Kohl: Polens Westgrenze gilt

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10. Januar 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Kohl: Polens Westgrenze gilt

10. Januar 1990: Bundeskanzler Helmut Kohl spricht vor der Bundespressekonferenz: Die tiefgreifenden Veränderungen in Europa böten Perspektiven für eine dauerhafte Stabilität. Gleichzeitig macht Kohl deutlich: Es gibt keine Debatte über die polnische Westgrenze.

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Pressekonferenz mit Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (rechts) und Regierungssprecher Hans Klein

Kohl: Polens Westgrenze gilt

Foto: Bundesregierung/Reineke

Es geht um die "deutschen Ostgebiete"

Ein kalter Wintertag in Bonn am Rhein. Um 12.35 Uhr beginnt die Bundespressekonferenz. Kohl erklärt: Die künftige Architektur Deutschlands müsse sich in die künftige Architektur Gesamteuropas einfügen. Die Pressevertreter sprechen auch die Ängste an, die eine Wiedervereinigung Deutschlands im östlichen wie im westlichen Ausland auslösen könnte.

Ein Journalist stellt die sehr konkrete Frage, ob nicht ein noch deutlicheres Wort zur polnischen Westgrenze dazugehöre, um wieder neues Vertrauen erwachsen zu lassen. Ein anderer will wissen, ob der Kanzler es denn für möglich halte, auf dem Weg zur staatlichen Einheit weiter voranzukommen, ohne vorher im Prinzip eine Bestandserklärung zur polnischen Westgrenze abzugeben.

Polens Westgrenze: die "Oder-Neiße-Linie"

Die Fragen führen auf innenpolitisch sensibles Terrain. Die polnische Westgrenze, auch "Oder-Neiße-Linie" genannt, legten die Siegermächte kurz nach dem Zweiten Weltkrieg fest – vorbehaltlich einer endgültigen Friedensregelung. Das besiegte Deutschland büßte damit einen erheblichen Teil seines bisherigen Staatsgebietes in den Grenzen von 1937 ein. Millionen Deutsche mussten ihre angestammte Heimat verlassen.

Die DDR erkannte bereits kurz nach ihrer Gründung am 7. Oktober 1949 diese Grenze an. Die Bundesrepublik Deutschland bezog vertraglich 1970 Stellung. In den "Ostverträgen", unterzeichnet am 12. August in Moskau und am 7. Dezember in Warschau, vereinbarten die Vertragspartner einen umfassenden Gewaltverzicht und erklärten, die Grenzen aller Staaten in Europa als unverletzlich zu betrachten – einschließlich der Westgrenze Polens.

Absage an Ambitionen auf ehemalige deutsche Gebiete

Vor diesem Hintergrund positioniert sich Kanzler Kohl: "Der deutsche Bundeskanzler ist an die Verfassungsordnung, an Gesetz und Verträge gebunden." Und er fügt hinzu: "Die DDR hat im Blick auf die Grenze mit der Volksrepublik Polen vor vielen Jahren schon Verträge abgeschlossen, und wir haben das gleiche doch auch getan."

Bei den Vertriebenenorganisationen lösen diese Worte Schluckbeschwerden aus. Sie hatten insgeheim gehofft, im Falle einer Neuordnung der Mitte Europa ließe sich auch über die ehemaligen Staatsgebiete östlich von Oder und Neiße verhandeln. Der Bundeskanzler erteilt solchen Ambitionen  an diesem Januartag eine klare Absage.