Regierungspressekonferenz vom 30. September 2024

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 30. September 2024

Themen
•    Nationalratswahl in Österreich
•    mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine
•    Nahostkonflikt
•    Wehrpflicht
•    Forderungen mosambikanischer Arbeitskräfte in der DDR nach Entschädigungszahlungen
•    russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine
•    Medienberichte über einen möglichen Antrag auf ein Verbot der AfD
•    Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines
•    Pläne der Bundesregierung für ein Gewalthilfegesetz
•    Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung
•    Zwischenbericht der Monitoringstelle zur Erfassung von doppelten Glasfaserausbauvorhaben
•    Konjunkturprognose der Bundesregierung für 2024
•    Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“
•    Importzölle für Elektrofahrzeuge aus China
•    Abschiebungen in die Türkei
•    chinesische Raketentests

42 Min. Lesedauer

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Montag, 30. September 2024

Sprecherinnen und Sprecher

  • Staatssekretär Hebestreit
  • Fischer (AA)
  • Funke (BMI)
  • Collatz (BMVg)
  • Dr. Fuchs (BMJ)
  • Reis (BMFSFJ)
  • Pauly (BMDV)
  • Einhorn (BMWK)

(Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

Frage

Ich hätte gerne von Herrn Hebestreit oder Herrn Fischer eine Einschätzung zu der Wahl in Österreich. Ist das, was in Österreich passiert ist, ein Einzelereignis, dass jetzt eine rechtspopulistische Partei dort stärkste Kraft wurde, oder sehen Sie da einen europäischen Trend?

StS Hebestreit

Grundsätzlich ‑ das kennen Sie, ‑ äußern wir uns überhaupt nicht zu Wahlergebnissen in anderen Ländern. Wir arbeiten mit allen gewählten Regierungen zusammen, die dann entstehen. Im Augenblick ist dies erst einmal ein Wahlergebnis. In Österreich wird jetzt die Regierungsbildung stattfinden. Das scheint ein wenig zu dauern. Wenn die Regierung steht, können wir uns dazu äußern. Weiteres habe ich hier zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitzuteilen.

Fischer (AA)

Wir als Deutschland, Österreich, aber auch als Mitgliedstaaten der Europäischen Union stehen ja in der gemeinsamen Verantwortung, die Europäische Union zu gestalten. Das gilt ganz unabhängig von der Frage, welche Partei in Regierungsverantwortung ist. Wie das ausgehen wird, das werden wir natürlich genauestens und auf das Engste verfolgen.

Zusatzfrage

Wir haben ja jetzt bei der niederländischen Regierung gesehen, bei der die Antworten ähnlich ausfielen, dass es dann schon eine Folge auch für die EU-Politik gibt. Der Wunsch der niederländischen Regierung ist, bei Innen und Justiz auch Ausnahmeregeln beim Thema Migration zu bekommen. Befürchten Sie, dass das jetzt ein Trend werden würde, dass auch Österreich, die neue österreichische Regierung möglicherweise solche Ausnahmen fordert?

Fischer (AA)

Es wäre geradezu traurig, wenn Veränderungen in Regierungen durch Wahlen nicht auch zu einer veränderten Politik führen. Das spürt man natürlich auch auf europäischer Ebene. Das geht sowohl in die eine als auch in die andere Richtung: In einigen Ländern gewinnen Sozialdemokraten, in anderen Christdemokraten, in weiteren andere Parteien. Damit geht man dann auf europäischer Ebene um ‑ in guter europäischer Zusammenarbeit und mit dem Ziel, gute europäische Beschlüsse zu treffen.

Frage

Herr Hebestreit, findet es die Bundesregierung gerade angesichts der dunklen deutsch-österreichischen Geschichte nicht wichtig zu kommentieren, dass zum ersten Mal Rechtsextreme die stärkste Kraft in Österreich nach dem Krieg geworden sind?

StS Hebestreit

Von dieser Regierungsbank aus halte ich es immer so ‑ so wie der Kollege es zu Recht festgestellt hat ‑, dass wir gegebenenfalls Regierungshandeln kommentieren, aber keine Wahlen. So wird es auch bleiben.

Zusatzfrage

Aber der Bundesregierung ist ja auch der Kampf gegen Rechtsextremismus wichtig. Der hört ja nicht an der deutschen Grenze auf.

StS Hebestreit

Die Bundesregierung konzentriert sich im Augenblick auf den Kampf gegenüber Rechtsextremismus innerhalb der Grenzen Deutschlands. Da gibt es genug zu tun. Wir allesamt sind da auch mit viel Engagement dabei. Ich bleibe dabei, dass ich, was das Wahlergebnis gestern in Österreich anbetrifft, nicht mehr dazu sage, als ich gesagt habe.

Frage

Herr Hebestreit, es ist unausweichlich, dass man die österreichischen Wahlen doch auch mit deutschen Landtagswahlen oder, wie erwähnt, mit zum Beispiel französischen oder niederländischen Wahlen vergleicht. Was in dem Wahlergebnis ist aus Sicht der Bundesregierung eigentlich vergleichbar an Kritik am Handeln der aktuellen Regierungen?

StS Hebestreit

Ich halte es weder für unausweichlich noch für meinen Job, Wahlergebnisse ‑ ob sie nun auf Landes- oder auf nationaler Ebene stattfinden ‑ hier zu kommentieren. Insofern teile ich die Grundlage Ihrer Frage nicht. Daher kann ich mich da an keiner Antwort versuchen. Ich glaube, es ist stärker Ihre Aufgabe als Journalisten, so etwas einzuordnen und zu bewerten, und nicht Teil der Bundesregierung.

Zusatzfrage

Es würde mich wundern, wenn nicht die Bundesregierung und andere politische Kräfte solche Vergleiche anstellen würden, aber egal. Dennoch, kommt nicht aus Sicht der Bundesregierung in vergleichbarer Weise Kritik am Handeln der jeweiligen nationalen Regierungen in den Wahlergebnissen zum Ausdruck?

StS Hebestreit

Auch das wäre jetzt eine Interpretation von Wahlergebnissen. Ich glaube, grundsätzlich tut man immer gut daran, die eigenen Wahlergebnisse auszuwerten und zu interpretieren, aber nicht die anderer Länder oder ‑ in dem Fall, wenn Sie es auf die Landtagswahlen beziehen ‑ auch anderer Bundesländer.

Frage

Frage an Herrn Fischer und an Herrn Hebestreit: Habe ich das richtig verstanden, dass sich Frau Baerbock jetzt klar für eine Lieferung von Taurus an die Ukraine ausspricht? Herr Hebestreit, wie verhält sich der Kanzler dazu?

Fischer (AA)

Ich glaube, die Außenministerin hat gestern im „Bericht aus Berlin“ nichts Überraschendes zu der Frage gesagt. Insofern gibt es dem auch nichts hinzuzufügen. Was klar ist: Für eine Lieferung von Taurus braucht es einen Konsens in der Bundesregierung.

StS Hebestreit

Zu Ihrer Beruhigung kann ich sagen, dass der Bundeskanzler seit geraumer Zeit eine klare Position zu dieser Frage eingenommen hat. Diese Position gilt weiterhin. Er hatte sie vergangene Woche, glaube ich, auch noch einmal verstärkt.

Zusatzfrage

Das heißt, der Bundeskanzler sieht keinen Anlass, an seiner Position in irgendeiner Form zu rütteln?

StS Hebestreit

Korrekt.

Frage

Zum Thema Nahost: Vielleicht fangen wir mal mit der Lage im Libanon an. Herr Fischer, wie bewerten Sie die humanitäre Lage in vielen Teilen des Libanons? Können Sie uns aufklären, wie Deutschland bzw. die EU gerade humanitär hilft und helfen kann?

Fischer (AA)

Die humanitäre Lage hat sich in den letzten Tagen, in den letzten Wochen verschlechtert. Das haben wir alle verfolgt. Ende letzter Woche hieß es vonseiten der UN, dass 200 000 Libanesinnen und Libanesen innerhalb des Landes auf der Flucht sind. Der Ministerpräsident sprach über das Wochenende vor den Vereinten Nationen von einer Million Libanesinnen und Libanesen, die jetzt ihre Wohnungen verlassen haben. Das heißt, die humanitäre Lage ist angespannt. Es gibt Fluchtbewegungen aus dem Südlibanon und aus einzelnen Stadtteilen Beiruts in den Norden Libanons und in sicherere Stadtteile Beiruts. Es gibt auch eine Bewegung Richtung Syrien. Gemeinsam mit den Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen bemühen wir uns natürlich darum, das Leid zu lindern.

Ich weiß nicht, ob Sie das verfolgt haben, aber die Außenministerin hat am Ende der UN-Woche, also Ende letzter Woche, angekündigt, dass wir die Menschen im Libanon nicht alleine lassen, diese weiter unterstützen und dafür 62 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, mit denen wir Essen und Notunterkünfte für diejenigen bereitstellen, die ihr Zuhause verloren haben.

Zusatzfrage

Es kommen 62 Millionen zusätzlich. Wie ist jetzt das Gesamtpaket?

Fischer (AA)

Die Zahl muss ich Ihnen nachreichen. Aber von den 62 Millionen kann man schon einige Zeit einiges finanzieren.

Frage

Herr Fischer, können Sie etwas zu den Evakuierungen von Deutschen sagen, die sich im Libanon befinden? Wie viele sind das überhaupt noch? Es gab ja schon früher einmal Ausreiseaufforderungen. Wie gesagt: Was können Sie zu Evakuierungen sagen? Es gab Berichte, dass das über Zypern der Fall sein soll.

Fischer (AA)

Vielleicht fange ich einmal allgemein an. Der Krisenstab der Bundesregierung hat am Freitag und am Sonnabend erneut im Auswärtigen Amt getagt, die aktuelle Lageentwicklung auf das Engste verfolgt und bewertet und beschlossen ‑ das haben Sie ja auch verfolgen können ‑, die Krisenstufen für die Auslandsvertretungen in Beirut, in Tel Aviv und in Ramallah anzuheben. Das bedeutet konkret, dass Familienangehörige der entsandten Beschäftigten die Dienstorte jetzt schrittweise verlassen werden und auch das entsandte Personal ausgedünnt wird, allerdings in einer Weise, dass die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der Botschaften und Vertretungen in keinster Weise eingeschränkt wird. Die deutschen Mittlerorganisationen sind mit uns dazu in engem Kontakt und vollziehen diese Schritte nach. Soweit erforderlich und gewünscht, unterstützen wir als Auswärtiges Amt auch bei der Ausreise. Dafür prüfen wir alle Optionen.

Über das Wochenende sind einzelne Kollegen aus Beirut mit kommerziellen Fluggesellschaften ausgeflogen. Sie wissen ja, der Flughafen ist immer noch offen. Allerdings ist das Flugangebot natürlich drastisch eingeschränkt. Was Israel angeht: Auch der Flughafen in Tel Aviv ist offen. Auch in Ramallah gibt es momentan keine Schwierigkeiten, das Westjordanland zu verlassen.

Das heißt, wir sind momentan in einem Bereich, in dem wir bei der Ausreise unterstützen. Aber wir sind explizit nicht in einem Evakuierungsszenario.

Zusatzfrage

Könnten Sie bitte noch etwas zu den Zahlen sagen?

Fischer (AA)

Wir gehen derzeit davon aus, dass sich rund 1700 deutsche Staatsangehörige im Libanon befinden. Das sind zumindest diejenigen, die sich auf unserer Krisenvorsorgeliste ELEFAND registriert haben. Sie wissen, da gibt es immer eine gewisse Dunkelziffer. Aber das ist die Zahl, mit der wir arbeiten. Mit denen stehen wir über unsere Landsleutebriefe momentan in einem ständigen Kontakt.

Die Kolleginnen und Kollegen schreiben mir gerade, dass sich mittlerweile 1800 Personen auf der Liste registriert haben.

Frage

Erwartet die Bundesregierung eine israelische Invasion im Libanon? Ist die deutsche Botschaft in Beirut noch geöffnet?

Fischer (AA)

Die deutsche Botschaft im Libanon ist weiter geöffnet, arbeitet und ist handlungsfähig.

Zu der ersten Frage, ob ich eine Invasion erwarte: Ich spekuliere grundsätzlich nicht.

Frage

Herr Fischer, es starb ja nicht nur Nasrallah bei dem Militärschlag, sondern auch einige Hundert Zivilisten. Hat das irgendwelche Auswirkungen auf die völkerrechtliche Bewertung dieses Angriffs?

Fischer (AA)

Ich glaube, man muss diese Angriffe immer in ihrer Gesamtheit sehen. Man muss sehen, ob das Ziel verhältnismäßig war. Man muss die Opferzahlen sehen. Das muss alles vorher in die Erwägung einfließen. Auf dieser Grundlage kann man dann beurteilen, ob ein Luftschlag dieser Art völkerrechtskonform war oder nicht.

Wir sehen, dass die Hisbollah seit dem 8. Oktober Israel immer wieder mit Raketen angegriffen hat und dass mehrere Zehntausend Israelis den Norden Israels aufgrund der Gefahr durch die Hisbollah verlassen mussten und seit einem Jahr als Flüchtlinge im eigenen Land leben. Natürlich steht da Israel das Recht auf Selbstverteidigung im Rahmen des Völkerrechts zu.

Zusatzfrage

Diese Argumentation kennen wir auch aus der Beantwortung von ähnlich gelagerten Fragen zu anderen Luftangriffen. Gleichwohl, ist der Hinweis auf das Selbstverteidigungsrecht in Relation zu den realen Zahlen ziviler Opfer als Begründung einer völkerrechtlichen Legitimität dieser Art von Angriffen ausreichend?

Fischer (AA)

Ich habe Ihnen ja erläutert, welche Gründe in eine solche Bewertung einbezogen werden müssen. Das ist keine Frage, die ich auf der Grundlage nur spärlicher Informationen abschließend beantworten kann.

Grundsätzlich ist es aber so, dass die Hisbollah eine Terrororganisation ist und es sich offensichtlich um ein Treffen der Führungsspitze der Hisbollah gehandelt hat, von dem man auch aus der Ferne davon ausgehen kann, dass sie ihre weiteren Operationen geplant haben. Insofern gibt es in dieser Hinsicht auch Gründe, die dafürsprechen, dass hier das Recht auf Selbstverteidigung ausgeübt wurde.

Zusatzfrage

Ich verstehe Sie also richtig: Wenn jetzt zivile Infrastruktur bombardiert wird, wobei Hunderte Zivilisten, also Unschuldige, sterben, dann ist das für die Bundesregierung völkerrechtlich okay, weil Sie das als Selbstverteidigung Israels sehen?

Fischer (AA)

Ich glaube, Sie versuchen mich absichtlich misszuverstehen. Ich habe doch vorhin gesagt, welche Beweggründe und welche Erwägungsgründe einzubeziehen sind. Dazu gehört natürlich auch die Zahl der zivilen Opfer, die in einem Verhältnis zu dem militärischen Ziel stehen muss. Das ist die völkerrechtliche Vorgabe. Das ist nichts, was ich mir hier ausdenke. Das ist vor jeder einzelnen Operation genau zu überprüfen.

Zusatzfrage

Aber Sie haben jetzt auf die Frage des Kollegen nur mit den Angriffen der Hisbollah geantwortet sowie das Selbstverteidigungsrecht Israels erwähnt. Darum kam es so rüber, als ob Sie diese Aktion verteidigen. Wir fragen hier nach den zivilen Opfern.

Fischer (AA)

Jedes zivile Opfer ist ein ziviles Opfer zu viel; das wissen Sie. Das ist unsere klare Haltung.

Frage

Eine Frage an das Innenministerium: Herr Funke, können Sie uns bitte sagen, ob weiter Abschiebungen nach Libanon stattfinden oder ob die wegen der Entwicklung im Libanon jetzt unterbrochen wurden?

Funke (BMI)

Nach meiner Kenntnis gibt es keinen formalen Abschiebestopp, weil das die Länder entscheiden müssten; das können nicht wir entscheiden. Sie wissen, dass Abschiebungen immer eine Einzelfallprüfung sind und dass die Möglichkeit des Rechtswegs offensteht. Ob in Einzelfällen Abschiebungen erfolgen, halte ich momentan eher für nicht wahrscheinlich. Aber Sie wissen auch, die Abschiebung fällt in die Zuständigkeit der Länder. Das heißt, nur die können Ihnen das im Einzelfall sagen. Aber einen formalen Abschiebestopp gibt es nicht.

Frage

Herr Funke, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, unterliegt die Hisbollah in Deutschland einem Betätigungsverbot. Es gab einmal die Zahl von 1050 Menschen, die dem engeren Kreis zugerechnet werden. Was ist da der aktuelle Stand? Von wie vielen Menschen mit welchem Gefährdungspotenzial für die Sicherheit in Deutschland geht das BMI derzeit aus?

Funke (BMI)

Die Zahl, meine ich, ist relativ aktuell, wenn ich das richtig erinnere. Gegebenenfalls schreiben mir meine Kollegen, und ich korrigiere das.

Was die Gefährdungslage angeht, so wissen Sie, dass die Lage in Nahost insgesamt natürlich Auswirkungen auf unsere innere Sicherheit in Deutschland hat. Das haben wir und die Ministerin immer wieder betont. Das beobachten wir insbesondere seit dem 7. Oktober vergangenen Jahres. Dabei spielt die Situation im Libanon ebenso eine Rolle wie der Angriff der Hamas auf Israel. Das ist eine konstant angespannte Situation, keine Frage.

Zusatzfrage

Wurden im Zuge der Ereignisse der letzten Tage und Wochen die Sicherheitsmaßnahmen für israelische Einrichtungen in Deutschland noch einmal verstärkt?

Funke (BMI)

Der Schutz israelischer und auch jüdischer Einrichtungen ist primär erst einmal Aufgabe der Länder. Sie wissen, dass der Bund und die Länder in ganz enger Kooperation miteinander stehen und die Sicherheitsvorkehrungen lageanpasst gegebenenfalls erhöhen. Wie gesagt: Da das primär Aufgabe der Länder ist, können nur die Ihnen antworten, ob sie das momentan oder akut erhöht haben. Ich kann Ihnen nur versichern, dass die Sicherheitsbehörden des Bundes, insbesondere das BKA, diesbezüglich im engen Austausch mit den Ländern stehen.

Frage

Herr Fischer, ich weiß jetzt nicht, ob Sie letzte Woche bei der UN-Vollversammlung in New York waren. Dort hat ja auch der israelische Premierminister geredet. War die Ministerin während der Rede anwesend? Hat sie die Äußerung zur Kenntnis genommen, dass Herr Netanjahu die Vereinten Nationen als „antisemitischen Sumpf“ und als „antiisraelische Flacherde-Gesellschaft“ bezeichnet hat?

Fischer (AA)

Ich war letzte Woche nicht in New York. Ich war letztes Jahr in New York. Ich glaube nicht, dass die Ministerin bei der Rede von Herrn Netanjahu anwesend war.

Zusatzfrage

Wie bewerten Sie diese Aussagen?

Fischer (AA)

Sie wissen, dass wir diese Aussagen entschieden zurückweisen.

Lassen Sie mich noch etwas zu Ihrer vorherigen Frage sagen. Ich habe jetzt bei den Kolleginnen und Kollegen nachgehört: Das Ausmaß der Zerstörung und die Zahl der zivilen Opfer der Angriffe auf Südbeirut sind noch nicht offiziell bekannt. Aber es ist klar ‑ wir haben vorhin darüber gesprochen ‑: Die letzten Tage haben zu großen Flüchtlingsbewegungen und auch dazu geführt, dass viele Zivilistinnen und Zivilisten getötet worden sind. Noch einmal: Jeder Tod einer Zivilistin oder eines Zivilisten ist ein Tod zu viel. Der Schutz der Zivilbevölkerung ist das oberste Gebot für alle Parteien. Das gilt sowohl für die Hisbollah als auch für andere libanesische Parteien, aber natürlich auch für Israel.

Klar ist auch, dass niemand eine umfassende Eskalation wünscht, weil diese niemandem dauerhafte Sicherheit bringen würde. Deshalb ‑ Sie erwähnten New York ‑ hat die Außenministerin gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus der G7, mit Frankreich und den USA, aber auch einigen arabischen Staaten für eine 21-tägige Waffenruhe geworben, um so ein Fenster für Diplomatie zu schaffen und eine diplomatische Lösung zu ermöglichen, und das im Einklang mit der einschlägigen UN-Resolution 1701. Diese Bemühungen unterstützen wir natürlich weiterhin. Sie haben möglicherweise die Äußerungen des US-Präsidenten gesehen, die in eine ähnliche Richtung gehen. Das ist das, woran wir mit Blick auf den Libanon derzeit arbeiten.

Zusatzfrage

Die Welt setzt auf Deeskalation, auch die Bundesregierung, die Akteure offenbar auf Eskalation, auch Israel. Es könnte jetzt tatsächlich zu einem großen Krieg kommen. Wie bereitet sich denn die Bundesregierung vor, vielleicht auch mithilfe der Bundeswehr? Die Amerikaner verlegen Truppen in den Nahen Osten, natürlich zur Hilfe Israels. Ist das für die Bundesregierung auch eine Überlegung? Man muss sich ja auf alle Eventualitäten vorbereiten.

Fischer (AA)

Wir arbeiten aktiv mit ganzer Kraft daran, dass die Situation nicht zu einem furchtbaren regionalen Flächenbrand wird. Sie haben gesehen, die Ministerin hat sich in New York auch mit dem iranischen Außenminister getroffen. Dabei spielte dieses Thema natürlich auch eine wichtige Rolle. Im Übrigen ist es das, worauf unser Fokus derzeit liegt.

Zusatzfrage

Gibt es eine Bewertung der israelischen Angriffe im Jemen auf die Huthi?

Fischer (AA)

Da gilt dasselbe, was ich vorhin beim Libanon gesagt habe. Israel wird von den Huthi immer wieder mit Raketen und Drohnen angegriffen. Auch da steht Israel grundsätzlich das Recht auf Selbstverteidigung zu.

Frage

An das Auswärtige Amt und vielleicht auch an Herrn Hebestreit: Die Bundesregierung setzt sich in der EU dafür ein, die Revolutionsgarde auf die Terrorliste zu nehmen. Die Hamas steht schon darauf. Bei der Hisbollah macht die EU eine zumindest von der israelischen Seite als sehr künstlich empfundene Trennung zwischen dem politischen und dem militärischen Flügel der Hisbollah. Beabsichtigt die Bundesregierung, in der EU darauf hinzuwirken, dass die Hisbollah als Gesamtorganisation auf die EU-Terrorliste kommt?

Fischer (AA)

Wir analysieren natürlich immer wieder die Situation und stehen auch zu diesem Thema in einem engen Austausch mit unseren EU-Partnern. Aber in dieser Frage ‑ das wissen Sie ‑ ist Einstimmigkeit auf EU-Ebene erforderlich. Wenn ich mir das Stimmungsbild anschaue, dann sehe ich das auf EU-Ebene derzeit nicht.

Zusatzfrage

Ich habe noch eine Nachfrage zu den Zahlen, die hier auch schon eine Rolle gespielt haben. Die libanesische Regierung redet von ungefähr 1600 Toten zum derzeitigen Zeitpunkt, differenziert aber in keiner Weise zwischen Zivilisten und Hisbollah-Kämpfern. Wenn man jetzt die Ziele der Luftangriffe vor allem im Süden anschaut, kann man zu der Vermutung gelangen, dass ein nicht unerheblicher Anteil Hisbollah-Kämpfer sind. Haben Sie in irgendeiner Form Informationen dazu, wie sich das Verhältnis zwischen Zivilisten und Kombattanten, die dort ums Leben gekommen sind, gestaltet?

Fischer (AA)

Ich habe vorhin schon versucht, auf die Frage von dem Kollegen zu antworten, dass wir noch bei der Schadenserhebung, wenn man so will, sind und kein vollständiges Lagebild über die Opferzahlen haben.

Frage

Herr Fischer, anknüpfend daran: Der EU-Außenbeauftragte hat zu einer Sondersitzung der EU-Außenminister eingeladen. Können Sie uns etwas mehr dazu sagen? Denn das, was bisher aus Brüssel kam, war ein bisschen kryptisch. Findet die heute physisch statt, und was ist eigentlich das genaue Ziel?

Fischer (AA)

Mein letzter Stand ist, dass sich die Außenministerinnen und Außenminister der EU heute am späteren Nachmittag im Rahmen einer Videokonferenz auf Einladung des Hohen Vertreters zusammenschalten und sich zu der Lage im Libanon austauschen werden.

Zusatzfrage

Hat die Außenministerin irgendwelche konkreten Ziele, die beschlossen werden sollten?

Fischer (AA)

Wir arbeiten in New York ‑ das habe ich schon dargestellt ‑, aber auch im Rahmen der G7, der Quad, der Quint und auch der EU daran, diesen Konflikt so einzuhegen, dass er nicht zu einer weiteren regionalen Eskalation führt. Wir arbeiten daran, möglichst auch zu einer Deeskalation beizutragen.

Frage

Ich habe eine Frage zum Thema Evakuierung, vielleicht auch an Herrn Collatz. Eine Option, die dazu immer wieder im Raum steht, ist eine schnelle Luftabholung durch die Bundeswehr. Das würde aber nur funktionieren, solange der Flughafen noch offen ist. Am Wochenende hat es eine Episode gegeben, bei der ein iranisches Frachtflugzeug in letzter Minute abgedreht ist und Israel damit gedroht hat, andernfalls den Flughafen zu bombardieren. Müsste man das, da sich abzeichnet, dass es nicht zu der gewünschten und von der Bundesregierung geforderten Deeskalation kommt, nicht jetzt über den Flughafen machen, solange die Möglichkeit noch besteht?

Collatz (BMVg)

Herr Fischer hat sich ja ausgiebig zu dem geäußert, was im Moment ansteht. Im Übrigen ist es nicht opportun, im Vorwege über mögliche Szenarien zu spekulieren. Wir tauschen uns dazu auch über das gemeinsame Lagebild ständig aus und sind im Rahmen der nationalen Krisenvorsorge natürlich immer darauf eingestellt, auf alle Gegebenheiten zu reagieren.

Frage

Das „Wall Street Journal“ berichtet, dass israelische Spezialeinheiten im Südlibanon, also auf dem Boden, eingedrungen sind und dort Angriffe machen. Das würde an den Einmarsch in Gaza letztes Jahr erinnern. Haben Sie dazu eigene Erkenntnisse, und warnt die Bundesregierung Israel vor einer Invasion des Südlibanons?

Fischer (AA)

Ich habe die Nachrichten zur Kenntnis genommen, kann sie aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus eigener Erkenntnis verifizieren.

Zusatzfrage

Was würde denn eine Bodenoffensive Israels bedeuten?

Fischer (AA)

Ich werde jetzt nicht über Dinge spekulieren, die möglicherweise gar nicht auf der Tagesordnung stehen.

Zusatzfrage

Als es um die Invasion in Gaza ging, hat die Bundesregierung ausdrücklich immer wieder gesagt: keine gute Idee, nicht machen. ‑ Jetzt fragen wir beim Libanon.

Fischer (AA)

Sie wissen, dass wir auf eine Deeskalation hinarbeiten.

Frage

Ich habe eine Frage in einem etwas anderen Segment an Herrn Funke. Laut Medienberichten gibt es große Flüchtlingsbewegungen vom Libanon nach Syrien, vorwiegend von vorher aus Syrien in den Libanon geflohenen Personen. Ich würde gerne wissen, inwieweit die aktuellen Ereignisse bereits in Zahlen ablesbar sind, die Deutschland betreffen, also neue Asylanträge, ankommende Flüchtlinge etc.

Funke (BMI)

Dazu kann ich von hier aus derzeit noch nichts sagen. Insbesondere möchte ich auch nicht spekulieren. Sie wissen, dass die Asylzahlen monatlich vom BAMF veröffentlicht werden. Wir müssen dann schauen, ob sich tatsächlich eine Entwicklung abzeichnet. Sie wissen auch, dass Fluchtbewegungen von vielen Faktoren abhängen. Ich möchte deswegen nicht spekulieren, wohin die Menschen gegebenenfalls flüchten, und bitte um Verständnis.

Zusatzfrage

Herr Funke, verstehe ich das richtig: Trotzdem alle deutschen Außengrenzen derzeit kontrolliert werden, können Sie da noch keinen Trend in irgendeiner Form feststellen?

Funke (BMI)

Das ist korrekt: Ich kann derzeit keinen Trend feststellen. Sie wissen auch, dass die Bundespolizei zu den Binnengrenzkontrollen noch keine Zahlen veröffentlicht hat. Deswegen kann ich von hier aus derzeit nichts sagen.

Frage

Herr Fischer, haben Sie aus dem Kontakt mit der israelischen Regierung irgendwelche Anzeichen oder Indizien dafür, dass die deutschen Argumente und Bedenken dort aufgenommen und in Handeln umgesetzt werden, oder ist das mehr eine Art Rufen in den schalltoten Raum?

Fischer (AA)

Sie können davon ausgehen, dass die Dinge, die die Bundesregierung sagt ‑ ob es nun der Bundeskanzler oder die Bundesaußenministerin ist oder ob es sogar wir hier von der Bank der Regierungspressekonferenz aus sind ‑, in Israel sehr wohl sehr genau wahrgenommen werden. Das heißt nicht immer, dass sie auch befolgt werden. Aber ich hatte ja vorhin schon erwähnt, dass wir uns in New York gemeinsam mit Amerikanern, Franzosen und anderen darum bemüht hatten, eine 21-tägige Waffenruhe herzustellen. Sagen wir es einmal so: Da gab es von israelischer Seite durchaus unterschiedliche Signale. Es gab nämlich Signale in die Richtung, dass es mit der Waffenruhe klappen würde. Das hat es dann aber nicht. Aber das zeigt ja schon, dass diese Diskussionen auch gehört werden und zumindest in Teilen der israelischen Administration auch verfangen.

Zusatzfrage

Bitte gehen Sie davon aus, dass diese Frage wirklich sehr ernsthaftem Erkenntnisinteresse entspringt! Es wäre ja, glaube ich, auch für Sie als handelnde politische Institutionen frustrierend und furchtbar, wenn Sie den Eindruck hätten, dass Sie redeten und eigentlich gar nichts passierte, sondern nur abtropfte. Deswegen frage ich noch einmal, wenn Sie jetzt sagen, dass es auch Signale dafür gab, dass das aufgenommen und ernsthaft erwogen wird: Woran scheitert es denn dann, dass die Versuche bezüglich einer temporären Waffenruhe sozusagen nicht einmal in minimaler Form vonseiten der israelischen Regierung aufgenommen werden?

Fischer (AA)

Es ist ja nicht nur die israelische Regierung. Da gibt es ja auch noch andere Akteure, die Hamas, die Hisbollah, den Iran und weitere regionale Akteure. Natürlich ist es in manchen Momenten frustrierend. Ich meine, die Lage in Gaza, über die wir heute noch gar nicht gesprochen haben, ist weiterhin katastrophal, und Fortschritt ist oft nur millimeterweise messbar. Aber ich weise doch darauf hin, dass zum Beispiel vor einem Jahr eine Totalblockade gegenüber Gaza verhängt worden ist. Sowohl Strom als auch Wasser als auch humanitäre Güter sind nicht hereingekommen. Ich glaube, wir haben als Bundesregierung, aber auch gemeinsam mit unseren Partnern in der arabischen Welt, aber auch mit Amerikanern, Franzosen und Briten intensiv daran gearbeitet, dass Hilfsgüter hereinkommen, dass Wasser hereinkommt, dass Strom hereinkommt. Dann gibt es andere Dinge ‑ wie dass uns die Evakuierung der Bewohner des SOS-Kinderdorfes aus Gaza in das Westjordanland gelungen ist ‑, die dann doch immer wieder hoffnungsvoll stimmen. Ich möchte auch noch einmal daran erinnern, dass es vor einigen Monaten auch dazu gekommen ist, eine mehrtägige Waffenruhe in Gaza auszuhandeln, die es ermöglicht hat, mehr als 100 Geiseln, die die Hamas nach Gaza verschleppt hatte, freizubekommen, darunter, glaube ich, auch 14 deutsche Staatsangehörige. Ich glaube also, wir sind nicht da, wo wir sein wollen; das ist sicherlich so. Die Lage in Gaza ist, wie gesagt, katastrophal, und im Libanon gab es zuletzt eine weitere Zuspitzung. Aber deshalb werfen wir ja die Flinte nicht ins Korn, weil auch immer wieder Dinge in die richtige Richtung gehen.

Frage

Nahostexperten sagen ja einhellig, der einzige Weg, auf dem der Westen Israel zum Umlenken bewegen könnte, wäre, tatsächlich Taten sprechen zu lassen, und zwar dadurch, keine weitere Rüstungslieferungen insbesondere der USA an Israel durchzuführen. Versucht die Bundesregierung, auf die Amerikaner diesbezüglich einzuwirken?

StS Hebestreit

Nein.

Frage

Ich habe eine Frage an das BMVg. In der „WELT AM SONNTAG“ gab es erste Details über die Wehrpflicht. Können Sie dazu einmal kurz Stellung nehmen?

Auch an das BMJ habe ich dazu eine Frage, und zwar, ob Sie einmal skizzieren können, was Ihnen bei der Einführung einer Form der Wehrpflicht wichtig ist.

Collatz (BMVg)

Das tue ich sehr gerne, auch wenn ich natürlich eine einzelne Berichterstattung gar nicht kommentieren kann und auch die vielleicht im Raum stehenden Daten, die da genannt werden, nicht bestätigen kann.

Dr. Fuchs (BMJ)

Genau ‑ vielen Dank ‑, ich würde das hier auch nicht weiter kommentieren. Ich glaube, Herr Lindner und Herr Buschmann haben sich in einem offenen Brief dazu geäußert, was ihnen dabei wichtig ist und was ihnen nicht wichtig ist. Besonders das Wort Pflicht ist ihnen dabei nicht so wichtig, und dabei würde ich es gerne auch belassen und weiterhin auch gerne auf diesen Brief verweisen.

Zusatzfrage

Noch einmal an das BMVg: Können Sie noch einmal den Zeitplan einer Wiedereinführung skizzieren?

Collatz (BMVg)

Der befindet sich ja in der Absprache. Der Minister hat sich ja auch mit seiner Sicht der Dinge an die Öffentlichkeit gewandt und deutlich gemacht, dass wir dieser Abstimmung, die jetzt ressortübergreifend stattfindet, natürlich nicht vorweggreifen können, dass auch er sich aber natürlich wünscht, dass das so schnell wie möglich innerhalb der Regierung abgestimmt wird und in Richtung Parlament geht. Zeitlinien kann ich Ihnen nicht nennen.

Frage

Ich habe eine Frage zu einer Veranstaltung, die hier im Vorhinein stattgefunden hat, und zwar waren Vertreter von ehemaligen DDR-Vertragsarbeitern aus Mosambik hier in der Bundespressekonferenz, und die fordern eine Anerkennung und gestaffelte Entschädigungszahlungen, die zeitnah erfolgen sollten. Da habe ich die Frage ‑ wahrscheinlich an das AA und vielleicht an Herrn Hebestreit ‑, inwieweit so etwas noch in dieser Legislaturperiode kommen könnte und wie die grundsätzliche Haltung im Hinblick auf diese Entschädigungsforderungen ist.

Fischer (AA)

Ich glaube, das müsste ich nachreichen.

StS Hebestreit

Das muss ich ganz genauso sagen. Da erwischten Sie mich auf dem völlig falschen Fuß.

Frage

Zur Ukraine, Herr Fischer: António Guterres, der UN-Generalsekretär, hat noch einmal angemahnt, dass die Mittel für den Humanitarian Needs and Response Plan 2024, also das Geld für die Flüchtlinge bzw. die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in der Ukraine, bisher viel zu knapp finanziert sei. Bisher sei nur die Hälfte der Fonds gefüllt. Hat die Bundesregierung ihre Leistungen bisher erfüllt, und kommt es infrage, angesichts des finanziellen Mangels aufzustocken?

Fischer (AA)

Ich glaube, Sie wissen ja genauso gut wie ich, und das haben wir hier auch schon häufiger betont, dass die Bundesregierung der größte Unterstützer der Ukraine in Europa und weltweit der zweitgrößte Unterstützer ist. Das betrifft natürlich auch die humanitäre Seite. Zum Beispiel ‑ ich weiß nicht, ob Sie das verfolgt haben ‑ haben wir gerade erst in den letzten Tagen unsere Hilfe für die ukrainische Energieinfrastruktur angesichts des von Putin angezettelten Kältekriegs erhöht, in dem er ukrainische Energienetzwerke und Kraftwerke angreift und systematisch zerstört, damit die ukrainische Bevölkerung im Winter friert und keine Wärme findet. Wir sind also in vielfältigster Weise aktiv und stehen an der Seite der Ukraine.

Zusatzfrage

Ja, aber jetzt hatte ich ja konkret nach dem Humanitarian Needs and Response Plan der UN geplant. Der ist absolut unterfinanziert. Was plant die Bundesregierung? Plant sie, ihren Anteil zu erhöhen? Wie viel zahlt man aktuell? Haben Sie Zahlen?

Fischer (AA)

Die Zahlen kann ich Ihnen hier nicht nennen. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist, dass die humanitäre Lage in der Ukraine offensichtlich so ist, dass die Gesamthilfe auf globaler Ebene weiter erhöht werden könnte und es immer noch nicht genug wäre. Deshalb tun wir als Bundesregierung das, was wir tun können. Wir stellen allein dieses Jahr knapp acht Milliarden Euro zur Verfügung. Wir haben mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine hier in Deutschland aufgenommen. Ich glaube also, wir tun, was wir können.

Wenn wir etwas zu dem UN-Plan nachreichen können, dann will ich das gerne tun.

Frage

Herr Funke, ist die Bundesregierung darauf vorbereitet, dass es möglicherweise zu einer größeren Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine angesichts der widrigen Lebensumstände im Winter kommen könnte?

Funke (BMI)

Auch hier würde ich ungern über eine mögliche Zunahme an ukrainischen Flüchtlingen spekulieren wollen. Wenn man so ein bisschen auf die jetzt vergangenen zwei Jahre schaut, dann haben Änderungen im Frontverlauf nicht zu einer proportional größeren Zahl ukrainische Flüchtlinge geführt. Deswegen möchte ich von hier aus nicht spekulieren, sondern kann nur das unterstützen, was der Kollege Fischer gesagt hat, nämlich dass die Bundesregierung alles Erdenkliche tut und alles Mögliche tut, um die Ukraine bestmöglich zu unterstützen.

Zusatzfrage

Es ging ja nicht um die Frage, ob sich der Frontverlauf verändert, sondern darum, ob die Ukrainer in bestimmten Gebieten der Ukraine überhaupt noch weiterleben können. Wenn keine Heizung mehr da ist, fällt das im Winter in der Ukraine häufig schwer. Wäre die Bundesregierung also vorbereitet? Hat sie Vorsorgemaßnahmen getroffen, um gegebenenfalls einen größeren Bedarf für Flüchtlinge aus der Ukraine zu decken?

Funke (BMI)

Wie gesagt: Ich möchte von hier aus nicht spekulieren und habe versucht, zu erklären, dass Änderungen im Kriegsverlauf nicht zu einer proportional höheren Zunahme an ukrainischen Geflüchteten geführt haben. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist, und das tun wir weiterhin, dass wir so oder so versuchen, auf europäischer Ebene eine bessere Verteilung ukrainischer Flüchtlinge zu erreichen. Das ist aber alles unabhängig davon, über mögliche Verläufe zu spekulieren, und ich bitte um Rücksicht darauf, dass ich das von hier aus nicht tue.

Fischer (AA)

Vielleicht ergänzend: Ich habe ja vorhin dargelegt, dass wir gerade in dieser Frage präventiv unterwegs sind und dass wir uns gemeinsam mit unseren Partnern in Europa darum bemühen, die ukrainische Strom- und Wärmeversorgung aufrechtzuerhalten, damit Putins Pläne, das Land und die Menschen in einen eiskalten Winter zu stürzen, nicht aufgehen.

Frage

Herr Collatz, wir hatten vorhin das Thema Taurus. Die Außenministerin hatte sich für eine Lieferung von Taurus ausgesprochen. Ich hätte ganz gerne gewusst, wie die Haltung Ihres Ministers ist.

Collatz (BMVg)

Dazu hat er sich ja mehrfach ganz klar geäußert. Das ist für uns zurzeit kein Thema.

Zusatzfrage

Dabei bleibt es? Es kann ja eine Entwicklung über die Zeit hinweg gegeben haben.

Collatz (BMVg)

Vielleicht habe ich etwas verpasst, aber ich habe nicht gehört, dass der Minister etwas Neues dazu gesagt hat.

Frage

Herr Hebestreit und sicherlich auch Herr Funke, es geht um das AfD-Verbotsverfahren. Es gibt jetzt Berichte darüber, dass es aus der Mitte des Bundestags heraus von Vertretern verschiedener Fraktionen einen Antrag auf ein Parteiverbotsverfahren oder eine entsprechende Entschließung des Bundestages geben soll. Wie steht die Bundesregierung dazu? Sind Sie darüber informiert?

An das Innenministerium habe ich die Frage: Hat es da Kontakte zum Innenministerium von den Abgeordneten gegeben, die das betreiben?

StS Hebestreit

Ich habe Medienberichte dazu zur Kenntnis genommen. Aber ansonsten gibt es keinen neuen Stand über das hinaus, was ich hier am Freitag dazu gesagt habe.

Funke (BMI)

Ich kann nur ergänzen, dass mir keine Kontakte bekannt sind. Die Ministerin selbst ist ja auch nicht Bundestagsabgeordnete. Mehr kann auch ich nicht dazu sagen.

Frage

Herr Funke, wäre das Bundesinnenministerium denn bereit, Formulierungshilfen zur Verfügung zu stellen, wie es in einem Gesetzgebungsverfahren üblicherweise der Fall wäre? Ist das für ein solches Verbotsverfahren überhaupt möglich?

Funke (BMI)

Das ist mit tatsächlich nicht bekannt. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen. Ich glaube zwar nicht, dass es so etwas gibt, aber ich recherchiere das gerne.

Frage

Können Sie uns einen Stand hinsichtlich Materialsammlungen nennen, die vom Verfassungsschutz oder im Innenministerium angelegt werden, um für den Fall vorbereitet zu sein oder sich darauf vorzubereiten, mit solchen Verbotsanträgen umzugehen oder sie selbst zu stellen?

Funke (BMI)

Sie wissen, dass das BfV das tut, wozu es gesetzlich ermächtigt ist. Es beobachtet die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Das ist vom Oberverwaltungsgericht Münster auch bestätigt worden. Das ist die juristische Situation oder Komponente, und da tut das Bundesamt für Verfassungsschutz das, wozu es gesetzlich ermächtigt ist. Davon zu trennen ist die politische Diskussion, und die ist genauso zu führen. Das obliegt aber dem politischen Raum. Aber, ja, das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall und führt dementsprechend nach dem Gesetz vorgesehene nachrichtendienstliche Maßnahmen durch.

Zusatzfrage

Das ist ja die reguläre Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutzes, die Sie da beschreiben. Aber gibt es darüber hinaus einen Auftrag oder eine Bitte der Bundesregierung, eine Materialsammlung anzulegen, die die Voraussetzung dafür wäre, zu prüfen, ob ein Verbotsantrag fundierterweise gestellt werden könnte?

Funke (BMI)

Das ist mir nicht bekannt, sondern mir ist bekannt, dass das BfV im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags tätig ist.

Fischer (AA)

Zu der Frage bezüglich Mosambiks: Es ist wohl so, dass die DDR 1979 ein Arbeitskräfteabkommen mit Mosambik geschlossen hat. Nach unserer Kenntnis hat die DDR alle damit vereinbarten Verpflichtungen erfüllt und Verpflichtungen aus dem Abkommen, die von der DDR auf die Bundesrepublik übergegangen sind, wurden ebenfalls vollständig erfüllt. Die ehemaligen Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter in der DDR haben aber in der Tat, und darauf werden sie vermutlich hingewiesen haben, Forderungen an die mosambikanische Regierung, und es ist in erster Linie Aufgabe der mosambikanischen Regierung, das jetzt einmal zu adressieren. Wir stehen über unsere Botschaft in Maputo in einem regelmäßigen Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern ehemaliger mosambikanischer Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter.

Das heißt, die Problematik, dass wir ‑ ob nun die DDR oder später die übergegangenen Verpflichtungen an die Bundesregierung, an die Bundesrepublik ‑ unsere Verpflichtungen vollumfänglich erfüllt haben, aber die mosambikanische Regierung diese möglicherweise nicht gegenüber den Vertragsarbeitern, ist hier bekannt.

Frage

Dann hätte ich dazu eine Nachfrage, Herr Fischer, die Sie wahrscheinlich jetzt nicht spontan beantworten können. Aber vielleicht können Sie uns dazu etwas nachtragen.

Staatsministerin Keul war letzten Dezember in Mosambik und hat dort auch gesagt, es bestehe Handlungsbedarf. Das Gleiche hat der Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages in sehr eindringlicher Weise getan und gesagt, das sei sozusagen ein unabgeschlossenes Kapitel der Einheit. Das ist das, was vorhin hier auch geschildert worden ist.

Die Frage, auf die Sie vielleicht noch eine Antwort geben können, ist, welche Handlungsbedürfnisse oder Möglichkeiten die Bundesregierung, das Auswärtige Amt, eventuell auch unterhalb der Schwelle förmlicher Entschädigungszahlungen, wie sie gefordert werden, sieht.

Fischer (AA)

Sie erwähnten ja die Reise der Staatsministerin nach Mosambik. Das sind natürlich genau die Themen, über die wir mit den mosambikanischen Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeitern bzw. ihren Vertreterinnen und Vertretern im Gespräch sind, aber genauso mit der mosambikanischen Regierung, die ja offensichtlich hier Leistungen, die die Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter erwartet haben, nicht ausgezahlt hat.

Frage

Herr Fischer, ist es dann eine Möglichkeit, möglicherweise direkten Einfluss auf die mosambikanische Regierung zu nehmen, wenn die ihren Verpflichtungen in diesem Kontext nicht nachkommt, die ja von Deutschland eigentlich garantiert waren und diesen Vertragsarbeitern zustehen würden. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, gibt es ja aus dem BMZ-Etat manchmal auch Projekte, beispielsweise in Mosambik. Wäre es möglich, da eine gewisse Umleitung vorzunehmen und die Geldflüsse direkt an die richtige Stelle zu lenken?

Fischer (AA)

Sie können davon ausgehen, dass wir zu diesem Thema auch mit der mosambikanischen Regierung in Kontakt stehen.

Zusatzfrage

Dass Sie dazu in Kontakt stehen, das hatte ich bereits aus Ihren Worten entnommen. Die Frage ist: Wie wirken Sie auf diese ein, um entsprechende Ergebnisse zu erzielen?

Fischer (AA)

Ich werde hier jetzt nicht spekulieren. Aber Sie können sicher sein, dass wir da in einem, sagen wir es so, diplomatischen Gespräch stehen.

Frage

Ich habe noch eine Frage zum Thema Ukraine ‑ etwas indirekt, zur Sabotage der Nord-Stream-Pipelines. Da gab es jetzt am Wochenende wieder neue Berichterstattungen, unter anderem, dass der ehemalige ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj die Terroroperation autorisiert habe. Präsident Selenskyj sei darüber nicht informiert worden.

Herr Hebestreit, erst einmal grundsätzlich: Hält die Bundesregierung das Abstreiten in dieser Angelegenheit seitens der ukrainischen Regierung weiterhin für glaubwürdig?

Und Herr Collatz, können Sie uns sagen, wie oft der Verteidigungsminister Herrn Saluschnyj, während er noch Oberbefehlshaber der Ukraine war, getroffen hat, und hat der Verteidigungsminister mit Herrn Saluschnyj auch über Nord Stream gesprochen?

StS Hebestreit

Vielleicht fange ich an: Ich kann darauf verweisen ‑ was ich hier auch immer, wenn die Frage aus einer anderen Richtung kommt, sage ‑, dass die Untersuchungen des Sabotageaktes gegen die Nord-Stream-Pipeline beim Generalbundesanwalt laufen. Der Bundeskanzler hat mehrfach betont, dass er die Hintergründe für diese Tat aufgeklärt wissen will und diejenigen, die dafür verantwortlich sind, vor Gericht gestellt werden sollen.

Mit Blick auf unsere Gespräche mit der ukrainischen Regierung kann ich Ihnen nur sagen, dass das auch dort ein Thema gewesen ist, auch immer wieder ist, aber über Einschätzungen kann ich Ihnen hier nichts mitteilen.

Collatz (BMVg)

Keine Ergänzung meinerseits zu Inhalten von Gesprächen des Ministers. Wenn diese öffentlich handhabbar sind, dann tun wir das in der Regel.

Zusatzfrage

Können Sie uns vielleicht nachreichen, wie oft der Verteidigungsminister Herrn Saluschnyj getroffen hat?

Collatz (BMVg)

Das kann ich nicht zusagen.

Zuruf

Wieso nicht?

Collatz (BMVg)

Weil ich nicht weiß, ob das alles öffentlich handelbar ist.

Fischer (AA)

(zum Nahostkonflikt): Noch eine Nachlieferung zu dem Humanitarian Response Plan: Die Kolleginnen und Kollegen haben mir berichtet, dass das Auswärtige Amt 2024 bereits über 190 Millionen Euro für den Humanitarian Response Plan der UN bereitgestellt hat. Das ordnet sich, wie ich das ja vorhin geschildert habe, auch in unser Gesamtengagement ein. Wir arbeiten an weiteren Maßnahmen und bereiten eine weitere Aufstockung vor.

Und zu den humanitären Bedarfsplänen der Vereinten Nationen: In der Ukraine wurde seit Beginn des russischen Angriffskriegs von Seiten des Auswärtigen Amts bereits über eine Milliarde Euro, genau genommen 1,08 Milliarden Euro, bereitgestellt.

Frage

Stichwort Gewalthilfegesetz: Da gab es einmal eine Ankündigung, dass Frau Paus ‑ ich glaube, mit Frau Faeser ‑ etwas Dementsprechendes umsetzen wollen würde. Es sollte unter anderem darum gehen, den Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung herzustellen, mehr Plätze in Frauenhäusern etc.

Mit Blick auf das, was am Wochenende in Essen passiert ist, die Frage ‑ zum einen an das Familienministerium, aber auch an das BMI ‑, inwieweit dieses sogenannte Gewalthilfegesetz in der Umsetzung ist.

Reis (BMFSFJ)

Ich kann dazu gerne etwas sagen: Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erarbeitet derzeit entsprechend der Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag eine bundesgesetzliche Regelung, die das Recht auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt absichert. Die Umsetzung des Auftrags aus dem Koalitionsvertrag wird aktuell innerhalb der Bundesregierung geprüft, und wir streben an, zeitnah einen Referentenentwurf vorzulegen.

Funke (BMI)

Für das BMI kann ich ergänzen, dass wir das Vorhaben unterstützen.

Zusatzfrage

Was heißt zeitnah? Noch in diesem Jahr?

Reis (BMFSFJ)

Zum konkreten Zeitraum kann ich Ihnen jetzt keine Angaben machen.

Zusatzfrage

Und es ist in der Ressortabstimmung?

Reis (BMFSFJ)

Nein, es ist noch nicht in der Ressortabstimmung, sondern es ist der Schritt davor. Wir planen, zeitnah einen Referentenentwurf vorzulegen.

Frage

(zur Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung): Stichwort Exitstrategie: Es geht aber nicht an das Verteidigungsministerium, sondern an Herrn Hebestreit. Herr Hebestreit, wie sieht die Exitstrategie des Bundeskanzlers im Hinblick auf die Ampel aus?

StS Hebestreit

Ach, jetzt haben wir knapp eine Stunde und jetzt so ein Kasper.

Vorsitzender Feldhoff

Das Wort Kasper ist aber trotzdem nicht angebracht.

StS Hebestreit

Okay, dann nehme ich das mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns zurück.

Die Bundesregierung arbeitet eng und vertrauensvoll zusammen. In 364 Tagen ist die nächste Bundestagswahl angesetzt, und nach den Plänen der Bundesregierung wird sie dann auch stattfinden. Bis dahin wird diese Bundesregierung eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Es gibt keinerlei Pläne, Überlegungen, Erwägungen, das zu ändern.

Zusatzfrage

Auch wenn das Wort Kasper zurückgenommen wurde, wer sich Kasperletheater und Inszenierungen anguckt, muss schon immer fragen: Wer ist Krokodil, wer ist Räuber, wer ist Kasper, wer ist der Polizist?

Und wenn aus den Spitzen des Ampelbündnisses ‑ und das ist der seriöse Kern dieser Frage, Herr Hebestreit ‑ von sämtlichen drei Parteiführungen massive Zweifel daran geäußert werden, dass diese Regierung noch ein ganzes Jahr arbeitend übersteht, dann hat das nichts mit Kasperei zu tun. Mich interessiert dann, und vielleicht beantworten Sie die Frage so: Inwiefern erschweren diese massiven Bedenken aus den Parteispitzen die Arbeitsfähigkeit der Regierung?

StS Hebestreit

Die Regierung arbeitet seit Beginn dieser Regierung unter herausfordernden Gegebenheiten eng und vertrauensvoll miteinander. Das hat viel mit dem russischen Überfall auf die Ukraine zu tun und den Folgen, die das für dieses Land gehabt hat und weiterhin hat.

Ansonsten ist die Regierung so stark, dass sie alles, was da auf sie niedergeht und sie herausfordert, auch meistert. Insofern werden wir ziemlich genau in 364 Tagen sehen können, wer von uns beiden in der Prognose recht behalten hat.

Frage

Eine ganz kurze Frage, Herr Hebestreit, wenn Sie das so auf den Tag genau berechnen: Haben Sie sich einen Abreißkalender gekauft?

StS Hebestreit

Nein, ich bin aber jemand, der sehr in Daten denkt. Mir fiel vergangenen Sonnabend auf, dass das der 28. September gewesen ist. Ein guter Freund von mir hat an dem Tag Geburtstag und erwähnte, dass in einem Jahr der Wahltag sein würde. Und dann habe ich es tatsächlich geschafft, mir das ‑ 364 Tage ‑ zu merken.

Frage

Es geht an Herrn Pauly vom BMDV. Ich würde gern wissen, nachdem jetzt das Wochenende vergangen ist: Es gab in der vergangenen Woche massive Kritik am BMDV seitens einiger Breitbandverbände zum Thema Überbaupolitik, also zur Doppelverlegung von Glasfaser in Deutschland, dass das BMDV auf die Feststellungen im Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zum Überbau unbotmäßig Einfluss genommen hätte. Was sagen Sie, Stand heute, dazu?

Pauly (BMDV)

Ich kann dazu sagen, dass es ein ganz normaler Vorgang ist, dass es zwischen den Häusern, also Bundesnetzagentur und BMDV, bei der Erstellung solcher Berichte auch Abstimmungen gibt. Ich weise den Vorwurf einer massiven einseitigen Einflussnahme zurück. Das hat so nicht stattgefunden.

Richtig ist: Es gab einen kontinuierlichen Austausch bei der Erstellung dieses Zwischenberichts. Die erste Version war tatsächlich eine einseitige Version. Es ist ein üblicher Vorgang, dass im Laufe solcher Abstimmungsprozesse darauf hingearbeitet wird, dass etwaige Einseitigkeiten korrigiert werden.

Zusatzfrage

Herr Pauly, habe ich das richtig verstanden: Sie werfen gerade der Bundesnetzagentur vor, dass sie in der Erstversion einen einseitigen Bericht zur Situation erstellt hätte?

Pauly (BMDV)

Es war einfach ein unvollständiger Zwischenbericht.

Zusatzfrage

Und das heißt, dass die Bundesnetzagentur aus Ihrer Perspektive ihre Arbeit an der Stelle nicht korrekt gemacht hat?

Pauly (BMDV)

Nein, da muss man sich vielleicht auch im Detail anschauen, wie dieser Bericht erstellt wurde.

Grundlage ist ja ‑ vielleicht, um etwas weiter auszuholen ‑: Wir haben in der Gigabit-Strategie der Bundesregierung adressiert, dass wir uns das Thema Glasfaserüberbau, Doppelausbau, genauer ansehen wollen. Es gibt seit längerer Zeit in der Branche Berichte und Vorwürfe, die im Raum stehen. Um das umzusetzen, haben wir bei der Bundesnetzagentur eine Monitoringstelle eingerichtet, und bei der Monitoringstelle waren nun die Telekommunikationsanbieter, die ausbauenden Unternehmen, aufgerufen, etwaige Fälle zu melden. Das ist jetzt natürlich kein abgeschlossener Prozess, sondern es ist ein kontinuierlicher Prozess.

Zu dem Zeitpunkt, als der erste Entwurf dieses Zwischenberichts vorlag, fehlte zum Beispiel eine ganze Reihe von Eingaben, die später nachgeholt wurden. Im Angesicht dieser Entwicklung fanden diese Abstimmungen statt, und dementsprechend wurde beim Bericht nachgeschärft.

Frage

Eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es geht um die Wirtschaftsprognose. Es gibt einen Medienbericht, dass die Bundesregierung die Prognose für dieses Jahr von 0,3 auf 0,0 oder sogar negativ herunterschraubt. Können Sie bestätigen, dass das so ist?

Einhorn (BMWK)

Das kann ich nicht. Ich kann Sie aber darauf verweisen, dass der Minister in Kürze hier im Oktober die Herbstprognose vorstellen wird und dann auch unsere Prognosezahlen für den kommenden Zeitraum und für dieses Jahr nennen wird.

Zusatzfrage

Selbst wenn Sie noch keine Zahlen nennen können: Haben Sie denn Indizien, dass die Zahlen sich schlechter entwickeln könnten, als das in der früheren Schätzung der Fall war?

Einhorn (BMWK)

Ich kann aktuell dazu nichts sagen und muss wirklich auf die Herbstprognose verweisen.

Unsere monatlichen Pressemitteilungen zur wirtschaftlichen Lage sind Ihnen ja bekannt. Das sind die Verlautbarungen, die wir monatlich herausgeben. Ansonsten haben wir regelmäßig unsere Prognosen, und die nächste findet in Kürze statt.

Frage

Noch einmal das Thema vom Mittwoch, Herr Hebestreit, zum Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“, weil Sie uns bisher keine Antwort geliefert haben, die Sie versprochen hatten.

Da hatte ich ja gefragt, angesichts der Satzung dieses Expertenrates, die die Mitglieder zur unparteiischen Erfüllung ihrer Aufgaben verpflichtet. Weil das Kanzleramt Mitglieder aus wichtigen Gründen abberufen kann, wollte ich wissen, was mit dem Mitglied Hendrik Streeck ist, der jetzt politisch aktiv ist, für die CDU antreten will. Andere Mitglieder haben jetzt genau damit ein Problem, und jetzt soll entweder er gehen oder die würden gehen. Wie ist der Handlungsstand des Kanzleramts?

StS Hebestreit

Erst einmal muss ich um Nachsicht bitten. Ich habe hier einen Sprechzettel, in dem das beantwortet wird. Ich wundere mich, warum Sie den nicht bekommen haben. Dem gehen wir noch kurz nach.

Ansonsten kann ich Ihnen sagen: Der Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“ beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Basis mit der Frage, wie Gesundheitswesen und Gesellschaft künftigen Gesundheitskrisen bestmöglich begegnen können. Ausschlaggebend für die Mitgliedschaft beim Expertenrat ist die wissenschaftliche Expertise, und Grundlage für die Arbeit ist die verabschiedete Geschäftsordnung, die für alle Mitglieder gilt.

Ich will sagen, außerhalb der eigenen Wissenschaftlichkeit: Ein politisches Engagement steht dem erst einmal per se nicht entgegen.

Zusatzfrage

Naja, doch, weil darin explizit steht: unparteiische Erfüllung.

StS Hebestreit

Im Rahmen ‑ ‑ ‑

Zuruf

Entschuldigung. Meine Quellen im Expertenrat sagen, das heißt für alle Mitglieder: keine Parteimitgliedschaften.

StS Hebestreit

Die Interpretation würde ich mir nicht zu eigen machen. Ich würde auch immer sagen, das unparteiische Verhalten ist dann im Gremium und für die wissenschaftliche Diskussion in diesem Gremium ausschlaggebend. Aber das ist eine Debatte, die dann auch dieses Gremium, wenn es das anders sieht, führen muss, und das ist mir bisher noch nicht untergekommen.

Zusatz

Danke.

Frage

Ich hätte eine Frage an Herrn Hebestreit. Es ist ja übers Wochenende bekannt geworden, dass es in Brüssel am Freitag eine förmliche und damit rechtlich bindende Abstimmung zu den EU-Zöllen auf chinesische E-Autos geben wird. Ich wollte fragen, inwieweit es schon eine Übereinkunft innerhalb der Regierung gibt, wie die Bundesregierung dort abstimmen wird. Bei den vergangenen Abstimmungen dazu hat sich Deutschland ja immer enthalten.

StS Hebestreit

Das kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitteilen. Sie kennen unsere Position, was unsere Kritik an diesen Zöllen angeht.

Frage

An Herrn Hebestreit und auch an Herrn Funke: Am Freitag gab es Berichterstattung, dass man erheblich weitergekommen sei, was Abschiebungen in die Türkei angeht. In der letzten Woche hat es meines Wissens ein Treffen des Bundeskanzlers mit Herrn Erdoğan in New York gegeben. Ist das so? Es gab dann über das Wochenende Dementi von türkischer Seite, dass es eben keinen Durchbruch geben würde. Was ist aus Ihrer Sicht der Stand? Hat man sich mit Blick auf die Probleme, die es gab ‑ beispielsweise, ob Charter- oder Spezialflugzeuge eingesetzt werden ‑, geeinigt? Wie sieht es im Moment aus?

StS Hebestreit

Ich glaube, zu laufenden Gesprächen nenne ich Ihnen ungern Details. Ich kann sagen, dass wir mit einer ganzen Reihe von Staaten sehr intensiv im Gespräch sind, was das Thema Rückführungen und die Kooperation mit den Ländern bei Rückführungen angeht. Solche Gespräche sind aus gutem Grunde vertraulich, und auch mit der Türkei sind wir in kontinuierlichen Gesprächen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Funke (BMI)

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage

Herr Funke, da kann ich Sie an dieser Stelle jetzt trotzdem nicht so schnell herauslassen: Wenn die Berichterstattung der Kollegen gestimmt hat, geht es ja um bis zu 500 Personen pro Woche. Nun habe ich einmal die Zahl der in diesem Jahr gekommenen türkischen Asylbewerber genommen und habe die Anzahl der Wochen dagegen gehalten: Da sind wir bei über 500. Das heißt, Sie hätten netto nach wie vor ein Plus. Kann das das Ziel der Bundesregierung sein?

Funke (BMI)

Diese Rechnung habe ich jetzt auf die Schnelle nicht nachvollzogen. Ich kann nur das wiederholen, was Herr Hebestreit gesagt hat, nämlich dass wir uns zu Details von Gesprächen zur Rückkehrkooperation nicht äußern ‑ insbesondere was Zahlen angeht, zumal die Zahlen in die Zuständigkeit der Länder fallen; denn die Länder führen die Abschiebungen dann durch und nicht der Bund.

Aber noch einmal: Wir arbeiten an Verbesserungen zur Rückkehrkooperation mit vielen Herkunftsländern. Die Türkei ist dabei ein wichtiger Gesprächspartner. Was Einzelheiten betrifft, muss ich aber um Verständnis bitten, dass sie vertraulich sind.

Zusatzfrage

Gleichwohl ist es natürlich so, dass die Vereinbarungen, die den Rückführungen zugrunde liegen, eben nicht Aufgabe der Bundesländer sind, sondern Aufgabe der Bundesregierung. Das heißt, da sind Sie dann doch wieder die maßgebliche Stelle, insbesondere auch bei der tatsächlichen Rückführung über Flughäfen etc. ‑ die Grundlagen müssen Sie ja schaffen. Bis wann rechnen Sie mit einem Durchbruch? Etwa 14 Prozent der Menschen in den Flüchtlingsunterkünften in Nordrhein-Westfalen sind türkische Staatsbürger; das ist ja eine wesentliche Zahl.

Funke (BMI)

Auch da kann ich nicht spekulieren, sondern nur das wiederholen, was der Regierungssprecher gesagt hat, nämlich dass wir mit der Türkei fortlaufend über migrationspolitische Themen im Gespräch sind, insbesondere auch zur Rückkehrkooperation, ich mich aber zu weiteren Details nicht äußern kann.

Frage

China hat am Wochenende wieder Raketentests durchgeführt, über die sich auch Taiwan besorgt geäußert hat. Wie schaut die Bundesregierung auf diese jüngsten Raketentests?

Fischer (AA)

Der letzte Raketentest, den ich im Blick hatte, war die Interkontinentalrakete. Ich weiß nicht, ob Sie die meinen ‑ das war, glaube ich, vor dem Wochenende.

Zusatz

Das, und am Wochenende gab es dann wohl noch in der Mongolei einzelne Tests, nicht von Interkontinentalraketen, aber es seien Schüsse gefallen, und Taiwan hat sich darüber besorgt geäußert.

Fischer (AA)

Zum Letzteren kann ich Ihnen nichts sagen, einfach weil ich darüber keine Kenntnis habe.

Was den Test einer Interkontinentalrakete angeht, so haben wir den natürlich gesehen und zur Kenntnis genommen. Auch die besorgten Reaktionen einiger indopazifischer Staaten und Nachbarn Chinas haben wir zur Kenntnis genommen. Sie wissen ja, dass Stabilität und Sicherheit in der Indo-Pazifik-Region auch unsere und europäische Interessen betreffen. Wir sind in diesem Kontext natürlich sehr besorgt über das rasante Wachstum des chinesischen Nukleararsenals und auch über die fehlende Transparenz. Wir fordern China weiterhin auf, in dieser Hinsicht Transparenz zu zeigen, sich stärker in der Risikoreduzierung und Rüstungskontrolle zu engagieren sich umfassend an multilateralen Rüstungskontrollansätzen zu beteiligen und für dieses Thema Verantwortung zu übernehmen. Das schließt insbesondere auch die Bereitschaft zum Dialog mit den USA ein. Ein entsprechendes Gesprächsangebot der USA an China gibt es dazu auch.

Zusatzfrage

Laut Meldungen von heute haben die USA angekündigt, an Taiwan Rüstungsgüter und Unterstützung bei der Ausbildung von militärischem Personal in Höhe von 500 Millionen Euro zu liefern. Gibt es seitens Deutschlands ähnliche Überlegungen, Taiwan in dieser Richtung zu unterstützen?

Fischer (AA)

Das habe ich von dieser Stelle aus nicht zu kommentieren.