Regierungspressekonferenz vom 12. August 2022

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Im Wortlaut Regierungspressekonferenz vom 12. August 2022

Themen: Termine des Bundeskanzlers (80. Geburtstag von Friede Springer, Reise nach Norwegen und Schweden, Empfang des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Kabinettssitzung, Tag der offenen Tür der Bundesregierung, Reise nach Kanada), Sommertour der Bundesfamilienministerin in vier Bundesländern, Verweigerung von Überflugrechten für MINUSMA durch die malische Regierung, Gasversorgung in Deutschland, Klage von Gerhard Schröder gegen eine Entscheidung den Bundestags, Solidaritätsabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland für die Sicherstellung der Gasversorgung, 50. Jahrestag des Attentats bei den Olympischen Sommerspielen in München, Fischsterben in der Oder, Forderungen nach einem Weiterbetrieb von Atomkraftwerken in Deutschland, Einreise von afghanischen Ortskräften nach Deutschland, Kämpfe um das Atomkraftwerk Saporischschja

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Freitag, 12. August 2022

Sprecher: StS Hebestreit, Klamt (BMFSFJ), Collatz (BMVg), Ungrad (BMWK), Kalwey (BMF), Stolzenberg (BMUV)

  

Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.


StS Hebestreit: Herzlich willkommen auch von mir! Ich beginne mit den öffentlichen Terminen des Kanzlers.

Am Montag, den 15. August, nimmt der Bundeskanzler gegen 11 Uhr am Empfang zum 80. Geburtstag von Friede Springer teil. In einer Rede wird der Bundeskanzler die Verdienste Frau Springers würdigen.

Ebenfalls am Montag wird er eine zweitägige Reise nach Norwegen und Schweden antreten. In Oslo wird der Kanzler am Nachmittag am nordisch-deutschen Treffen anlässlich des Treffens der nordischen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten teilnehmen. Dabei handelt es sich um ein Forum der nordischen Staaten zur Koordinierung guter zwischenstaatlicher Beziehungen der Mitgliedsstaaten. Ich ergänze dienstleistungsmäßig: Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen und Island gehören diesem Forum an. Dort werden auch militärische und wirtschaftliche Kooperationen und auch die Zusammenarbeit im Kontext der Nato und des Europäischen Wirtschaftsraumes besprochen.

Für 17.15 Uhr ist eine Pressekonferenz geplant.

Im Anschluss wird der Bundeskanzler gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten, Jonas Gahr Støre, zu einer Bootsfahrt aufbrechen und gegen 19 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz geben.

Gesprächsthemen werden die bilateralen Beziehungen, die europäische Zusammenarbeit bei energie- und wirtschaftspolitischen Themen, die Sicherheit in der nordischen Region und natürlich auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Auswirkungen sein. Norwegen ist ein wichtiger Nato-Alliierter und ein enger Partner Deutschlands und der Europäischen Union.

Am Dienstag wird der Bundeskanzler in Stockholm um 8.30 Uhr mit der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson im Rahmen eines gemeinsamen Frühstückes zu einem Vieraugengespräch zusammenkommen. Neben den bereits genannten Themen wird hierbei sicherlich auch der laufende Beitrittsprozess Schwedens zur Nato eine Rolle spielen.

Für 9.30 Uhr ist eine gemeinsame Pressekonferenz vorgesehen.

Anschließend ist ein Besuch beim Lastwagenhersteller Scania geplant. Scania und der VW-Mutterkonzern arbeiten an Konzepten zur Elektrifizierung des Lastverkehrs, einem wichtigen Element zum Gelingen der Verkehrswende.

Am frühen Nachmittag wird der Bundeskanzler in Berlin zurückerwartet.

Am Dienstagnachmittag wird er um 15 Uhr den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, im Bundeskanzleramt empfangen. Sie werden sich in einem gemeinsamen Gespräch über bilaterale Fragen, die aktuelle Lage in den palästinensischen Gebieten, Perspektiven für den Nahostfriedensprozess sowie regionale Themen austauschen.

Für 16.15 Uhr ist eine gemeinsame Pressebegegnung vorgesehen.

Am Mittwoch, den 17. August, findet wie üblich um 11 Uhr unter Leitung des Bundeskanzlers die Sitzung des Bundeskabinetts statt.

Dann habe ich noch zwei perspektivisch etwas längerfristige Termine.

Am übernächsten Wochenende, am Samstag, den 20. August, und am Sonntag, den 21. August, wird erstmals seit Ausbruch der Coronapandemie wieder der Tag der offenen Tür der Bundesregierung in Präsenz stattfinden. Das Motto lautet in diesem Jahr: Demokratie lädt ein. - Die Türen öffnen sich an jenem Wochenende des 20. und 21. Augusts.

Neben zahlreichen Bundesministerien und dem Bundespresseamt öffnet auch das Kanzleramt seine Tore für die hoffentlich zahlreichen Besucherinnen und Besucher. Bundeskanzler Olaf Scholz freut sich auf die Begegnungen mit den Bürgerinnen und Bürgern und wird am Sonntag, den 21. August von 13 Uhr bis 15 Uhr im Kanzleramt vor Ort sein. Geplant ist dort unter anderem ein einstündiger Bühnentalk, bei dem Besucherinnen und Besucher dem Kanzler all die Fragen stellen können, die ihnen am Herzen liegen. Einen detaillierten Ablaufplan zum Angebot im Kanzleramt und zum Auftritt des Kanzleramtes können wir Ihnen zu Beginn der nächsten Woche übermitteln.

Auch das Bundespresseamt bietet ein interessantes Programm mit Talkrunden. Unter anderem zu den Themen der Energiewende, des Klimaschutzes, der Sicherheitspolitik, von Desinformation sowie Corona werden wir unter anderem Bundesministerinnen Geywitz, Lemke, Lambrecht, Baerbock und Bundesminister Wissing bei uns begrüßen. Ich habe die große Freude, eine Pressekonferenz für Kinder und Jugendliche zu machen und mich dort den Fragen zu stellen. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner nimmt an einer Talkrunde zu Fake News und Desinformation teil.

Einzelheiten zum weiteren Programm in allen Häusern finden Sie auf der Homepage der Bundesregierung www.bundesregierung.de/tag-der-offenen-tuer. Wer hätte das gedacht!

Am Sonntag, den 21. August, wird der Bundeskanzler gemeinsam mit Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Habeck und einer Wirtschaftsdelegation zu einer mehrtägigen Reise nach Kanada aufbrechen. Er wird dort zusammen mit dem kanadischen Premierminister Trudeau Station in Montréal, Toronto und Stephenville in Neufundland machen. Kanada ist einer unserer engsten Partner weltweit. Als Mitglied der G7, der Gruppe sieben wirtschaftsstarker Demokratien, war der kanadische Premierminister Trudeau auf Einladung von Olaf Scholz erst Ende Juni beim G7-Gipfel in Schloss Elmau in Deutschland. Die enge Zusammenarbeit gilt auch in der Sicherheitspolitik. Besonders in der gemeinsamen Reaktion auf den völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine haben beide Länder eng zusammengearbeitet. Das gilt auch für die Zusammenarbeit in der Industrie- und Energiewende. Kanada ist als Wertepartner unser bevorzugter Partner im Aufbau von Wertschöpfungsketten für diese großen Aufgaben.

Der Bundeskanzler wird gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten und Herrn Habeck Gespräche zur bilateralen Zusammenarbeit im Klima- und Energiebereich führen. Wichtige Themenbereiche werden unter anderem der Ausbau der Kooperation in der Wasserstoffwirtschaft, bei LNG und in Forschung und Entwicklung sein. Dazu wird er das Mila, ursprünglich: Montreal Institut for Learning Algorithms, besuchen und sich über Forschung und Entwicklung von künstlicher Intelligenz und Quantencomputern unterrichten lassen. Auch Fragen der Investitionsförderung in die Industriewende wird er unter anderem mit dem Sondergesandten für Klimaschutz des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Mark Carney, und Vertreterinnen und Vertretern kanadischer Pensionsfonds besprechen.

Die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine ist dem Bundeskanzler, aber auch dem Ministerpräsidenten ein wichtiges Anliegen. Daher werden beide gemeinsam virtuell an der Sitzung der internationalen Krimplattform am 23. August teilnehmen, die in Kiew stattfinden wird.

Anschließend wird der Bundeskanzler gemeinsam mit Justin Trudeau die deutsch-kanadische Wirtschaftskonferenz in Toronto besuchen und dort eine Rede halten. Am Nachmittag des 23. Augusts werden in Stephenville in Neufundland die Potenziale Kanadas im Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft im Zentrum stehen. Die atlantischen Provinzen Kanadas haben ein hohes Windenergiepotenzial und liegen auf dem Seeweg nach Europa. Dort ist auch die Unterzeichnung eines Wasserstoffabkommens zwischen Deutschland und Kanada geplant. Im Rahmen der Reise wird der Bundeskanzler auch die Ministerpräsidenten Québecs, Ontarios sowie Neufundlands und Labradors treffen.

Diese Reise insgesamt macht unsere Nähe zu Kanada deutlich und nimmt die vielen Entwicklungspotenziale in den Blick, die sich durch die notwendigen Änderungen unserer Industriestruktur ergeben, und zwar unabhängig davon, ob diese durch den Klimawandel oder das neue sicherheitspolitische Umfeld verursacht werden.

Wenn Ihnen meine Informationen nicht gereicht haben, laden wir Sie für Donnerstag um 14.45 Uhr in die Bundespressekonferenz zu einem Briefing vor dieser Reise ein. Unter anderem werden der außen- und sicherheitspolitische Berater des Bundeskanzlers, Jens Plötner, sowie der Abteilungsleiter Wirtschaft, Finanzen und Klimapolitik im Kanzleramt, Steffen Meyer, vor Ort sein.

Frage: Herr Hebestreit, wird es in Oslo ähnlich wie bei dem Besuch von Herrn Habeck auch noch einmal konkret darum gehen, um größere Gaslieferungen oder Flüssiggaslieferungen zu werben?

StS Hebestreit: Ich denke, viel konkreter als mit dem, was ich Ihnen hier vorgetragen habe, kann ich an dieser Stelle nicht werden. Natürlich wird es um die Fragen gehen, die uns alle im Moment bewegen und die auch gestern hier bei der Pressekonferenz des Bundeskanzlers eine Rolle gespielt haben. Aber ob es so konkret sein wird, wie Sie es jetzt fragen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Zusatzfrage: Wir haben jetzt die erste Auslieferung von Schweden an die Türkei gesehen, die auf die Vereinbarung am Rande des Nato-Gipfels zurückgeht. Wie besorgt ist die Bundesregierung auch angesichts des jetzigen Besuches, dass die Türkei im Ratifizierungsprozess den Beitritt von Schweden und Finnland noch ausbremsen könnte?

StS Hebestreit: Die Bundesregierung ist sehr zuversichtlich, dass alle 30 Nato-Partnerstaaten den Beitritt von Finnland und Schweden unterstützen werden, wie sie es in einem ersten Schritt auf dem Nato-Gipfel in Madrid Ende Juni bereits getan haben. Ich meine, 23 Staaten haben es bereits ratifiziert. Wir sind sehr zuversichtlich, dass die sieben noch ausstehenden Ratifikationsurkunden demnächst unterzeichnet werden.

Klamt: Bundesfamilienministerin Paus geht auf Sommertour. Die Reise findet in zwei Teilen am 15. und 16. August sowie am 22. und 23. August statt. Dabei steht der Austausch zu den Schwerpunkten der Demokratieförderung, der Bekämpfung von Kinderarmut und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Vordergrund. Zunächst reist Ministerin Paus am 15. und 16. August nach Hessen und Nordrhein-Westfalen. Teil zwei der Tour führt nach Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Zum ersten Teil der Reise ein paar Details: Start der Tour ist am kommenden Montag im Kinder- und Jugendzentrum Bieberich in Wiesbaden, das durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert wird. Danach geht es weiter zum Eltern-Kind-Treff in Bonn-Dransdorf, um mit dem Kinderschutzbund und Familienpatinnen über die Bewältigung der Coronapandemie und die Kindergrundsicherung zu sprechen. Am Nachmittag steht ein Besuch des Unternehmens TML Technik GmbH auf dem Programm, das sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzt.

Am Dienstag wird die Reise in Duisburg beim Bündnis Hochfeld fortgesetzt, das sich für mehr Teilhabe und Chancengerechtigkeit von Kindern engagiert. Im Anschluss geht es weiter nach Bocholt zu ROSE Bikes GmbH. Dies ist ebenso ein Unternehmen, das sich vielfältig für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in unterschiedlichen Lebensphasen einsetzt. Die letzte Station des ersten Teils der Reise führt nach Recklinghausen. Dort wird sich Ministerin Paus mit NinA NRW austauschen. Die Organisation unterstützt Jugendliche und Erwachsene beim Ausstieg aus rechten Strukturen. Begleitet wird Ministerin Paus von lokalen Politikerinnen und Politikern.

Collatz: Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir aus Mali erneut frustrierende Nachrichten erhalten haben. Erst gestern hatte Frau Lambrecht vom amtierenden Verteidigungsminister Camara in einem Telefongespräch die Zusicherung erhalten, dass es nunmehr keine weiteren Auflagen, die nicht abgesprochen sind, Überflugverbote und Ähnliches geben solle. Jetzt hat die malische Regierung erneut Überflugrechte für einen für heute geplanten Flug eines zivilen Vertragspartner verweigert. Dieser Flug sollte dem Personalwechsel dienen. Die Ministerin hat sich dazu eben geäußert. In diesen Minuten geht auch eine Obleuteunterrichtung des Einsatzführungskommandos hinaus.

Ich kann kurz die Äußerung der Ministerin zitieren: Erneut haben die malischen Machthaber der MINUSMA Überflugrechte verweigert. Die Taten Camaras sprechen eine andere Sprache als seine Worte. Daher müssen wir Maßnahmen ergreifen und stellen die Operation unserer Aufklärungskräfte und die Transportflüge mit CH-53 bis auf Weiteres ein.

Hintergrund ist, dass es sich bei dem Flug um einen Austauschflug von Personal gehandelt hat. Etwa 140 Frauen und Männer, die heute für den Flug geplant waren, konnten wir nicht nach Mali verlegen. Weitere ca. 110 Personen konnten nicht aus Mali herausverlegt werden. Insbesondere waren für diesen Flug auch Sicherungskräfte vorgesehen, die die jetzt langsam abfließenden französischen Kräfte ersetzen sollten. Damit ist ohne eine Neuaufstellung die Sicherheit vor Ort nicht mehr gewährleistet. Wir mussten die Kräfte, die vor Ort sind, für Sicherungsaufgaben bereithalten. Damit ist es nicht mehr möglich, MINUSMA in den operativen Aufklärungsmissionen zu unterstützen.

Wir werden Sie darüber auf dem Laufenden halten, wie es mit dem Personal vor Ort weitergeht. Die Flugplanungen laufen natürlich. Ich kann Ihnen dazu aber im Moment noch keine Details nennen. Vor allen Dingen muss ich hier auch deutlich machen, dass wir mit Sorge auf die Entwicklung schauen, wenn die Unsicherheiten bezüglich des Verhaltens der malischen Regierung immer größer werden.

Frage: Herr Collatz, können Sie bitte sagen, ab wann das gilt und ob die Soldaten abgezogen werden oder ob sie einfach im Feldlager in Gao verbleiben und nichts mehr tun? Wie läuft das praktisch?

Frau Sasse, wie kommentiert das Auswärtige Amt die vorläufige Einstellung? Denn Anfang der Woche war noch ein Spitzendiplomat von Ihnen, Herr Buck, in Mali und hat ebenfalls andere Signale bekommen. Hoffen Sie auf eine Lösung dieses Falls?

Collatz: Die Maßnahmen beginnen ab jetzt. Der Kontingentführer vor Ort hat das dem internationalen MINUSMA-Kontingentführer bereits angezeigt. Begründet ist das in der Tatsache, dass die Sicherungskräfte, die in Mali jetzt gebraucht werden, nicht aus Deutschland nach Mali gelangen können. Daher müssen wir für Sicherungsaufgaben auf das Personal vor Ort zurückgreifen, und dieses steht dann nicht mehr für operative Aufgaben im Rahmen von MINUSMA zur Verfügung.

Zusatzfrage: Bedeutet das, dass das vorhandene Personal noch Sicherungstätigkeit ausübt? Die Frage, ob die Leute jetzt nach Deutschland zurückgeholt werden oder ob sie einfach im Feldlager sitzen und nichts mehr machen können, haben Sie ja nicht beantwortet.

Collatz: Da im Moment keine Austausche stattfinden, bleibt das Personal natürlich vor Ort und wird jetzt sofern erforderlich nach und nach mit neuen Aufgaben versehen, um die Sicherheit des Kontingents vor Ort gewährleisten zu können.

StS Hebestreit: Vielleicht darf ich an einer Stelle ergänzen, weil es natürlich auch um die Zukunft des deutschen Engagements in Mali geht. Dazu steht die Bundesregierung in engem Austausch mit unseren internationalen Partnern, aber auch mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Deutschland ist weiterhin dazu bereit, sich an der UN-Friedensmission in Mali zu beteiligen. Ein solcher Einsatz ist aber nur dann sinnvoll, wenn er auch von der dortigen Regierung unterstützt wird.

Zusatzfrage : Frau Sasse?

Sasse: Ich kann dem an dieser Stelle nur wenig hinzufügen. Denn Herr Collatz und Herr Hebestreit haben das schon sehr richtig dargestellt. Auch die Außenministerin hat vergangene Woche beispielsweise anlässlich einer Pressekonferenz in Montréal sehr deutlich gemacht, wie sie die Lage sieht, dass der Schutz der Soldatinnen und Soldaten auch für Sie selbstverständlich oberste Priorität hat und dass wir den Dialog mit der malischen Regierung vor genau diesem Hintergrund führen. Denn Sie wissen, dass Rotation und Überflugrechte natürlich sehr zentral gerade für diese Aspekte, Schutz und Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten, sind.

Sie haben angesprochen, dass einer unserer Kollegen diese Woche in Mali war und Gespräche mit der malischen Regierung geführt hat. Auch dabei gab es gewisse Zusicherungen, die so nicht eingehalten wurden, wie wir heute feststellen mussten. Wir als Bundesregierung besprechen jetzt, wie man darauf angemessen reagiert.

Frage: Herr Collatz, dieses Hin und Her erleben wir nun schon seit Wochen, um nicht zu sagen: seit Monaten. Ministerin Lambrecht hat immer gesagt: Wenn wir dort nicht gewollt sind, dann ist es Zeit für den Abzug.

Gibt es mit dem Vorfall von heute einen Trend, einen Spin in den Diskussionen in Richtung eines Abzugs?

Collatz: Es wäre sicherlich verfrüht, so konkret darüber zu reden. Die Signale, die wir aufnehmen, sind aber relativ eindeutig. Wir beraten uns und stimmen uns natürlich auch mit unseren Partnern ab. Das wäre nicht nur eine deutsche Entscheidung, sondern wir sind wie immer, wenn wir militärisch unterwegs sind, in eine große partnerschaftliche Organisation eingebunden. Das muss abgestimmt werden.

Sasse: Wir führen dazu selbstverständlich auch Gespräche mit den Vereinten Nationen. Vergangene Woche haben wir den Generalsekretär persönlich in New York gesprochen. Die Gespräche dauern an.

Frage: Eine Frage an Sie beide: Welche Erkenntnisse haben Sie, welche Rolle Russland in dem Zusammenhang spielt und wie groß der Einfluss auf die malische Regierung ist?

Collatz: Konkret zu der Untersagung des heutigen Fluges habe ich keine Erkenntnisse.

Sasse: Ich habe zu dem konkreten Anlass und zu russischen Einflüssen auch nichts beizutragen.

Zusatzfrage: Und generell?

Sasse: Ich glaube, darum braucht man nicht herumzureden. Das haben wir an dieser Stelle immer wieder deutlich gemacht. Wir beobachten den russischen Einfluss in Mali mit Sorge. Die malische Regierung hat gerade in dieser Woche noch einmal deutlich gemacht, worin dieser Einfluss ganz konkret besteht, auch materiell. Wir nehmen das natürlich mit der malischen Regierung auf. Wir haben das in den Gesprächen thematisiert, die die Außenministerin auf ihrer Reise in Mali persönlich mit dem Übergangspräsidenten und verschiedenen anderen Regierungsmitgliedern geführt hat. Wir sehen das zweifellos mit großer Sorge.

Collatz: Ich kann ergänzen, dass die große Sorge, die natürlich auch Ministerin Lambrecht hat, wenn wir eine zunehmende russische Präsenz Russlands vor Ort sehen, Gesprächsgegenstand des gestrigen Telefonats war. Das geht alles nicht gut zusammen.

Frage: Sind angesichts all dessen, was Sie gerade aufgezählt haben, die deutschen Soldaten aktuell noch in Mali gewollt? Das war ja die Frage meines Vorredners.

Collatz: Das ist die große Frage, die wir uns alle stellen. Die Analysen dazu laufen, auch Planungen und Gespräche laufen. Frau Sasse hat das ja eben noch einmal ganz deutlich gemacht.

Frage : Frau Sasse, weil das nicht jeder weiß, die Frage: Sie sagten eben, es sei deutlich geworden, mit welchem Material und wie die Russen im Einsatz sind. Könnten Sie das noch einmal erläutern?

Sasse: Ich kann darauf verweisen, vielleicht möchte Herr Collatz ergänzen, dass die malische Luftwaffe selber diese Woche vier neu erworbene Kampfflugzeuge und einen Kampfhubschrauber vorgestellt hat. Das ist ein Teil der Erkenntnisse, die wir dazu haben.

Collatz: Das war ja auf Twitter gut wahrzunehmen.

Frage: Herr Collatz, können Sie etwas zur Belastung sagen, die das für das Personal bedeutet, das nicht ausgetauscht werden kann?

Collatz: Sie können sich vorstellen, dass die Soldatinnen und Soldaten vor Ort nach vier bis sechs oder gar mehr Monaten darauf drängen, ihre Familien und Freunde wiederzusehen und in die Heimat zurückzukommen. Das ist natürlich auch mental eine Belastung. Jeder Soldat, jede Soldatin, der beziehungsweise die in den Einsatz geht, weiß, dass es immer einmal wieder zu Verzögerungen kommen kann. Da ist man auch mental aufgestellt. Aber angesichts des Hin und Her würde ich aus eigener Erfahrung schon von einer deutlich erhöhten Belastung sprechen.

Frage: Könnten Sie erklären, wie die Situation in Bezug auf die Mission MINUSMA ist, wenn die Deutschen keine Aufklärungsmission mehr durchführen können?

Collatz: Frau Kürschner, diese Frage müssten Sie im Detail natürlich MINUSMA stellen. Es ist jetzt an MINUSMA, zu schauen, ob es für diese Aufgabe Ersatzmöglichkeiten gibt. Das kann ich von hier aus nicht beurteilen. Für uns steht die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten und des Umfelds der Stationierungsorte im Vordergrund. Das hat Vorrang. Nur wenn das sichergestellt ist, können wir unsere Aufgaben, die wir mit MINUSMA vereinbart haben, wahrnehmen.

Frage: Herr Collatz, Frau Sasse, Sie haben in dieser Woche beide sehr hochrangig gewisse Zusagen von der malischen Regierung bekommen, was das weitere Verhalten angeht. Sie haben Zusicherungen bekommen, dass das deutsche Kontingent dort sehr wohl erwünscht sei. Wie bewerten Sie es, wenn diese Zusagen nicht eingehalten werden? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus?

Collatz: Ich kann hier nur auf die eben zitierten Worte von Frau Lambrecht verweisen, die auf die Diskrepanz zwischen Taten und Worten hinweist. Über Konsequenzen haben wir eben auch gesprochen.

Sasse: Herr Kollege, ich glaube, wir haben an dieser Stelle und auch bei verschiedenen anderen Anlässen immer wieder deutlich gemacht, dass wir die malische Übergangsregierung als schwierigen Partner wahrnehmen, auch wegen des Hin und Her, das Herr Collatz ausführlich dargestellt hat. Das hat sich natürlich auch durch die Gespräche nicht geändert, die wir in dieser Woche geführt haben.

Frage: Herr Hebestreit, die Gasspeicher sind jetzt doch ganz gut gefüllt, wie es aussieht. Es ist die Rede von 74 Prozent, Richtung 75 Prozent. Ist das eine gute Nachricht? Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das eine gute Nachricht ist? Sparen die Bürger genug, oder woran liegt das?

StS Hebestreit: Erst einmal ist es eine gute Nachricht, dass wir vorankommen. Ich habe heute Morgen auch die Zahl 74,4 Prozent gesehen. Es geht also deutlich voran. Darüber, woran das jetzt genau liegen mag, müsste ich spekulieren. Ich habe auch keine Hinweise darauf, dass es massive Einsparungen gibt. Es gibt gewisse Einsparungen. Es gab gestern oder vorgestern Medienberichte dazu, auf die ich mich stützen müsste. Grundsätzlich hilft uns natürlich auch das gute Wetter, hohe Fotovoltaik, intensive Sonnentage, was man auch nicht vergessen darf. Trotzdem bleibt es dabei: Wir wollen erreichen, dass wir sehr, sehr volle Speicher haben, bevor die Heizsaison und damit die kalte Jahreszeit beginnt. Da gilt es weiterhin, wenn irgend möglich zu sparen.

Ungrad: Ich kann ergänzend sagen, dass es bezüglich der Befüllung der Gasspeicher eine Ministerverordnung gibt, nach der die Unternehmen verpflichtet sind, bis zu einem bestimmten Monat die Gasspeicher zu füllen. Wir haben Trading Hub Europe beauftragt, besonders Speicher zu befüllen, die nicht befüllt werden. Dazu zählen Rehden, Wolfersberg und Katharina. Wenn man betrachtet, dass Rheden vor anderthalb Monaten mit 12 Prozent angefangen hat und jetzt bei 52 Prozent liegt oder Katharina bis vor Kurzem bei Null lag und jetzt bei 43 Prozent liegt, dann zeigt das, dass es vorangeht und auf den Gesamtdurchschnitt geht. Was Rheden angeht, kommt noch hinzu, dass es einer der größten Speicher Deutschlands ist. Wenn dieser einen höheren Füllstand hat, ist die Prozentzahl insgesamt auch höher.

Frage: Können Sie beziffern, wie hoch aktuell der Anteil an norwegischem Gas am deutschen Gasmix ist? Zuletzt war die Rede von einem Drittel bis 40 Prozent und es war vom zweitgrößten Lieferanten die Rede. Ist das der aktuelle Stand? Können Sie die Prozentzahlen näher eingrenzen?

Ungrad: Ich kann Ihnen das nicht sagen, weil, wie Sie wissen, die Unternehmen die Gasverträge machen und die Liefermengen vorgeben. Wir haben keine Informationen dazu, wie hoch genau der Anteil ist, der aus Norwegen oder aus anderen Ländern eingekauft wird. Das müssten Sie die Unternehmen oder vielleicht den Verband fragen. Uns liegen keine exakten Zahlen vor.

Was Pipelinegas angeht, ist es so, dass wir hinsichtlich dessen, was über die Grenze kommt, nicht genau wissen, woher es exakt kommt. Das heißt, wir wissen schon, woher es kommt, aber wir wissen nicht, wohin es weitergeht. Es kann ja aus Deutschland in andere Länder durchlaufen, sodass wir nicht wissen, ob das Gas dann auch in Deutschland bleibt.

Frage: Sie hatten den prozentualen Anteil von Rheden genannt. Fließt der Gasspeicher im österreichischen Haidach auch in diese Berechnungen mit ein, oder wird er separat behandelt? Wie stark ist der inzwischen gefüllt?

Ungrad: Der Gasspeicher in Haidach fließt nicht mit ein. Ich kann Ihnen die exakten Zahlen nicht sagen. Ich glaube, der deutsche prozentuale Anteil liegt bei 43 Prozent. Was den österreichischen Anteil angeht, weiß ich es nicht. Das müsste ich nachliefern. Der deutsche Teil wird jetzt auf jeden Fall stetig befüllt.

Frage: Meine Frage bezieht sich auf die Gasumlage. Hier war ja noch die Frage der Mehrwertsteuer offen. Wie weit sind diesbezüglich die Verhandlungen vorangeschritten? Bis wann soll es eine Lösung geben?

Kalwey: Hierzu hatte sich meine Kollegin am Mittwoch geäußert, aber auch der Minister in einem Statement. Die Arbeiten daran laufen auf Hochtouren. Wir sind im engen Austausch mit der Kommission. Zum genauen Zeitplan kann ich Ihnen leider keine Informationen geben. Es gibt seit Mittwoch keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Ist aber davon auszugehen, dass es bis Montag ein Ergebnis gibt? Dann soll ja die Höhe der Gasumlage bekannt gegeben werden.

Kalwey: Zum Zeitplan kann ich Ihnen, wie gesagt, keine Auskunft geben. Wir befinden uns darüber in engem Austausch. Klar ist natürlich: Das politische Ziel ist klar. Aber ich bitte Sie um Verständnis, dass ich Ihnen jetzt keine Auskunft zum Zeitplan geben kann.

Voritzender Szent-Iványi: Das BMWK vielleicht?

Ungrad: Ich kann dem auch nur beipflichten, dass wir uns innerhalb der beiden Ressorts im Austausch befinden. Unsere Meinung kennen Sie ja. Ich denke, wir sind innerhalb der Bundesregierung auch einer Meinung, dass die Gasumlage ein nicht leichtzunehmendes oder neues Produkt ist und dass auf der anderen Seite natürlich so etwas wie die Mehrwertsteuersenkung stehen müsste.

Zusatzfrage: Wäre es vorstellbar, dass Sie die Höhe der Umlage am Montag bekannt geben, ohne dass die Mehrwertsteuerfrage geklärt ist?

Ungrad: Das ist ja auch insofern kein Problem, als das Geld ja erst im Oktober kommt beziehungsweise als die Unternehmen ja bis Oktober sowieso noch zahlen und für die Mehraufwendungen aufkommen müssen. Erst danach würde die Umlage ja weitergegeben werden, und erst im November beziehungsweise Dezember würde sie, wenn sie weitergegeben wird, auf den Gasrechnungen der Endkunden zu sehen sein.

Frage: Herr Hebestreit, nachdem der Bundeskanzler die Entscheidung des Haushaltsausschusses, Herrn Schröder, dem Altkanzler, einige seiner Sonderrechte zu entziehen, als folgerichtig begrüßt hat, wie beurteilt denn der Bundeskanzler nun die Klage des Altkanzlers gegen die Entscheidung des Bundestags?

StS Hebestreit: Dazu hat sich der Bundeskanzler nicht geäußert und auch nicht verhalten. Grundsätzlich steht in einem Rechtsstaat der Rechtsweg jedem offen.

Zusatz : Es gibt also zunächst einmal keinen Kommentar von Ihnen zu der Entscheidung.

Frage: An das Wirtschaftsministerium: Gibt es irgendwelche News zu einem möglichen Energiesolidaritätsabkommen mit der Schweiz?

Ungrad: Wir haben uns ja schon mehrfach so geäußert, dass es Gespräche gibt, aber über Fortschritte kann ich Ihnen derzeit nichts berichten.

Zusatzfrage: Aber es ist nicht ausgeschlossen, mit einem Nicht-EU-Staat wie der Schweiz ein solches Abkommen zu schließen?

Ungrad: Prinzipiell ist nichts ausgeschlossen. Aber zum Stand von Gesprächen und dazu, wie die Gespräche fortgeführt werden, kann ich Ihnen derzeit keine Neuigkeiten berichten.

Zusatzfrage: Auch keinen Zeithorizont?

Ungrad: Ich kannIhnen ja gar keine Neuigkeiten darüber berichten, ob es zustande kommt, und insofern auch keinen Zeithorizont nennen.

Frage: Zur Gedenkfeier anlässlich des Münchners Attentats habe ich eine Frage an den Regierungssprecher: Wie beurteilen Sie die Absage der Opferfamilien für die geplante Gedenkfeier?

StS Hebestreit: Vor dem Hintergrund des anstehenden 50. Jahrestags des Attentats auf israelische Sportler im September 1972 bei den Olympischen Sommerspielen in München hat sich die Bundesregierung erneut intensiv mit den Hintergründen und Auswirkungen dieses grausamen Anschlags beschäftigt. Im Mittelpunkt steht dabei das würdige Gedenken an die Opfer und die tiefe menschliche und politische Dimension dieses schrecklichen Attentats. Im Hinblick auf die Bedeutung der deutsch-israelischen Beziehungen und die bis heute andauernden tiefen Verletzungen der Angehörigen hält die Bundesregierung eine Neubewertung des Umgangs mit den damaligen Ereignissen sowie deren gründliche historische Aufarbeitung für zwingend erforderlich. Hierzu zählen die Aufarbeitung der Geschehnisse durch eine Kommission israelischer und deutscher Historiker, die politische Bewertung, Einordnung und Erinnerung aus heutiger Perspektive im Rahmen der Gedenkveranstaltung sowie die Bereitstellung weiterer Anerkennungsleistungen im Respekt vor der politischen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland und dem einzigartigen Verhältnis zu Israel.

Deswegen hat sich die Bundesregierung gemeinsam mit dem Freistaat Bayern und der Stadt München dazu entschieden, zusätzlich zu den bisher gezahlten Beträgen weitere Anerkennungsleistungen an die Hinterbliebenen bereitzustellen. Die Bundesregierung bedauert es, dass es bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht gelungen ist, auf dieser Grundlage mit allen Hinterbliebenen zu einem Konsens zu kommen und betont ausdrücklich ihre Bereitschaft zu weiteren Gesprächen.

Natürlich bedauern wir sehr die Absage der Hinterbliebenen für diese Veranstaltung. Die Bundesregierung verleiht ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ein Weg gefunden wird, damit sich die Hinterbliebenen doch noch entschließen können, an der Gedenkveranstaltung am 5. September teilzunehmen.

Zusatzfrage: Sie haben den Gesprächsstand der Verhandlungen angerissen. Können Sie vielleicht sagen, ob die Verhandlungen am Ende angelangt sind oder ob an den Entschädigungszahlungen noch einmal gerüttelt werden könnte?

StS Hebestreit: Ich habe ja angedeutet oder auch gesagt, dass man für weitere Gesprächen bereitsteht. Insofern ist das vielleicht Teil der Antwort, nach der Sie suchen.

Frage: Sie haben ja die Bereitschaft zu weiteren Ausgleichszahlungen angesprochen. Das ist ja offenbar für die Hinterbliebenen der Knackpunkt. Die haben sich auch öffentlich dazu geäußert, dass sie das, was ihnen bisher angeboten worden ist, auf gut Deutsch als Frechheit empfinden. Können Sie noch einmal darlegen, was die Bundesregierung bisher angeboten hat und ob sie bereit ist, über dieses Angebot hinauszugehen? Die Vorstellungen, die von den Hinterbliebenen geäußert worden sind, bewegen sich ja im Bereich eines niedrigen dreistelligen Millionenbetrags.

StS Hebestreit: Da diese Gespräche ja noch laufen, möchte ich sie nicht dadurch erschweren, dass wir genau diese sicherlich für Sie sehr interessanten Details hier öffentlich ausbreiten. Grundsätzlich ist es so, dass die Bundesregierung im Gespräch mit den Hinterbliebenen bleiben möchte und auch über die Fragen, die alle bewegen, konstruktiv verhandeln will. Aber das wollen wir nicht über die Bundespressekonferenz machen.

Frage: Inwiefern spielt bei den Erwägungen der Höhe der Zahlungen eine Rolle, dass die Befürchtung besteht, dass bei anderen Entschädigungsforderungen, es gibt ja immer wieder Terroranschläge etc., vergleichbar hohe Summen aufgerufen werden würden und man dann in die Notwendigkeit geraten würde, auch hier sehr hohe Entschädigungszahlungen zu leisten? Wenn man das zum Beispiel damit vergleicht, wie die USA Entschädigungen leisten, dann sind unsere Summen natürlich minimal.

StS Hebestreit: Sicherlich muss man all solche Fragen miteinander in ein Verhältnis setzen, und man muss es auch mit bisherigen Leistungen für andere Fälle ins Verhältnis setzen. Das heißt aber nicht - das war ja eben die Frage -, dass damit die Verhandlungen und Gespräche keinen Sinn mehr ergeben.

Frage: Ich würde gerne angesichts des massenhaften Fischsterbens in der Oder fragen, ob das Umweltministerium in irgendeiner Form an der Aufklärung der Ursachen beteiligt ist oder ob das auf untergeordneten Ebenen stattfindet, und auch, ob es einen Austausch mit der polnischen Seite gibt, weil jetzt Vorwürfe im Raum stehen, dass die polnische Seite nicht ausreichend früh genug oder gar nicht gewarnt habe, dass sich dort eine Umweltkatastrophe anbahnt.

Stolzenberg: Ja, die Bilder von Massen toter Fische gehen sicherlich nicht nur Naturschützern zu Herzen, und wir beobachten die Situation sehr genau. Zunächst ist das von den Zuständigkeiten her ein Fall für Brandenburg. Das Umweltministerium vor Ort und auch die lokalen Behörden sind, sobald sie davon erfahren haben, dass sich dort eine Umweltkatastrophe anbahnt, aktiv geworden. Dafür an dieser Stelle also auf jeden Fall ein großes Dankeschön!

Tatsächlich wissen wir, dass die Meldekette, die für solche Fälle vorgesehen ist, nicht funktioniert hat. Normalerweise gibt es auf der Basis der Internationalen Kommission zum Schutz der Oder vor Verunreinigungen eine Absprache und auch regelmäßige Tests in Bezug auf diese Meldekette. In diesem Fall hat das bis gestern nicht funktioniert. Gestern gab es dann schließlich die Meldung, die von der polnischen Seite hätte kommen müssen. Aber da war die Verschmutzung auf deutscher Seite eben tatsächlich auch schon bekannt. Das ist das, was ich im Augenblick dazu sagen kann.

Wir stehen vor einem noch unvollständigen Bild. Wir befinden uns darüber im Austausch mit den Brandenburger Behörden, um einerseits Informationen zu bekommen, aber zum anderen natürlich auch, um im Rahmen unserer Zuständigkeiten und Möglichkeiten Hilfe anzubieten. Wir stehen auch im Austausch mit der polnischen Regierung, mit dem Infrastrukturministerium und mit der Botschaft, um eben tatsächlich möglichst schnell Klarheit zu schaffen. Wir brauchen jetzt also Klarheit über die Stoffe, die dort tatsächlich im Wasser sind. Das ist zwar qua Zuständigkeit in erster Linie eine Aufgabe für die Brandenburger Behörden, aber wir helfen eben dort, wo unsere Hilfe gewünscht wird und wo wir helfen können.

Zusatzfrage: Erkennen Sie denn auf der polnischen Seite erste Maßnahmen oder Schritte, um diese Versäumnisse in der Meldekette zu untersuchen und da Abhilfe zu schaffen?

Stolzenberg: Wir stehen über die von mir erwähnte Kommission zum Schutz der Oder vor Verunreinigungen im Austausch. Wir müssen jetzt einfach schauen, was der Austausch bringen wird. Das ist ja alles noch relativ frisch. Insofern kann ich Ihnen dazu keine weiteren Angaben machen.

Frage: Herr Hebestreit, CDU-Chef Friedrich Merz hat den Kanzler ja aufgefordert, von seiner Richtlinienkompetenz in der Frage des Weiterbetriebs der noch bestehenden drei Atomkraftwerke Gebrauch zu machen, sonst drohe ein Stromengpass mit katastrophalen Folgen für sehr viele Haushalte in Deutschland. Wird der Bundeskanzler möglicherweise einmal Kontakt mit Herrn Merz aufnehmen und darüber reden, oder wie wird die Meinungsbildung in der Bundesregierung weitergehen? Sieht er die Notwendigkeit, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen?

StS Hebestreit: Ich stutze deswegen, weil ich mir gerade überlege, ob der Bundeskanzler da auf etwas hingewiesen hat, das er bisher nicht im Blick hatte. Ich glaube, die Bundesregierung ist das Thema der Energieversorgung sowie der Stromversorgung und auch der Sicherung der Stromversorgung sehr intensiv und direkt, wie er es ja gestern hier auch noch einmal ausgeführt hat, angegangen. Seit dem ersten Tag nach der Amtsübernahme ist er das angegangen und hat nach gewissen Versäumnissen, die es vorher gab, nämlich sich für den Fall vorzubereiten, dass Energielieferungen aus Russland nicht mehr zur Verfügung stehen, intensive Vorkehrungen in die Wege geleitet.

Wenn ich richtig informiert bin - Sie vielleicht auch, aber zwischendurch war ja auch Sommerpause -, hat die Bundesregierung beschlossen, einen weiteren Stresstest zu machen, um unter den sich verändernden Bedingungen zu prüfen, ob ein Streckbetrieb der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke möglich ist. Dieser Stresstest läuft im Augenblick. Das Ergebnis gilt es abzuwarten. Wenn man das Ergebnis hat, muss man sehen, ob es zu verantworten ist, das zu tun, oder nicht. So, glaube ich, ergibt das Ganze nicht nur Sinn, sondern ist auch gute Politik, und daran wollen wir uns orientieren.

Zusatzfrage : Dieser Stresstest ist mir selbstverständlich auch nicht im Urlaub entgangen. - Ich habe noch die Nachfrage, ob der Kanzler damit rechnet, dass sich zum Beispiel die Grünen, die sich schon mehr oder weniger auf ein striktes Nein zu einer Verlängerung der Laufzeiten festgelegt haben, bei einem entsprechenden Ausgang des Stresstests der Meinung des Kanzlers oder auch der anderen Ressorts anschließen würden oder ob dann möglicherweise die Richtlinienkompetenz notwendig werden würde. Ich möchte noch einmal auf das Wort Richtlinienkompetenz kommen!

StS Hebestreit: Jetzt sind wir beide schon relativ lange in unterschiedlicher Verwendung in dieser Veranstaltung. Sie wissen, wie das mit hypothetischen Fragen ist. Ich glaube, Sie haben jetzt drei Hypothesen vorgeschaltet, bevor ich darauf antworten sollte.

Grundsätzlich ist es so, dass die Bundesregierung von drei Parteien getragen wird. Die Bundesregierung hat sich, getragen von diesen drei Parteien, auf den Stresstest verständigt, und dessen Ergebnis gilt es abzuwarten. Wenn das Ergebnis vorliegt, dann wird es bewertet.

Frage: Herr Collatz, am Mittwoch hatte das AA zu den Ortskräften in Afghanistan aus seiner Sicht Stellung genommen. Heute, vor dem großen Jahrestag, habe ich noch einmal die Frage an das BMVg: Wie ist Ihre Bilanz mit Blick auf die Ortskräfte und deren Ausreise aus Afghanistan? Warum stockt der Prozess? Wenn man sich umhört, hört man immer wieder von ehemaligen Ortskräften, auch solchen mit einer Aufnahmezusage, die es dann doch nicht schaffen, nach Deutschland zu kommen.

Collatz: Da wir ja nicht mehr in Afghanistan vertreten sind, haben wir natürlich kein Bild von den Verhältnissen vor Ort. Wir plotten die Zahlen mit, die wir aus den anderen Ressorts erhalten. Diesbezüglich kann ich Ihnen aber aktuell keine neue Entwicklung mitteilen.

Zusatzfrage: Welche Vermutung haben Sie denn, warum der Prozess stockt? Von den Taliban werden im Moment keine Reisepässe ausgehändigt. Was hören Sie von dort?

Collatz: Ich kann gerne noch einmal die Zahlen, die aber eigentlich bekannt sind, wiederholen: Wir gehen davon aus, dass bisher insgesamt rund 1344 ehemalige Ortskräfte, die bei der Bundeswehr gedient haben, in Deutschland sind, und wissen auch von etwa 450 ehemaligen Ortskräfte, die berechtigt sind, die Einreise noch zu tätigen. Wir haben, das wissen Sie auch, in Potsdam beim Einsatzführungskommando ein sogenanntes Callcenter eingerichtet, durch das wir mit allen, die wir erreichen können, auch Verbindung halten und versuchen, zu unterstützen. Da sind die Zahlen so, dass wir zu 270 der genannten etwa 450 Personen derzeit Kontakt haben und, wie gesagt, versuchen, dort zu unterstützen.

Frage: Herr Hebestreit, wie beunruhigt ist die Bundesregierung über die derzeitigen Geschehnisse im AKW Saporischschja? Welche Erkenntnisse haben Sie darüber, was da tatsächlich passiert?

StS Hebestreit: Natürlich ist die Bundesregierung beunruhigt über das, was aus der Ukraine zu diesem Thema - zu Kämpfen, die sich um das AKW herum abspielen - an Informationen zu uns gedrungen ist. Wir haben an verschiedener Stelle immer wieder deutlich gemacht, zuletzt im Rahmen der G7-Außenministerinnen und -Außenminister - am Mittwoch war es, glaube ich -, dass wir alle Seiten dazu aufrufen, diesen hochgefährlichen Beschuss unverzüglich einzustellen. Das ist eine brisante Situation. Wir haben aber keine eigenen Erkenntnisse, die ich hier mit Ihnen teilen könnte, über die Frage, was sich da eigentlich abspielt.

Frage: Herr Collatz, soeben laufen über verschiedene Agenturen und Medien Meldungen, dass der Mali-Einsatz der Bundeswehr beendet sei. Können Sie das so bestätigen?

Collatz: Nein. Ich unterstreiche das, was ich bereits sagt habe: Wir werden die Aufklärungsmission als Anteil unseres Beitrags zu MINUSMA vorübergehend einstellen.