Pressestatements von Bundeskanzler Scholz und Bundesministerin Geywitz zum „Bündnis-Tag zum bezahlbaren Wohnraum“ am 25. September 2023

  • Bundesregierung | Startseite
  • Schwerpunkte der Bundesregierung  

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

BK Scholz: Einen schönen guten Tag! Wir kommen heute zusammen zu unserem Wohnungsbaugipfel. Wir treffen uns im Rahmen des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum ‑ etwas, das wir in Deutschland unbedingt benötigen. In Deutschland müssen mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden, damit all die jungen Familien und all die Bürgerinnen und Bürger, die nach Wohnungen suchen, auch eine gute Gelegenheit haben, eine zu finden.

Das bedeutet, dass wir die Aktivitäten im Wohnungsbau massiv ausweiten müssen. Wir haben uns fest vorgenommen, das voranzubringen, und weil es von Staats wegen nicht verordnet werden kann, das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum auf den Weg gebracht. Dass wir heute hier wieder zusammenkommen, ist ein gutes Zeichen. Es sind da: Vertreter der Baubranche, der Gewerkschaften, der Wohnungswirtschaft, Förderbanken, Politik und die Verbände von Mieterinnen und Mietern.

Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in Deutschland sind nicht einfacher geworden. Das hat etwas zu tun mit dem russischen Angriff auf die Ukraine, der dazu beigetragen hat, dass viele Preise für Materialien, die auf dem Bau gebraucht werden, und auch die Preise für Energie- und Baukosten gestiegen sind.

Natürlich haben wir alle auch gespürt, dass die Inflation sich niedergeschlagen hat und dass es deshalb notwendig ist, gegen sie vorzugehen. Die Zentralbank macht das ‑ wie ich finde, sehr richtig und auch mit den richtigen Maßnahmen. Das hat aber die Konsequenz, dass wir heute höhere Zinsen haben als lange Zeit zuvor. Man erinnert sich zwar noch daran, aber es hat zu dieser Zeit oft Kritiken gegeben, dass die Zinsen zu gering seien und dass man für Ersparnisse auf seinem Sparkonto gar nicht bekam und manchmal sogar Negativzinsen zahlen musste. Diese Kritik war auch berechtigt. Dass das jetzt wieder anders wird und wir im langjährigen Vergleich relativ geringe Zinsen auch für den Wohnungsbau haben, ändert nichts daran, dass es eine plötzliche Steigerung war. Die hat dazu geführt, dass viele ihre Planungen noch einmal durchkalkulieren und überlegen, ob alles richtig war und ob sie die richtigen Wohnungen geplant haben, die sich an die große Zahl der Bürgerinnen und Bürger richtet, die nach Wohnungen sucht.

Wir alle wissen: Es ist gut, wenn sich diejenigen, die viel Geld auf den Tisch legen können, Eigentumswohnungen für hohe Preise und Häuser, die sehr, sehr viel kosten, kaufen können. Aber für die meisten von uns, für die Bürgerinnen und Bürger, gilt das eben nicht; da müssen die Wohnungen schon bezahlbar sein. Davon, von den bezahlbaren Wohnungen, brauchen wir mehr, und deshalb müssen und wollen wir hier auch alles dafür tun, damit wir das in der notwendigen Geschwindigkeit erreichen können.

Wie Sie wissen, habe ich vorgeschlagen, dass wir einen Deutschlandpakt bekommen ‑ einen Deutschlandpakt, der dazu beiträgt, die parteiübergreifend und in guter Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern über Jahrzehnte gewachsenen Vorschriften wieder zurückzubauen, damit wir schnell und zügig fertig werden können. Wir werden vielleicht nicht das Tempo früherer Jahrzehnte erreichen, aber es ist doch manchmal bemerkenswert.

Wie Sie wissen, war ich vor Kurzem in New York. Dort habe ich die Gelegenheit gehabt, das Empire State Building anzuschauen. Wenn ich mich richtig erinnere, hat mir der dortige Manager gesagt, dass das seinerzeit in 15 Monaten gebaut wurde. Dass wir das in Deutschland gegenwärtig in einem solchen Zeitraum geplant bekämen, kann man sicherlich nicht sagen ‑ und gebaut schon gar nicht. Insofern wäre es gut, wenn wir das notwendige Tempo erreichen, und darum geht es insgesamt in Deutschland, aber eben ganz konkret auch, wenn es um den Wohnungsbau geht.

Ein Schlüssel für mehr bezahlbare Wohnungen ist das serielle Bauen. Das hat viele Voraussetzungen ‑ Voraussetzungen, mit denen wir uns hier beschäftigen wollen und zu denen wir sehr gute Vorschläge haben. Wir wissen, dass es das in bestimmten Bereichen des Fertighausbaus auch schon gibt. Wir wissen, dass es das in ganz anderen Wirtschaftszweigen gibt. Man stelle sich vor, die Autos, die BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen in Deutschland bauen, würden in jedem Landkreis noch einmal neu genehmigt werden müssten, und zwar Stück für Stück. Das ist so ungefähr die Situation, in der wir uns beim Wohnungsbau befinden, und dafür spricht ehrlicherweise gar nichts.

Wir wollen also gerne erreichen, dass es möglich ist, dass ein einmal in der Grundstruktur genehmigtes Haus auch anderswo in Deutschland so gebaut werden kann ‑ mit der Konsequenz, dass es eben billiger und schneller geht und dass man die Möglichkeiten von Vorfertigung und von guter Planung auch tatsächlich nutzen kann. Wir wissen übrigens auch, dass es in der Bauwirtschaft Unternehmen gibt, die gegenwärtige große Investitionen tätigen, um genau das zu können. Aber die Voraussetzungen, die müssen wir schaffen: der Bund und die 16 Länder sowie die vielen Gemeinden in Deutschland, indem wir möglich machen, dass das mit einem gewissen Standard und immer angepasst auf die konkrete Situation auch geschehen kann.

Brauchen wir wirklich so unterschiedliche Strukturen in unseren Landesbauordnungen? Ich glaube nicht. Da kann eine Vereinheitlichung helfen, weil dann auch daraufhin geplant werden kann. Denn manche der Unterschiede sind doch nur gewachsen und keineswegs das Ergebnis regionaler Differenzierungen ‑ es ist dann eben mal da so gekommen und dort so gekommen. Wenn wir das ändern wollen, dann müssen wir das jetzt machen.

Was wir auch brauchen, ist ein Impuls in der gegenwärtigen Situation; denn es gibt einen großen Bauüberhang. Viele Wohnungen sind bereits genehmigt und müssten jetzt gebaut werden. Mit dem Wachstumschancengesetz wollen wir mit entsprechenden Abschreibungsmöglichkeiten für die Wohnungswirtschaft dazu beitragen, dass diese geplanten Wohnungen jetzt auch schnell errichtet werden und dass alle den Mut haben und niemand abwartet, wie es wohl weitergeht, sondern jetzt seine Entscheidung trifft ‑ im Hinblick auf die Vergünstigungen, die wir für die Finanzierung ‑ denn darum geht es ja ‑ bei den Abschreibungen schaffen können.

Wir wollen im Übrigen dafür sorgen ‑ anknüpfend an das, was ich vorweg gesagt habe ‑, dass wir in unserem Land auch genügend bezahlbare Wohnungen in den verschiedenen Preiskategorien geförderten Wohnungsbaus haben. Deshalb ist es eine gute Nachricht, dass wir bis 2027 mehr als 18 Milliarden Euro für diese Aufgabe zur Verfügung stellen. Das ist eine Rekordsumme, und die wird ja noch gesteigert durch die vielen Mittel, die die Länder und Kommunen noch dazugeben. Ich habe eine Berechnung gesehen, die zeigt: Tut man alles zusammen, dann sind das fast 45 Milliarden Euro ‑ wie ich finde, doch beeindruckend.

Es ist auch der Fall, dass wir denen helfen, die jetzt Wohnungen haben, aber sich über steigende Preise sorgen machen. Wir haben unser Mietrecht, das wir weiterentwickeln wollen. Wir haben eine große Wohngeldreform gemacht, die erwerbstätigen Bürgerinnen und Bürgern mit wenig Einkommen oder Rentnerinnen und Rentnern hilft, ihre Wohnung zu halten und ihren Lebensstandard zu sichern.

Alles zusammengenommen ist das also ein großes, weites Feld an Aktivitäten, die jetzt notwendig sind, damit wir die große Zahl an Wohnungen, die wir tatsächlich brauchen, auch tatsächlich errichtet bekommen. Aus meiner Sicht muss das drin sein. Bei Zinsen von 9,5 Prozent sind im Westen Deutschlands schon einmal 700 000 Wohnungen gebaut worden. Dann werden wir ja wohl unsere Ziele bei den - gemessen daran - erheblich geringeren Zinsen auch bewerkstelligen können.

Schönen Dank!

BM’in Geywitz: Sehr geehrte Damen und Herren, wir präsentieren Ihnen heute 14 Maßnahmen, die viel verändern und viel möglich machen. Mehr Menschen werden sich mit unserer neuen Förderung ein Haus ‑ ein bestehendes oder ein neues ‑ kaufen können. Indem wir Klimaschutz im Gebäudesektor ganzheitlicher denken, werden wir mehr CO2 einsparen, und indem wir den Bau neuer Wohnungen deutlich leichter machen, werden wir mittelfristig mehr Wohnungen und bezahlbare Mieten haben.

Unsere Maßnahmen haben diese drei Ziele: Erstens den Markt durch stabile Konditionen stabilisieren, zweitens den Markt wiederbeleben durch Förderung, und drittens etwas Neues wagen und experimentieren.

Zu Punkt eins, der AfA, hat der Bundeskanzler bereits ausgeführt. Wichtig ist, dass wir zusätzliche Kostensteigerungen vermeiden und deswegen den EH-40-Standard für diese Legislaturperiode aussetzen. Gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck werde ich einen Vorschlag für ein neues Bewertungssystem machen, das langfristig trägt und das Gebäude als Ganzes in den Blick nimmt. Zudem haben wir uns darauf verständigt, dass wir eine Sanierungspflicht auf EU-Ebene ablehnen werden.

Wir finanzieren stabil den sozialen Wohnungsbau, und der Bund gibt zusätzlich zu den vielen Milliarden auch über die BImA verbilligte Grundstücke an die Länder und Kommunen, um darauf bezahlbaren Wohnraum zu bauen. Das werden wir die nächsten fünf Jahre tun, und aufgrund der konjunkturellen Entwicklungen auf dem Grundstücksmarkt und der gestiegenen Baukosten werden wir den Verbilligungsbeitrag von bis zu 25 000 Euro pro neu geschaffener Sozialwohnung spürbar um 40 Prozent auf 35 000 Euro anheben.

Zweitens. Wir verbessern die Förderbedingungen unserer Wohneigentumsförderung für Familien und machen damit das Programm attraktiver und für mehr Familien zugänglich. Eine Familie mit zwei Kindern kann nun über ein jährliches zu versteuerndes Haushaltseinkommen von 100 000 Euro verfügen, um das Programm in Anspruch zu nehmen.

Wir ergänzen es außerdem um die Wohneigentumsförderung „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von Bestandsgebäuden, die saniert werden müssen. Damit können bestehende Häuser nachgenutzt werden, Dorfkerne wiederbelebt werden, und alle profitieren davon, weil weniger CO2 durch den Neubau entsteht.

Mit einer weiteren Förderung setzen wir eine Idee um, die so einleuchtend wie naheliegend ist: Leerstehende Büros und Läden werden in Wohnungen umgebaut. Eine Studie unseres Forschungsinstitutes hat ein Potenzial von 235 000 Wohnungen errechnet, und dafür sollen in den beiden kommenden Jahren insgesamt 480 Millionen Euro für den Umbau dieser Gebäude zu Wohnungen ausgegeben werden.

Eine gute Nachricht auch für alle Vermieter und Mieter: Wir werden den Speedbonus bei der Förderung des Einbaus einer neuen klimafreundlichen Heizungsanlage auf alle Wohnungsunternehmen und Vermieter ausdehnen und in den kommenden beiden Jahren für alle um 5 Prozentpunkte auf 25 Prozent erhöhen und auch die Konditionen der Sanierungsförderung noch einmal verbessern.

Drittens. „Einfach mal einfacher machen“: Mit dem Gebäudetyp E wird es einen Bautyp geben, bei dem nur die Mindestanzahl von DIN-Normen angewandt werden muss. Natürlich wird das Gebäude dann alle notwendigen Sicherheitsstandards erfüllen. Dieses Experimentieren werden wir durch einen Handlungsleitfaden unterstützen, und die Länder wollen das mit Regelungen in ihrer Musterbauordnung und den Länderbauordnungen ebenfalls fördern.

Außerdem werden wir Länder und Kommunen mit einer Generalklausel im Baugesetzbuch in Anlehnung an den § 246 Baugesetzbuch die Freiheit geben, da, wo der Wohnungsmarkt im innerstädtischen Bereich besonders angespannt ist, ohne lange Planungsverfahren schnell und unkompliziert neue Wohnungen zu bauen. Diese Regelung wird bis 2026 befristet sein.

Wir werden ebenfalls ‑ darauf warten viele schon lange ‑ eine Experimentierklausel in die TA Lärm aufnehmen, sodass man in Zukunft Gewerbe und Wohnen noch enger miteinander verknüpfen kann.

Ich bedanke mich außerordentlich bei meinen Kollegen Christian Lindner, Steffi Lemke und Robert Habeck, die zusammen dieses moderne und mutige Maßnahmepaket unterstützt haben; das wäre sonst nicht möglich gewesen. Natürlich bedanke ich mich auch für die Unterstützung des Bundeskanzlers.

Herzlichen Dank! ‑ Jetzt müssen wir arbeiten.

BK Scholz: Schönen Dank!