Rede von Bundeskanzler Scholz anlässlich des Besuchs des ABB-Ausbildungszentrums am 6. September 2022

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Sehr geehrter Herr Voser,
sehr geehrter Herr Ochsner,
sehr geehrte Herr Atiya,
sehr geehrte Herren Botschafter,
liebe Auszubildende!

Für Sie insgesamt beginnt heute ein neuer Lebensabschnitt. Sie starten in Ihre berufliche Zukunft. Ich will Ihnen gleich vorweg sagen: Dass Sie heute hier sind und Ihre Ausbildung anfangen, damit haben Sie alles richtig gemacht! Denn die duale Berufsausbildung ist und bleibt die wichtigste Ausbildung in Deutschland. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist die Grundlage für ein sicheres Einkommen und für viele der anderen Ziele, die Sie vielleicht schon haben – sich etwas aufbauen zu können, eine Familie zu gründen und vieles mehr.

Seit ich Politik mache, beschäftigt mich die Frage, wie wir es schaffen, dass sich wieder mehr junge Leute für eine Berufsausbildung entscheiden, und wie wir dafür sorgen, dass sie einen Ausbildungsplatz finden, der zu ihnen passt und der ihnen Spaß macht. Darüber haben wir auch letzte Woche auf der Klausur mit allen Ministerinnen und Ministern beraten.

Meine Erfahrung ist, dass man viel stärker über die vielen Berufsmöglichkeiten und Karrierechancen informieren muss und dass man damit frühzeitig anfangen muss – in der achten, neunten und zehnten Klasse der Schulen, vielleicht auch einmal über ein Praktikum in einem Betrieb. Deshalb habe ich mich in unterschiedlichen Funktionen immer dafür eingesetzt, dass wir mehr Jugendberufsagenturen haben und dort junge Leute bei ihrer Berufswahl unterstützen.

Denn die Welt hat sich weitergedreht. Es ist heute nicht mehr so wie vor 30, 40 Jahren, als viele geschaut haben, was Eltern, Onkel oder Tanten beruflich machen, und dann in diese Fußstapfen getreten sind. Heute wollen auch nur noch die wenigsten mit 17 Jahren entscheiden, welchen Beruf sie für den Rest des Lebens ausüben möchten.

Die Berufswege sind heute viel offener als früher. Wer später im Leben noch einmal etwas Neues ausprobieren möchte und sich zum Beispiel für eine zusätzliche oder andere Berufsausbildung entscheidet, für den muss das mit staatlicher und betrieblicher Unterstützung möglich sein. Das war mir immer ein großes Anliegen. Genauso gibt es die Möglichkeit, für die ich mich immer stark eingesetzt habe, dass man auch mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung später noch studieren kann, übrigens auch ohne Abitur. In vielen Ländern in Deutschland geht das schon. Natürlich gibt es auch diejenigen, die sich gar nicht nach der achten, neunten oder zehnten Klasse, sondern nach dem Abitur für eine Berufsausbildung entscheiden, weil sie etwas Praktisches machen wollen, und die machen nichts falsch.

Aber nicht nur bei den Berufswegen hat sich vieles getan, auch bei den Berufen selbst. Ich habe einmal ein „Lexikon der untergegangenen Berufe“ in die Hände bekommen. Da gab es Berufe wie Ahlenschmiede, die Ahle hergestellt haben, also natürlich nicht die Fische, sondern so ein nadelartiges Werkzeug. Oder Zentgrafen, die im Auftrag ihrer Herren, meist eben Grafen, Steuern eingetrieben haben. Heute macht das der Arbeitgeber automatisch mit dem Finanzamt.

So, wie manche Berufe aussterben, kommen auch neue Zukunftsberufe hinzu – von der Elektronikerin für Automatisierungstechnik bis hin zum Zerspanungsmechaniker. Aber wem sage ich das: Die allermeisten von Ihnen haben sich ja für genau so einen Zukunftsberuf und vor allem auch für eine Ausbildung im ABB-Ausbildungszentrum entschieden. Denn hier hat man diese Zukunft fest im Blick.

Deshalb ist man hier bei ABB weltweit führend, zum Beispiel bei der installierten Basis von Schnellladesäulen, die wir für die Elektromobilität und für die Transformation hin zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft so dringend brauchen. Mit dem Neubau der „Lernfabrik 4.0“, den wir gleich eröffnen, schlägt ABB heute ein neues Kapitel in der Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in modernsten Fertigungstechniken auf. Hier gibt es die State-of-the-Art-Ausbildung in digitalen Berufsfeldern wie Robotik, Fachinformatik für digitale Vernetzung oder Systemintegration.

Zugleich schreibt ABB so eine Art von Geschichte erfolgreicher Verbundausbildung fort, die vor über 60 Jahren begonnen hat. Schließlich ist das ABB-Ausbildungszentrum hier in Pankow mit heute, wie wir schon gehört haben, insgesamt 800 Auszubildenden aus 150 Partnerunternehmen in 18 Ausbildungsberufen eines der größten industriellen Ausbildungszentren in Deutschland und ein echtes Aushängeschild unserer weltweit angesehenen und bewunderten dualen Ausbildung.

All das zeigt: Sie, liebe Auszubildende, haben sich genau den richtigen Ort für Ihre Ausbildung ausgesucht! Die wichtigste Zukunftsinvestition, die ABB und seine Partnerbetriebe unternehmen, ist aber die Investition in Sie, in Ihre Qualifikationen. Denn Fachkräfte, das erleben wir heute überall, sind das A und O für wirtschaftlichen Erfolg, erst recht in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland, das von Ideen und Innovationen abhängt.

Deshalb möchte ich auch ABB und den Partnerunternehmen sagen: Glückwunsch zu diesem Ausbildungslehrgang! Sie werden im Übrigen noch viele suchen müssen; es gibt ja doch einen Mangel. Insofern sollten Sie alle gut behandeln. Hier ist Ihr Fachkräftenachwuchs, die Zukunft Ihres Unternehmens!

Als Unternehmerinnen und Unternehmer, Ausbilderinnen und Ausbilder wissen Sie selbst am besten, wie wichtig gut ausgebildete Fachkräfte und vielleicht auch spätere Führungskräfte sind ‑ ein Beispiel hat eben hier gesprochen ‑ und wie wichtig dafür das Miteinander im Betrieb ist. Früher ‑ ganz früher ‑ hieß es ja immer: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“. - Auch das hat sich heute und zum Glück schon sehr, sehr lange geändert. Denn Lehrjahre sind vielmehr eine Zeit, in der beide Seiten Verantwortung übernehmen: Ausbildungsstätte und Betrieb genauso wie die Auszubildenden selbst. Gemeinsam wird das was mit dem beruflichen Erfolg, und für genau diesen Erfolg wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen alles Gute!

Schönen Dank!