Leipzig-Charta" die Grundlage für eine neue Stadtentwicklungspolitik in Europa gelegt. Die Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen "Nationale Stadtentwicklungspolitik" dient der nationalen Umsetzung der Ziele und Prinzipien der "Leipzig-Charta".

Integrierte Stadtentwicklungspolitik ist auch eine wichtige Säule der Hightech-Strategie der Bundesregierung. Mit ihr wurde bereits 2012 das Zukunftsprojekt der "CO2-neutralen, klimaangepassten und energieeffizienten Stadt" definiert und daraus in der "Nationalen Plattform Zukunftsstadt" gemeinsam mit Kommunen, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine "Forschungs- und Innovationagenda Zukunftsstadt" (FINA) entwickelt. Mit dem Ziel diese umzusetzen und insgesamt den Austausch guter Lösungen und den Transfer in die kommunale Praxis voranzubringen, wurde 2016 die "Innovationsplattform Zukunftsstadt" der Bundesregierung gegründet.

Gleichermaßen wichtig ist die ländliche Entwicklung, um gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu gewährleisten. Dazu gehören eine gute Versorgung, die Förderung lokaler Initiativen und des zivilgesellschaftlichen Engagements sowie die Überwindung der digitalen Spaltung zwischen städtischen und ländlichen Regionen.

Die Stadt- und Raumentwicklung ist außerdem eines der Aktionsfelder deutscher Europa- und Entwicklungspolitik.

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

Mit der Agenda 2030 wurde 2015 erstmalig in New York ein umfassendes Ziel zur Schaffung nachhaltiger Städte und Gemeinden vereinbart. Dieses ist eines der 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der internationalen Staatengemeinschaft.

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die Sustainable Development Goals (SDGs), richten sich an alle: die Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft.

Foto: Bundesregierung


SDG 11– Nachhaltige Städte und Gemeinden

Allgemeines Ziel ist es Städte inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu machen. Konkret beinhaltet das unter anderem:

- Nachhaltige Nutzung der Flächen
- Sichere, bezahlbare und nachhaltige Mobilität in der Stadt und auf dem Land
- Senken der Umweltbelastung durch Städte
- Gesicherte Grundversorgung und digitale Anbindung ländlicher Gemeinden
- Bezahlbarer Wohnraum für alle

Die Art und Weise, wie nationale und lokale Regierungen und die internationale Gemeinschaft mit den Chancen und Herausforderungen der zunehmenden Verstädterung (Urbanisierung) umgehen, hat direkten Einfluss auf die Verwirklichung der Ziele der Agenda 2030 sowie der Klimaziele von Paris. Daher hat sich die internationale Staatengemeinschaft 2016 mit der "Neuen Urbanen Agenda" eine gemeinsame politische Richtschnur für die Stadtentwicklung der nächsten zwei Jahrzehnte gegeben. Ziel der "Neuen Urbanen Agenda" ist das Leitbild einer nachhaltigen, also lebenswerten, wirtschaftlich starken, umweltgerechten, widerstandsfähigen und sozial inklusiven Stadt in Verbindung mit ihrem Umland und ländlichen Räumen. Mit der Agenda bekennen sich die UN-Mitgliedstaaten dazu, Städte und Siedlungen stärker in ihre Politiken und Maßnahmen einzubeziehen, die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige, integrierte Stadt- und Regionalentwicklung zu verbessern und so die Handlungsfähigkeit, die finanziellen Möglichkeiten und die Partizipation auf lokaler Ebene zu stärken.

Konkrete Umsetzung durch Nachhaltigkeitsmanagement

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie ist der deutsche Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030. Sie setzt den Rahmen für nachhaltiges Handeln von Politik und Gesellschaft. Ihr Herzstück bildet ein Nachhaltigkeitsmanagementsystem, das Ziele mit konkreten Zeitrahmen zur Erfüllung und Indikatoren für ein kontinuierliches Monitoring benennt.

Welche Indikatoren zeigen die nachhaltige und integrierte Stadtentwicklung an?

  • Flächeninanspruchnahme: Senkung der Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf weniger als 30 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030. Zudem soll der Verlust an Freiraumflächen reduziert werden. Die Siedlungsdichte soll dabei nicht verringert werden.
  • Mobilität: Der Endenergieverbrauch im Güter- und Personenverkehr soll bis 2030 um 15 bis 20 Prozent sinken, die schnelle Erreichbarkeit von Zentren mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbessert werden.
  • Bezahlbarer Wohnraum für alle: der Anteil der Bevölkerung, die durch Wohnkosten überlastet sind, soll auf 13 Prozent zurückgehen.

Der alle zwei Jahre vorzulegende Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes zeigt, wie sich die Indikatoren der Strategie entwickelt haben. Der jährliche Monitoringbericht zum Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit der Bundesverwaltung schafft zeigt, was die Bundesregierung im eigenen Bereich zur Umsetzung von Nachhaltigkeit unternimmt.

Die Ergebnisse sind Verpflichtung und Ermutigung zugleich. Unbefriedigend ist die Entwicklung bei der Überlastung durch Wohnkosten. Auch die Senkung des Energieverbrauchs im Verkehr erfolgte nicht im angestrebten Maße. Positiv jedoch sind die Entwicklungen in Bezug auf die Flächeninanspruchnahme und -nutzung in Deutschland.

Was macht die Bundesregierung für Städte und Gemeinden

Die Nationale Stadtentwicklungspolitik ist eine Gemeinschaftsinitiative von Bund, Ländern und Kommunen. Ziel ist eine "integrierte Stadtentwicklung": Die ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Städten und Gemeinden sollen fachübergreifend und räumlich integriert angegangen werden.

Der "Interministerielle Arbeitskreis Nachhaltige Stadtentwicklung in nationaler und internationaler Perspektive", kurz "IMA Stadt", ist ein Forum der Bundesregierung. Seit 2015 fördert es das den Austausch zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Bundes-, Landes- und kommunalen Ebene und gesellschaftlichen Interessen. Der IMA Stadt dient dem Informationsaustausch, der Bündelung sowie der Verknüpfung nationaler, europäischer und internationaler Vorhaben zur nachhaltigen Stadtentwicklung. Er soll innerhalb der Bunderegierung eine Verständigung über Probleme und Optionen einer nachhaltigen Stadtentwicklung herbeiführen und ein kohärentes Auftreten unterstützen.

Die Herausforderungen sind vielfältig: ausreichend Wohnraum schaffen, die Infrastruktur verbessern, damit Schulen, Verkehrsanbindungen und Einkaufsmöglichkeiten gut erreichbar sind. Städte müssen sich dem Klimawandel anpassen und die Möglichkeiten der digitalen Technologien für eine Beteiligung der Zivilgesellschaft und für eine umweltgerechtere Entwicklung nutzen. In den letzten vier Jahren hat der Bund deshalb 3,4 Milliarden Euro im Rahmen der Städtebauförderung für eine nachhaltige Stadtentwicklung zur Verfügung gestellt.

Übrigens: Auch die Bundesregierung baut nachhaltig. Mit verbindlichen Qualitätsanforderungen. Für die Umsetzung gibt es den Leitfaden "Nachhaltiges Bauen". Das Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit legt fest, dass Gebäude des Bundes an den Anforderungen des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) ausgerichtet werden sollen.

Ein weiteres drängendes und auch für den Zusammenhalt der Gesellschaft wichtiges Thema ist bezahlbarer Wohnraum.

Die Bundesregierung hat im September 2018 zusammen mit Ländern und Kommunen eine Wohnraumoffensive beschlossen. Das vereinbarte Maßnahmenpaket umfasst investive Impulse, Maßnahmen zur Sicherung der Bezahlbarkeit des Wohnens, zur Baukostensenkung und Fachkräftesicherung. Ziel ist der Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode. Die Bundesregierung stellt allein für den sozialen Wohnungsbau, das Baukindergeld, das Wohngeld und die auf Rekordniveau fortgeführte Städtebauförderung mehr als 13 Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode zur Verfügung.

Sofortprogramm "Saubere Luft"

Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Städte und die Lebensqualität der Menschen ist eine gute Luftqualität. Die Bundesregierung arbeitet auf vielen Ebenen daran, die Luftqualität in Deutschland zu verbessern. Die Luft in deutschen Städten und Gemeinden wird immer besser. Im Jahr 2020 haben nur noch sehr wenige Kommunen die zulässigen Stickstoffdioxid-Grenzwerte überschritten. Lagen 2016 noch 90 Städte und Gemeinden über dem zulässigen Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2)/m3, waren es nach vorläufiger Auswertung (Stand: Februar 2021) im Jahr 2020 weniger als zehn.

Gefördert wurde diese Entwicklung durch das von der Bundesregierung 2017 ins Leben gerufene und im Jahr 2020 abgeschlossene Sofortprogramm „Saubere Luft 2017 – 2020“. Seit 2017 hat die Bundesregierung hierdurch mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro Kommunen mit besonders hohen Stickstoffdioxid (NO2)-Belastungen erfolgreich bei der Gestaltung nachhaltiger und emissionsarmer Mobilität unterstützt, mit dem Ziel, die festgelegten NO2-Grenzwerte überall in Deutschland nachweisbar und dauerhaft einzuhalten.

Das Programm baut auf bereits bestehenden Förderprogramme auf. Zu den Maßnahmen des Sofortprogramms gehören die Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme, die Elektrifizierung von Taxis, Mietwagen, Car-sharing-Fahrzeugen und Busflotten im ÖPNV sowie die Förderung der Ladeinfrastruktur. Außerdem soll der Radverkehr gefördert werden.

Immer mehr Autos fahren auf den Straßen – auch weil Deutschland Transitland ist. Das schlägt auf die Klimabilanz durch. Eine Antwort darauf ist mehr Elektromobilität, ist sie doch weltweit der Schlüssel klimafreundlicher Mobilität. Im Verlauf des Jahres 2021 wurden mit rund 356.000 mehr Pkw mit reinem Elektroantrieb neu zugelassen als jemals zuvor.

Der Betrieb von Elektrofahrzeugen erzeugt insbesondere in Verbindung mit regenerativ erzeugtem Strom deutlich weniger CO2. Zusätzlich können Elektrofahrzeuge mit ihren Energiespeichern die Schwankungen von Wind- und Sonnenkraft künftig ausgleichen und so den Ausbau und die Marktintegration dieser unsteten Energiequellen unterstützen. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt für eine effiziente und nachhaltige Gestaltung des Verkehrs ist die Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Lebensqualität in unseren Städten und auf dem Land ist unmittelbar mit der Qualität des ÖPNV verbunden. Der ÖPNV hat nicht nur Vorteile beim Flächenverbrauch, sondern auch einen klaren Umweltvorteil: Straßen-, S- und U-Bahnen sowie Nahverkehrsbusse und -züge stoßen durchschnittlich weniger Luftschadstoffe und CO2 pro Personenkilometer aus als ein Pkw. Maßnahmen zum Aufbau nutzerfreundlicher, verkehrsmittelübergreifender Verkehrsauskunftssysteme sowie der bedarfsorientierte Einsatz von automatisierten Fahrzeugen im Stadt- und Schienenverkehr tragen zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV bei.

Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung Kommunen bei der Digitalisierung der städtischen Verkehrssysteme. So fördert sie etwa die Vernetzung der Verkehrsträger (z.B. Maßnahmen zur besseren Vernetzung aller Verkehrsmittel) sowie die umfassende Verfügbarmachung von Umwelt-, Mobilitäts- und Verkehrsdaten (z.B. Maßnahmen zur Digitalisierung des Verkehrsmanagements durch den Einsatz von Mobilitätsdaten).

Deutschland engagiert sich global

Ohne eine zukunftsweisende Stadtentwicklung sind die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 nicht zu erreichen. Sie ist daher ein wichtiges Handlungsfeld der deutschen Entwicklungspolitik. Ziel ist es, die Lebensbedingungen der städtischen Bevölkerung, insbesondere benachteiligter Gruppen, langfristig zu verbessern und ihnen soziale, politische und wirtschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Die Nachfrage nach Wohnraum steigt auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern rasant. Beispiel: In Mexiko ist die Nachfrage nach Immobilien groß – die städtische Bevölkerung wächst schnell und wünscht sich mehr Wohnqualität. Um den Energieverbrauch zu begrenzen und das Klima zu schützen, fördert die mexikanische Regierung energieeffizienten Wohnungsbau mit dem Programm "EcoCasa". Die Bundesregierung beteiligt sich daran mit einem zinsverbilligten Darlehen und Investitionszuschüssen. So wurden über 36.000 energieeffiziente Häuser finanziert, die im Schnitt 20 Prozent weniger Energie verbrauchen.

Das rasante Wachstum der Städte führt oft auch zu steigenden Verkehrsaufkommen und damit zu Treibhausgasemissionen, Luftverschmutzung und Staus. Die Bundesregierung hat daher die Initiative für Transformative Urbane Mobilität (englisch: Transformative Urban Mobility Initiative, TUMI) ins Leben gerufen. Ziel der Initiative ist es, gemeinsam mit Städten in Entwicklungs- und Schwellenländern das Klima zu schützen und gleichzeitig den ärmsten Bevölkerungsschichten Zugang zu Arbeit, Gesundheitsfürsorge und Bildung zu ermöglichen.

Die Initiative unterstützt daher seit 2016 den Auf- und Ausbau nachhaltiger Mobilitätssysteme, zum Beispiel Buslinien, S- und U-Bahnnetze, Fuß- und Radwege. Darüber hinaus werden mehr als 1.500 Fach- und Führungskräfte aus- und weitergebildet und in einem weltweiten Wettbewerb innovative Pilotvorhaben in Klein- und Mittelstädten gefördert.

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