Themenportal Wiedergutmachung
Millionen Akten von Verfolgten des NS-Regimes sollen auf Initiative des Bundesministeriums der Finanzen künftig an zentraler Stelle und digitalisiert abrufbar sein. Am 1. Juni fiel im Rahmen eines Festaktes auf dem Petersberg bei Bonn der Startschuss für das Themenportal Wiedergutmachung.
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Vertreterinnen und Vertreter des Bundesfinanzministeriums sowie der Archivverwaltungen des Bundes und der Länder unterzeichneten eine entsprechende Rahmenvereinbarung. „Mit der Unterzeichnung kann die Arbeit für den Aufbau des Themenportals Wiedergutmachung offiziell beginnen“, so Bundesfinanzminister Christian Lindner.
100 Kilometer Aktenmaterial
Das Themenportal Wiedergutmachung wird 100 Kilometer Aktenmaterial zusammenführen. Dabei geht es um Entschädigungsanträge, die Holocaust-Überlebende nach dem Krieg einreichten. In den Akten sind nicht nur die Anträge enthalten, sondern auch die dazugehörigen Schilderungen des erlittenen Unrechts.
Sie sind heute bedeutende Zeitzeugnisse. Das Portal soll die über zahlreiche Institutionen im In- und Ausland verteilten Akten zugänglich machen - für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die interessierte Öffentlichkeit sowie Nachkommen von Verfolgten. Für Wiedergutmachungsanträge in der Gegenwart ist das Portal nicht vorgesehen.
Ein einmaliges Dokumentenerbe
In den rund sieben Jahrzehnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist nach den Worten von Bundesfinanzminister Lindner ein „einmaliges Dokumentenerbe“ entstanden. „Wir wollen die Vergangenheit für die Zukunft bewahren und sie sichtbar machen.“ Wie wichtig dies sei, zeige der Anstieg antisemitischer Straftaten in Deutschland.
Das neue Angebot ist angesiedelt bei der Deutschen Digitalen Bibliothek im Archivportal-D, dem deutschen Online-Portal zur Recherche von Archivgut. Als wichtige Vorbilder gelten die digitalen Angebote der israelischen Forschungs- und Gedenkstätte Yad Vashem und das United States Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C.
Was bedeutet „Wiedergutmachung“?
Unter dem Begriff „Wiedergutmachung“ wird der Versuch verstanden, historische Verantwortung für das von den Nationalsozialisten verübte Unrecht zu übernehmen. In materieller Hinsicht umfasst dies Rückgaben von entwendetem Eigentum, Entschädigungszahlungen und Unterstützungsmaßnahmen.
Das Bundesfinanzministerium ist seit den 1950er Jahren zuständig für die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts. An die Überlebenden wurden bis heute materielle Leistungen in Höhe von mehr als 80 Milliarden Euro ausgezahlt. Aktuell erfolgen jährlich Zahlungen von über einer Milliarde Euro an NS-Verfolgte.
In diesem Jahr jährt sich zum 70. Mal die Unterzeichnung des Luxemburger Abkommens von 1952 mit Israel und der Jewish Claims Conference. Es stellte die Grundlage für alle Regelungen zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts. Diesen Meilenstein würdigt das Bundesfinanzministerium im Rahmen des Gedenkjahrs 2022.