Regierungspressekonferenz vom 22. Februar 2022

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im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 22. Februar 2022

Themen: Reise der Bundesaußenministerin nach New York, Sondervermögen Bundeswehr, Höhe des Krankenversicherungsbeitrags, Jugendgewalt, Soforthilfe für Studierende, Ausweisung von zwei Mitarbeitern der iranischen Botschaft in Berlin/ Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd, Windkraftausbau, Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, Sabotage von Nord Stream 1 und Nord Stream 2, angekündigte Verschiebung der Euro-Einführung in Bulgarien, Erdbeben in der Türkei und in Syrien, Batterieproduktion im brandenburgischen Teslawerk, Dissens zwischen dem Wirtschafts- und dem Finanzminister im Rahmen der Haushaltsberatungen, Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig zur Verwendung temperaturabhängiger Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen der Volkswagen AG, Anschlag auf einen UN-Konvoi in Mali

33 Min. Lesedauer

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 22. Februar 2023

Sprecher: StS Hebestreit, Wagner (AA), Collatz (BMVg), Nimindé-Dundadengar (BMF), Kautz (BMG), Reichel (BMBF), Steffen (BMFSFJ), Kall (BMI), Säverin (BMWK), Alexandrin (BMDV)

Vorsitzende Buschow eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Wagner: Ich darf Ihnen eine Reise von Außenministerin Baerbock morgen nach New York zu den Vereinten Nationen ankündigen. Anlass der Reise und der Beratungen in New York ist natürlich der Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Die Außenministerin wird am 23. Februar, also morgen, im Rahmen der Notstandssondertagung der Generalversammlung vor der Generalversammlung eine Rede halten. Wie Sie wissen, ist geplant, dass die Generalversammlung anlässlich des Jahrestags eine Resolution zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs verabschieden wird.

Am zweiten Tag des Besuchs, also am 24. Februar, wird die Ministerin von New York aus virtuell am OSZE-Sonderrat teilnehmen, der ebenfalls anlässlich des Jahrestages zusammenkommt. Zudem wird die Außenministerin im Rahmen einer Sondersitzung des VN-Sicherheitsrates sprechen.

Frage: An Herrn Collatz: Wie viel von dem Sondervermögen Bundeswehr ist bereits konkret für bestimmte Projekte wie zum Beispiel F-35 verplant, und wie viel davon ist bereits tatsächlich ausgegeben?

Collatz: Ich kann hier auf die Aussagen verweisen, die Sie auch schon vom Minister gehört haben. Von dem Sondervermögen sind insgesamt bereits ca. 30 Milliarden Euro vertraglich gebunden. Das kann ich Ihnen so sagen. Sobald sozusagen die Ware eingeht, können wir die auch bezahlen.

Zusatzfrage: Und wie viel ist dann schon ausgegeben?

Collatz: Wir sind an die Regularien und Gesetze gebunden und dürfen erst zahlen, wenn die Leistung erbracht ist. Sie wissen ja - das haben wir hier auch oft diskutiert -, dass wir da die Zeiträume im Blick behalten müssen, derer es für Rüstungslieferungen eben bedarf - gerade beim Sondervermögen, weil es hier ja um neue Rüstungsprojekte geht, und nicht um eingeführtes Material, wo es definitiv auch etwas schneller gehen könnte.

Frage: Können Sie kurz erläutern, wofür die 30 Milliarden Euro verplant sind?

Collatz: Da wird der Wirtschaftsplan sozusagen abgearbeitet. Ich schaue einmal, ob ich eine Auflistung der Projekte, die da schon unter Vertrag sind, habe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Projekte überhaupt auflisten darf; denn die vertraglichen Dinge unterliegen natürlich auch oft der Geheimhaltung.

Ich schaue einmal, was meine Leute mir hier aufgeschrieben haben: vollzogene Vollausstattung der Bekleidung, die Bewaffnung von Drohnen, Beschaffung der F-35A, die Beschaffung des schweren Transporthubschraubers, das Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz - das ist natürlich nicht beschafft worden, sondern ist ein Mittel, um die Beschaffung zu verbessern. Außerdem sind noch Vertragsschlüsse mit einem Auftragsvolumen von zehn Milliarden Euro zusätzlich aus dem Einzelplan 14 zu benennen. Das kann ich Ihnen an die Hand geben.

Frage: Eine Lernfrage an Herrn Collatz oder das Finanzministerium: Generieren die, wie Sie sagen, noch gar nicht ausgegebenen Teile des Sondervermögens in irgendeiner Weise Zinseinnahmen?

Collatz: Ich bin da überfragt.

Vorsitzende Buschow: Kann das Finanzministerium helfen?

Nimindé-Dundadengar: Zinseinnahmen würden voraussetzen, dass das Geld schon vorhanden ist und aufgenommen wurde. Das müsste ich nachreichen. Ich würde aber vermuten, dass die Ausgestaltung so aussieht, dass die entsprechenden Mittel dann jeweils beschafft werden. Das würde ich aber noch einmal nachreichen.

Frage: An das Bundesgesundheitsministerium zur Höhe des Krankenversicherungsbeitrags: Der Beitrag liegt im Moment ja bei 16,2 Prozent. Der Gesundheitsexperte Professor Raffelhüschen befürchtet ein Heraufschnellen dieses Beitrags bis zum Jahr 2035 auf 22 Prozent, und er schlägt vor, diese Kosten sozusagen zu dämpfen, indem Kassenpatienten jährlich einen Eigenbeitrag von 2000 Euro aufwenden sollen. Dazu würde mich eine Einschätzung von Ihnen interessieren.

Kautz: Es ist schon ziemlich lange her, dass ich das letzte Mal Herrn Raffelhüschen irgendwo in der Zeitung gelesen habe - aber gut. Der Minister hat sich dazu jedenfalls eindeutig auf Twitter geäußert - Tenor: Das wird nicht kommen.

Frage: An das Familienministerium und an das Bildungsministerium zum Thema Jugendgewalt. Da wird es heute noch eine Studie des Deutschen Beamtenbundes für Hessen geben, und es gibt Hinweise aus Nordrhein-Westfalen, dass diese Gewalt zugenommen hat, vor allem auch Gewalt gegen Lehrer. Wie stehen Sie dazu? Wie beobachten Sie das Problem? Wie kann man dagegen vorgehen?

Reichel: Ich kann für das Bildungsministerium nur sagen, dass das natürlich erschreckende Vorfälle und erschreckende Zahlen sind und dass alles unternommen werden sollte, um die Lehrer und Lehrerinnen zu schützen, damit sie eben ihre Aufgabe in einem geschützten Raum und ohne große Gefahrenlage durchführen können.

Steffen: Ich meine, dass wir dazu kürzlich eine Anfrage hatten, aber ich kann Ihnen nicht genau sagen, ob diese Thematik im Förderprogramm eine Rolle spielt. Insofern würde ich mich da auf der Fachebene kundig machen und Ihnen heute Nachmittag etwas nachreichen.

Frage: An das Bildungsministerium: Wann kommt die Soforthilfe für Studierende?

Reichel: Das haben wir mit Ihnen, glaube ich, in den letzten Regierungspressekonferenzen schon oft genug besprochen. Das Ziel ist, dass sie in diesem Winter noch ausgezahlt wird.

Zusatzfrage: Es ist schön, dass man das Ziel hat, aber gibt es mittlerweile ein Stichdatum?

Reichel: Zum 15. März sollen die Anträge möglich sein, das ist auf den Plattformen ja auch schon verkündet worden.

Frage: An das Auswärtige Amt zum Thema Iran beziehungsweise zur Ausweisung zweier Iraner: Könnten Sie kurz erklären, was diese zwei, die jetzt ausgewiesen beziehungsweise zur Persona non grata erklärt wurden, mit der Verhängung der Todesstrafe zu tun haben?

Wagner: Sie beziehen sich ja auf das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd. Dazu vielleicht noch einmal grundsätzlich: Wir verurteilen dieses Todesurteil auf das Schärfte; das hat Außenministerin Baerbock gestern auch schon sehr deutlich gemacht. Sie hat heute den Geschäftsträger der Botschaft einbestellen lassen und ihm mitteilen lassen, dass zwei Angehörige der iranischen Botschaft zu unerwünschten Personen erklärt wurden und Deutschland binnen kurzer Frist verlassen müssen. Auch dazu hat die Außenministerin heute Morgen bereits ein Statement abgegeben, auf das ich Sie gern verweise.

Ich kann Ihnen darüber hinaus auch mitteilen, dass unser Botschafter in Teheran heute Morgen im iranischen Außenministerium noch einmal deutlich protestiert hat. Wir fordern Iran weiter auf, das Todesurteil von Jamshid Sharmahd zu widerrufen und ihm ein faires und rechtsstaatliches Berufungsverfahren zu ermöglichen.

Zusatzfrage: Das beantwortet jetzt nicht meine Frage. Was haben die beiden mit der Todesstrafe zu tun? Warum werden jetzt nur zwei ausgewiesen und nicht fünf? Können Sie das erklären?

Wagner: Das ist eine Reaktion auf diese Nachricht, die uns da gestern erreicht hat. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich hier natürlich nicht näher auf die Personalien eingehen kann. Es handelt sich aber um zwei Personen, die auf der Diplomatenliste der iranischen Botschaft hier in Berlin angemeldet sind. Sie können davon ausgehen, dass diese so gewählt sind, dass Iran die Tragweite der Situation in angemessener Weise deutlich gemacht wird.

Frage: Sind weitere Maßnahmen geplant, um Herrn Sharmahd zu unterstützen und zu helfen, oder geht es nur um Proteste gegenüber der Botschaft?

Wagner: Vielen Dank für die Frage. Es handelt sich jetzt ja erst einmal um ein erstinstanzliches Urteil, und ich habe eben schon gesagt, dass wir uns natürlich weiter konsularisch für ihn einsetzen - in dem Rahmen, in dem das eben möglich ist. Ich habe hier ja schon öfter ausgeführt, wie schwierig das im Iran ist, weil der Iran uns in Bezug auf Doppelstaatler den konsularischen Zugang nicht ermöglicht. Es handelt sich jetzt aber eben um ein erstinstanzliches Urteil. Wir werden den Fortgang der Situation natürlich genau verfolgen und da gerade auch mit Blick auf mögliche Berufungsverfahren weiter aktiv sein.

Zusatzfrage: Ist die Botschaft irgendwie in Kontakt mit Herrn Sharmahd oder nicht?

Wagner: Wir sind in Kontakt mit seinen Angehörigen.

Frage: Herr Wagner, bis wann läuft die Frist für die Diplomaten, die ausgewiesen werden sollen?

Wagner: Das sind meines Wissens wenige Tage. Sehen Sie es mir nach, dass ich hier nicht weiter ins Detail gehe.

Zusatzfrage: Soll es neben den zweien noch weitere geben? Können Sie etwas zu den Funktionen von den beiden sagen?

Wagner: Zu den Funktionen würde ich Sie auf das verweisen, was ich eben schon gesagt habe. Ich würde hier jetzt nicht spekulieren wollen. Ich habe ja gesagt, dass das ein erstinstanzliches Urteil gegen Herrn Sharmahd ist. Wir werden uns jetzt weiter für ihn einsetzen und fordern den Iran auf, das Todesurteil zu widerrufen und ihm ein faires und gerechtes Verfahren - das es bisher ja noch nicht gab - zu ermöglichen.

Frage: Sie sprachen von konsularischer Betreuung im Rahmen der Möglichkeiten. Können Sie das etwas konkretisieren? Sind Besuche in der Haft möglich, ist Rechtsbeistand möglich, oder was bedeutet das konkret?

Wagner: Unsere Botschaft hat sich immer wieder dafür eingesetzt, dass wir konsularischen Zugang zu Herrn Sharmahd erhalten. Das haben wir auf allen Ebenen konsequent und regelmäßig immer wieder angesprochen, und das werden wir in der Zukunft auch tun. Das hat uns der Iran - ich habe es schon erwähnt - in Bezug auf die Doppelstaatlichkeit konsequent verwehrt. Gleichzeitig haben wir sehr deutlich gemacht, dass wir die Umstände seines Prozesses - den verweigerten Zugang zu seinem frei gewählten Anwalt und die Verweigerung von allem anderen, was einem normalen fairen und rechtsstaatlichen Prozess entsprechen würde - verurteilen und da eine Änderung einfordern. Wir haben zudem immer wieder intensiv probiert, den Prozess zu beobachten. Diese zahlreichen Versuche hat Iran wiederholt abgelehnt; immer wieder wurden unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort beim Gericht in Teheran abgewiesen. Aber wie gesagt, wir werden uns weiter mit Nachdruck gegenüber den iranischen Behörden für Herrn Sharmahd einsetzen.

Frage: Das hört sich für mich so an, dass es derzeit oder in jüngerer Vergangenheit keinen, ich sage einmal, direkten physischen Kontakt gegeben hat, sondern Sie versuchen, den von außen herzustellen, was aber abgewiesen wird. Ist das richtig?

Wagner: Ja, und wir bemühen uns vor allem Dingen gegenüber den iranischen Autoritäten, den iranischen Behörden, um diesen Fall und machen dort die Punkte anhängig, die ich hier jetzt sehr detailliert ausgeführt habe.

Frage: Gibt es weitere deutsche Staatsangehörige im Iran, gegen die Verfahren laufen?

Wagner: Es gibt weitere Doppelstaatler, bei denen wir uns auch für eine konsularische Betreuung einsetzen. Ich kann hier jetzt nicht ins Detail gehen, weil es da natürlich auch um Fragen des Persönlichkeitsschutzes geht. Deswegen gehen wir hier auf diese Einzelfälle nicht ein.

Zusatzfrage: Wie viele Personen sind das?

Wagner: Wie gesagt, ich kann auf genaue Zahlen nicht eingehen. Das ist, glaube ich, ein niedriger einstelliger Bereich.

Frage: An den Regierungssprecher und an das Wirtschaftsministerium: Ich glaube, vor mittlerweile drei Wochen hat der Bundeskanzler in einem Presseinterview erwähnt, dass er den Ausbau der Windkraftanlagen zur Chefsache machen möchte. Wie weit ist das gediehen? Welche Strukturen gibt es da? Wie erfolgt die Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium?

StS Hebestreit: Ich habe immer den Eindruck, dass ich in Bezug auf das, was der Bundeskanzler gesagt hat - und auch in Presseinterviews gesagt hat - halbwegs im Bilde bin. Ich glaube nicht, dass er sich jemals dazu geäußert hat, dass etwas zur Chefsache würde. Es bleibt aber die Tatsache, dass neben unserer Unterstützung für die Ukraine und der Bewältigung der Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine der Ausbau der erneuerbaren Energien eines der wichtigsten prioritären Themen dieser Bundesregierung ist.

Wenn Sie das Interview in einer Sonntagszeitung meinen: Da hat er sich sehr dezidiert dafür ausgesprochen, noch einmal einen Rahmen zu setzen, was da auf uns zukommt und was es bedeutet, wenn wir sagen, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 auf 750 Terawattstunden - wenn ich das richtig weiß, 80 Prozent davon durch Windkraft an Land, auf See und Photovoltaik, also Solarenergie - steigern wollen.

Er hat das darauf gebracht, dass das heiße, jeden Tag vier bis fünf Windräder zu errichten. Das ist eine Durchschnittsgröße - es gibt Tage, an denen das dann nicht klappen wird -, aber insgesamt eine Dimension, um diesen Ausbau zu umreißen.

Die Bundesregierung ist seit Anbeginn der Übernahme der Regierungsgeschäfte daran. Es gibt enge Absprachen mit dem Wirtschaftsministerium, aber auch mit anderen Ministerien, über das Thema der Planungsbeschleunigung. Verschiedene Pakete - das Osterpaket, das Sommerpaket, und ich weiß nicht, ob es auch ein Herbstpaket gab - waren immer wieder Gegenstand, und daran sind wir weiterhin. Im Augenblick gibt es Sitzungen mit den Energienetzbetreibern darüber, dass wir sagen: Da muss der Ausbau auch vorangehen. – Es gibt immer wieder Gespräche mit den Bundestagsfraktionen dazu, die natürlich auch die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen müssen, dass wir dabei vorankommen. Das läuft jetzt und bleibt eine große Aufgabe, die jeden Tag erneut angegangen wird. Aber dann, glaube ich, läuft das sehr ordentlich.

Zusatz: Aber die Detailliertheit der Antwort deutet darauf hin, dass Sie sehr genau darauf schauen. Ich weiß nicht, ob der Begriff der Chefsache überhaupt fiel - dann muss man noch einmal in die Exegese des Textes gehen -, aber- - –

StS Hebestreit: Ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht fiel. Aber das ist nicht weiter schlimm. Ich wollte Ihnen nur etwas deutlich machen, unabhängig von der Formulierung „Chefsache“, weil das dann immer so klingt, als ob sich der Chef darum kümmern muss und sich um anderes nicht kümmert. Ich wollte aber deutlich machen, dass die Priorität, die diese Bundesregierung, und zwar als Ganzes, dem Thema des Ausbaus der erneuerbaren Energien in diesem Land widmet, sehr, sehr hoch ist.

Frage: Ich habe einmal nachgeschaut. Der Kanzler hat gesagt: Den Ausbau gehen wir generalstabsmäßig an. – Ist der Generalstab denn schon eingesetzt, Herr Hebestreit? Wer sitzt darin?

StS Hebestreit: Ich nehme das einmal als Ihre Bewerbung, dass Sie darin auch gerne wären. Ansonsten ist das aber, glaube ich, eher eine bildliche Sprache dafür, dass man das sehr planvoll macht. Der Generalstab ist letztlich die Bundesregierung.

Zusatz: Das war keine Bewerbung.

StS Hebestreit: Dann ziehe ich das zurück.

Frage: Herr Hebestreit, zur Ukraine: Der Kanzler hat ja bestimmt gestern auch schon die Rede des russischen Präsidenten verfolgt, und er kennt ihn ja auch jetzt schon aus mehreren Gesprächen, Telefonaten etc. Wie bewertet er denn die Rede? Einige Kommentatoren haben ja gesagt, dass das schon etwas weniger aggressiv als frühere Reden war. Wie bewertet der Bundeskanzler die Tonlage von gestern, und sieht er die Basis, dass er demnächst einmal wieder mit dem russischen Präsidenten telefonieren wird, um weiter im Gespräch zu bleiben?

StS Hebestreit: Der Bundeskanzler hat sich gestern relativ bald nach der Rede - ich glaube, in Duisburg - dazu geäußert und gesagt, es sei sehr bedrückend, was da zu hören gewesen sei. Ich bin auch nicht sicher, ob ich die von Ihnen zitierte Bewertung dieser Rede teilen würde, dass sie weniger aggressiv gewesen sei. Ich glaube, sie reiht sich in die Äußerungen des russischen Machthabers ein, die wir seit Wochen und Monaten hören.

Ungeachtet dessen - das ist der hintere Teil Ihrer Frage gewesen - hat der Bundeskanzler vor einigen Tagen gesagt, dass er in Bälde auch wieder einmal einen Kontakt mit Putin suchen werde, bei ihm anrufen werde und ein Telefonat mit ihm führen werde. Da würde ich aber die Erwartung insoweit etwas bremsen: Das tun wir, auch wenn wir wissen, dass das oftmals wenig Aussicht auf Erfolg hat, sondern man tauscht sich über die unterschiedlichen Standpunkte aus, die man zu dem russischen Überfall auf die Ukraine hat. Es ist trotzdem wichtig, im Gespräch zu bleiben - davon ist der Bundeskanzler und davon ist die Bundesregierung überzeugt -, um eben dann eine Möglichkeit einer Entwicklung auf russischer Seite nicht zu verpassen. Im Augenblick gibt es aber keinerlei Hinweise auf eine solche Entwicklung. Trotzdem bleiben wir dabei, dass es von Zeit zu Zeit richtig ist, auch mit Moskau zu telefonieren.

Zusatzfrage: Zum Jahrestag des russischen Angriffs wird der Bundeskanzler ja Richtung Indien aufbrechen. Ist es eigentlich Zufall, dass er genau dieses Datum gewählt hat, weil ja sozusagen zur selben Zeit in der UN auch eine größere Veranstaltung stattfinden wird, bei der unter anderem auch über die Resolution abgestimmt wird und möglicherweise der chinesische Friedensplan vorgelegt wird? Insofern kann man doch erwarten, dass dieses Thema, also der russische Angriffskrieg, auch beim Indienbesuch des Bundeskanzlers noch in irgendeiner Form ein größeres Thema sein wird, richtig?

StS Hebestreit: Ich versuche jetzt, die Kurve Ihrer Frage komplett nachzuvollziehen. Das Erste ist: Der Bundeskanzler wird am Abend des 24. gegen 20.30 Uhr, wenn ich das richtig weiß, nach Indien aufbrechen, um dort über das Wochenende hinweg einen zweitägigen Staatsbesuch zu machen, in Neu-Delhi und in Bangalore. Das habe ich am Montag, glaube ich, hier auch dargelegt.

Klar ist, und darauf haben wir lange geblickt, dass der 24. natürlich ein ganz besonderer Tag ist. Auf Ebene der Außenministerinnen und Außenminister wird es in New York bei den Vereinten Nationen eine Sondersitzung geben. Dabei wird auch Annalena Baerbock, wie Herr Wagner eben ja auch angekündigt hat, präsent sein und die Bundesregierung vertreten. Wir sind jetzt gerade allesamt dabei, die nötigen Abstimmungen für eine Resolution, die dort verabschiedet werden soll, gemeinsam vorzubereiten.

Darüber hinaus gibt es ein Treffen im G7-Videoformat, das am Nachmittag auf Einladung des Vorsitzenden, des japanischen Ministerpräsidenten Kishida, stattfinden wird. Der Bundeskanzler wird im Anschluss - wenn ich es richtig im Kopf habe, gegen 16.30 Uhr am Freitag - im Kanzleramt auch eine kurze Pressekonferenz beziehungsweise ein kurzes Pressestatement abhalten, und er wird am Vormittag auf Einladung des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue an der Veranstaltung des Bundespräsidenten zum Gedenken teilnehmen. Das ist sozusagen ein bisschen die Strecke für den 24. Er wird meines Wissens auch am 23. abends im deutschen Fernsehen eine Stunde lang ein Format machen, in dem er sich im ZDF mit Maybrit Illner über ein Jahr Zeitenwende und den Ukrainekrieg unterhalten wird. Das ist so ein bisschen das, was der Bundeskanzler an diesem Tag machen wird.

Zum vorderen Teil Ihrer Frage, ob das in Indien eine Rolle spielen wird: Na klar! Der Bundeskanzler macht diese Reisen auch, wie wir sie auch nach Südamerika und anderenorts gemacht haben, um für den Standpunkt, den wir alle hier in Europa, aber auch in den Vereinigten Staaten, in Kanada und anderenorts einnehmen, zu werben, um unsere Sichtweise auf die Dinge mit einem klaren Aggressor aus Russland und einem klaren Opfer in der Ukraine deutlich zu machen, die Auswirkungen, die dieser Krieg auf alle hat, die klar sind, um auch immer noch einmal deutlich zu machen, worin unser Sanktionsregime besteht und was von den Sanktionen betroffen sein wird und was nicht, und auch immer wieder deutlich zu machen, warum das alle etwas angeht. Wir sagen also klar: Der Bundeskanzler geht davon aus, dass es künftig eine multipolare Welt geben wird, nicht eine mit einem oder zwei Machtzentren, sondern eine mit vielen, und in dieser multipolaren Welt wird es nur funktionieren, wenn wir regelbasiert agieren. Das heißt, ein solch eklatanter Bruch des Völkerrechts und der Grundlagen der UN-Charta geht alle an und muss und sollte auch von allen als das gesehen werden, was er ist. Da sind wir ganz gut dabei, wenn man sich die UN-Resolution und die G20-Resolution anschaut, die im November verabschiedet worden ist. Aber wir müssen halt natürlich auch sehen, dass viele Länder, gerade wenn sie vom eigentlichen Kriegsgeschehen weiter weg als wir hier in Mitteleuropa sind, etwas anders darauf schauen und vielleicht auch nicht ganz die Sichtweise teilen. Dafür wirbt er. Er weiß aber auch, dass das nicht einfach ist und es nicht einfach darum geht, die Standpunkte des anderen zu übernehmen. Das wird auch in Indien sicherlich nicht der Fall sein. Trotzdem bleibt es dabei, für die eigene Position zu werben und auch noch gute Argumente vorzubringen, und das wird er auch im Gespräch mit Ministerpräsident Modi in Neu-Delhi am Samstag tun.

Frage: Es wird ja, glaube ich, doch intensiv und ergebnisoffen dazu geforscht, wer Urheber der Sabotageanschläge gegen die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 ist. Da gibt es jetzt den Dissens, dass Dänemark, Schweden und Deutschland in einem gemeinsamen Brief an die Vereinten Nationen erklärt haben, Russland werde informiert oder sei schon über bisherige Untersuchungsergebnisse informiert worden. Russland bestreitet das und sagt, sämtliche Versuche speziell gegenüber Deutschland, Erkenntnisse und Informationen zu erhalten, seien entweder abgewiesen oder ignoriert worden. Können Sie uns sagen, in welcher Weise nach Ihrer Kenntnis Russland über Ermittlungs- oder Untersuchungsergebnisse tatsächlich informiert wurde?

Wagner: Ich kann vielleicht einmal anfangen, weil Sie sich ja auch auf eine Sitzung des Sicherheitsrates beziehen. Es ist richtig, dass wir gemeinsam mit Dänemark und Schweden in einem Schreiben an die Mitglieder des Sicherheitsrats über den Stand der laufenden Ermittlungen zu den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines und unsere Erkenntnisse zu Umweltschäden informiert haben. Dieses Schreiben ist ja auch öffentlich einsehbar, zum Beispiel auf dem Twitter-Account unserer Vertretung in New York. Unsere Partner haben uns für die transparente Informationsweitergabe gedankt.

Es ist tatsächlich auch so, dass Russland anders, als Russland es behauptet, informiert wurde. Die gestrige Sitzung des Sicherheitsrats hat ja gezeigt, dass Russlands Aussagen allein auf Spekulationen und Mutmaßungen basieren. Umso wichtiger ist es aus Sicht der Bundesregierung natürlich, dass das laufende Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts weiter fortgeführt wird.

Zusatzfrage: Jetzt weiß ich aber immer noch nicht, und das war ja meine Frage gewesen, in welcher Weise Russland über Ermittlungsergebnisse informiert wurde. Wenn Russland sagt, und das ist die Behauptung, „Nein, unsere Wünsche oder Forderungen wurden ignoriert oder abgewiesen“, und wenn Sie sagen „Das stimmt nicht; wir haben informiert“, dann müsste sich das ja irgendwie materialisieren lassen. Wie sah diese Information aus?

Wagner: Es gab ja zuvor auch schon einmal eine Befassung des Sicherheitsrats mit dem Thema. Wenn ich richtig informiert bin, war das im September. Auch dabei hatten wir die Mitglieder des Sicherheitsrats, und zu denen gehört Russland ja, schon einmal über den Stand der Ermittlungen informiert. Hinsichtlich der Ermittlungen selbst müssten Sie Ihre Fragen natürlich an den Generalbundesanwalt selbst richten.

Frage: Noch einmal zu Indien, Herr Hebestreit: Hat der Bundeskanzler eigentlich die Hoffnung aufgegeben, dass Indien diesmal doch der Ukraine-Resolution zustimmen könnte? Ich glaube nämlich, die haben sich die letzten Male immer enthalten.

StS Hebestreit: Da diese Abstimmung ja vor dem Besuch des Bundeskanzlers stattfinden wird, wird es, glaube ich, nicht Gegenstand der Gespräche sein, ob sie das tun oder nicht. Womöglich wird man im Nachgang weiter dafür werben. Ich habe jetzt, ehrlich gesagt, mit dem Bundeskanzler nicht über die Frage der Hoffnung gesprochen, halte es aber als Fan von Kickers Offenbach damit, dass die Hoffnung immer zuletzt stirbt.

Zusatzfrage: Gibt es nicht irgendein Signal aus China, in welcher Form der Friedensplan veröffentlicht wird? Erwartet die Bundesregierung, dass sie den auch direkt erhält, oder gibt es irgendein Signal, in welcher Form er eigentlich veröffentlicht wird?

StS Hebestreit: Nein. Er ist in München vom Chefdiplomaten Wang Yi angekündigt worden. Am Samstag öffentlich und am Freitag im Gespräch mit dem Bundeskanzler hat er auch schon gesagt, dass das am 24. oder um den 24. herum kommen werde. Das war in der Übersetzung ein bisschen unklar. Alles Weitere wird sich zeigen. Man muss ja auch sehen, ob das dann eine öffentliche Äußerung ist. Dabei hilft uns dann ja zum Beispiel die Zeitverschiebung. China liegt ja sieben Stunden vor uns. Es kann aber auch sein, dass das erst in New York während der VN-Sitzung passieren wird. Das muss man also alles abwarten. Dazu haben wir keine eigenen Informationen.

Frage: Ich frage noch einmal wegen Nord Stream, Herr Wagner. Ich habe es so verstanden, dass die Bundesrepublik, Schweden und Dänemark dem Weltsicherheitsrat in einem Brief gesagt haben, dass Russland über die gemeinsamen Ermittlungen der drei Länder informiert wurde. Jetzt haben Sie aber gesagt, diese Informationen seien einfach vorherige Befassung im Weltsicherheitsrat gewesen. Das ergibt ja jetzt keinen Sinn. Die Frage war ja, wie und wann Russland informiert wurde.

Wagner: Ich habe gesagt, dass das Thema von Russland ja schon einmal im Sicherheitsrat aufgerufen wurde und wir dort damals auch schon dazu Stellung genommen haben. Das ist das, was ich gesagt habe.

Zusatzfrage: Das meinen Sie, wenn Sie zusammen in einen Brief an den Weltsicherheitsrat schreiben, dass Russland informiert wurde, dass das ja schon einmal Thema im Weltsicherheitsrat war? Das ist - - –

Wagner: Nein, ich habe Ihnen den Kontext gegeben. Die Frage von dem Kollegen bezog sich ja auf diese gestrige Sicherheitsratssitzung und auf den Brief, den wir dort zusammen mit Dänemark und Schweden auf den Weg gebracht haben. Auf diesen Kontext bezog sich das.

Zusatzfrage: Wie und wo und wann wird Russland abseits des Sicherheitsrats denn über diese Ermittlungen informiert?

Wagner: Die Ermittlungen führt in Deutschland der Generalbundesanwalt, und dazu muss der Generalbundesanwalt auch Stellung beziehen.

Frage: Ich vermute, die Frage geht an das Bundesfinanzministerium. Bulgarien hat die eigentlich für Anfang nächsten Jahres vorgesehene Euro-Einführung auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Begründung war, man sei nicht in der Lage, die Voraussetzungen zu erfüllen. Wie bewertet die Bundesregierung das? Hat das in irgendeiner Weise Auswirkungen auf die Finanzpolitik? Gibt es in irgendeiner Weise Besorgnis wegen dieser Verschiebung? Können Sie uns da ins Bild setzen?

Nimindé-Dundadengar: Der Minister ist ja regelmäßig bei den Eurogruppensitzungen unter anderem in Brüssel zugegen. Zu dieser Entscheidung habe ich jetzt hier von keinem Stand zu berichten. Dazu kann ich keine Aussagen treffen.

Zusatzfrage: Vielleicht könnten Sie es nachliefern, weil die bulgarische Übergangsregierung, was man der Berichterstattung entnehmen kann, sagt: Wir erfüllen die Voraussetzungen nicht, wir haben die notwendigen Gesetze, die nötig wären, um überhaupt den europäischen Mechanismus für die Einführung in Gang zu setzen, noch nicht erlassen. – Das kann dann ja eigentlich nicht so ganz überraschend für die Bundesregierung gekommen sein. Die Frage ist, und vielleicht können Sie dazu etwas nachliefern: Sieht Deutschland irgendeine Möglichkeit, Bulgarien auf diesem Weg technisch oder juristisch oder in anderer Weise zu helfen?

Nimindé-Dundadengar: Ich kann, wie gesagt, schauen, ob ich dazu noch etwas nachreichen kann. Ansonsten sind das vor allem Belange, die Bulgarien selbst betreffen. Aber ich schaue nach, und wenn ich etwas nachreichen kann, dann mache ich das gerne.

Frage: Ich habe eine Frage zum Erdbeben in der Türkei und in Syrien an das Auswärtige Amt oder das Innenministerium. Wie viele Personen haben schon einen Visumsantrag über die vereinfachte Visaregelung gestellt, und wie viele sind nach Deutschland gekommen?

Wagner: Antragszahlen kann ich Ihnen nicht nennen. Sie haben wahrscheinlich die Zahlen gesehen, die auch schon in den Medienberichten standen. Ich habe keine neuen Zahlen für Sie. Mit Stand von Montag wurden 96 Visa nach dem vereinfachten Verfahren, das ja überhaupt erst seit einer Woche angewendet wird, erteilt. Insgesamt wurden bis Montagabend bereits 111 Visa an Personen, die vom Erdbeben betroffen sind, erteilt. Bei den 15 zusätzlichen Visa handelt es sich um nationale Visa zum Daueraufenthalt in Deutschland. Die meisten davon gingen an syrische Staatsangehörige aus dem Erdbebengebiet.

Weil das auch in der Berichterstattung Ihrer Kolleginnen und Kollegen ein Thema ist, lassen Sie mich noch einmal betonen, dass dieses Verfahren erst seit wenigen Tagen läuft. Die Innenministerin und die Außenministerin waren gestern in der Region zu Besuch und haben sich die Verfahren und Vorkehrungen, die wir getroffen haben, um das Verfahren zu vereinfachen und so einfach wie möglich zu gestalten, angeschaut. Seit heute ist auch ein mobiler Visaannahmebus in der Region im Einsatz. Insofern gehe ich davon aus, dass sich die Zahlen kontinuierlich weiter so darstellen werden.

Zusatzfrage: Da Sie das jetzt erwähnen: Wie viele syrische Staatsbürger und wie viele türkische Staatsbürger haben das beantragt?

An dem vereinfachten Verfahren in Deutschland gibt es die Kritik, dass diese Visavergabe sehr langsam sei und hohe bürokratische Hürden aufweise. Die beiden Minister waren dort. Kann man daran noch etwas vereinfachen?

Wagner: Ich habe zu den Vereinfachungen, die wir daran vorgenommen haben, hier schon sehr ausführlich ausgeführt. Ich kann gern noch einmal sagen, dass dieses Verfahren erst seit fünf Arbeitstagen in Betrieb ist. Innerhalb dieser fünf Arbeitstage haben wir, wie ich es eben gesagt habe, mit Stand von Montagabend über hundert Visa ausgestellt.

Ich habe hier auch schon erklärt, dass wir uns natürlich im geltenden Rechtsrahmen bewegen und innerhalb des geltenden Rechtsrahmens versucht haben, die Verfahrensschritte so einfach und so unbürokratisch wie möglich zu gestalten. Wir sind dabei letztlich natürlich den Schengen-Regeln unterlegen. Aber wir kommen den Betroffenen wirklich so weit entgegen, wie es nur geht. Wenn im Einzelfall nicht alle für ein Schengen-Visum nötigen Voraussetzungen erfüllt sind, dann erteilen wir auch räumlich begrenzte Schengen-Visa, mit denen die Betroffenen dann nur nach Deutschland ausreisen können.

Ich habe hier auch schon ausgeführt - ich glaube, das war auf der vergangenen Regierungspressekonferenz -, dass wir auch die vorzulegenden Dokumente auf ein Minimum reduziert und wie gesagt auch noch einmal Maßnahmen in Zusammenarbeit mit unserem Dienstleister getroffen haben, der die Anträge dort entgegennimmt und jetzt unter anderem wie gesagt mit einem mobilen Antragsbus in der Region unterwegs ist, um den Zugang so einfach wie möglich zu machen.

Kall: Es gibt sicherlich zwei Punkte, die ich noch ergänzen mag. Herr Wagner hat schon gesagt, dass die Innenministerin und die Außenministerin gestern gemeinsam vor Ort waren. Das war für uns ein sehr wichtiger Besuch, um zu sehen, unter welchen Voraussetzungen die Arbeit dort tatsächlich stattfindet, wie schwierig die Bedingungen im Erdbebengebiet nach wie vor sind und was es auch für diese Visaannahmestelle bedeutet, innerhalb von so kurzer Zeit mitten in dem Erdbebengebiet dieses Verfahren zu ermöglichen und seit heute auch mit dem Bus in die stark beschädigten und zum Teil zerstörten Orte zu fahren, in einem Verfahren, das es so noch nicht gab. Das ist jetzt innerhalb weniger Tage aufgesetzt worden und schafft dort eben die Möglichkeit, dass Betroffene, die Verwandte in Deutschland haben und für eine begrenzte Zeit - es geht ja um 90 Tage - nach Deutschland kommen wollen, dort Visa beantragen.

Die schwierigen Bedingungen vor Ort sind das eine. Das andere ist, dass natürlich auch die Ausländerbehörden in Deutschland, die kommunale Behörden sind, auf die der Bund wenig Einfluss hat - das ist eine Sache der Länder und Kommunen -, die Kapazitäten schaffen müssen, dass es hier Termine für die Verwandten gibt, die Verpflichtungserklärungen abgeben müssen, damit diese Visa erteilt werden können. Beide Ministerinnen haben appelliert, dass Kapazitäten dafür bereitgestellt und Termine ermöglicht werden, baldig und sehr zeitnah, dass sie priorisiert werden. Darüber waren wir auch seit Anfang vergangener Woche mit den kommunalen Spitzenverbänden im Gespräch. Viele Kommunen haben in Aussicht gestellt, dass sie das priorisieren.

Das sind, denke ich, die beiden wichtigen Punkte.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage an das Gesundheitsministerium: Am Montag gab es, meine ich, einen Spendengipfel. Können Sie Konkretes dazu sagen, was dort beschlossen wurde?

Kautz: Konkretes kann ich Ihnen dazu nichts sagen. Der Minister hat nach dem Spendengipfel zusammen mit dem türkischen Botschafter ein kurzes Pressestatement abgegeben. Es ist klargestellt worden, dass medizinische Spenden über drei Wege in die Türkei gehen sollen, erstens über die Unternehmen selbst, zweitens über die Hilfsorganisation action medeor und drittens über türkische Stellen, die Sammelstellen in Deutschland aufgebaut haben. Welche Spenden genau zusammenkommen, das wird gerade noch eruiert. Sobald wir diese Liste haben, werden wir sie veröffentlichen.

Kall: Ganz kurz kann ich einen Überblick über die deutschen Hilfsleistungen geben. Darauf bezieht sich Ihre Frage ja. Bisher sind in der Türkei an deutschen Hilfsleistungen hauptsächlich vom THW, aber auch von Bundesländern und vielen anderen Organisationen 40 000 Betten, 500 Zelte, 338 Generatoren, 200 Beatmungsgeräte und noch wesentlich mehr Material angekommen. Aber diese Zahlen kann ich Ihnen hier als Überblick geben.

Collatz: Ich kann auch noch ergänzen, weil es gerade frisch hereingekommen ist. Sie wissen, dass wir mit Flügen unterstützen und auf über zwei Dutzend Flügen mehrere Hundert Tonnen Hilfsgüter transportiert haben. Gerade aktuell kommt die Bestätigung herein, dass wir der Türkei anbieten, eine mobile Sanitätseinrichtung für die Verlegung in die Krisenregion bereitzustellen. Wir haben uns dazu mit der türkischen Seite gerade ausgetauscht. Nach ersten Überlegungen sind dabei Operationskapazitäten, Röntgendiagnostik und Laborfähigkeiten vorzusehen. Jetzt stehen wir im engen Austausch und beraten zusammen mit der Türkei über die Einsatzmöglichkeiten. Bei der Bundeswehr machen sich derzeit Vorauskräfte bereit, die die Voraussetzungen eines solchen Einsatzes vor Ort klären werden. Die endgültige Entscheidung über den Einsatz - wo, wie, welcher Umfang usw. - wird gemeinsam mit den türkischen Stellen getroffen werden, sobald die Ergebnisse der Erkundung vorliegen. Ab Eintreffen im Einsatzland wird aber bestimmt noch ein Tag ins Land gehen. Ich bitte also noch um etwas Geduld und will die Erwartungshaltung steuern.

Wenn ich darf, noch eine Nachreichung: Mein Team hat mich belehrt, dass ich in meiner Antwort auf eine Frage von dem Kollegen unpräzise war. Sie haben nach den Projekten gefragt. Ich habe den schweren Transporthubschrauber fahrlässigerweise schon als unter Vertrag stehend subsumiert. Ich hatte vorher gesagt, dass 30 Milliarden Euro durch Verträge oder anderweitig festgelegt seien. Der schwere Transporthubschrauber fällt unter das Kapitel „anderweitig festgelegt“. Wir warten noch auf das finale Angebot aus den USA. Wir sind aber in den Verhandlungen so weit, dass wir die Mittel schon fest zugesagt haben, falls es zum Vertragsschluss kommt. Die Mittel sind also gebunden. Wir brauchen aber den Vertrag, um auch an das Parlament herantreten zu können und uns dort die Mittel freigeben zu lassen. Das Haushaltsverfahren steht also noch aus. Er ist noch nicht unter Vertrag; aber die Mittel sind vorvertraglich gebunden.

Frage: Wie können die Mittel gebunden sein, wenn es noch gar kein Angebot gibt, Sie also gar nicht wissen, was das kosten soll?

Collatz: Das ist ein komplexer und iterativer Prozess. Wir können ab einem bestimmten Punkt gar nicht mehr an andere Partner herantreten ohne sicher zu sein, dass wir das Geld haben. Deswegen blockieren wir diese Mittel im Haushalt. Sie dürfen dann also nicht für andere Zwecke gebunden oder vorgesehen werden, bis es zu einer Entscheidung kommt. Deswegen handelt es sich um Mittel, die derzeit nur für diesen Zweck zur Verfügung stehen, aber noch nicht ausgezahlt werden können, weil noch kein Vertrag geschlossen wurde.

Vorsitzende Buschow: Herr Wagner, Sie haben auch eine Nachreichung.

Wagner: Die Frage des Kollegen bezog sich auf deutsche Hilfeleistungen. Ich will das Bild der humanitären Hilfeleistungen aus dem Auswärtigen Amt komplettieren, damit Sie die Zahlen haben. Wir haben unsere humanitäre Hilfe für den Nordwesten Syriens gestern erneut aufgestockt, und zwar um weiter 17 Millionen Euro für bereits in der betroffenen Region tätige NGOs. Damit sind wir jetzt bei insgesamt rund 67 Millionen Euro an zusätzlichen humanitären Hilfen allein für Syrien.

Für die Türkei hatten wir gestern weitere rund 33 Millionen Euro für die humanitäre Hilfe zugesagt. Mit den bereits zuvor zugesagten Mitteln beläuft sich der Gesamtumfang der deutschen Sofort- und Nothilfen über die EU-Katastrophenschutzverfahren bisher auf rund 41 Millionen Euro für die Türkei.

Frage: Meine Frage geht an Herrn Hebestreit und an das Wirtschaftsministerium. Beide Minister waren bei der Eröffnung der Teslafabrik in Brandenburg und haben es gefeiert, dass Tesla geplant hat, komplette Batterien in Deutschland herzustellen. Das hat sich jetzt erledigt, weil Tesla mitgeteilt hat, dass das Unternehmen einige Produktionsschritte doch in den USA machen wolle.

Wie bewertet die Bundesregierung das? Der Bund steckt ja auch mit Subventionen darin.

StS Hebestreit: Da muss ich passen. Das habe ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit dem Bundeskanzler besprechen können. Ich weiß nicht, ob das Wirtschaftsministerium etwas dazu beizutragen hat.

Säverin: Die Presseberichte kennen wir natürlich. Wir sind noch dabei, aufzuklären, was dahinter ist.

Zusatzfrage: Sind die Subventionen vom Bund und vom Land an Tesla an die Produktion kompletter Batterien gebunden?

Säverin: Die Teslafabrik in Grünheide hat noch keine Bundesmittel erhalten, sondern es besteht noch ein Antrag auf GRW-Mittel, sodass ich diese Frage nicht beantworten kann.

Frage: Herr Hebestreit, ich will zum Haushalt 2024 fragen. Offenbar gab es Medienmeldungen, wonach sich der Bundeskanzler am Montagabend eingeschaltet und mit Herrn Lindner und Herrn Habeck gesprochen habe.

Können Sie bestätigen, dass es dieses Gespräch gab? Hat es in dem Gespräch einen Fortschritt gegeben?

StS Hebestreit: Ich halte es bei regierungsinternen Gesprächen so, dass sie intern sein und bleiben mögen. Insofern kann ich weder dementieren noch bestätigen, ob es so etwas gegeben hat. Wenn es das gegeben haben sollte, was ich aber nicht weiß, würde ich hier auch über Inhalte nichts sagen.

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass die Bundesregierung nicht nur postal, sondern auch regelmäßig im direkten Gespräch miteinander eng im Kontakt steht.

Zusatzfrage: Rechnen Sie damit, dass dieser Haushaltsstreit bis zur Kabinettsklausur beigelegt ist, oder meinen Sie eher, dass die Kabinettsklausur dazu dienen wird, dort diesen Streit beizulegen?

StS Hebestreit: Die Kabinettsklausur wird andere Schwerpunkte haben. Dort geht es perspektivisch - ohne, dass ich jetzt schon der offiziellen Ankündigung vorgreifen will – um Zukunftsthemen, die uns gemeinsam beschäftigen. Das andere ist, würde ich sagen, Regierungsalltag. Klar ist - und so ist das bei Haushaltsfragen, die miteinander verhandelt werden -, dass man unterschiedliche Standpunkte hat, die sich annähern und am Ende kongruent werden, wenn es gut läuft. Das wird geschehen müssen, bis wir die Eckwerte des Haushalts hier, glaube ich, Ende März vorlegen und im Kabinett beschließen müssen. So lange reden wir intern darüber. Der Finanzminister ist da am Zuge. Im Anschluss stellen wir uns all Ihren Fragen und beantworten sie nach Kräften.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium zum Stichwort „Thermo-Gate“. Das hat nichts mit Wärmeschutz im Winter zu tun, sondern bezieht sich darauf, dass nach dem Dieselskandal 2015 unter anderem VW Motoren mit einer veränderten Software entwickelt hat. Jetzt hat die Deutsche Umwelthilfe erfolgreich dagegen geklagt, dass damals das Kraftfahrt-Bundesamt diesen Motor freigegeben hat. Erstinstanzlich hat das Verwaltungsgericht Schleswig gesagt, dass diese Freigabe unrechtmäßig war. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, hat das massive Auswirkungen auf Schadenersatz usw. Es gibt die Forderung an das Verkehrsministerium als vorgesetzte Behörde, das Kraftfahrt-Bundesamt anzuweisen, auf Revision zu verzichten, damit das Urteil im Interesse von Verbrauchern rechtskräftig wird. Haben Sie darüber schon entschieden?

Alexandrin: Zunächst einmal zu Ihrem Vortext: Ich glaube, es geht nicht um den Motor, sondern um die Software, die dahinter liegt, um die legale Abschalteinrichtung, die 2015 festgestellt wurde, unschädlich zu machen.

Aber davon abgesehen ist es aktuell so, dass das KBA auf die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts in Schleswig wartet und ich um Verständnis bitten muss, dass wir bis dahin auch keine Einschätzung abgeben können.

Zusatzfrage: Aber es ist richtig, dass das Bundesverkehrsministerium das Kraftfahrt-Bundesamt gegebenenfalls anweisen könnte, das Urteil zu akzeptieren und auf eine Revision zu verzichten?

Alexandrin: Das ist eine hypothetische Frage. Wir müssen, wie gesagt, die Urteilsbegründung abwarten. Auf dieser Basis werden dann Entscheidungen getroffen.

Frage: Herr Collatz, eine Frage zum Thema Mali. Es gab im Rahmen der Mission MINUSMA einen Anschlag, bei dem Soldaten schwer verletzt und getötet wurden. Bis gestern war noch unklar, um welche Nationalitäten es sich handelt. Waren deutsche Soldaten beteiligt? Können Sie uns das sagen?

Collatz: Es waren keine deutschen Soldatinnen und Soldaten beteiligt. Das hätten Sie sonst schon sicherlich erfahren. Uns hat das natürlich auch bestürzt und in der Lageeinschätzung in Bezug auf Mali eher bestärkt.

Zusatzfrage: Bestätigt das auch die Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes?

Wagner: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Vorsitzende Buschow: Das Bundesfinanzministerium nach zwei Nachreichungen.

Nimindé-Dundadengar: Herr Kollege, Sie hatten zum Sondervermögen Bundeswehr gefragt. Ich hatte schon angedeutet, wie das grundsätzlich zu verstehen ist. Es ist in der Tat so - das kann ich bestätigen -, dass die Mittel dann bereitgestellt werden, wenn die konkreten Ausgaben zu tätigen sind. Der Kollege aus dem Verteidigungsministerium hat sich hier auch schon mehrmals dazu eingelassen. Das heißt, sukzessiv, also wenn die entsprechenden Ausgaben anstehen, werden die Mittel aufgenommen und entsprechend weitergereicht.

Zum Thema Bulgarien kann ich Ihnen nur allgemein etwas mitteilen, und zwar, dass sich die Einführung des Euro nach den Konvergenzkriterien richtet. Diese sind im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) niedergelegt. Diese Kriterien werden alle zwei Jahre für alle Staaten, die nicht Mitglied im Euroraum sind, von der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank bewertet. Ein Mitgliedstaat kann den Antrag stellen, hier entsprechend beizutreten beziehungsweise kann einen Antrag auf Überprüfung stellen.

Wie gesagt, wir haben auch die Mitteilung Bulgariens zur Kenntnis genommen, dass das jetzt verschoben wird. Mehr habe ich dazu jetzt nicht mitzuteilen.