Im Wortlaut
Themen
• Reise der Bundesumweltministerin zum Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen in New York
• Medienberichte über eine Beschwerde der israelischen Regierung gegen den deutschen Botschafter in Israel
• Ausschreitungen auf einem Eritrea-Festival in Stuttgart
• Migrationspolitik
• Ermittlungen in Polen wegen des angeblichen Verkaufs von Schengen-Visa
• Interviewäußerungen der Bundesaußenministerin über den chinesischen Staatspräsidenten
• Bundesfreiwilligendienst
• Einfuhr von LNG und Erdgas aus Russland
• geplante Einführung eines Industriestrompreises
• iranisches Nuklearprogramm
• Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme
• Einsatz chinesischer Technologie in deutschen Telekommunikationsnetzen
• mögliche Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine
39 Min. Lesedauer
- Mitschrift Pressekonferenz
- Montag, 18. September 2023
• Stellvertrender Regierungssprecher Büchner
• Stolzenberg (BMUV)
• Wagner (AA)
• Dr. Ata (BMI)
• Collatz (BMVg)
• Dr. Säverin (BMWK)
• Lenz (BMFSFJ)
• Olpen (BMF)
(Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Büchner sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)
Stolzenberg (BMUV)
Einen schönen guten Tag von mir! Bundesumweltministerin Steffi Lemke wird vom 18. September, also ab heute, bis zum 20. September 2023 am Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen in New York teilnehmen. Neben Gesprächen mit ihren Amtskolleginnen, Jugenddelegierten und zivilgesellschaftlichen Akteuren wird sie gemeinsam mit Bundeskanzler Scholz an der Generaldebatte der Vereinten Nationen sowie an den Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum der Mitgliedschaft Deutschlands in den Vereinten Nationen teilnehmen. Außerdem wird sich Bundesministerin Lemke aktiv bei der High Ambition Coalition for the High Seas und bei dem Ministerial Meeting der High Ambition Coalition to End Plastic Pollution einbringen. Am Mittwoch wird sie mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock an der Unterzeichnung des UN-Hochseeschutzabkommens, BBNJ, teilnehmen. Wichtig zu wissen ist, dass Deutschland zu den Erstunterzeichnern des UN-Hochseeschutzabkommen BBNJ gehört. Das ist aus unserer Sicht ein bedeutendes globales Abkommen, mit dem erstmals weltweit anerkannte Schutzgebiete auf hoher See ausgewiesen werden.
Nach der Unterzeichnung werden Außenministerin Baerbock und Bundesumweltministerin Lemke im Hauptgebäude der Vereinten Nationen ein Pressestatement abgeben.
Frage
Haben die Außenministerin oder das Außenministerium eine offizielle Beschwerde aus Israel in Bezug auf das Verhalten des deutschen Botschafters in Israel erhalten? Wenn ja, wie ist die Reaktion darauf?
Wagner (AA)
Ich kann die Medienberichte über eine diesbezügliche offizielle Beschwerde nicht bestätigen. Bei uns ist eine solche nicht eingegangen.
Vielleicht darf ich es einordnen. Es geht um die Teilnahme von Botschafter Seibert an einer öffentlichen Sitzung des obersten Gerichts in Israel. Ganz grundsätzlich ist das Verfolgen relevanter innenpolitischer Verfahren, zumal wenn sie öffentlich sind, ein ganz normaler Teil der Arbeit einer jeden Diplomatin und eines jeden Diplomaten. Das gilt in einem befreundeten Staat wie Israel natürlich noch einmal doppelt so sehr. Insofern ist es ein ganz exzellentes Beispiel für eine gängige diplomatische Praxis.
Zusatzfrage
Haben Sie andere Beispiele für ein solches Verhalten in anderen Ländern?
Wagner (AA)
Es ist weltweit üblich, dass wir öffentlichen Gerichtsverhandlungen beiwohnen. Ich müsste konkrete Beispiele heraussuchen lassen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das für Supreme-Court-Sitzungen in den USA genauso gilt wie für Anhörungen vor dem obersten Gericht in Indien. Wenn diese eine hohe innenpolitische Relevanz haben und öffentlich zugänglich sind, ist das ganz normales Geschäft von Diplomatinnen und Diplomaten.
Frage
In der Medienberichterstattung verstehe ich es nicht ganz. Manchmal wird davon gesprochen, dass er als Privatperson an dieser Veranstaltung teilgenommen habe. Wie habe ich das zu verstehen? Ist er dort also nicht immer in seiner Funktion als deutscher Botschafter zugegen?
Wagner (AA)
Die deutschen Botschafterinnen und Botschafter im Ausland vertreten die Bundesrepublik Deutschland. Soweit ich es verfolgt habe, hat unser Botschafter in Israel auch auf dem offiziellen Twitterkanal der Botschaft dazu getwittert bzw. gepostet, wie es jetzt heißen muss. Insofern war das ein ganz normaler Vorgang im Rahmen seiner Amtsgeschäfte.
Sie wissen, dass die diplomatischen Beziehungen von einem Wiener Übereinkommen geregelt werden. Auch darin ist festgehalten, dass es zur ganz normalen Tätigkeit von Diplomatinnen und Diplomaten gehört, sich über innenpolitische Vorgänge im Gastland zu informieren. Das gilt natürlich noch einmal mehr, wenn es im öffentlichen Raum passiert, bei öffentlichen Sitzungen. Ein Beispiel, das mir jetzt noch eingefallen ist, ist, dass es in Deutschland durchaus normal ist, dass auch ausländische Diplomatinnen und Diplomaten bei Bundestagssitzungen beobachten und zugegen sind.
Frage
Die israelische Seite meint, dass dieser Besuch im Gericht eine Einmischung in innere Angelegenheiten des Landes gewesen sei. Ist das, dass Sie sich jetzt über innenpolitische Vorgänge informieren, schon eine Einmischung in innere Angelegenheiten?
Wagner (AA)
Wie gesagt, Herr Jung, gibt es von offizieller Seite auf offiziellen Kanälen ‑ wir pflegen einen sehr engen Austausch mit unseren israelischen Partnern ‑ keine offizielle Beschwerde über das Verhalten des Botschafters, wie in den Medienberichten suggeriert.
Zusatzfrage
Sie sehen aber schon die Diskrepanz. Botschafter sind ja dazu da, nicht nur Repräsentanten des Landes zu sein, sondern sich auch darüber zu informieren, was los ist. Die Bundesregierung interessiert sich ja auch für die Demokratie in Israel.
In der Meldung des TV-Senders heißt es, dass der Außenminister dem israelischen Botschafter in Berlin die Beschwerde übermittelt habe. Die gab es bisher nicht, oder?
Wagner (AA)
Im Auswärtigen Amt ist keine Beschwerde Israels eingegangen.
Zusatzfrage
Hat sich der Botschafter vielleicht irgendwie direkt bei Frau Baerbock beschwert? Gibt es so etwas?
Wagner (AA)
Das ist mir nicht bekannt.
Frage
Was ist der Status einer Beschwerde? Vielleicht können Sie das ein bisschen einordnen. Ist eine Beschwerde die unterste Form von Missbilligung, die eine ausländische Regierung gegenüber einer anderen mitteilen lässt, oder ist das auf der Eskalationsleiter schon relativ weit oben?
Wagner (AA)
Ich müsste jetzt meine Kolleginnen und Kollegen, die zuschauen, bitten, vielleicht noch einmal ins WÜD zu schauen. Ich habe es nicht dabei.
Aber es ist diplomatisch üblich, dass man seine Haltung zu Vorfällen oder Vorgängen, die man in irgendeiner Form missbilligt, wenn man diese denn offiziell machen will, zum Beispiel in Form einer Verbalnote übermittelt. Das wäre dann eine offizielle Kommunikation einer Botschaft im Gastland mit dem jeweiligen Außenministerium. Es gibt auch die Form der Demarche. Das ist eine offizielle Vorsprache. Ohne jetzt in ein politikwissenschaftliches Proseminar oder ein Proseminar bezüglich der Wissenschaft der internationalen Beziehungen eintreten zu wollen, ist mir aber diesbezüglich keine Hierarchie oder klare Klassifizierung bekannt.
Zusatzfrage
Ich will nur ganz sicher gehen. Ging die Missbilligung, wenn sie nicht in Form einer Beschwerde einging, auch nicht in Form eines anderen Vorgehens von der israelischen Seite bei Ihnen ein?
Wagner (AA)
Nein. Herr Jung hat ja eben die Formulierung in den israelischen Pressemitteilungen referiert. Insofern würde ich Sie bitten, sich an die israelische Seite zu wenden, weil es offensichtlich ein interner israelischer Vorgang zu sein scheint.
Frage
Ich muss an der gleichen Stelle nachfragen. Unter anderem die „FAZ“ hat sich erstens auf einen israelischen Repräsentanten bezogen, ohne ihn namentlich zu nennen, und berichtet, dass es sich zweitens um eine Beschwerde des israelischen Außenministers Eli Cohen handele, also hochrangig angesiedelt, und dass sie drittens über den israelischen Botschafter in Berlin Ron Prosor übermittelt worden sei. Das sind relativ präzise Angaben. Hochrangig.
Jetzt sagen Sie: Bei uns ist nichts angekommen. ‑ Wie geht diese Geschichte weiter? Warten Sie, bis doch irgendetwas ankommt, oder fragen Sie nach? Ich finde das ungewöhnlich.
Wagner (AA)
Herr Jessen, ich finde, ich war in meiner Antwort sehr präzise. Ich kann Ihnen nur sagen, was bei uns ankommt, und es ist im Auswärtigen Amt, es ist bei uns keine offizielle Beschwerde der israelischen Regierung eingegangen.
Zusatzfrage:
Auch keine inoffizielle?
Wagner (AA)
Nicht, dass mir dies bekannt wäre, nein.
Frage
Es ist nicht das erste Mal, dass Botschafter Seibert die israelische Seite genervt hat. Haben Sie andere Beispiele für deutsche Botschafter in Israel, die wegen ihres Verhaltens so oft Kritik aus Israel bekommen haben?
Wagner (AA)
Sie wissen auch ‑ das wissen Sie auch von zahlreichen Stellungnahmen unserer Seite, auch meinerseits hier von dieser Stelle aus ‑, dass wir eine sehr enge Beziehung zu unserem Partner Israel unterhalten. Dazu gehört auch, dass wir nicht nur über Gemeinsamkeiten und über Kooperationen sprechen, sondern auch über Themen, in denen wir Differenzen haben. Das gilt zum Beispiel für israelische Siedlungspolitik und für andere Themen. Auch dazu machen wir natürlich immer wieder unsere Haltung klar und sprechen darüber.
Zusatz
Das war aber keine Antwort auf meine Frage.
Wagner (AA)
Doch. Das ist das, was ich dazu zu sagen habe.
Frage
Gab es aus Sicht des Auswärtigen Amtes schon einmal einen deutschen Botschafter in Israel, der in Israel so oft und so sehr verbal angefeindet und angegriffen wurde? Man bekommt ja immer wieder mit, dass Rechtsextremisten oder Faschisten vor seiner Residenz demonstrieren und ihn verbal auf Twitter angreifen. Ist das eine neue Eskalationsstufe?
Wagner (AA)
Meine Wahrnehmung ist, dass unser Botschafter in Israel seine Arbeit ganz exzellent macht und den Auftrag, den er hat, nämlich die Beziehungen zu seinem Gastland zu pflegen und die deutschen Positionierungen und Haltungen dort zu vermitteln, gut ausfüllt.
Zusatzfrage
Es war nicht die Frage, ob Sie seine Arbeit gut finden, sondern, wie mit seiner Arbeit in dem Land, in dem er arbeitet, umgegangen wird. Mein Eindruck ist, dass es noch nie einen deutschen Botschafter gab, der so oft und so sehr angegriffen wurde.
Wagner (AA)
Ich weiß, auf welches Beispiel Sie anspielen. Wir haben das ja öffentlich verurteilt. Natürlich ist es nicht in Ordnung, Diplomaten, die ihre Arbeit tun, so anzugehen, zumal so, wie es damals bei dem Empfang passiert ist. Dann sagen wir das natürlich auch öffentlich.
Frage
Sind Sie der Meinung, dass Herr Seibert dort ansonsten in seinen Aktivitäten ausreichend respektiert wird? Ich war damals bei der Veranstaltung in der Residenz dabei. Da gab es auch Stimmen, die gesagt haben, vor der amerikanischen Botschaft hätten die Demonstranten gar nicht eine Stunde lang Radau machen können. Da wäre eine Bannmeile gezogen worden. Sie wären jedenfalls auf Abstand gehalten worden. Teilen Sie diese Einschätzung, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird?
Wagner (AA)
Darüber möchte ich hier nicht spekulieren. Ich kann nur sagen, wie wir die Arbeit unseres Botschafters in Israel finden. Wir finden, dass er eine sehr gute Arbeit macht. Ich denke, letztlich ist das Maß für den Erfolg dieser Arbeit auch nicht, wie jene oder diese Demonstration oder Protestveranstaltung war, sondern das Maß der Arbeit ist die Beziehung zum Gastland und, inwiefern wir dort unsere Haltungen und Positionen hörbar deutlich machen.
Frage
Ich habe eine Frage nach den sogenannten Eritrea-Festivals an das BMI. Es gab jetzt wieder Ausschreitungen. Das haben wir alle verfolgt. Wie plant das BMI künftig mit dem Phänomen umzugehen, dass im Rahmen eines Konflikts, der im Wesentlichen in Eritrea spielt, regierungskritische und regierungsfreundliche Menschen hier in einer Form aufeinandertreffen, die dann in diesen Tumulten endet?
Dr. Ata (BMI)
Die Bundesinnenministerin hat sich gestern zu den jüngsten Ausschreitungen in Stuttgart geäußert und diese auf das Schärfste verurteilt. Sie hat gesagt, dass ausländische Konflikte nicht in unserem Land ausgetragen werden dürfen, dass die brutale Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und ‑beamte harte strafrechtliche Konsequenzen haben muss und dass die Gewalttäter zur Verantwortung gezogen werden müssen. Sie hat auch betont, dass sie den verletzten Polizeikräften eine schnelle und vollständige Genesung wünscht.
Darüber hinaus kann ich nur sagen, dass für Versammlungsverbote die jeweils zuständigen Versammlungsbehörden zuständig sind, die jeweils darüber befinden müssen.
Zusatzfrage
Sehen Sie Hebel, um solche Veranstaltungen künftig zu verbieten?
Dr. Ata (BMI)
Aufgrund der gerade erwähnten Kompetenzverteilung muss ich für diese Frage auf die zuständigen Behörden verweisen.
Frage
Herr Ata, eine ganz einfache Frage: Was tut die Ministerin heute, um den Zustrom illegaler Zuwanderung zu stoppen?
Dr. Ata (BMI)
Dazu kann ich auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen verweisen, die die Bundesregierung ergriffen hat, um auf der einen Seite Migration stärker zu steuern und zu ordnen und auf der anderen Seite Länder und Kommunen zu unterstützen. Ich mache es stichpunktartig, weil es sonst zu viel Zeit einnehmen könnte.
Ich möchte auf die Verhandlungen über ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem verweisen, das Deutschland maßgeblich vorangetrieben hat. Die Einigung im Rat war ein Durchbruch nach vielen Jahren der Blockade. Die Verhandlungen gehen im Trilog weiter. Es ist wichtig, dass wir insbesondere auf europäischer Ebene mehr Ordnung bekommen, einen Solidaritätsmechanismus, gute Verfahren und eine entsprechende Lastenteilung zwischen den europäischen Ländern. Wir engagieren uns ganz stark in der Bekämpfung der Schleusungskriminalität. Das haben Sie vielleicht auch jüngst wahrgenommen. Die grenzpolizeilichen Maßnahmen haben wir deutlich intensiviert. Das war auch hier an dieser Stelle in den vergangenen Wochen mehrfach Thema. Ich möchte auch darauf verweisen, dass wir mit dem Gesetzentwurf zur Bestimmung Georgiens und Moldaus zu sicheren Herkunftsstaaten einen wichtigen Schritt gegangen sind. Mehr als zehn Prozent der abgelehnten Asylanträge kommen aus diesen beiden Ländern. Wir denken, dass wir mit der Einstufung der beiden Länder die Verfahren deutlich beschleunigen und dass wir im Falle von Ablehnungen auch schneller rückführen können. Wir haben mit dem Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen, Dr. Joachim Stamp, jemanden, der ganz intensiv mit unterschiedlichen Ländern an Migrationsabkommen arbeitet, um irreguläre Migration zu reduzieren und legale Migration zu stärken. Wir haben ‑ ‑
Zusatzfrage
Darf ich Sie kurz unterbrechen?
Dr. Ata (BMI)
Gern.
Zusatzfrage
Meine Frage war: Was tut sie heute?
Vors. Welty
Also an diesem Tag?
Zusatz
An diesem Tag, heute, ja, an diesem Montag.
Dr. Ata (BMI)
Das ganze Bündel, das ich eben zumindest in Teilen vorgetragen habe, zeigt, welche sehr intensiven Anstrengungen wir unternehmen, um das Migrationsgeschehen stärker zu ordnen und irreguläre Migration zu reduzieren.
Zusatzfrage
Heißt das zum Beispiel, dass die Grenze heute nicht geschlossen wird?
Dr. Ata (BMI)
Es gibt nichts, was ich Ihnen dazu heute verkünden könnte. Darauf, dass wir die grenzpolizeilichen Maßnahmen an allen Grenzen intensiviert haben, habe ich bereits verwiesen. Das haben wir auch in den vergangenen Wochen deutlich gemacht.
Frage
Meine Fragen bezieht sich noch auf den Eritrea-Komplex. Sie richtet sich an Herrn Ata und Herrn Wagner. Am 10. Juli haben wir hier das letzte Mal über Eritrea gesprochen. Damals erklärte Herr Fischer, dass es keine vollwertigen diplomatischen Beziehungen mit Eritrea gebe.
Wurde der Geschäftsträger noch einmal einbestellt?
Sieht das BMI seinerseits angesichts dieser doch sehr speziellen Konstellation Veranlassung, das BfV prüfen zu lassen, ob es sich hierbei möglicherweise um ausländische Einflussnahme handelt?
Wagner (AA)
Ich kann gern beginnen. Herr Fischer hatte es damals schon gesagt. Letztlich liegt die Entscheidung über die Veranstaltung natürlich bei den zuständigen kommunalen und Innenbehörden. Aber tatsächlich, wie Sie gesagt haben, unterhalten wir keine Beziehungen auf Botschaftereben oder Botschafterinnenebene mit Eritrea. Es gibt in Berlin also keinen eritreischen Botschafter und keine eritreische Botschafterin. Aber unsere Position ist sehr klar. Wir wollen nicht, dass innereritreische Konflikte nach Deutschland getragen werden. Diese Position kennt auch der eritreische Gesandte. Wir hatten ihn, wie Sie schon erwähnt haben, im Juli tatsächlich zum Gespräch im Auswärtigen Amt einbestellt. Ich kann Ihnen jetzt zu diesem Moment nicht darüber berichten, dass das jetzt noch einmal erfolgt wäre.
Dr. Ata (BMI)
Ich bin mir nicht ganz sicher, worauf sich Ihre Frage konkret bezog. Grundsätzlich kann ich aber natürlich nur darauf hinweisen, dass wir zu operativen Details der Arbeit des BfV keine Auskünfte geben.
Zusatzfrage
Es geht um eine politische Einschätzung. Sieht die Bundesinnenministerin Veranlassung, das BfV prüfen zu lassen, ob es sich hierbei um einen Vorgang ausländischer Einflussnahme im Inland handelt? Wir sehen hier ja in Summe, so würde ich sagen, zwei sehr organisierte Gruppen, von denen eine sehr staatsnah ist.
Dr. Ata (BMI)
Darauf werde ich aus den genannten Gründen nicht näher eingehen können.
Zusatz
Es ist doch keine operative Frage, ob die Bundesinnenministerin das so einschätzt.
Dr. Ata (BMI)
Wie gesagt, habe ich dem nichts hinzuzufügen.
Frage
Ich würde gern auf das Migrationsthema zurückkommen. Herr Ata, die Kommissionspräsidentin und auch die italienische Ministerpräsidentin haben gestern zwei Vorschläge gemacht. Einer der Vorschläge war, eine neue EU-Marinemission im Mittelmeer aufzulegen, die möglicherweise schon das Ablegen von Booten oder zumindest das Verlassen von libyschen oder tunesischen Seezonen verhindern soll. Befürwortet Ihre Ministerin das?
Der zweite Aspekt der Vorschläge war, Italien doch wieder freiwillig Migranten abzunehmen, gerade aus Lampedusa, um das Land zu entlasten. Die Bundesregierung hat seit vergangener Woche dazu ja eine andere Position. Wird diese jetzt dadurch revidiert, dass es sehr, sehr viele Migranten und Flüchtlinge auf Lampedusa gibt?
Dr. Ata (BMI)
Zum zweiten Punkt kann ich im Prinzip auf das Verweisen, was ich am Freitag an dieser Stelle gesagt habe. Deutschland wird seiner humanitären Verantwortung durch die Aufnahme und Versorgung einer großen Zahl Geflüchteter gerecht. Das gilt auch für den freiwilligen Solidaritätsmechanismus. Ich habe Freitag auch erwähnt, dass erst vergangene Woche ein Flug aus Zypern angekommen ist. Aktuell finden keine Interviews zur Vorbereitung von Übernahmen aus Italien statt. Aber diese können jederzeit wiederaufgenommen werden. Der Grund ist, dass Italien die Verpflichtung zur Rückübernahme von Schutzsuchenden nach den Dublin-Regeln aktuell nicht erfüllt.
Am Samstag gab es Gespräche zwischen Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich und der EU-Kommission. Es gibt auch einen laufenden Kontakt zu den aktuellen Fragen. Bei diesen Gesprächen wurde auch die Frage, die Sie angesprochen haben, erörtert, und sie wird auch in Kürze weiterberaten. Darauf kann ich verweisen.
Ich weiß nicht, ob das AA zu Ihrer ersten Frage etwas sagen will. ‑ Grundsätzlich kann ich darauf verweisen, dass wir es begrüßen, dass die Kommission Vorschläge auf den Tisch gelegt hat, die jetzt konkretisiert werden müssen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich mich zu den Vorschlägen daher noch nicht detaillierter äußern.
Zusatzfrage
Herr Collatz, wäre die Bundeswehr bzw. die Bundesmarine bereit, sich an einer neuen Mission im Mittelmeer zu beteiligen? Würde Ihr Minister das unterstützen?
Collatz (BMVg)
Ob die Bundeswehr bereit zu einem Einsatz ist, ist meiner Ansicht nach nicht einmal sekundär. Wir werden vom Parlament beauftragt. Mir ist aus keiner politischen Richtung und schon gar nicht von dieser Bank hier etwas bekannt, was sich jetzt schon zu einer Frage für die Bundeswehr entwickeln könnte.
Frage
Frau Ministerin Faeser wurde gestern in einem ARD-Interview gefragt, ob sie Frau von der Leyen bezüglich der Erweiterung der Überwachung zur Luft und zur See zustimme. Frau Faeser hat geantwortet ‑ ich zitiere ‑: „Ja, wir werden das nicht anders machen können.“
Wie sollen wir das verstehen?
Wenn es eine neue SOFIA-Mission geben wird, wohin sollen die Migranten gebracht werden? Nach Italien? An die afrikanische Küste?
Dr. Ata (BMI)
Ja, Sie haben die Einschätzung der Ministerin im Fernsehgespräch gestern richtig zitiert. Die Äußerungen stehen erst einmal für sich. Wie erwähnt, müssen die Vorschläge der EU-Kommission noch weiter konkretisiert werden. Dazu wird es weitere Gespräche geben. Daher kann ich mich jetzt nicht detaillierter dazu einlassen.
Zusatzfrage
Was ist das Ergebnis des Telefonats mit dem italienischen, dem französischen und dem spanischen Kollegen?
Dr. Ata (BMI)
Auch darauf hat die Ministerin in dem gestrigen TV-Interview verwiesen. Wir als Bundesrepublik haben Italien unter anderem humanitäre Unterstützung angeboten. Diese Unterstützung wird nun geprüft. Es wird weitere Gespräche geben. Dazu gibt es laufende Kontakte. Deutschland betrachtet die Situation vor Ort genauso wie andere Mitgliedsstaaten mit Sorge. In den Gesprächen arbeitet man an Lösungen.
Frage
Sehen Sie die Gefahr, dass das GEAS im Trilog zu Fall bzw. letztlich nicht zustande kommt, weil sich Italien aus Verärgerung über mangelnde Mithilfe aus den Verhandlungen zurückzieht? Das ist meine erste Frage.
Die zweite Frage ist: Wenn Sie auf die Migrationsabkommen verweisen, dann fällt auf, dass es unter Beteiligung Italiens und auch der Bundesregierung Versuche von Absprachen mit Tunesien gegeben hat, und dass Italien jetzt doch ziemlich frustriert ist, weil Absprachen, die es offenbar gegeben hat, von Tunesien nicht eingehalten werden, und von dort weitaus mehr Migranten kommen, als erwartet worden war. Stellt das nicht die Wirksamkeit solcher Abkommen noch einmal grundsätzlich infrage?
Dr. Ata (BMI)
Zu Ihrer ersten Frage: Ich möchte nicht spekulieren, wie es bei den GEAS-Verhandlungen jetzt im Detail weitergeht. Ich habe ja schon darauf hingewiesen, dass die Einigung zu den zentralen Punkten im Rat ein wichtiger Durchbruch war und dass die Verhandlungen jetzt im Trilog weitergehen.
Zu der zweiten Frage muss ich zum einen darauf hinweisen, dass wir hier von unterschiedlichen Arten von Abkommen sprechen. Ich hatte auf bilaterale Abkommen hingewiesen, an denen Joachim Stamp arbeitet. Wie Sie wissen, spielen Georgien und Moldau dabei in näherer Zukunft eine ganz große Rolle. Es gibt auch Verhandlungen mit weiteren Ländern, die dann jeweils auch unterschiedlich ausgestaltet sein werden. Das hängt auch davon ab, wie die Situation hinsichtlich der Migration aus den jeweiligen Ländern ist und was jeweils das Interesse bzw. der Anspruch der Partnerländer ist. Diese Abkommen werden ja auf Augenhöhe verhandelt und dann auch geschlossen, und sie sollen in der Praxis auch langfristig halten.
Was Sie jetzt ansprechen, ist kein bilaterales Abkommen, sondern ein Abkommen zwischen Europa und Tunesien. Dazu kann ich darauf hinweisen, dass bei den Gesprächen am Wochenende auch Einigkeit darin bestand, dass Tunesien die Verpflichtungen aus den Vereinbarungen mit der EU einhalten muss, um lebensgefährliche Überfahrten über das Mittelmeer zu verhindern.
Frage
Herr Büchner, eine der drei Regierungsparteien, die FDP, hat in Person ihres Generalsekretärs sehr kategorisch der Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Italien widersprochen, und das wenige Stunden bevor die Problemlösungsgespräche der Außenminister fortgesetzt werden. Ist das hilfreich?
SRS Büchner
Wie Sie wissen, ist es nicht Aufgabe der Regierungssprecher, Äußerungen der Parteien oder aus dem parlamentarischen Raum zu kommentieren. Das mache ich deshalb an dieser Stelle auch nicht.
Zusatzfrage
Aber Sie haben ja ein Interesse an einem gemeinsamen Erscheinungsbild der Koalitionsregierung. Deswegen frage ich doch: Sind solche Äußerungen einem gemeinsamen Erscheinungsbild zuträglich?
SRS Büchner
Ich bleibe trotzdem bei meiner Antwort.
Frage
An Herrn Büchner: Am Wochenende gab es eine anziehende Diskussion darüber, dass man Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden einführt und dass man eventuell auch noch einmal direkt an das Asylrecht geht und da massive Änderungen vornimmt. Gibt es darauf irgendeine Reaktion vom Bundeskanzler? Können Sie etwas berichten?
SRS Büchner
Ich konnte mit dem Bundeskanzler aufgrund dessen, dass er in New York ist und eine Zeitverschiebung besteht, heute vor der Regierungspressekonferenz nicht telefonieren; deshalb haben wir über das Thema nicht persönlich gesprochen. Im Wesentlichen kann ich aber auf das verweisen, was Herr Ata gerade schon gesagt hat. Die einzige vernünftige Möglichkeit, bei diesem komplexen Thema Migration voranzukommen, ist eine dauerhafte Steuerung und Ordnung im europäischen Rahmen. Das ist der richtige Weg, und eine Obergrenze löst das Problem nicht. Das wissen eigentlich auch diejenigen, die sie fordern. Insofern kann man das, glaube ich, so einordnen.
Dr. Ata (BMI)
Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Frage
Herr Ata, wenn Deutschland sich jetzt weigert, weitere nicht registrierte Flüchtlinge aus Italien aufzunehmen, was bedeutet das dann konkret für diese Menschen? Werden die dann automatisch von der Grenze wieder zurückgeschoben oder bekommen sie irgendeinen Status? Was passiert mit diesen Menschen?
Dr. Ata (BMI)
Um das auseinanderzuhalten: Es geht bei den Ausführungen um den freiwilligen Solidaritätsmechanismus, und da werden aktuell keine weiteren Interviews für eine Übernahme geführt. Das heißt, dass wir aus Italien aktuell keine weiteren Personen im Rahmen des Solidaritätsmechanismus übernehmen.
Zusatzfrage
Aber was passiert mit denen, wenn die schon da sind?
Dr. Ata (BMI)
Sie sind dann da. ‑ Diese Frage müssten Sie an die italienischen Behörden richten, weil diese Personen sich ja in Italien befinden.
Zusatz
Nein, ich meine die Personen, die es jetzt trotzdem nach Deutschland geschafft haben.
Dr. Ata (BMI)
Ich verstehe die Frage, ehrlich gesagt, nicht.
Zusatzfrage
Eine Person, die in Italien nicht registriert ist, kommt jetzt von Italien illegal nach Deutschland: Was passiert dann?
Dr. Ata (BMI)
Das ist ja der zweite Teil dieser aktuellen Debatte: Es ist uns wichtig, dass Italien die Verpflichtungen im Rahmen des Dublin-Abkommens einhält. Das heißt, wenn Menschen über Italien eingereist sind, dort registriert worden sind und sich dann im Zuge des Dublin-Verfahrens herausstellt, dass Italien für das Asylverfahren zuständig ist, müssen die Personen im Zuge der Dublin-Verordnung dann auch wieder zurückgenommen werden.
Frage
Vielleicht frage ich dann noch einmal ganz kurz zur Klarheit nach: Herr Ata, vielleicht haben Sie an der Stelle einfach ein paar Zahlen für uns, was das angeht? Sie haben gerade unterschieden in diejenigen, die aus Italien nach Deutschland gelangt, ohne in Italien registriert worden zu sein, diejenigen, die aus Italien nach Deutschland gekommen sind, die vorher in Italien registriert wurden und für die Italien dann wieder zuständig wäre, wenn ich es richtig verstanden habe, und diejenigen, die von Deutschland im Rahmen des Solidaritätsmechanismus freiwillig übernommen werden. Haben Sie zu diesen Fallgruppen Zahlen?
Dr. Ata (BMI)
Zum Solidaritätsmechanismus kann ich Ihnen folgende Zahlen nennen: Deutschland hat zugesagt, im Rahmen des Solidaritätsmechanismus bis zu 3500 Schutzsuchende aus Ländern zu übernehmen, die besonders unter Druck stehen, also aus südlichen EU-Außengrenzstaaten. Dazu gehört Italien. Bis heute wurden mehr als 1800 Personen im Zuge des Solidaritätsmechanismus übernommen, ungefähr 1000 davon aus Italien. Es wurde auch eine recht große Zahl von Personen ‑ um die 770 müssten es sein ‑ aus Zypern übernommen.
Zu der Frage der Dublin-Überstellungen: Da gab es im Zeitraum seit dem 1. Januar 2023 rund 12 400 Übernahmeersuchen und zehn tatsächliche Überstellungen, wobei man da hinzufügen muss, dass es sich hierbei nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge um Überstellungen handelt, bei denen die betroffenen Personen freiwillig und eigenständig in den Mitgliedstaat Italien ausgereist sind. Diese Zahlen kann ich Ihnen liefern.
Zusatzfrage
Mit Blick auf das, was Sie vorhin zu den Äußerungen der Innenministerin zum Thema stärkere Überwachung der Seeverkehre gesagt haben, würde ich gerne wissen: Wer soll das denn nach Auffassung der Innenministerin durchführen, und zu welchem Zeitpunkt? Über wann reden wir da also eigentlich: Reden wir über einen Zeitpunkt nach der GEAS-Reform oder reden wir über die nächsten Wochen?
Dr. Ata (BMI)
Da habe ich ja auf laufende Gespräche verwiesen. Das muss sich jetzt konkretisieren. Dem kann ich nicht vorgreifen.
Frage
Herr Ata, ich habe eine Frage zu den Schengen-Visa, die anscheinend von einem polnischen Staatssekretär verkauft wurden: Es scheint dabei laut Berichterstattung um gigantische Zahlen zu gehen, und die könnten ja auch Deutschland betreffen, weil die Personen, die das bekommen haben und dann einreisen ‑ angeblich über 200 000 ‑, mit diesen Schengen-Visa nach Deutschland weiterreisen könnten. Haben Sie Erkenntnisse darüber, wie viele von diesen Menschen dann in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben?
Dr. Ata (BMI)
Die Berichterstattung und die Vorwürfe, die im Raum stehen, sind dem BMI bekannt. Weitere Informationen werden aktuell eingeholt. Ich muss aber um Verständnis bitten, dass sich das BMI zu Vorgängen in anderen Staaten grundsätzlich nicht äußert. Wir gehen davon aus, dass die polnischen Behörden den Sachverhalt schnellstmöglich aufklären werden.
Zum Kern Ihrer Frage: Wir gehen aktuell nicht von Auswirkungen auf Deutschland aus. Ich möchte auch darauf verweisen, dass wir schon in der jüngeren Vergangenheit die grenzpolizeilichen Maßnahmen auch an der Grenze zu Polen erheblich verstärkt haben ‑ ich habe auch vorhin noch einmal darauf hingewiesen. In diesem Zusammenhang werden zusätzliche Hundertschaften, insbesondere an der deutsch-polnischen Grenze, eingesetzt und wir beobachten die Entwicklung an den Grenzen natürlich sehr genau.
Frage
An Herrn Büchner: Die Bundesaußenministerin hat in einem Interview mit einem amerikanischen Fernsehsender den chinesischen Staatspräsidenten einen Diktator genannt. Stimmt der Bundeskanzler dem zu?
SRS Büchner
Grundsätzlich ‑ ich glaube, das wissen Sie ‑ bewertet der Bundeskanzler Äußerungen seiner Kabinettskolleginnen und -kollegen nicht. Klar ist, dass China von einem kommunistischen Ein-Parteien-Regime regiert wird, und klar ist auch, dass das sozusagen nicht unseren Vorstellungen von einer Demokratie entspricht. China ist für uns ‑ diese Formulierung kennen Sie aus der Nationalen Sicherheitsstrategie ‑ sowohl Partner als auch ökonomischer Wettbewerber und systemischer Rivale. Das ist die Einordnung, die ich Ihnen dazu geben kann.
Zusatzfrage
Unabhängig davon: Glauben Sie, dass solche Rhetorik hilfreich ist, was die Entspannung mit China betrifft?
SRS Büchner
Ich bleibe bei dem, was ich gerade gesagt habe.
Frage
Herr Wagner, in der China-Strategie der Bundesregierung, die von Ihrem Ministerium stammt, fällt jetzt nicht das Wort Diktatur, Autokratie oder ein sonstiger Kommentar zu der Regierungsform. Ist das jetzt der neue Sprachgebrauch im Auswärtigen Amt für die chinesische Regierung?
Wagner (AA)
Die China-Strategie richtet sich ja vor allen Dingen auch an uns und nicht an China. Da geht es ja darum, wie wir mit einem China umgehen, das ‑ das hat der Stellvertretende Regierungssprecher eben auch ausgeführt ‑ Partner, Konkurrent und eben auch systemischer Rivale in einem ist, wobei die letzten beiden Aspekte ‑ auch das ist von dieser Bank aus schon gesagt worden ‑ in letzter Zeit zugenommen haben. Insofern ist es normal, dass es in der Chinastrategie, die sozusagen ein handlungsleitendes Konzeptpapier für alle Akteure, die das betrifft, sein soll ‑ die Bundesregierung, aber natürlich auch kommunale Akteure und Wirtschaftsakteure in Deutschland ‑, sozusagen keine Politikexegese dazu gibt, welches System nun in China herrscht. Es geht vielmehr darum, wie wir mit China und seinem Selbstverständnis und seinem Auftreten in der Welt umgehen.
Zusatzfrage
Die Ministerin setzt sich ja immer gegen Desinformationen und Fake News ein und betont, dass das die Demokratie gefährdet, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Welt. Mich würde interessieren, warum sie dann dem Sender Fox News ein Interview gibt. Fox News ist mittlerweile ja hochrangig verurteilt für Fake News, zum Beispiel im Rahmen der Wahl 2020. Es ist ganz klar, dass Fox News rechtsextreme Narrative in den USA unterstützt. Die Ministerin kann sich bestimmt vor Anfragen nicht retten und könnte wahrscheinlich auch CNN, ABC usw. Interviews geben. Warum gibt sie Fox News ein Interview?
Wagner (AA)
Sie könnte auch zu Tilo Jung ins Interview gehen. ‑ Es ist ja sehr deutlich geworden, welche Intention die Ministerin damit verfolgt hat, in den USA explizit auch Termine außerhalb von Washington wahrzunehmen und Kanäle zu benutzen, in denen man Bevölkerungsgruppen erreicht, die man mit einem Interview zum Beispiel in der „New York Times“ nicht erreicht. Ich glaube, das ist der Hintergedanke dabei gewesen.
Frage
Herr Büchner, ich habe es vielleicht noch nicht ganz verstanden: Macht sich der Bundeskanzler diese Formulierung, diese Einordnung der Bundesaußenministerin zu eigen oder nicht?
Hat es vorher oder hinterher Gespräche zwischen den beiden über diese Einordnung gegeben, die Frau Baerbock in so einem Interview ja nicht nur in ihrem persönlichen Namen vornimmt, sondern sicherlich auch im Namen Deutschlands?
SRS Büchner
Ich fand das, was ich gesagt habe, gar nicht so unverständlich. Ich habe gesagt, dass der Bundeskanzler Äußerungen seiner Kabinettskolleginnen und -kollegen grundsätzlich nicht kommentiert, und dabei bleibe ich.
Zusatzfrage
Das habe ich verstanden, aber die Frage ist, ob er sich das zu eigen macht. Es geht ja gar nicht darum, diese Äußerungen zu kommentieren. Die Frage ist vielmehr, ob der Bundeskanzler der Meinung ist, dass Herr Xi ein Diktator ist.
SRS Büchner
Wie die Sicht des Bundeskanzlers auf China ist, habe ich auch ausgeführt, nämlich dass es ein kommunistisches Ein-Parteien-Regime ist und dass klar ist, dass es eben nicht unseren Vorstellungen von Demokratie entspricht, wie dieses Land regiert wird. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Frage
Wenn Sie das nicht kommentieren wollen, hätte ich eine kurze Anschlussfrage, Herr Büchner: Ist aus Sicht des Bundeskanzlers ein Schaden dadurch eingetreten, dass China sich über die Äußerung, dass Herr Xi ein Diktator sei, verärgert gezeigt hat?
SRS Büchner
Darüber will ich hier nicht spekulieren.
Frage
Sie sollten ja schon darauf achten, dass Fragen auch beantwortet werden. ‑ Hat es vor dem Interview oder nach dem Interview Gespräche des Bundeskanzlers mit Frau Baerbock gegeben oder nicht?
SRS Büchner
Sie haben Recht, diese Frage hatte ich vergessen. ‑ Der Bundeskanzler ist natürlich in einem ständigen Austausch mit seiner Außenministerin. Ob die beiden über dieses Thema gesprochen haben, ist mir aber nicht bekannt.
Frage
Herr Büchner, hier sind ja auch immer ausreichend viele Juristen im Saal, allerdings meistens auf Ihrer Seite. Sie nutzen das schöne Wort „grundsätzlich“. „Grundsätzlich“ heißt normalsprachlich übersetzt aber „in der Regel“. Macht der Bundeskanzler davon an dieser Stelle eine Ausnahme?
SRS Büchner
Nein.
Frage
Herr Büchner, eine Nachfrage zu dem „Diktator“: Können wir davon ausgehen, dass der Bundeskanzler künftig Xi weiterhin nicht als Diktator bezeichnen wird?
SRS Büchner
Ich glaube, ich habe das jetzt schon zum zweiten Mal beantwortet, wie der Bundeskanzler China sieht; ich kann es gern auch zum dritten Mal sagen. Welche Begriffe der Bundeskanzler in Zukunft benutzt und benutzen will, ist ihm selbst überlassen. Darüber will ich jetzt auch nicht spekulieren.
Frage
An das Familienministerium und vielleicht auch an das Innenministerium: Laut Koalitionsvertrag sollte der Bundesfreiwilligendienst gestärkt werden; unter anderem sollte das Taschengeld erhöht werden. Nun stehen Kürzungen im Raum. Können Sie einmal erklären, wie es zu diesen Kürzungen statt zu der Stärkung kommt?
Lenz (BMFSFJ)
Sie wissen ja um die Vorgaben zum Bundeshaushalt. Auch das Bundesfamilienministerium steht da in der Pflicht, und da sind die Grenzen sehr eng. Insofern sind wir leider auch verpflichtet, bei den Bundesfreiwilligendiensten zu kürzen, das ist richtig.
Die gute Nachricht ist, dass der jetzige Jahrgang im Moment noch wie geplant stattfinden kann. Beim BFD, FSJ, FÖJ findet in diesem Jahr also alles noch so statt wie versprochen. Richtig ist aber, dass es ab 2025 Kürzungen geben wird. Wie genau diese aussehen werden, können wir im Moment aber noch nicht sagen.
Zusatzfrage
Genau, die Haushaltsberatungen laufen. Es gibt wahrnehmbaren Protest der Verbände, und ich glaube, es gibt auch eine Petition mit über 10 000 Unterschriften. Sind Sie hoffnungsvoll, dass sich dadurch noch etwas im Sinne der Freiwilligendienste verändern wird?
Lenz (BMFSFJ)
Ich kann dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzufügen. Sie haben völlig Recht: Es gibt da Proteste. Zum Beispiel wird es am Mittwoch eine Demonstration geben, die auch beim Bundesfamilienministerium vorbeiziehen wird. Da überlegen wir auch gerade, wie wir mit den Demonstrierenden ins Gespräch kommen können. Grundsätzlich kann ich dem Gesagten aber nichts weiter hinzufügen.
Frage
An das Wirtschaftsministerium zur Einfuhr von LNG und Erdgas aus Russland. Wenn Sie mir jetzt sagen, dass Sie diese Frage am Freitag beantwortet haben, können wir uns das an dieser Stelle aber sparen.
Dr. Säverin (BMWK)
Welche Frage?
Frage
Es geht darum, ob das Sanktionsregime gegen Russland bei fossilen Rohstoffen funktioniert. Das dröselt sich auf in zwei Komplexe.
Erstens gibt es keinen Bann für Flüssiggas aus Russland. Allerdings sagt die Bundesregierung, man bemühe sich, dass kein LNG aus Russland nach Deutschland komme. Dazu wollte Sie fragen: Geht es darüber hinaus, und was heißt „Bemühungen“?
Zweitens: Kommt nach wie vor russisches Gas aus anderen Quellen nach Deutschland?
Dr. Säverin (BMWK)
Es ist so, dass die Gaslieferverträge von den Unternehmen abgeschlossen werden. Das sind privatrechtliche Verträge, und die werden nicht von der Bundesregierung abgeschlossen; deswegen haben wir keine vollständige Übersicht darüber, wie die Unternehmen sich mit Gas versorgen.
Richtig ist, dass wir dafür sind, russisches Gas auch in Form von LNG nicht nach Deutschland zu importieren. Aber wie gesagt, die Verträge werden von den Unternehmen geschlossen.
Anlanden wird das Gas natürlich zum Teil in Deutschland. Es gibt aber auch sehr viele andere Einspeisepunkte in das europäische Gasnetz, sodass sich im Einzelnen nicht verfolgen lässt, woher das Gas kommt.
Zusatzfrage
Wie geht man im Wirtschaftsministerium damit um, dass man dadurch weiterhin den Krieg Putins gegen die Ukraine finanziert? Es war ja das ausdrückliche Ziel, den Kreml von finanziellen Quellen abzuschneiden. Sagt man dann „Gut, das ist einfach so, daran können wir nichts machen?“, oder wie reagiert man dann auf die weitere Lieferung, den weiteren Import von russischer fossiler Energie nach Deutschland?
Dr. Säverin (BMWK)
Das ganze Sanktionsregime ist darauf ausgerichtet, Einnahmequellen für den russischen Staat zu verringern. Es wird ständig an diesem Sanktionsregime gearbeitet. Wir sind, glaube ich, inzwischen bei der elften oder der zwölften Sanktionsverordnung ‑ ich weiß es nicht genau. Jedenfalls ist es so, dass ständig nachgesteuert wird, um dieses Ziel so effektiv wie möglich zu erzielen, nämlich dass der russische Staat aus solchen Handelsgeschäften keine Einnahmen erzielt. Wir beobachten sehr genau, auf welche Weise diese Sanktionen umgesetzt werden, ob es Möglichkeiten der Umgehung gibt und ob es nötig ist nachzusteuern.
Frage
An Herrn Büchner und an Herrn Säverin: Trifft es zu, dass sich die Bundesregierung auf die Einführung eines Industriestrompreises geeinigt hat? Falls ja: Ist es richtig, dass die Mittel dafür aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen sollen?
An das BMF: Hat Herr Lindner seine grundsätzlichen Vorbehalte gegen die Einführung eines solchen Industriestrompreises aufgegeben?
SRS Büchner
Eine wie von Ihnen zitierte Einigung auf irgendetwas in dieser Richtung ist mir nicht bekannt. Darüber kann ich Ihnen hier also nichts berichten.
Die Sachlage ist unverändert so, dass es unterschiedliche Vorschläge gibt, die auf dem Tisch liegen und die geprüft und genau abgewogen werden; das hat ja auch Herr Hebestreit am Freitag ausführlich dargestellt. Diese Überlegungen innerhalb der Bundesregierung laufen, und ich muss Sie da leider weiterhin um Geduld bitten.
Grundsätzlich hat der Bundeskanzler immer wieder betont, dass es das Ziel sein muss, zu wettbewerbsfähigen Strompreisen zu kommen, vor allem eben auch, indem wir es strukturell hinbekommen, dass die Strompreise wieder auf ein erträgliches Niveau sinken. Das wird dauerhaft nur gelingen, indem wir den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen.
Ich kann Ihnen hier jetzt aber keinen neuen Sachstand über die Gespräche innerhalb der Bundesregierung berichten.
Dr. Säverin (BMWK)
Ich kann nur ergänzen, dass wir diesen Vorschlag im Frühjahr eingebracht haben. Wir haben damals auch einen Finanzierungsvorschlag gemacht. Seitdem besteht, wie Sie wissen, ein Diskussionsprozess innerhalb der Bundesregierung, der sich sowohl auf die Ausgestaltung als auch auf die Finanzierung bezieht. Ein Ergebnis liegt da, wie gesagt, noch nicht vor. Insgesamt verfolgt aber natürlich auch unser Haus das Anliegen, den Unternehmen wettbewerbsfähige Strompreise anzubieten.
Olpen (BMF)
Für das BMF kann ich das Anliegen auch unterstreichen. Alle Ressorts, die beteiligt sind, teilen das Ziel wettbewerbsfähiger Strompreise für die deutsche Wirtschaft. Aber, wie gesagt, es laufen noch Gespräche innerhalb der Bundesregierung. Mehr kann ich dazu gerade nicht ausführen.
Frage
Auf die Gefahr hin, Herr Säverin, dass Sie das hier schon einmal gesagt haben. Es ist ja bekannt, dass das BMWK beim Industriestrompreis für eine Finanzierung durch den WSF ist. Wenn man jetzt mit Rücksicht auf die Kollegen im BMF umschwenken und sagen würde, man finanziert das in Gottes Namen eben doch mit dem KTF, inwiefern schließt sich nach Meinung ihres Ministeriums dann ein Klimageld aus? Das heißt, wäre das Geld im KTF vorhanden, um damit einen Industriestrompreis zu finanzieren oder ginge das dann auf Kosten der Auszahlung eines Klimageldes?
Dr. Säverin (BMWK)
Es besteht kein Zusammenhang zwischen diesen beiden Baustellen, wenn ich das so sagen darf. Der Industriestrompreis ist ein Anliegen, das unser Haus verfolgt und zu dem wir mit Positionen an der Diskussion teilnehmen.
Das Klimageld ist eine ganz andere Frage. Dort geht es erst einmal darum, einen Auszahlungsmechanismus zu etablieren, den einzurichten offenbar viel schwieriger ist, als man zu Anfang gedacht hat. Dann kann man darüber nachdenken, wie man das finanziert und ab wann ‑ da muss man auch in den Koalitionsvertrag gucken ‑ überhaupt so ein Klimageld ausgezahlt werden kann. Das wäre dann der zweite Schritt.
Zusatzfrage
Auch wenn in den KTF immer wieder Geld hereinfließt, sind ja die Mittel endlich. Deswegen: Können Sie noch einmal kurz erklären, warum aus Ihrer Sicht die zwei Sachen nichts miteinander zu tun haben? Wenn das nun ein Wunderfüllhorn wäre, das sich bis zur Unendlichkeit selber mit Geld füllt, könnte man natürlich alles daraus finanzieren und sagen: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. ‑ Aber irgendwann ist ja kein Geld mehr drin.
Warum macht es überhaupt keinen Unterschied, ob nun KTF das finanziert oder nicht? Dann hätte man es ja gleich so machen können.
Dr. Säverin (BMWK)
Natürlich hängen die beiden insofern zusammen, als sie mit Geld zu tun haben, mit öffentlichem Geld. Aber wenn man in diese Kategorie geht, dann finden sich noch Dutzende anderer Anliegen, wo nach Geld gefragt wird und Kompromisse gefunden werden. Aber inhaltlich, sachlich und im Prozess haben die beiden Dossiers tatsächlich nichts miteinander zu tun.
Frage
Zwei Fragen: Können Sie ungefähr sagen, bis wann man sich da innerhalb der Regierung einigen möchte?
Die zweite Frage richtet sich an Herrn Olpen: Wenn man jetzt nicht am Preis etwas tun würde, also eine preisliche Subvention, sondern eingreifen würde, bevor der Preis entsteht, wäre das etwas, was der Bundesfinanzminister unterstützen würde?
Dr. Säverin (BMWK)
Ich kann zu einem Zeitplan tatsächlich keinerlei Aussage treffen.
SRS Büchner
Dazu kann ich jetzt auch nichts anderes sagen. Sie kennen vielleicht auch das Interview des Bundeskanzlers in der „WELT am Sonntag“, wo er auch noch einmal gesagt hat, dass ein solcher Eingriff in den Markt sehr genau abgewogen werden muss und mögliche Folgen bedacht werden müssen. Er hat sich ja auch weiterhin eher zurückhaltend gezeigt, was die Möglichkeiten angeht, das Problem zu lösen.
Olpen (BMF)
Zum Zeitplan kann ich auch nichts beitragen.
Was Ihre andere Frage betrifft: Der Minister hat sich ja mehrfach geäußert, dass es auch zu angebotsseitigen Verbesserungen kommen muss. Das liegt natürlich in Verantwortung beim BMWK. Da hat das BMWK ja auch schon vielfach hier ausgeführt, welche Maßnahmen zum beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien bislang ergriffen wurden und auch weiter ergriffen werden.
Frage
Herr Olpen, das geht, glaube ich, an Sie. Wenn ich Herrn Säverin eben richtig verstanden habe, gibt es bei der Auszahlung des Klimageldes ja enorme Schwierigkeiten. Ich glaube, Sie sind dafür zuständig, dass das technisch umgesetzt wird. Da würde ich gern wissen: Welche konkreten Schwierigkeiten haben sich in der Zwischenzeit gezeigt, die zu Beginn der Planung nicht absehbar waren?
Olpen (BMF)
Grundsätzlich ist das ein technisch sehr herausfordernder Prozess, der bis zum Ende dieser Legislaturperiode abgeschlossen sein soll. Bis dahin soll ein Mechanismus zur Verfügung stehen, mit dem CO₂-Einnahmen dann auch direkt wieder ausgezahlt werden können. Es gab schon erste Maßnahmen, u. a. mit dem Jahressteuergesetz. Dazu zählt die Verknüpfung mit der IBAN; das wissen Sie. Einzelheiten zu technischen Schwierigkeiten kann ich Ihnen jetzt hier nicht weiter ausführen.
Zusatzfrage
Dann möchte ich noch einmal nachfragen: Gibt es denn diese tatsächlichen technischen Schwierigkeiten oder ist das jetzt vorgeschützt?
Olpen (BMF)
Vorgeschoben ist gar nichts. Ich habe Ihnen gesagt: Es ist ein anspruchsvoller Prozess, der natürlich seine Zeit braucht. Aber zu Einzelheiten des Prozesses führen wir hier nicht aus.
Frage
Herr Säverin, gegebenenfalls Herr Olpen, was passiert denn aktuell mit den Einnahmen aus dem CO₂-Preis? Wo landen sie?
Dr. Säverin (BMWK)
Im KTF.
Zusatzfrage
Und die finanzieren dann andere Sachen ‑ nicht das, was den Bürgern versprochen wurde?
Dr. Säverin (BMWK)
Genau, sie finanzieren andere Dinge. Das „genau“ bezog sich also nicht auf Ihren zweiten Halbsatz, sondern auf den ersten. Aus dem KTF werden Klimaprojekte finanziert. Das steht sehr genau im Wirtschaftsplan für den Klima- und Transformationsfonds.
Herr Olpen, wollen Sie dazu noch etwas sagen?
Olpen (BMF)
Ich hätte dazu nichts zu ergänzen.
Zusatzfrage
Wie viele Einnahmen sind das zum Beispiel in 2022 gewesen? Haben Sie da eine Zahl?
Dr. Säverin (BMWK)
Das habe ich nicht im Kopf. Das kann ich nachreichen ‑ kein Problem.
Frage
Eine Frage an das Auswärtige Amt: Die iranische Regierung hat einem weiteren Inspektor der IAEA, also der Internationalen Atomenergiebehörde, die Akkreditierung entzogen. Sie können jetzt nicht mehr überprüfen, ob in iranischen Atomanlagen die Urananreicherung in den vorgeschriebenen Grenzen gehalten wird. Es sind deutsche und französische Inspektoren, die jetzt nicht mehr prüfen dürfen. Wie bewertet die Bundesregierung das, und was bedeutet das für die Überprüfung, ob Iran seine Zusicherung der Anreicherung oder Nichtanreicherung einhält?
Wagner (AA)
Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde hat sich ja dazu auch eingelassen. Gemeinsam mit ihm verurteilen wir diesen Schritt auf das Schärfste. Sie haben zu Recht gesagt, dass der Iran mehreren IAEO-Inspektoren die Akkreditierung entzogen hat. Der Generaldirektor der IAEO, Grossi, hat ja gestern dazu ein Statement abgegeben und gesagt, dass dies klare Auswirkungen auf die Fähigkeit der IAEO haben wird, den friedlichen Charakter des iranischen Nuklearprogramms sicherzustellen und dass dieser Schritt einer weiteren Eskalation seitens des Irans gleichkommt, der durch nichts zu rechtfertigen ist.
Wie gesagt: Wir finden das sehr bedauerlich, weil es ein Schritt in die vollkommen falsche Richtung ist. Es unterstreicht einmal mehr, wie wichtig es ist, sich mit der Gefahr und dem Eskalationspotenzial des iranischen Nuklearprogramms auseinanderzusetzen.
Zusatzfrage
Benjamin Netanjahu hat in Reaktion auf den Akkreditierungsentzug erklärt, Israel werde nicht zusehen, dass der Iran sein Atomprogramm weiter ausbaue, sondern reagieren. Sehen Sie darin ein Risiko erneuter militärischer Auseinandersetzungen? Es gab ja schon Militärschläge gegen iranische Atomanlagen durch Israel. Wird sich das fortsetzen bzw. erneut etablieren?
Wagner (AA)
Ich glaube, es geht jetzt erst einmal darum, den Iran daran zu erinnern, dass er Verpflichtungen eingegangen ist.
Vielleicht noch einmal zum Kontext dieser Akkreditierungen: Das rührt ja aus den sogenannten „safeguards“ her. Das sind Maßnahmen zur Überwachung von Nuklearmaterial. Die „safeguards“ sind in rechtsverbindlichen Vereinbarungen eingebettet, die eben zwischen Staaten wie dem Iran und der IAEO geschlossen werden. Insofern ist unser Appell, unsere Botschaft, an den Iran sehr deutlich: Er hat sich an seine internationalen Verpflichtungen zu halten.
Frage
Es geht um die frühere Wiederanhebung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas. Es sind Pläne bekanntgeworden oder es ist darüber berichtet worden, dass das von April auf Januar vorgezogen werden soll. Es hat ein Volumen von 2,1 Milliarden Euro. Herr Büchner, ich hätte ganz gern gewusst, ob der Bundeskanzler solche Überlegungen unterstützt.
SRS Büchner
Im Rahmen des dritten Entlastungspakets haben Bundesregierung und Gesetzgeber die Umsatzsteuer auf die Lieferung von Gas und Fernwärme von damals 19 Prozent auf 7 Prozent gesenkt. Die Regelung gilt seit Oktober 2022 und ist bis Ende März 2024 befristet.
Glücklicherweise haben sich die kriegsbedingten Preisspitzen an den Gasmärkten inzwischen gelegt. Wir sind wieder auf einem Normallevel angekommen, und zwar schneller als im Jahr 2022 anzunehmen war. Daher stellt sich die Frage, ob es über 2023 hinaus noch einer Subventionierung der Lieferung von Gas und Fernwärme bei der Umsatzsteuer bedarf. Dem Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2024 liegt bereits zugrunde, dass diese Subventionierung 2024 nicht mehr erforderlich ist und Ende 2023 beendet wird.
Wenn ich dann sozusagen die Antwort auf Ihre Frage direkter einflechten kann: Der Regierungsentwurf des Bundeshaushalts ist natürlich mit dem Bundeskanzler abgestimmt. Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung für die notwendige Gesetzesänderung in diesem Punkt sind noch nicht abgeschlossen. Der Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2024 befindet sich aber jetzt im parlamentarischen Verfahren und wird dort final verhandelt.
Zusatzfrage
Das heißt, der Bundeskanzler ist offen dafür, dass man die Wiedererhöhung auf das Normalmaß von April auf Januar vorzieht. Richtig?
SRS Büchner
Da das Teil des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushalt ist, der in der Bundesregierung abgestimmt ist, ist davon auszugehen.
Frage
Genau zu dem Thema eine Frage an Herrn Olpen vom BMF: Wie groß wären da die Einnahmen? Womit rechnen Sie da?
Olpen (BMF)
Vorweg: Ich kann Ihnen da erst einmal nur eine Prognose geben. Die Steuermindereinnahmen durch die Senkung des Umsatzsteuersatzes für Gaslieferungen im Erdgasnetz von 19 Prozent auf 7 Prozent wurden für den Gesamtzeitraum, sprich vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024, also für den geplanten Zeitraum der Maßnahme, auf rund 11,3 Milliarden Euro kalkuliert. Das lässt sich auch im Gesamtfinanztableau zur Gesetzgebungsmaßnahme nachvollziehen. Auf das Kassenjahr 2024 entfielen davon 2,8 Milliarden Euro. Bei einer Änderung zum 1. Januar 2024 würde rund ein Viertel der Mindereinnahmen bestehen bleiben. Unter dieser Annahme ergäben sich dementsprechend gesamtstaatliche Steuermehreinnahmen von 2,1 Milliarden Euro.
Aber, wie gesagt: Das sind die Prognosen aus dem Gesetzgebungsvorhaben. Das ist keine finale Statistik.
Frage
Ich wollte noch einmal kurz in Richtung BMI und BMDV nachfragen: Es gab am Freitag von den Kollegen vom „SPIEGEL“ Berichterstattung über eine mögliche Ausbauverordnung in Richtung der Telekommunikationsnetzbetreiber bezüglich Huawei, ZTE bzw. schwieriger Betreiber kritischer Komponenten. Da würde ich gern wissen: Was ist dort der Stand der Dinge? Was ist dort geplant? Was können Sie dazu sagen?
Dr. Ata (BMI)
Ich glaube, ich spreche für beide Häuser, wenn ich darauf hinweise, dass regierungsinterne Beratungen laufen und wir zum aktuellen Zeitpunkt da nichts zu verkünden haben.
Zusatzfrage
Dann als Nachfrage an der Stelle an Herrn Büchner: Ist der Kanzler dafür, kritische Komponenten noch stärker zu reglementieren und damit die Abhängigkeiten von China zu reduzieren?
SRS Büchner
Der Kanzler ist dafür, solche Fragen sehr gründlich zu betrachten und abzuwägen. Das gilt für jede einzelne Entscheidung, wie Sie wissen.
Frage
Herr Büchner, gibt es in Sachen Taurus etwas Neues?
SRS Büchner
Nein.