Regierungspressekonferenz vom 6. September 2021

Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 6. September 2021

Themen: Tod von Professor Jan Hecker, COVID-19-Pandemie, Verurteilung zwei belarussischer Oppositioneller zu mehrjährigen Haftstrafen, Besuch des Außenministers der USA, virtuelles Außenministertreffen zur Lage in Afghanistan, Lage in Afghanistan, Ganztagsbetreuung von Grundschülern, Fall Nawalny, Cyberangriffe auf Bundestagsabgeordnete und Landtagsabgeordnet durch den Cyberakteur „Ghostwriter“

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 6. September 2021

Sprecher: StS Seibert, Sasse (AA), Gülde (BMG), Vick (BMI), Helmbold (BMVg), Wild (BMFSFJ), Kleinemas (BMBF)

  

Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.


StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Sie haben die traurige Nachricht vom Tod unseres Kollegen Jan Hecker gehört. Viele von Ihnen kannten ihn aus Gesprächen, Begegnungen, auch aus Briefings hier in der Bundespressekonferenz oder von den Reisen mit der Bundeskanzlerin und können daher ermessen, wie hart diese Nachricht uns Kollegen und Freunde trifft.

Die Bundeskanzlerin hat über Jahre aufs Engste mit Jan Hecker zusammengearbeitet. Ich darf zitieren, was sie heute Morgen dazu erklärt hat:

„Der Tod Jan Heckers erschüttert mich zutiefst. Ich trauere um einen hochgeschätzten langjährigen Berater von tiefer Menschlichkeit und herausragender Fachkenntnis. Ich denke voller Dankbarkeit an unsere Zusammenarbeit und bin froh, mit ihm über Jahre so eng verbunden gewesen zu sein. Mein tiefstes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und den anderen Angehörigen in ihrem unermesslichen Schmerz.“

So weit die Worte der Bundeskanzlerin zum Tode Jan Heckers. Sie spricht damit auch für viele von uns, die das Glück hatten, mit Jan Hecker zusammenzuarbeiten, weit mehr als das. Wir alle werden ihn nie vergessen.

Vorsitzender Detjen: Auch wir kannten Jan Hecker gut. Er war - Sie haben es gesagt - oft in der Bundespressekonferenz zu Gast. Ich denke, dass auch viele von uns sehr erschrocken waren, als sie diese Nachricht gehört haben. Viele kannten ihn auch von gemeinsamen Reisen mit der Bundeskanzlerin. Auch unsere Gedanken sind ganz besonders bei der Familie von Jan Hecker.

Frage: Frau Sasse, dieser Tod kam ja sehr überraschend. Herr Hecker hatte erst vor zwei Wochen sein Amt angetreten. Können Sie uns irgendetwas zu den Todesursachen sagen?

Ich frage deswegen, weil es in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Berichte über mögliche Erkrankungen bei amerikanischem Botschaftspersonal gab. Können Sie uns sagen, ob dieser Tod möglicherweise einen in irgendeiner Weise politischen Hintergrund hat?

Sasse: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass auch wir natürlich die Gefühle, die Herr Seibert gerade für die Bundesregierung und auch für die Kanzlerin zum Ausdruck gebracht hat, in vollem Umfang teilen. Der Außenminister hat sich selbst sowohl über Twitter als auch heute Morgen im Rahmen einer Pressekonferenz zutiefst bestürzt über den Tod geäußert und deutlich gemacht, dass Deutschland mit Herrn Hecker einen versierten Diplomaten und geschätzten Kollegen des Auswärtigen Amtes verloren hat. Selbstverständlich gilt auch unser tiefstes Mitgefühl seiner Familie und seinen Angehörigen.

Was Ihre konkrete Frage nach den Todesumständen angeht, so kann ich Ihnen nur sagen, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass der Tod im Zusammenhang mit Botschafter Heckers politischer Funktion steht.

Frage: Herr Hecker war ja auch eine öffentliche Person. Gibt es weitere Untersuchungen über die Todesursache, und wird die Öffentlichkeit gegebenenfalls darüber informiert werden?

Sasse: Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt nichts Weiteres mitzuteilen.

StS Seibert (zur COVID-19-Pandemie): Ich will noch eine, wie ich finde, sehr wichtige Initiative ankündigen, die uns alle angeht. Heute in einer Woche, nämlich am 13. September, startet eine bundesweite Impfaktionswoche von Bund und Ländern. Deutschlandweit sollen dann an möglichst vielen Orten und in möglichst vielen Aktionen die Ärmel hochgekrempelt werden. In einer gemeinsamen Anstrengung sollen die Menschen motiviert werden, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen. Es geht darum, gemeinsam für den nötigen Ruck zu sorgen, wo er an der einen oder anderen Stelle bei dem einen oder anderen Bürger vielleicht noch fehlt.

Jeder, der möchte, ist aufgerufen, Impfaktionen vor Ort zu organisieren. Das kann der Sportverein, die freiwillige Feuerwehr, der Club, das Kino, Kulturveranstalter, Unternehmen, Ärzte oder Apotheken sein. Alle können mit unkomplizierten und gerne auch kreativen Impfangeboten mitmachen.

Unter www.hierwirdgeimpft.de und dem gleichnamigen Hashtag gibt es Informationen dazu, wie Impfaktionen organisiert werden können. Das ist viel einfacher als man denkt. Interessierte Bürger können dort auch nachschauen, wo es in ihrer Nähe ein Impfangebot gibt, um sich jetzt vor Herbst und Winter impfen zu lassen, und zwar spontan und ohne viel Aufwand.

Indem wir uns alle gemeinsam anstrengen, viele Impfangebote auf die Beine stellen und auch Aufmerksamkeit dafür schaffen, sollten hoffentlich möglichst viele Menschen noch dazu bewegt werden, sich nun noch impfen zu lassen. Denn es gilt: Für einen sicheren Herbst und einen sicheren Winter zählt jede Impfung, gerade angesichts steigender Infektionszahlen.

Ich kann also nur noch einmal appellieren: Lassen Sie sich impfen! Sie schützen damit sich selbst vor einer schweren Erkrankung. Aber Sie schützen auch Ihre Angehörigen, besonders auch Schutzbedürftige, die sich nicht impfen lassen können, also uns alle als Gemeinschaft. Machen Sie mit!

Frage: Laut „Spiegel“ wurden mehr als 350 000 Impfungen nicht gemeldet. Die Impfquote wäre damit höher als vom RKI angegeben. Trifft das zu, und wenn ja, wie kommt es zu solchen groben Fehlern?

Gülde: Dass es tatsächlich immer wieder zu Nachmeldungen kommt - diese Berichte bezogen sich ja auf Betriebsärzte -, das haben wir auch hier an dieser Stelle schon wiederholt geäußert. Diese Nachmeldungen werden entsprechend aufgenommen und finden sich dann auch in der Statistik wieder.

Frage: Herr Gülde, die Zahlen, die in den Berichten genannt werden, sind ja doch substanziell hoch und umfassen einige Prozentpunkte. Sie reden von Nachmeldungen. Wie schnell werden sie denn nachgemeldet? Stimmen die Annahmen, dass über die offiziell bekannte Zahl hinaus wirklich noch ein Prozentsatz von drei, vier Prozentpunkten mehr geimpft ist, als wir es erkennen können?

Gülde: Zu dem Prozentsatz kann ich jetzt tatsächlich keine Angaben machen. Das hängt natürlich immer auch davon ab, wie schnell zum Beispiel betriebsmedizinische Dienste oder Betriebsärzte diese Nachmeldungen vornehmen. Von daher kann ich zu solch einer Ziffer jetzt keine Angaben machen.

Zusatzfrage: Dieses Thema wurde von der Politik ja mit großen Zielen verbunden und wird als sehr wichtig für die ganze Pandemiebekämpfung angesehen. Wieso kann man diese Nachmeldungen nicht abstellen?

Wieso haben Sie dazu keine Größenvorstellungen? Wäre es nicht eigentlich wichtig, auch für den politischen Diskurs, annähernd zu wissen, wie viele Menschen tatsächlich geimpft sind?

Gülde: Die Zahlen der Nachmeldungen, über die wir reden, muss man, denke ich, immer in das Verhältnis zur Gesamtmenge der Geimpften setzen. Insofern gehe ich jetzt, ehrlich gesagt, nicht von einer so großen Diskrepanz aus, was die tatsächliche Zahl der Geimpften angeht. Diese Differenz spielt für das epidemiologische Geschehen eigentlich keine große Rolle.

Frage: Herr Seibert, Frau Sasse, soeben wurden durch ein Gericht in Minsk Frau Kolesnikowa zu elf und Maxim Snak zu zehn Jahren Haft verurteilt. Wie reagiert die Bundesregierung auf solch eine harte Strafe?

Sasse: Wir haben die heutigen Urteile gegen Frau Kolesnikowa und Herrn Snak natürlich zur Kenntnis genommen. Sie sind für uns ein Sinnbild für das rücksichtslose Vorgehen, die Repressionen und Einschüchterungen des belarussischen Regimes gegen Oppositionspolitiker und Zivilgesellschaft. Als zwei der mutigsten Köpfe der friedlichen Protestbewegung nach den gefälschten Präsidentschaftswahlen haben sich Maria Kolesnikowa und Maxim Snak für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in Belarus stark gemacht.

Die Bundesregierung verurteilt die ungerechtfertigten Urteile gegen Maria Kolesnikowa und Maxim Snak und die Instrumentalisierung der Justiz zur politischen Verfolgung in Belarus.

Deutschland versichert Maria Kolesnikowa, Maxim Snak und allen anderen aus politischen Gründen in Belarus Inhaftierten die uneingeschränkte Solidarität. Die Bundesregierung fordert die Freilassung aller politischen Gefangenen in Belarus. Wir werden den politischen Druck auf das Regime selbstverständlich weiter aufrechterhalten und unsere aktive Unterstützung für die belarussische Zivilgesellschaft fortsetzen.

Zusatzfrage: Bis jetzt hat diese Aufrechterhaltung des Drucks wohl wenig gebracht. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen, um diesen Druck so zu erhöhen, dass das Regime reagiert?

Sasse: Wir haben in der Vergangenheit an dieser Stelle mehrfach über unsere Haltung zum Thema Belarus berichtet. Sie ist selbstverständlich unverändert. Wir haben auch immer wieder deutlich gemacht, dass wir den Druck auf das belarussische Regime weiter intensivieren werden, wenn sich ein bestimmtes Verhalten nicht ändert. Jetzt an dieser Stelle über weitere Maßnahmen zu spekulieren, wäre allerdings verfrüht.

Vorsitzender Detjen: Es gibt von außen Fragen zum bevorstehenden Besuch des amerikanischen Außenministers Blinken. Sabine Dahlhausen von Kyodo News, der Kollege Aissa Taibi von Al Jazeera fragen beide danach, bitten um Details. Fragen sind: Können Sie Angaben machen, wo die von Blinken angekündigte Konferenz stattfindet? Wann genau soll das stattfinden? Treffen mit dem Außenminister, Termine, was können Sie uns sagen?

Sasse: Vielen Dank, Herr Detjen. Das gibt mir die Gelegenheit, noch einige Punkte aktiv anzusprechen. Der Besuch von Außenminister Blinken ist einer davon.

Außenminister Maas wird am Mittwoch mit seinem US-Kollegen zusammentreffen. Neben einem bilateralen Treffen ist auch ein virtuelles Treffen zum Thema Afghanistans mit Außenministern verschiedener anderer Länder geplant, zu dem Außenminister Blinken und Außenminister Maas gemeinsam einladen. Das Treffen wird in Ramstein stattfinden. Akkreditierungen für die geplante Pressebegegnung finden über die US-Botschaft statt.

Frage: Frau Sasse, vielleicht können Sie uns das Thema des realen und virtuellen Treffens sagen. Geht es dabei noch einmal um die Fragen der Anerkennung, der nächsten Stufe der Evakuierung der Ortskräfte und der Verlagerung der deutschen Botschaft von Doha nach Kabul? Was genau wird Gegenstand der Gespräche sein?

Sasse: Vielleicht noch einmal zur Klarstellung: Es wird praktisch zwei Teile des Besuchs geben. Es wird ein bilaterales Gespräch der beiden Außenminister geben. Dann wird es ein virtuelles Treffen mit verschiedenen anderen Außenministern geben.

Wie ich dargestellt habe, ist selbstverständlich die Lage in Afghanistan insgesamt Thema, das heißt, alle Aspekte des Themas, die im Moment in der Diskussion sind.

Zusatzfrage (zur Lage in Afghanistan): Können Sie uns einen neuen Stand mitteilen, zum Beispiel was die Rückverlagerung der Botschaft nach Kabul angeht? Gibt es dazu irgendwelche neuen Überlegungen oder Aussichten, nachdem die Taliban ja offenbar Sicherheitszusagen für die Rückkehr gemacht haben?

Sasse: Wir haben am Freitag an dieser Stelle darüber gesprochen. Außenminister Maas selbst hat sich in der vergangenen Woche mehrfach zur Frage der diplomatischen Präsenz in Kabul geäußert. Auf diese Äußerungen muss ich Sie an dieser Stelle verweisen.

Zusatzfrage: Das war Freitag, und heute haben wir Montag. Wir haben eine sehr dynamische Situation in Afghanistan. Darauf bezog sich die Frage. Ist über das Wochenende also nichts Neues passiert, keine neuen Zusagen, die es jetzt möglich machen würden, dass deutsche Diplomaten wieder zurückkehrten?

Sasse: Sie haben recht, die Lage in Afghanistan ist und bleibt sehr dynamisch. Zum Stichwort der diplomatischen Präsenz gibt es keine neuen Entwicklungen, über die ich an dieser Stelle berichten könnte. Selbstverständlich verfolgen wir alle Entwicklungen zum Thema Afghanistans sehr genau und lassen sie in alle unsere Gespräche einfließen. Diese Gespräche finden natürlich auch weiterhin statt. Das heißt, dass sich auch diesbezüglich Positionen dynamisch weiterentwickeln. Allerdings kann ich Ihnen heute über keine neuen Positionen berichten.

Frage: Stichwort: aktuelle Zahlen. In der letzten Woche hörten wir ja von 138 Ortskräften und ihren Familien. Wie hat sich das über die letzte Woche verändert? Wie viele weitere Ortskräfte sind in Deutschland angekommen, und ist man mittlerweile in der Lage, das nach Ministeriumsbereichen getrennt zu betrachten? Weiß man also, wie viele Ortskräfte der Bundeswehr, des Auswärtigen Amtes usw. hier in Deutschland aufgeschlagen sind?

Frage: Wie viele sicherheitsrelevante Fälle sind bei der Evakuierungsmission nach Deutschland gebracht worden?

Sasse: Ich würde gern zu beiden Fragen an Frau Vick vom BMI abgeben, weil wir uns in der letzten Woche ja darauf verständigt hatten, dass das BMI einmal pro Woche aktuelle Zahlen bekanntgibt. Auch die Frage sicherheitsrelevanter Fälle ist im Zuständigkeitsbereich des BMI.

Vick: Die aktuellen Zahlen für die Einreisen im Rahmen der Evakuierungsmission gestalten sich wie folgt: Insgesamt sind 4921 Personen eingereist, davon 4129 afghanische Staatsangehörige und 469 deutsche Staatsangehörige. Eingereiste Ortskräfte sind - mit Stand heute - 248 Ortskräfte und 916 Familienangehörige, also insgesamt 1164 Personen.

Frage: Können Sie da differenzieren, wie viele dieser Fälle unter die Kategorie „sicherheitsrelevant“ fallen?

Vick: Ich kann bestätigen, dass im Rahmen der Einreisekontrollen 20 sicherheitsrelevante Personen im Rahmen der Evakuierungsflüge nach Deutschland eingereist sind.

Zusatzfrage: Diesbezüglich noch die Frage nach Staffelung in Ministerien und Arbeitsbereichen - Bundeswehr, Innenministerium, Auswärtiges Amt. Ist sie möglich? Streben Sie das an? Wird das irgendwann kommen?

Vick: Ich glaube, dazu haben wir im Laufe der letzten Woche auch schon vorgetragen, dass wir die Zahlen für die gesamte Bundesregierung angeben.

Frage: Ich hätte dazu eine Frage an das Verteidigungsministerium. In der vergangenen Woche war auch die Frage Thema, ob das Callcenter im Verteidigungsministerium für Ortskräfte und ihre Angehörigen erreichbar war. Da hatten Sie uns erklärt, das sei eigentlich mehr eine Institution, um von Deutschland aus Kontakt aufzunehmen. Ist inzwischen gewährleistet, dass Ortskräfte, die noch nicht bekannt sind oder deren Angehörigen von sich aus eine Anlaufstelle im Verteidigungsministerium haben? Ich glaube, beim BMZ gibt es so etwas schon.

Helmbold: Wir hatten ja in der vergangenen Woche darüber gesprochen. Die Anlaufstelle ist das Einsatzführungskommando.

Zusatzfrage: Wie ist das Einsatzführungskommando für Menschen erreichen, die in Afghanistan sind, die teilweise nur schwer elektronisch kontakten können?

Helmbold: Wir hatten ja jetzt auch schon darüber gesprochen, dass wir von der Pressestelle aus entsprechende Hinweise annehmen. Mit Blick auf die Ortskräfte haben wir zu sehr, sehr vielen Kontakt. Aber Sie haben Recht: Es gibt weitere. Diese Informationen können Sie uns zur Verfügung stellen.

Frage: Ich hätte eine Frage an Frau Vick: Es ist ja so, dass jetzt über einzelne Fälle von Afghanen auch öffentlich berichtet wird, die abgeschoben worden und jetzt über die Flüge der Bundeswehr wieder eingereist sind. Können Sie das bestätigen, und was passiert eigentlich in so einem Fall? Wird der Eingereiste, der ja vor seiner Abschiebung wohl auch in Abschiebehaft war, dann wieder festgenommen? Oder trifft es zu, was behauptet wird, dass sie dann frei herumlaufen? Können Sie uns da einmal ein bisschen Einblick gewähren?

Vick: Wie Sie wissen, äußern wir uns ja grundsätzlich nicht zu einzelnen Sachverhalten. Aber ich kann Ihnen sagen: Bei Personen, die im Rahmen ihrer Einreise auffallen - aus welchen Gründen auch immer -, werden gegebenenfalls die notwendig werdenden Maßnahmen durch die zuständigen Behörden ergriffen.

Zusatzfrage: Das heißt, wenn festgestellt wird, dass jemand, der abgeschoben worden ist, auch weil er hier eine Straftat begangen hat, dann ist nicht davon auszugehen, dass er sich hier in diesem Land frei bewegen kann, nachdem er wieder eingereist ist?

Vick: Das kann ich natürlich so pauschal von dieser Stelle aus nicht bewerten, welche konkreten Erkenntnisse über die jeweilige Person bei Einreise vorliegen. Das begutachten oder bewerten dann die zuständigen Behörden, also in den Fällen die Polizei.

Frage: Wie kommt es grundsätzlich, dass die Zahl der Eingereisten gegenüber der vergangenen Woche gestiegen ist? Es gab ja seitdem keine Evakuierungen mehr.

Frage: Welche Erkenntnisse liegen zum Thema Sicherheitsrelevanz vor?

Vick: Wie ich gerade schon gesagt habe, kann ich mich grundsätzlich zu den Einzelsachverhalten nicht äußern. Ich kann aber sagen, dass die sicherheitsrelevanten Informationen, die den Behörden bekannt waren, vielfältig sind. Unter anderem sind ehemalige afghanische Regierungsmitglieder oder Personen eingereist, zu denen andere polizeiliche Erkenntnisse vorlagen.

Frage: Was passiert mit den Menschen? Können Sie das in Bezug auf Ortskräfte konkretisieren? Woher rührt die Erhöhung von 138 auf 248 Ortskräften? Beruht das auch auf Nachmeldungen aus dem Kreis der im Rahmen der Luftbrücke ausgeflogenen Personen?

Vick: Bezüglich der Zahl ist es so, dass die Bundespolizei im Rahmen der Einreisekontrollen nicht systematisch fragt, ob eine Person Ortskraft ist oder nicht. Die jeweilig eingereisten Personen teilen gegebenenfalls im Rahmen ihres weiteren Aufenthalts, wenn sie Ausländerbehörden kontaktieren oder in ihren Erstaufnahmeeinrichtungen sind, mit, dass sie Ortskräfte waren.

Frage: Es gibt ja zahlreiche Afghanen, die schon länger in Deutschland leben und sich Sorgen um ihre Angehörigen in Afghanistan machen, die vielleicht Menschenrechtler sind oder für die Bundeswehr gearbeitet haben. Gibt es denn im Auswärtigen Amt oder im Innenministerium eine Telefonnummer oder eine Anlaufstelle, wo sie fragen können, wenn sie sich Sorgen um ihre Angehörigen in Afghanistan machen?

Sasse: Wir haben natürlich keine Übersicht über derartige Personen, die sich wiederum auf Personen in Afghanistan beziehen. Es ist so, dass wir für Betroffene, die sich in Afghanistan auf Schutzbedürftigkeit berufen und vor diesem Hintergrund auch einen Anspruch auf Aufnahme in Deutschland haben, ebenso wie für deutsche Staatsangehörige und betroffene Ortskräfte Informationen auf unserer Webseite bereitgestellt haben. Das heißt, wenn die Angehörigen von Personen, die sich in Afghanistan befinden, die Sie erwähnt haben, sich bedroht fühlen oder in die Kategorie der schutzwürdigen Personen fallen, dann finden sie die Informationen, die sie suchen, auf der Webseite.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie können den gleichen Weg gehen wie Ortskräfte oder Angehörige von Deutschen, die in Afghanistan - - -

Sasse: Nur, sofern sie in diesen besonderen Personenkreis der als schutzwürdig definierten Personen fallen.

Frage: Gibt es nach dem Ende der Luftbrücke neue Gefährdungsanzeigen durch ehemalige Ortskräfte? Wenn ja, wie viele?

Sasse: Da würde ich an das BMI abgeben.

Vick: Wie ich gesagt habe: Die Zahlen, die wir jetzt hier vorgetragen haben, sind die Zahlen, die wir öffentlich bekanntgeben.

Vorsitzender Detjen: Können Sie sagen - das war ja die Frage -, ob das der Stand vor Ende der Luftbrücke ist oder ob danach noch welche dazugekommen sind?

Vick: Ich habe ja jetzt an dieser Stelle über die Eingereisten im Rahmen der Evakuierungsmission, also im Rahmen der Luftbrücke, berichtet, also seit dem 15. August.

Frage: Frau Vick, dann fasse ich Sie richtig auf, dass sich in der letzten Woche an der Zahl der Eingereisten im Prinzip nichts geändert hat und seit Ende der Luftbrücke keine weiteren Personen eingereist sind? Ist das so korrekt?

Die Zahl hat sich verändert, weil Sie besser nachzählen und präzisieren konnten. So kam das jetzt bei mir an. Gehe ich recht in der Annahme, dass seit Ende der Luftbrücke niemand zusätzlich dazugekommen ist?

Vick: Doch. Seit letzter Woche sind teilweise auch Leute über andere Wege nach Deutschland eingereist, beispielsweise aus Doha.

Frage: Warum war in der letzten Woche von 4600 die Rede, und jetzt sind es 4900? Erklärt sich die Differenz durch Einreisen aus Doha?

Vick: Genau. Es sind Leute auf anderem Wege nach Deutschland eingereist. Die Zahl unterscheidet sich zum letzten Montag plus 334 Personen.

Frage: Das heißt aber auch im Wesentlichen, dass diese Menschen nicht mehr aus Afghanistan gekommen sind, sondern sie schon in irgendwelchen Anrainerstaaten gewesen sind, und man das jetzt korrekt wiedergibt, wenn man sagt, dass Afghanistan seit Ende der Luftbrücke keine Menschen mehr verlassen haben, die dann den Weg in die Sicherheit geschafft haben.

Wissen Sie, ich versuche herauszubekommen, welche Wege diese Menschen nehmen, wo sie herkommen und ob es noch möglich ist, das Land in irgendeiner Art und Weise unterstützt durch die Bundesregierung zu verlassen?

Vick: Wie Sie wissen, ist die Evakuierungsmaßnahme ja beendet worden. Zu weiteren Lagen im Land selbst kann ich von dieser Stelle aus nichts sagen. Das müsste das Auswärtige Amt machen.

Sasse: Vielleicht kann ich an dieser Stelle noch einmal ergänzen.

Der Schluss, den Sie gezogen haben, ist nicht zwangsläufig der richtige. Wir haben ja schon mehrfach an dieser Stelle betont, dass auch nach dem Ende der militärischen Evakuierungsaktion unsere Unterstützung bei Ausreisen und Weiterreisen von Betroffenen weitergeht. Das hatte Herr Burger sehr ausführlich in der vergangenen Woche und auch in den vorvergangenen Wochen geschildert. Ich glaube, er ist beispielsweise auf einen konkreten Konvoi eingegangen, der sich von Afghanistan nach Pakistan auf den Weg gemacht hat und in Pakistan mit betroffenen Personen angekommen ist. Das heißt, da finden durchaus noch Bewegungen statt. Sie werden natürlich nach und nach erfasst.

Natürlich kommen weiterhin in allen möglichen Orten auf der ganzen Welt, beispielsweise in Ramstein, Personen aus der Umgebung von Afghanistan und darüber hinaus an, die bei uns erfasst werden müssen, aber die noch nicht erfasst sind. Dadurch erklärt sich auch, dass sich die Zahlen ständig weiterhin verändern.

Frage: Der Talibansprecher Sabiullah Mudschahid hat am Wochenende auch an Deutschland die Bitte um finanzielle Unterstützung und um humanitäre Hilfe gerichtet, auch vor dem Hintergrund, dass im Moment die Nahrungsmittelpreise in Afghanistan drastisch ansteigen und sich eine Hungersnot ausbreitet. Hat die Bundesregierung schon in irgendeiner Weise auf dieses Hilfeersuchen reagiert? Ist zusätzliche finanzielle Unterstützung oder konkret humanitäre Hilfe geplant?

Sasse: Vielen Dank für die Frage; das gibt mir Gelegenheit noch einige Ausführungen zu ergänzen, die wir hier an dieser Stelle schon am Freitag gemacht haben.

Um das vorwegzuschicken: Selbstverständlich haben wir die Äußerungen der Taliban vom Wochenende zur Kenntnis genommen. Vielleicht aber zur grundsätzlichen Hilfe - auch das hatte ich am Freitag ausgeführt -: Uns ist bewusst, dass die humanitäre Not in Afghanistan groß ist. Insgesamt sind 18,4 Millionen Menschen in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen; das ist fast die Hälfte der gesamten Bevölkerung in Afghanistan. Aus diesem Grund haben wir auch frühzeitig angekündigt, dass wir als Bundesregierung und insbesondere auch als Auswärtiges Amt die humanitäre Hilfe für die Menschen in Afghanistan weiterhin leisten wollen und leisten werden.

Sie haben sicherlich zur Kenntnis genommen, dass der UNHCR-Chef Griffiths gerade vor Ort in Kabul ist. Da geht es unter anderem um das Erbringen von solcher humanitären Hilfe. Wir arbeiten aber selbstverständlich auch mit anderen Partnerorganisationen in diesem Zusammenhang zusammen, wie beispielsweise auch dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes oder dem Welternährungsprogramm. Zu den 100 Millionen Euro, die wir für humanitäre Hilfe in Afghanistan bereits zur Verfügung gestellt haben, kommt eine Ankündigung der Bundesregierung, weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Auch dieser Betrag bezieht sich größtenteils auf humanitäre Hilfe, aber er geht auch darüber hinaus und soll unter anderem auch Unterstützung für die Nachbarländer Afghanistans beinhalten. Hierzu laufen aber, was die konkrete Umsetzung angeht, weiter Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Gibt es einen Zeitrahmen oder einen Etappenplan, wann diese 500 Millionen Euro ausgezahlt werden?

Sasse: Ich glaube, mit einem Zeitplan kommt man an dieser Stelle nicht weiter. Man muss analysieren, wie der Bedarf ist und über wen man solche Hilfe umsetzen kann. Daraus folgt dann zwangsläufig auch, in welchen Schritten auch zeitlicher Art man das tun wird.

Sie hatten auch nach den Bedingungen gefragt, die die Taliban am Wochenende formuliert haben, und da kann ich Sie noch einmal auf das verweisen, was Außenminister Maas am Wochenende sehr klar zu Fragen dieser Art gesagt hat. Er hat nämlich selber festgestellt beziehungsweise sehr deutlich gemacht, dass wir gewisse Erwartungen im Umgang mit den Taliban stellen. Das sind sehr konkrete Bedingungen, und auch diese Bedingungen hat Außenminister Maas in der vergangenen Woche formuliert. Dazu gehört, dass Frauen- und Menschenrechte geachtet werden, dass eine inklusive Regierung gebildet wird und dass die Taliban unter anderem auch humanitäre Hilfslieferungen ermöglichen. Natürlich gehört dazu auch, dass wir erwarten, dass Afghanistan nicht zu einem neuen Hort des Terrorismus wird. Diese Bedingungen stehen im Raum; die sind ganz klar formuliert. Der Außenminister hat auch sehr deutlich gesagt, dass, wenn man in Zukunft über Entwicklungszusammenarbeit nachdenken möchte - dazu hat sich am Freitag auch der Kollege des BMZ geäußert -, diese Bedingungen vorher erfüllt sein müssen.

Frage: Frau Sasse, direkt dazu: Zumindest bei zwei von diesen eben von Ihnen genannten Bedingungen ist es ja möglicherweise gar nicht so einfach, die Einhaltung zu verifizieren, also nachzuweisen, dass von Afghanistan aus kein weiterer Terror ausgeht und dass auch die Menschenrechte eingehalten werden. Ich hatte das so verstanden, dass die Debatte über die Wiederaufnahme von Entwicklungszusammenarbeit eine relativ kurzfristige Frage ist. Ist das nicht ein Kleiner Widerspruch, dass man einerseits relativ langfristige Ziele setzt, die die Taliban für einen Punkt erfüllen müssen, wo doch in den nächsten Wochen entschieden werden muss, ob man die Hilfe für Hilfsprojekte - Brunnen bohren oder was immer das auch ist - wieder aufnimmt?

Sasse: Ich glaube, man muss deutlich machen, dass wir hier nicht nur über Entwicklungszusammenarbeit sprechen, sondern eben auch über humanitäre Hilfe, wie ich es gerade erläutert hatte, und auch über die Frage des Umgangs mit den Taliban insgesamt. Das ist eine Frage, die nicht nur wir uns stellen, sondern die wir auch in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern definieren müssen und zu der wir uns auch gemeinsam als westliche Staaten positionieren müssen. Insofern sehe ich da keinen Widerspruch.

Zusatzfrage: Aber heißt das nicht im Umkehrschluss, dass man mit der Entwicklungszusammenarbeit - nicht mit der humanitären Hilfe, sondern mit der Entwicklungszusammenarbeit - eigentlich erst wieder anfängt, wenn man auch eine Art politische Anerkennung der Taliban hat?

Sasse: Über die Frage der politischen Anerkennung ist viel geschrieben worden, aber die ist vom Außenminister in der vergangenen Woche ausdrücklich nicht genannt worden.

Was die Bedingungen für die Wiederaufnahme der Entwicklungszusammenarbeit ganz konkret angeht, wäre der Kollege vom BMZ eher der richtige Ansprechpartner. Dem Außenminister ging es einfach nur darum festzustellen, was wir von den Taliban erwarten, was wir jetzt fordern, und praktisch im Vorfeld des Wunschzettels, den Sie, Herr Kollege, gerade erwähnt haben, einfach als Vorstufe festzustellen: Das sind unsere Erwartungen, das ist das, was wir von euch als Taliban fordern, und unter diesen Bedingungen sind wir bereit, über einen Umgang mit euch zu diskutieren. Diese Diskussion findet auf internationaler Ebene mit verschiedensten Partnern statt.

Frage: Unter welchen Umständen könnten sich die Bundesregierung vorstellen, die Herrschaft der Taliban anzuerkennen? Werden die Bedingungen dafür erarbeitet?

Gibt es jenseits der Gespräche von Botschafter Potzel in Doha andere Gesprächskanäle der Bundesregierung mit Vertretern der Taliban? Wenn nein: Sind solche geplant?

Sasse: Vielleicht noch einmal grundsätzlich, was die Frage der Anerkennung angeht: Wir erkennen ja grundsätzlich keine Regime an, sondern tatsächlich Staaten. Dazu hat Herr Burger, glaube ich, in der vergangenen Woche auch schon ausgeführt.

Was die Gespräche angeht, die wir führen, so ist es richtig, dass Botschafter Potzel in Doha Gespräche mit den Partnern führt, die dort sitzen, und auch mit den Taliban, weil dort ja einer der Standorte der Taliban ist. Aber selbstverständlich gehen die Gespräche, die wir führen, weit darüber hinaus. Wir stimmen uns beispielsweise, wie ich erwähnt habe, am Mittwoch in Ramstein mit verschiedensten Partnern der G7 und anderer Staaten ab. Wir stimmen uns auch in anderen Formaten und auch in bilateralen Formaten ab. Das zeigt die Reise des Außenministers, die er letzte Woche unternommen hat. Er hat sich da unter anderem mit der Türkei, mit Katar und mit verschiedenen der Nachbarstaaten Afghanistans abgestimmt. Diese Gespräche sind also sehr umfassend.

Vorsitzender Detjen: Die Frage war, ob die Gespräche mit den Taliban sich auf Doha beschränken oder ob es da jenseits der Doha-Gespräche von Botschafter Potzel noch andere Gesprächskanäle gibt.

Sasse: Was die Gespräche von Botschafter Potzel angeht, so beziehen die sich tatsächlich auf Doha.

Frage: Zum einen als Vorbemerkung: In Bezug auf Südafrika ging es doch aber schon nicht allein um die Anerkennung von Staaten, sondern auch um die Frage: Wen erkennen Deutschland oder die EU als legitime Regierung an. Das haben Sie da doch auch gemacht.

Meine konkrete Frage: Sie haben die Konditionen genannt. Sind die 500 Millionen Euro, dieses zusätzliche Paket, in irgendeiner Weise durch diese Bedingungen konditioniert, oder sind sie unabhängig davon?

Sasse: Herr Kollege, dazu muss ich noch einmal auf das verweisen, was ich soeben gesagt habe: Bei den 500 Millionen Euro handelt es sich um eine Ankündigung, die die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit gemacht hat. Ich kann auch noch einmal sagen, dass die Abstimmungen zu der genauen Verteilung und Bereitstellung dieser Mittel weiterhin laufen. Das heißt, ein Teil der Mittel wird sicherlich in humanitäre Hilfe fließen, wie ich es dargestellt habe, und das unabhängig vom Regime in Kabul. Es gibt aber weitere Maßnahmen, über die man noch sprechen wird, die unter anderem auch den Nachbarstaaten zugutekommen werden.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie können im Moment nicht sagen, welcher Anteil dieser 500 Millionen Euro durch die Erfüllung der Bedingungen konditioniert sein wird, richtig?

Sasse: Wie gesagt, zu den 500 Millionen Euro sind die Abstimmungen innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema Ganztagsbetreuung von Grundschülern an das Ministerium Bildung und Forschung, das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und wenn möglich auch Herrn Seibert. Erst einmal an alle drei die gleiche Frage: Heute tagt ja der Vermittlungsausschuss zu diesem Thema. Ich weiß, dass der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat stattfindet, aber gleichwohl geht es ja um ein wichtiges Vorhaben der Bundesregierung. Wie wichtig ist es, dass da heute tatsächlich etwas herauskommt? Was muss da heute aus Sicht der Bundesregierung und der beteiligten Ministerien herausgekommen?

StS Seibert: In der Tat, heute Abend kommt der Vermittlungsausschuss zusammen, um zu einer Lösung in dieser Frage, die für viele Familien sehr wichtig ist, zu kommen. Für die Bundesregierung gilt: Wir bekennen uns mit unserem vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf zu der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern in dieser wichtigen Frage. Es geht darum, gemeinsam mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung und eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf zu ermöglichen.

Wild: Ich kann noch eine Äußerung zitieren, die Ministerin Lambrecht gestern der dpa gegenüber geäußert hat. Da sagte sie:

Wir müssen jetzt die große Chance nutzen, gemeinsam mit den Ländern für mehr Bildungsgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen. Deshalb setze ich darauf, dass wir uns heute im Vermittlungsausschuss auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder einigen. Hierüber sind wir in konstruktiven und intensiven Beratungen. Es braucht Kompromissbereitschaft auch aufseiten der Länder. Als Bund wollen wir die Länder massiv dabei unterstützen, ausreichend Plätze zu schaffen. So können wir unser Land familienfreundlicher machen und ein wichtige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag kurz vor der Wahl noch umsetzen.

Zusatzfrage: Inwiefern haben Sie denn Verständnis für die Landkreise, die sagen, sie hätten Angst, dass sie am Ende auf den Kosten sitzenbleiben?

Wild: Den Verhandlungen heute Abend kann ich leider nicht vorgreifen, tut mir leid.

Kleinemas: Vielleicht könnte ich da übernehmen. - Ministerin Karliczek hat ja am Wochenende dem RND ein Interview gegeben und ist auch auf das Thema eingegangen. Sie sagte:

„Der Bund ist den Ländern hier bereits vor der Sommerpause weit entgegengekommen. Statt den ursprünglich geplanten zwei Milliarden Euro für Investitionskosten hatte der Bund 3,5 Milliarden Euro angeboten. Dazu wollte er künftig knapp eine Milliarde Euro Unterstützung jährlich für die Betriebskosten beisteuern, obwohl es sich um eine originäre Länderaufgabe handelt. Alle Seiten sollten sich zusammenraufen, ohne sich gegenseitig zu überfordern.“

Frage: An Frau Sasse: Es geht um den Vorwurf der russischen Regierung, dass Geld für Projekte des Regimekritikers Nawalny über Angestellte der deutschen und der amerikanischen Botschaft ausgezahlt worden sein soll, was auf Kritik der russischen Regierung stößt. Können Sie das kommentieren?

Sasse: Das tue ich sehr gerne. Vielen Dank! – Die Bundesregierung hat die Anschuldigungen gegen Ortskräfte der deutschen Botschaft in Moskau mit größtem Befremden zur Kenntnis genommen. Dass offizielle Stellen hier den Vorwurf einer mittelbaren Finanzierung Nawalnys durch Deutschland konstruieren, ist, gelinde gesagt, absurd. Die Veröffentlichung einer Liste mit vermeintlichen Unterstützerinnen und Unterstützern von Alexej Nawalny stellt eine Weitergabe schützenswerter Informationen und damit aus unserer Sicht eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten dar. Wir verurteilen dieses Vorgehen in aller Deutlichkeit und fordern die Einhaltung des Persönlichkeitsschutzes unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Außerdem fordern wir erneut auch die unverzügliche Freilassung von Alexej Nawalny. Dessen Verurteilung zu einer Lagerstrafe erfolgte auf Grundlage eines Urteils, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für willkürlich und offenkundig unverhältnismäßig erklärt hat. Seine Inhaftierung ist daher unrechtmäßig und ein Verstoß Russlands gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention. Mit großer Sorge sehen wir, dass der Druck auf Andersdenkende im Vorfeld der Dumawahlen weiter zunimmt.

Zusatzfrage: Wenn Sie kritisieren, dass die Daten weitergegeben werden oder veröffentlicht werden, fürchten Sie denn dann Konsequenzen oder Sanktionen für diese Ortskräfte? Wenn das so sein sollte, wie reagiert das Auswärtige Amt dann darauf?

Sasse: Darüber möchte ich an dieser Stelle nicht spekulieren. Aber die Sorge steht natürlich im Raum, wenn persönlichkeitsrelevante Daten weitergegeben werden.

Frage: Dies wäre meine Frage an das Gesundheitsministerium, eine Nachfrage: Gibt es neue Erkenntnisse über die in Afrika neu entdeckte Coronavariante B.1.621, die von der WHO als ein Risiko für Immunflucht, also die Unwirksamkeit von Vakzinen, benannt wurde? Haben Sie inzwischen neue Erkenntnisse?

Gülde: Nein, bislang gibt es noch keine neueren Erkenntnisse dazu. Sie wissen: Diese neue Variante ist zunächst als „variant of interest“ eingestuft worden. Das heißt, diese Variante wird hinsichtlich eines möglichen „immune escape“ beziehungsweise einer besseren Verbreitung und einer höheren Infektionsrate untersucht. Derzeit gibt es dazu aber noch keine neuen Erkenntnisse.

Zusatzfrage: In einigen europäischen Ländern ist diese neue Variante schon entdeckt worden. In Deutschland auch, oder noch nicht?

Gülde: Mir liegen keine Erkenntnisse dazu vor. Bislang ist es nach wie vor die Deltavariante, die hier absolut vorherrscht, meines Wissens mit mehr als 99 Prozent. Darüber hinaus gibt es noch andere Varianten, also unter anderem die Alphavariante, die den anderen Teil ausmachen. Aber Berichte über Fälle dieser Myvariante liegen mir derzeit noch nicht vor.

Sasse: Ich hätte noch einen aktiven Punkt vorzutragen. Es geht um die Attribuierung von Cyberangriffen auf Bundestagsabgeordnete und Landtagsabgeordnete. Seit mehreren Jahren verbindet der Cyberakteur „Ghostwriter“ herkömmliche Cyberangriffe mit Desinformations- und Einflussoperationen. Seit einiger Zeit beobachten wir auch eine Ausrichtung dieser Aktivitäten auf Deutschland. In Deutschland wurde im Vorfeld der Bundestagswahl unter anderem mithilfe von Phishing-E-Mails versucht, an persönliche Anmeldedaten insbesondere von Bundestags- und Landtagsabgeordneten zu gelangen, um dadurch Identitätsdiebstahl begehen zu können. Diese Angriffe können als Vorbereitungshandlungen für Einflussoperationen wie zum Beispiel Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit der Bundestagswahl dienen.

Der Bundesregierung liegen verlässliche Erkenntnisse vor, aufgrund derer die „Ghostwriter“-Aktivitäten Cyberakteuren des russischen Staates und konkret dem russischen Militärgeheimdienst GRU zugeordnet werden können. Die Bundesregierung betrachtet dieses inakzeptable Vorgehen als Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sowie für den demokratischen Willensbildungsprozess und als schwere Belastung für die bilateralen Beziehungen. Die Bundesregierung fordert die russische Regierung mit allem Nachdruck auf, diese unzulässigen Cyberaktivitäten mit sofortiger Wirkung einzustellen. Diese Forderung hat die Bundesregierung auch direkt gegenüber russischen Amtsträgern geäußert, zuletzt im Rahmen der Tagung der deutsch-russischen Hohen Arbeitsgruppe für Sicherheitspolitik, die in der vergangenen Woche am 2. und 3. September stattgefunden hat.

Frage: Frau Sasse, ich habe eine kurze Nachfrage dazu. Können Sie sagen, um was für einen Umfang und was für eine Art des Angriffs es sich handelt? Wie groß sind die vermuteten oder tatsächlich registrierten Schäden?

Sasse: Ich kann Ihnen an dieser Stelle nichts weiter zum Umfang sagen. Dazu läuft ein gesondertes Verfahren. Ich kann Ihnen nur unsere Einschätzung mitteilen, dass dieses Vorgehen selbstverständlich vollkommen inakzeptabel ist und dass sich die Bundesregierung auch weitergehende Maßnahmen vorbehält.

Frage: Frau Sasse, wenn Sie sagen, Sie hätten der russischen Seite die Bedenken oder die Haltung der Bundesregierung schon vorgetragen, wie hat die russische Seite denn dann reagiert? Hat die aufgehört, oder macht die einfach weiter? Wie läuft so etwas ab?

Sasse: Wie das abläuft, kann ich Ihnen konkret sagen. Es gab ja im Rahmen der Tagung der Hohen Arbeitsgruppe für Sicherheitspolitik ein Zusammentreffen zwischen deutschen und russischen Akteuren, in diesem Fall ganz konkret zwischen Staatssekretär Berger und dem ersten stellvertretenden russischen Außenminister. Im Rahmen dieser Tagung wurden die Aktivitäten von „Ghostwriter“ angesprochen. Bezüglich der Reaktion kann ich Ihnen an dieser Stelle nichts mitteilen.

Frage: Es wird immer wieder von der Impfquote gesprochen. Die Genesenen müssten, da sie nicht mehr ansteckend sind, eigentlich zu den Geimpften gezählt werden. Geschieht das auch? Wenn nicht, warum nicht?

Gülde: Nein, Genesene werden gesondert ausgewiesen und fallen nicht unter die Quote der Geimpften. Hintergrund des Ganzen ist ja, wie Sie wissen, dass bei Genesenen nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne - das sind sechs Monate - noch einmal eine Boosterimpfung erfolgt. Danach gelten die als genesen beziehungsweise geimpft. Das heißt, das wird gesondert ausgewiesen. Aber eine Zusammenfassung von Genesenen und Geimpften gibt es in der Form nicht. Die Zahl wird ja, wie gesagt, trotzdem erfasst.