Sich gegen Abzocke wehren

Inkasso-Schreiben Sich gegen Abzocke wehren

Völlig überraschend kommt ein Brief oder eine SMS von einem Inkasso-Unternehmen. Doch: Ist die Forderung überhaupt berechtigt? Oder erhebt das Inkassobüro nicht viel zu hohe Gebühren? Hier hilft der Online-Inkasso-Check der Verbraucherzentralen weiter. Das Projekt wird vom Bundesjustizministerium gefördert.

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Brief mit einer Abmahnung: Bei sogenanntem Fake-Inkasso sind Forderungen frei erfunden.

Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

Viele Verbraucher empfinden Inkasso-Schreiben aufgrund eindringlicher und teilweise aggressiver Formulierungen regelrecht bedrohlich. Sie sind deshalb häufig verunsichert, wie sie sich weiter verhalten sollen.

So schnell geht es: Plötzlich sind 250 Euro für einen Flugschein vom Konto abgebucht, obwohl man den Flug gar nicht gebucht hatte. Dann kommt noch das Schreiben eines Inkassobüros. Es stellt sich heraus: Betrüger hatten die Tickets auf den eigenen Namen gekauft, man ist Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Oder: Versprochen waren am Telefon Gewinnspiele oder Erotikdienste. Prompt kommen Inkassoforderungen per SMS oder per Post - auch dann, wenn man nach der Bandansage gleich auflegte. Die Telefonnummern der Anrufer wurden offenbar abgespeichert.

Onlineportal "Inkasso-Check"

Der Online-Service der Verbraucherzentralen hilft hier weiter: Der "Inkasso-Check" ermöglicht die kostenlose Überprüfung, ob man überhaupt zahlen muss. Und wenn ja, ob wirklich die volle Höhe der Kosten fällig ist.

Die Nutzer werden online durch eine Reihe von Fragen geführt. Am Ende erhalten sie eine individuelle erste Einschätzung - und falls nötig auch einen Musterbrief an das Inkassounternehmen. Mehr als 20 Prozent der so überprüften Inkassoforderungen stuft die Verbraucherzentrale als unberechtigt ein. Bleiben Fragen offen oder ist der individuelle Sachverhalt sehr komplex, können sich Verbraucher nach wie vor direkt an eine Verbraucherzentrale wenden.

Betrug per Brief, Mail oder SMS

Betrüger verschicken Zahlungsaufforderungen vermehrt auch auch per E-Mail oder SMS. Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) warnt vor sogenanntem Fake-Inkasso , bei dem Forderungen frei erfunden sind und auch die angegebenen Inkassounternehmen nicht existieren. Die Betrüger nutzen zum Beispiel die Logos oder fälschen E-Mail-Adressen bestehender Unternehmen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Verbraucher sollten deshalb darauf achten, dass die Angaben im Briefkopf mit dem Rest des Schreibens übereinstimmen. Auch wenn die angegebene Bankverbindung ins Ausland verweist - zu erkennen an den ersten beiden Buchstaben der IBAN -, ist Vorsicht geboten. Betroffene sollten den Gläubiger oder das Inkasso-Unternehmen in solchen Fällen um Aufklärung bitten.

Die Verbraucherzentralen haben zudem eine aktuelle Liste von "schwarzen Schafen" der Inkassofirmen veröffentlicht. Informationen und Erfahrungen sind für die Marktbeobachtung sehr wertvoll. Die Verbraucherzentralen stellen deshalb auch ein kostenloses Beschwerdeformular zur Verfügung.

Umfangreiche Informationspflichten beim Inkasso

Bei einem Inkassoschreiben heißt die Devise, einen kühlen Kopf zu bewahren und sorgfältig zu prüfen.

Denn das Inkasso-Unternehmen hat umfangreiche Informationspflichten: Insbesondere muss es bereits bei der ersten Mahnung den Namen oder die Firma des Auftraggebers sowie der Grund der Forderung klar und verständlich angeben. Bei Verträgen ist der Vertragsgegenstand und das Datum des Vertragsschlusses mitzuteilen.

Zunächst sollte geprüft werden, ob die Forderung nicht doch oder zumindest teilweise berechtigt ist. Gab es vielleicht eine Abbuchung vom eigenen Konto, die jedoch etwa mangels Deckung zurückgebucht wurde?

Auch wenn ein Inkassounternehmen Zahlungsaufforderungen im Normalfall per Post zustellen, müssen SMS nicht per se unseriös sein. Doch nur mit einer SMS oder einem Drohbrief lassen sich die Informationspflichten des Inkasso-Büros in der Regel nicht erfüllen. Und es gibt nur wenige seriöse Inkassofirmen, die sich per SMS melden und dies auch auf ihrer Webseite ankündigen.

Kosten müssen nachvollziehbar sein

Häufig werden dem Kunden zusätzlich zur eigentlichen Forderungssumme weitere Kosten in Rechnung gestellt - etwa überhöhte Inkassogebühren. Laut Stiftung Warentest sollte ein seriöses Inkasso-Unternehmen bei einer ursprünglichen Forderung von 500 Euro nicht mehr als rund 70 Euro an Gebühren verlangen.

Generell gilt: Wie sich die Kosten zusammensetzen, muss nachvollziehbar sein. Werden etwa Verzugszinsen geltend gemacht, muss klar sein, wie sie berechnet wurden: Auf welche Forderungssumme bezieht sich die Verzinsung? Zu welchem Zinssatz wurde verzinst? Und für welchen Zeitraum?

Bestimmte Kosten dürfen Inkassofirmen nicht abrechnen: etwa Gebühren für die Kontoführung, eine Bonitätsauskunft oder für die Identitätsfeststellung. Hier sollte man sofort widersprechen, gegebenenfalls Nachweise verlangen.

Wer ein Inkassoschreiben erhalten hat, hat auch Anspruch darauf, die vom Gläubiger unterschriebene Abtretungserklärung oder Inkassovollmacht im Original vorgelegt zu bekommen.

Verbraucher sollten auch prüfen, ob das Inkasso-Büro überhaupt berechtigt ist, Forderungen einzutreiben. Dafür steht das Rechtsdienstleistungsregister zu Verfügung. Denn wer als Inkassofirma Forderungen eintreiben will, muss dafür vom Amts- oder Landgericht zugelassen und registriert sein.

Wichtig: Manchmal übergeben Unternehmen ihre Forderungen bereits bei Überschreiten des genannten Zahlungstermins oder der Zahlungsfrist an ein Inkassobüro - ohne den Kunden gemahnt zu haben. Das ist zulässig, denn der Zahlungsverzug setzt bereits mit Verstreichen der Zahlungsfrist ein. Man sollte sich also nicht darauf verlassen, erst eine Mahnung vom Unternehmen zu erhalten.

Wann sollte man einer Forderung widersprechen?

Wer sicher ist, dass eine Forderung unberechtigt ist, sollte sie unverzüglich schriftlich und begründet zurückweisen, am besten als Einschreiben. Gehen dann weitere Rechnungen oder Mahnungen ein, ist eine Reaktion darauf nicht mehr nötig.

Kommt ein gerichtlicher Mahnbescheid, sollten Verbraucher bei ungerechtfertigten Forderungen sofort Einspruch einlegen. Dann folgt automatisch ein Gerichtsverfahren, in dem der Rechnungssteller seine Forderung begründen muss. Im Übrigen: Erst mit einem Gerichtsurteil oder Vollstreckungsbescheid kann eine Forderung zwangsvollstreckt werden - und zwar durch den Gerichtsvollzieher oder das Gericht. Ein Inkassobüro selbst kann nicht pfänden.