„Zu lange haben wir die Augen verschlossen vor dem Unrecht, das mit diesen Bronzen verbunden blieb", sagte die Kulturstaatsministerin Roth bei der Übergabe der Bronzen in Abuja. „Wir wollen lernen aus der Auseinandersetzung mit unserer Kolonialgeschichte und wir wollen Verantwortung übernehmen.“
Es ist ein guter Tag, wenn jemand, der lange fehlte, an den Ort zurückkehrt, an den er gehört. Es ist ein Tag der Freude, auch für uns.
Wir könnten diese Freude nicht erleben, wäre es kein gemeinsamer Moment, wäre nicht Vertrauen gewachsen zwischen unseren Ländern, der Bundesrepublik Nigeria und der Bundesrepublik Deutschland.
Und in diesem Moment, einem historischen Moment, der nicht nur unsere beiden Länder, sondern auch unsere Kontinente miteinander verbindet, beginnt etwas Neues. Eine andere Art von Begegnung, getragen von Respekt füreinander und Interesse aneinander und verbunden mit dem Wunsch, voneinander zu lernen.
Wir wollen lernen aus der Auseinandersetzung mit unserer Kolonialgeschichte und wir wollen Verantwortung übernehmen. Doch das wird uns nicht allein gelingen. Wer verstehen will, welche Verantwortung uns aus dieser gemeinsamen Geschichte erwächst, findet sie in keinem Geschichtsbuch, er findet sie nur im Gespräch, im Austausch, in der Verständigung mit unseren afrikanischen Partnern und in der Empathie füreinander. Im Nachempfinden des Schmerzes, der Trauer und der offenen Wunden. Und jeder, der gestern dabei war, konnte das spüren.
Nur so wird unsere koloniale Vergangenheit Teil unserer Erinnerungskultur und das Erinnern an vergangenes Unrecht eine Verpflichtung für eine gerechtere Gegenwart.
In einem ersten konkreten Schritt ist uns das gemeinsam gelungen, mit der Rückgabe der Benin-Bronzen an die Bundesrepublik Nigeria. Sie soll die Geschichte des Raubes und des Kolonialismus nicht vergessen machen. Sie soll auch unsere Scham nicht verschleiern, die Scham darüber, dass Nigerias Wunsch nach einer Rückgabe jahrzehntelang ignoriert oder zurückgewiesen wurde. Zu lange haben wir die Augen verschlossen vor dem Unrecht, das mit diesen Bronzen verbunden blieb, die so lange in unseren Museen gezeigt wurden oder in Depots lagerten.
Mit der Rückgabe der Bronzen wollen wir etwas zeigen. Wir sind davon überzeugt, dass alle Menschen das Recht haben, ihrem Kulturerbe zu begegnen, wo es entstanden ist, in ihrer Heimat, denn ein Erbe wird immer weitergegeben, auch an zukünftige Generationen. Dieses Erbe ist ein Teil Ihrer kulturellen Identität, der Ihnen 125 Jahre verwehrt blieb. Und hier, in Nigeria, können und werden die Erben den Benin-Bronzen begegnen. Ich bin mir sicher, es werden wunderbare Begegnungen sein.
Die Voraussetzung für diesen Moment war die Gemeinsame Erklärung vom 1. Juli diesen Jahres. Dafür möchte ich unseren nigerianischen Kooperations- und Verhandlungspartnern herzlich danken. Danken möchte ich auch den fünf deutschen Museen der Benin Dialogue Group, die Rückgabevereinbarungen mit der nigerianischen Seite unterzeichnet haben.
Allen voran, Frau Professor Barbara Plankensteiner, bin ich dankbar für Ihre so wichtige Vorarbeit, die seit 2010 geleistet wurde und diesen historischen Moment möglich gemacht hat. Und ich danke allen weiteren beteiligten Museen und deren Trägern, dass Sie sich diesem Prozess angeschlossen haben.
Heute werden 20 Benin-Bronzen der deutschen Museen der Benin Dialogue Group zurückgegeben. Sie sind aber nur der Auftakt für die jetzt beginnenden Rückgaben und stehen stellvertretend für alle weiteren beteiligten deutschen Museen. Bald werden mehr dieser wunderbaren Bronzen wieder in ihre Heimat zurückkehren. Sie werden dahin zurückkehren, wohin sie gehören. Und das macht mich wirklich sehr glücklich.
Und ich bin glücklich, dass in Abstimmung mit der nigerianischen Seite auch künftig Benin-Bronzen als Leihgaben in deutschen Museen gezeigt werden können. Wir danken der Bundesrepublik Nigeria für dieses Zeichen des Vertrauens. Wir werden uns dessen würdig erweisen. Und gemeinsam mit Ihnen care-taker sein für diese Kulturgüter von universeller Geltung und Bedeutung.
Was heute beginnt, ist kein Schlussstrich, es ist ein Beginn. Der Beginn künftiger Kooperationen und eines stärkeren Kulturaustauschs. Es beginnt eine neue, eine gemeinsame Zukunft. Es ist ein Wendepunkt in der internationalen Kulturpolitik. Dazu wollen wir die deutsche und nigerianische Zusammenarbeit bei Museen, Ausstellungen, Gegenwartskunst und Archäologie vertiefen, den Aufbau des cultural districts in Edo State unterstützen und das joint learning stärken, für das exemplarisch das MuseumsLab steht. Wir wollen junge Menschen zusammenbringen, die dieselben Träume und Wünsche teilen, die diese eine Welt miteinander teilen und den Herausforderungen der Zukunft gemeinsam begegnen müssen. Wenn es uns gelingt, diesen Weg weiterzugehen, dann bin ich überzeugt, er wird uns in eine gemeinsame Zukunft führen, eine gemeinsame Zukunft Deutschlands und Nigerias und unserer beiden Kontinente – Europa und Afrika.
Der heutige Tag ist ein wirklich guter Tag. Ich werde, wir werden ihn nie vergessen. Und wie Ihr Literaturnobelpreisträger Wole Soyinka sagte: Wir werden diese Freundschaft sehr, sehr ernst nehmen.