Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und Ministerpräsidentin Jakobsdóttir am 25. Januar 2023

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(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)

BK Scholz: Guten Tag, meine Damen und Herren! Herzlich willkommen! Ich freue mich sehr, dich heute hier in Berlin zu empfangen, nachdem wir uns schon mehrfach auf internationalen Treffen begegnet sind ‑ zuletzt in Oslo und im Oktober in Prag.

Die Beziehungen zwischen Island und Deutschland sind hervorragend, eng, vertrauensvoll und freundschaftlich und das schon seit mehr als 70 Jahren. Island ist für uns ein verlässlicher Partner ganz im Nordwesten Europas. Gerade die Partnerschaft zu den nordischen Ländern ist für Deutschland von besonderer Bedeutung. Uns einen gemeinsame Werte und Positionen, insbesondere das feste Bekenntnis zur Demokratie, zur Rechtstaatlichkeit, zu Menschenrechten und einer auf Regeln basierenden internationalen Ordnung.

Auch in den internationalen Foren arbeiten wir vertrauensvoll zusammen und können uns aufeinander verlassen ‑ zum Beispiel in den Vereinten Nationen und bei der Stärkung der Nordflanke der NATO.

Im Mai wird das vierte Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavík stattfinden. Dieser Gipfel der ältesten internationalen Organisation in Europa ist gerade in diesen Zeiten ein wichtiges und mehr als symbolisches Treffen. Ich habe meine Teilnahme an diesem Gipfel gerade fest zugesagt.

Russlands Überfall auf die Ukraine war auch ein Angriff auf all das, wofür der Europarat steht. Er richtet sich gegen die Grundfesten der europäischen Friedensordnung, die auf der Unverletzlichkeit der Grenzen aufbaut. Deswegen hat der Europarat Russland als Reaktion auf den Angriff gegen die Ukraine ausgeschlossen. Die 46 Mitgliedstaaten des Europarats werden sich in Reykjavík abermals hinter diese Grundwerte stellen. Zugleich werden wir den Europarat befähigen, auch in Zukunft wirksam für diese Werte einzutreten.

Wie Sie wissen, unterstützen wir die Ukraine finanziell, humanitär und im Falle von Deutschland auch mit Waffen ‑ ein Bruch mit einer Praxis, die wir jahrzehntelang anders hatten. Jetzt haben wir den vielen Unterstützungsmaßnahmen noch eine weitere hinzugefügt, eng in Kooperation mit unseren internationalen Partnern. Das ist ein richtiger Weg, gerade wegen der Abstimmung miteinander. Neben den Panzern, um die es jetzt geht, haben wir auch weiter vor, das, was wir geliefert haben, zu ergänzen, wenn es um Flugabwehrsysteme, schwere Artillerie, Mehrfachraketenwerfer und ähnliches geht. Wir freuen uns, dass auch Island die Ukraine unterstützt.

Wir haben uns zuletzt beim NATO-Gipfel getroffen und dort unsere gemeinsamen Perspektiven ausgetauscht, und wir reden natürlich auch über ein Thema, das uns als Menschheit insgesamt bewegt: die Energiewende. Da hat Island mit der Geothermie, mit Wasserstoff und mit CCS hervorragende Ausgangsbedingungen ‑ ein wichtiger Beitrag für unsere gemeinsame Zukunft.

In dem Sinne: Ein guter Austausch und gute Beziehungen zwischen unseren Ländern!

MP’in Jakobsdóttir: (auf Deutsch) Herzlichen Dank, Herr Bundeskanzler, lieber Olaf!

(auf Englisch) Damit endet mein Deutsch, denn leider spreche ich nicht gut genug Deutsch, obwohl ich Deutsch verstehe.

Ich freue mich, heute hier in Berlin sein zu können, um die starken bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Island stärken zu können. Wie Olaf gesagt hat, treffen wir uns regelmäßig auf internationalen Treffen, aber Deutschland ist auch einer der wichtigsten Partner Islands ‑ politisch und wirtschaftlich gesehen, aber auch kulturell betrachtet und was die People-to-people-Beziehungen, also die Beziehungen zwischen den Menschen betrifft. Wir schätzen diese Beziehungen und haben eine gemeinsame Bereitschaft, diese Beziehungen auszubauen. Herzlichen Dank für den warmen und herzlichen Empfang und für die Gastfreundschaft! Es gibt viele Gelegenheiten, diese Beziehungen weiter auszubauen.

Wie Olaf bereits gesagt hat, haben wir über den Krieg in der Ukraine und über die weitreichenden Auswirkungen für die Sicherheit auf unserem Kontinent gesprochen. Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und sind geeint in unserer Unterstützung für die Ukraine. Wir verurteilen die Angriffe Russlands auf gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger und zivile Infrastruktur. Leider ist kein Ende in Sicht, wenn man sich diesen Krieg anschaut, aber dieser Krieg muss mit Frieden enden.

Wie Sie wissen, hat Island kein eigenes Militär, aber wir nehmen an der NATO teil. Wir sind eines der Gründungsmitglieder der NATO mit zivilen Mitteln. Wir haben unser Bestes gegeben. Wir haben ukrainische Flüchtlinge in Island aufgenommen. Wir haben auch wirtschaftliche und humanitäre Unterstützung gewährleistet, und wir haben neun Tonnen an warmer Kleidung geschickt. Dazu zählen auch handgefertigte, handgestrickte Wollpullover für die Ukraine. Denn wir wissen: Auch das ist wichtig.

Olaf hat es bereits erwähnt: Wir freuen uns auf seine Anwesenheit beim Gipfel des Europarates im Mai. Der Europarat ist eine wichtige Institution für Europa. Seine Werte sind von großer und wichtiger Bedeutung. Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sind bedroht, nicht nur wegen des Kriegs in der Ukraine, sondern auch wegen anderer Herausforderungen wie der Klimakrise und der zunehmend wachsenden künstlichen Intelligenz. Das wird viel in unseren Gesellschaften verändern usw. usf. Ich denke, es ist wichtig, dass wir diesen vierten Gipfel in der Geschichte des Europarates ausrichten können, uns diesen Werten neu verschreiben können und natürlich auch eine Vision für den Europarat für die Zukunft formulieren zu können.

Zu den bilateralen Beziehungen: Sie sind gut. Wir haben über Chancen und Möglichkeiten gesprochen, insbesondere von CCS und auch des Austausches von Wissen und Expertise im Bereich der Geothermie, aber auch des Wasserstoffs. Ich denke, wir freuen uns darauf, in diesen Bereichen enger zusammenzuarbeiten. Es gibt noch viel mehr Möglichkeiten in diesem Sektor, nicht nur was Forschung und Innovation angeht.

Zur Klimakrise: Wir müssen wirklich unser Bestes geben, das Wissen zu teilen, um uns dieser Herausforderung stellen zu können.

Ich möchte auch erwähnen, dass wir gute Beispiele der Zusammenarbeit in multilateralen Organisationen gesehen haben. Ich möchte einen Fall aus dem Europarat erwähnen: Unsere Minister haben dort Führung in Bezug auf die Proteste im Iran bewiesen, und es gibt noch viele Bereiche, in denen unsere Länder zusammenarbeiten können.

Ich freue mich auf Ihre Fragen, ich freue mich, hier zu sein, und ich freue mich auf unsere weitere Zusammenarbeit in der Zukunft!

Frage: Herr Bundeskanzler, könnten Sie nach der heutigen Entscheidung sagen, was denn dieses Gesamtpaket ‑ 14 Leopard-Panzer plus Ausrüstung, Ausbildung und Material ‑ insgesamt kostet und wer das bezahlt?

Erwarten Sie nun auch, wenn ich eine zweite Frage anschließen kann, dass Frankreich mit der Lieferung von Leclerc-Panzern nachzieht?

Frau Ministerpräsidentin, fürchten Sie durch die Lieferung der Leopard-Panzer jetzt eine Eskalation von russischer Seite?

BK Scholz: Die genauen Kosten kann ich Ihnen hier jetzt nicht nennen, aber wir werden das ja übertragen. Das ist so, wie unser Beitrag bisher auch abgelaufen ist. Wir haben uns eben vorgenommen, dass wir einmal unmittelbar sehr wirksame Verteidigungsmittel zur Verfügung stellen, in diesem Fall also den Kampfpanzer, aber dass wir das auch in enger Kooperation mit anderen tun und ihnen das auch ermöglichen, indem wir zum Beispiel für Ausbildung, für Fragen von Munition und Fragen der Reparatur alle Verantwortung tragen.

Zuruf: (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich, Erinnerung an 2. Frage)

BK Scholz: Wir sind eng abgestimmt mit unseren Freunden und Verbündeten. Aber das ist ja hier jetzt keine Pressekonferenz im Élysée.

MP’in Jakobsdóttir: Wie bereits gesagt, sehen wir kein Ende. Es ist kein Ende in Sicht. Ich denke, es ist gut, dass Deutschland diesen Beitrag in enger Abstimmung mit anderen Partnern und Bündnispartnern leistet. Denn die Einigkeit und die Solidarität, die Europa zusammen mit unseren transatlantischen Partnern an den Tag gelegt hat, ist vielleicht die wichtigste Folge dieses schrecklichen Kriegs. Diese Solidarität hat viele überrascht, aber diese Solidarität dauert an. Ich denke, das zeigt die Stärke unserer Zusammenarbeit sowohl innerhalb des Kontinents als auch zusammen mit unseren Bündnispartnern innerhalb der NATO.

Frage: Herr Bundeskanzler, noch einmal zu den Kosten, aber nicht, was Deutschland angeht. Der polnische Ministerpräsident hat gestern gesagt, er werde die EU fragen, dass diese die polnische Abgabe von Leopard-Panzern finanziert. Es gibt ja dafür auch eine Fazilität in Europa. Wären Sie dafür, dass die EU die Abgabe bei anderen Ländern finanziert?

Haben Sie schon Planungen, nach dieser Entscheidung für die Leopard-Lieferungen vielleicht noch einmal mit dem russischen Präsidenten zu telefonieren?

Frau Ministerpräsidentin, wenn ich es richtig verstanden habe, haben Sie eben von unserem Kontinent gesprochen. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob es in Island wegen der Zeitenwende nach dem russischen Angriff und vielleicht einer größeren Bedrohungslage eine neue Initiative gibt, dass Island doch irgendwann eines Tages Mitglied der EU werden könnte.

BK Scholz: Zunächst einmal ist es so, dass wir mit unseren Freunden eng zusammenarbeiten. Was die Finanzierung betrifft, gibt es ja klare Regeln. Wir sind in Europa mit den entsprechenden Fondsstrukturen etabliert. Diese sind für alle offen, auch übrigens für Deutschland und verschiedene andere. Dieses Regelwerk ist ja da.

MP’in Jakobsdóttir: Ich habe über unseren Kontinent gesprochen. Europa ist natürlich viel größer als die EU. Was wir erlebt haben, ist die Solidarität innerhalb Europas. Ich denke, das war wichtig für uns alle und nicht nur für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Denn der Krieg ist eine Aggression, die alles in Unordnung bringt, auch was die Frage der Menschenrechte und die Demokratie betrifft. Der Frieden ist eine Voraussetzung dafür. Ich denke, das hat zu erhöhter Solidarität in Europa geführt.

Island plant nicht, der EU beizutreten, zumindest nicht in den kommenden Jahren. Das steht nicht auf der Agenda und der Tagesordnung unserer Regierung. Aber wir betonen unsere Beziehungen zu Europa und der EU. Diese Beziehungen sind sehr gut und wir betrachten Europa als unsere engsten Partner, Bündnispartner und europäischen Freunde. Wir sind außerhalb der Europäischen Union, aber wir freuen uns über die Zusammenarbeit. Viele Deutsche haben mich das heute schon gefragt, aber ein EU-Beitritt steht nicht auf der Tagesordnung.